Die Dicksten im Westen


Übergewicht: Sport ist auch nicht immer eine Lösung. Foto: Flickr/statico

Nordrhein-Westfalen ist ganz weit vorne – wenn es um das Gewicht seiner Bürger geht. Das ist das Ergebnis der Nationalen Verzehrstudie, die gestern veröffentlich wurde. Bei den Frauen liegt NRW auf einem souveränen vierten Platz. Nur die Ossimädels aus  Thüringen und Sachsen sind dicker – und natürlich die Saarländerinnen, aber das sind so wenige, dass sie kaum zählen und ausserdem sind das eigentlich Französinnen.

Bei den Männern sieht es ein wenig besser aus: Die Fettesten leben in Schlewsig-Holstein, NRW ist auf Platz fünf – bei den richtig Fetten sind wir aber auf Platz zwei. Ummdas Stigma vollkommen zu machen, arbeitete die Studie auch noch präzise heraus, das Pummel schlecht verdienen und eigentlich auch dumm sind. Ich habe ja nicht geahnt, wie schlecht Helmut Kohl in seiner Zeit als Kanzler bezahlt wurde. Da bekommt das Wort Diäten ja gleich eine ganz andere Bedeutung. Besserung ist nicht in Sicht: Die um sich greifenden Rauchverbote werden wohl zu einer massiven Gewichtssteigerung in der NRW-Population führen. Vielleicht sind aber auch viele schon zu dick, um sich zur Bude zu schleppen, um Fluppen zu kaufen. Oje, und ich hätte heute so gerne mal eine gute Nachricht geschrieben, von denen wir ja bei den Ruhrbaronen viel zu wenige haben!

Wer regiert das Revier?

Vorsitzender des Regionalrates Münster,
Engelbert Rauen. Foto: Bezreg-MS

Die Mitglieder der Regionalräte haben sich gegen die geplanten Strukturreformen des Landes ausgesprochen. Nicht nur, dass sie die Neuaufteilung des Landes in drei statt bislang fünf Regierungsbezirke ihre Pöstchen kosten wird, erzürnt sie. Auch dass der RVR schon bald für das Ruhrgebiet planen soll, bereitet ihnen Kopfzerbrechen. Sie möchten weiterhin bestimmen, wo sich im Ruhrgebiet Unternehmen ansiedeln sollen, wo ein Einkaufszentrum entsteht oder wo eine U-Bahn-Linie gebaut werden darf.
Wahrlich ein Grund für Kopfzerbrechen – aber weniger in den Regionalräten als im Ruhrgebiet, denn kaum jemand ahnt, wer da über das Ruhrgebiet entscheidet. Nicht nur, dass zahlreiche Regionalratsmitglieder aus Städten wie Düsseldorf und Münster kommen, die von der politischen Schwäche des Ruhrgebiets profitieren und mit dem Revier im Wettbewerb stehen. Bei vielen Mitgliedern muss auch die Frage erlaubt sein, ob sie sich überhaupt ein Bild von den Problemen der Region machen können.
Da ist zum Beispiel Engelbert Rauen, der Vorsitzende des Regionalrates in Münster. Herr Rauen ist zweifelsohne ein honoriger Kommunalpolitiker – aber er kommt aus der schönen Gemeinde Wettringen mit gerade einmal 8.177 Einwohnern. Wie soll sich Rauen in die Verkehrsprobleme eines Ballungsgebietes mit mehr als fünf Millionen Einwohner hineindenken?
Gleiches gilt für seinen Kollegen aus dem Regionalrat Düsseldorf, Hans-Hugo Papen, aus dem Örtlein Rheurdt mit gerade 6.651 Seelen. Im Ruhrgebiet gibt es zahlreiche Sportvereine, die mehr Mitglieder haben als Rheurdt Bürger.
Auch ob sich Eva-Maria Buderus aus Balve (12.544 Einwohner, Regionalrat Arnsberg) oder Hermann-Josef Droege aus Wilnsdorf in die Probleme des Reviers hineinversetzen können, darf bezweifelt werden. Wilnsdorf liegt im Kreis Siegen-Wittgenstein, direkt an der hessisch-rheinland-pfälzischen Grenze.
Keinem der genannten soll abgesprochen werden, dass sie sich für die Probleme des Ruhrgebiets einsetzen – aber ob die Kompetenz vorhanden ist, darf bezweifelt werden. Genauso gut könnten sich die Herren und Damen auch mit den Problemen des Robbenfangs auf Grönland auseinandersetzen oder versuchen, das NASA-Marsprogramm zu optimieren..
Es wird Zeit, dass das Ruhrgebiet für sich selbst plant und für sich selbst verantwortlich ist – und ambitionierte Dorfpolitiker sich weiterhin um die Probleme ihrer sicherlich ambitionierten Gemeinden kümmern, aber sich nicht länger mit den Problemen des viertgrößten europäischen Ballungsraums beschäftigen. Oder kann sich jemand ernsthaft vorstellen, dass die Strassenführung in Paris von einem Landwirt aus dem Zentralmassiv mitentschieden wird?
Stefan Laurin

Nokia schützt das Klima

Nokia ist dem  WWF Klimaschutzprogramm beigetreten. Das Unternehmen will bis 2010 50 % des  Stroms für seine Standorte aus erneuerbaren Energien gewinnen und insgesamt bis 2012 6 % Energie einsparen.

Das ist finnischer Sadismus:  Erst nehmen sie den Leuten die Jobs und dann gönnen sie ihnen noch nicht einmal milde Winter und knackige Sommer.

651 Zeichen Nichts

Nokia Chef Olli-Pekka Kallasvuo; Foto: Nokia

NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben traf heute Nokiakonzern-Chef Olli-Pekka Kallasvuo.  Am Ende des Gesprächs veröffentlichten sie das Ergebnis ihrer Unterhaltung – in einer 651 Zeichen langen gemeinsamen Erklärung:

1. Die Gesprächsteilnehmer sehen in dem heutigen Treffen ein wich­tiges Gespräch zwischen Land, Bund und Nokia-Unternehmens­leitung, dem weitere folgen müssen.
2. Bundes- und Landesregierung legen großen Wert darauf, dass die Unternehmensleitung kurzfristig in ausführliche Gespräche mit dem Betriebsrat eintritt und bereit ist, auch dessen Vorstellungen für den Standort zu erörtern.
3. Die Nokia-Unternehmensleitung und die Landesregierung verab­reden, sofort ein Arbeitsteam einzusetzen, das den Auftrag hat, in­novative Lösungen für die Zukunft des Nokia-Standortes Bochum zu suchen.
4. Bundes- und Landesregierung werden den gesamten Prozess und die Suche nach einer positiven Lösung für Nokia und die Mitarbeiter weiterhin konstruktiv begleiten.

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RTG2: Metropole mit Dorfetat


Himmelstreppe Foto: RTG

Das Ruhrgebiet setzt auf den Tourismus – zumindest ein bisschen, denn die Kulturhauptstadt 2010 steht vor der Tür und wenn es eine realistische Chance für das Revier gibt, ein paar Extrabesucher abzustauben, dann im übernächsten Jahr.
Nun gibt es die merkwürdige Entwicklung, dass die Kommunalpolitiker des Ruhrgebiets und ihre Bauchrednerpuppe RVR-Chef Klink von der Metropole Ruhr schwadronieren, sie aber nicht in der Lage sind, die Institution, die das Ruhrgebiet nach außen vermarkten sollen, vernünftig auszustatten. Die Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) verfügt nur über einen Etat von einer guten Million Euro – damit soll sie die, so wird es in allen Sonntagsreden immer wiederholt, viertgrößte europäische Region nach London, Paris und Madrid vermarkten. Ein Witz, vergleicht man diese Summe mit denen anderer deutschen Städte: Das bettelarme Berlin hat für seine Berlin Tourismus Marketing GmbH gut 10 Millionen Euro zur Verfügung, Hamburg ist mit fünf Millionen dabei, aber der Etat gilt als arg knapp und selbst das dröge Hannover, um das selbst CeBit und Hannover-Messe Besucher nach Möglichkeit einen großen Bogen machen, gibt gut drei Millionen Euro für die Förderung des Tourismus aus.
Während die Städte die Ruhrgebiet Tourismus knapp halten – und sich gleichzeitig hinter vorgehaltener Hand darüber beklagen das die ja nichts hinkriegen – investieren sie in ihre eigenen, lokalen Tourismusorganisationen. Nur die sind, wie immer wenn die Städte im Ruhrgebiet einzeln agieren, unterhalb jeder Wahrnehmungsschwelle: In NRW, im Bund und erst Recht in Europa – und daran wird sich auch nicht ändern, wenn einzelne Städte, wie Dortmund, ihre lokalen Tourismusorganisationen ausbauen. Keine einzelne Stadt verfügt über die nötigen Attraktionen um bundesweit auftrumpfen zu können und auch nicht über das Geld, bundesweit vernünftig auftreten zu können. Aber sie versuchen es, verbrennen mit ihrer Kirchturmpolitik das Geld der Steuerzahler. Nicht das ich glaube, das im Tourismus eine große Chance für das Revier liegt- Tourismus wird immer nebenbei laufen, ein paar Jobs bringen, ein paar Besucher, aber immer im überschaubaren Maße. Aber ein paar Events könnte man natürlich, auch außerhalb des Kulturhauptstadtjahrs vernünftig vermarkten, wenn man das Geld dazu hat. Die Cranger Kirmes zieht mehr Besucher am Tag als das Oktoberfest – Menge zieht bei Volksfesten, da lassen sich noch ein paar Busse mehr mit trinkfreudigen Feierkaisern nach Herne locken, Bochum Total ist das größte Open Air Festival des Landes – ausbaufähig. Die Ruhrfestspiele haben Potential und ein wunderschönes Festspielhaus. Mountainbiketouren auf den Halden oder in den Ruhrhöhen – von der Fachzeitschrift Bike gut getestet und am Abend geht es dann nach Rüttenscheid oder ins Bermudadreieck. Organisierte Touren unter Tage – 1000 Meter unter der Erde – das kickt. Und dann die Kulturhauptstadt: Die muss gut vermarktet werden. Das kann keine Stadt alleine. Aber anscheinend will man es auch nicht zusammen. Und wenn alles vorbei ist sagen die Kirchturmpolitiker dann wieder, Zusammenarbeit im Revier bringt ja nix. Lieber Recht haben als gewinnen.

Nokia: Vor Weihnachten wusste der Chef Bescheid

Auf der heute im Ruhr-Congress Bochum stattgefundenen Nokia-Betriebsversammlung erklärte Nokia-Deutschland Geschäftführer Klaus Goll, dass er bereits vor Weihnachten von der Unternehmensführung in Finnland über die  Schließung des Standortes Bochum informiert worden war. Was vor Weihnachten bedeutet – ein eher dehnbarer Begriff der  kurz (wirklich sehr kurz) nach dem Urknall bis zum 23.12.2007 23.59.59 Uhr, erklärte Goll nicht. Dafür gab es Buhrufe aus der Belegschaft, zahlreiche persönliche Erklärungen von Mitarbeitern und eine Erklärung von Betriebsratschefin Achenbach, dass alle weiter arbeiten soll, bis das Aus des Standortes auch  von Nokia-Deutschland offiziell beschlossen wird.

Dokumentation: Nokia im März 2007 zum neuen Werk in Rumänien

Nokia online: Nette Nokiawelt

Wieso bloß waren die Arbeitnehmer, die Stadt Bochum und die Landesregierung so blöd zu glauben, das Nokia, trotz des Werkneubaus in Rumänien, am Standort Bochum festhalten würde? Nun ja, vielleicht weil sie dem Ethikgewäsch der Finnen geglaubt haben. Denn im März 2007 sah die Welt in einem nokiainternen Papier zum Standort Rumänien noch ganz anders aus. Wir dokumentieren:

Questions and Answers: New mobile device factory in Romania

Why Romania?
There are several criteria supporting an investment decision in the Cluj Napoca area, such as good availability of labour, good inbound and outbound logistics connections and long industrial tradition in the area. The new plant will operate according to the EU and Romanian legislation.

Why didn’t you expand in Finland/Germany/Hungary?

Our existing plants have been expanded already before and they have achieved their optimal sizes.

Will your Finnish subcontractors now move to Romania?

An industrial park will be established in Cluj, enabling a number of key partners to locate their operations in the area.

How many jobs will be created in Cluj County?
If we proceed with the plans, the factory will ramp-up gradually; we expect to recruit approximately 500 people this year.

You say that this facility would be an addition to your current production. How much do you estimate to increase your capacity?
We don’t disclose production capacity per factory. However, the mobile device business is a growing industry. For instance; we announced in conjunction with our quarterly results announcement that we expect the global mobile device market to grow by up to 10 % in volume in 2007.
Our current production sites are as follows:
· In APAC, we continue to develop production activities in China (Beijing and Dongguan) Chennai, India, and Masan, South Korea.
· In Europe, we have recently expanded the Komarom factory in Hungary, and our Salo factory in Finland and our Bochum factory in Germany operate at a high capacity
· In Americas, we have recently expanded the Reynosa factory in Mexico and continue at full speed in Manaus, Brazil.

Are you planning to move manufacturing out of Finland?

No, the reason for the new production facility is to meet the growing consumer demand in markets in Europe and Middle East and Africa.

Does the Cluj County factory take production away from other Nokia factories?
Although demand and factory loading are very much seasonally driven in mobile device business, our existing factories have been operating at a very high capacity due to the global market growth in mobile devices. The reason for the new production facility is to increase our capacity to cater for the demand in markets in Europe and Middle East and Africa.

Will this factory focus on low-end phones?

The factory will focus on providing products for Europe and Middle East and Africa.

To which markets do the factories ship the phones manufactured?
The Mexican and Brazilian plants primarily supply the North and South American markets, the European plants principally supply the European market and non-European countries that have adopted the GSM standard. The Asian plants primarily supply the Asian markets.

Which of your suppliers will start their manufacturing in Romania?
They will announce their plans in due course. We believe that this new factory can offer interesting opportunities for some of our suppliers, too.

Which of your suppliers will encourage to set up shop in Romania?
At this stage, the plans and decisions are not finalized yet. We cannot disclose this kind of information as the negotiations are ongoing.

Was your decision to invest in any way affected but the fact that you already have Intellisync R&D activities in Romania?

Intellisync R&D didn’t have impact to the selection of the manufacturing location.   

Nach der Lektüre des Textes sein ein weiteres Mal der Blick in einen exzellenten Artikel des Manager-Magazins empfohlen. Das Magazin beurteilt die  Standortentscheidung  Nokias kritisch.

…und übrigens auch von dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an Nokia zum Rekordgewinn.

Nokia nicht unfehlbar?

Die Nokia-Spitze begründet das Aus für den Standort Bochum mit wirtschaftlichen Notwendigekeiten. In einer Reaktion des Betriebsrates auf das Interview von Nokia-Chef Kallasvuo in der FAZ machen die Nokia-Mitarbeiter indes Versäumnisse des Vorstandes für das Nokia aus verantwortlich. Nokia-Betriebsrat: Kallasvuo will von eigenen Versäumnissen ablenken. Gisela Achenbach, Betriebsratsvorsitzende bei Nokia Bochum:  „Kallasvuo will von den Versäumnissen der Unternehmensleitung ablenken." Der Grund für die Schließung des Standortes seien nicht die angeblich zu hohen Kosten, sondern Versäumnisse in der Strategie des Managements. „Nokia hat meiner Ansicht nach Überkapazitäten geschaffen, aber es gleichzeitig versäumt, genügend neue unterschiedliche attraktive Produkte zu entwickeln", so Achenbach. Obwohl bei Nokia in Bochum noch vor der Einführung des iPods Konzepte für Musikhandys entwickelt worden seien und die Ingenieure ab Mitte 2001 das 3300 – ein Handy mit MP3Player und Musik auf Speicherkarten – entwickelt hatten, hätte das Management die konsequente Markteinführung einer neuen Produktpalette gestoppt. „Damals", so Achenbach „war die Botschaft des Senior Vice President Entertainment: „Music is not our Business", wohl weil man sich nur noch auf Spielehandys konzentrieren wollte. Das Geschäft mit portablen Musikplayern, die damals schon hätten in Mobiltelefone integriert werden können, machte schließlich Apple. Erst jetzt fängt auch Nokia an, Musik über das Internet zu vertreiben, ein Vorschlag der Bochumer Ingenieure, der 2002 niemanden in Finnland interessiert hat.

Gisela Achenbach: „Hätte Nokia auf seinen Standort Bochum mit hervorragend qualifizierten Mitarbeitern in der Produktion und einem Entwicklungszentrum mit mehr als 400 Ingenieuren gehört, würde keiner vom iPod reden. Dann hiesse es vielleicht NPod oder NPhone und diese Produktlinie würde garantiert in Bochum entwickelt und produziert"

Nokia hätte in der folgenden Zeit auf den Bereich Games gesetzt – aber unterlassen, eine attraktive Softwarebasis für die entsprechenden Geräte sicher zu stellen. „Die Bochumer Multimediaabteilung hat frühzeitig vor der Entwicklung gewarnt." Der Erfolg des Spielehandies N-Gage lag dann auch weit hinter den Erwartungen zurück. Auch, dass Nokia als Weltmarktführer mehr als ein Jahr nach Einführung des iPhones noch keine Antwort auf Apple gefunden hat sei peinlich. Achenbach: „Technisch und konzeptionell könnten wir Apple innerhalb weniger Monate überholen – wenn man uns lassen würde."

Stattdessen würde sich Nokia auf den Verkauf von Billighandies für Schwellenländer und Internetdienstleistungen konzentrieren. „Preisgünstige Modelle für die Märkte in den Schwellenländern sind zwar wichtig, aber ebenso wenig ein tragfähiges Zukunftsmodell wie das Geschäft mit Internetdienstleistungen." Dort hätten Amazon, Google und Ebay ihre Claims abgesteckt – für Nokia sei dort kaum noch Platz.

„Nokia sollte sich auf das konzentrieren, was es kann: Spitzenhandys entwickeln und bauen. Das hat der Standort Bochum seit fast 20 Jahren auch getan. Der Vorstand sollte endlich eine zukunftsträchtige Vision für das Unternehmen entwickeln, anstatt die Mitarbeiter für das eigene Unvermögen leiden zu lassen."

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Der ruhiggestellte Oskar

Kurz zu den Fakten der Nokia-Demo in Bochum Riemke: 15.000 Demonstranten nach Polizeiangaben, die Forderung war klar, Nokia muß erhalten bleiben, eine weitgehend überraschungsfreie Nummer. IG-Metall Protestroutine eben, mit Soli-Transparenten anderer Gewerkschaften. Redner waren, neben Bochums Oberbürgermeisterin, IG-Metall Chef Huber, Nokia-Betriebsrätin Achenbach und vor allem einige Nokia-Mitarbeiter, mit zum Teil wirklich berührenden Reden. Interessant war, wer nicht reden durfte: Der angereiste Politikertross, der sich so sehr einen Platz in der Fernsehübertragung gewünscht hätte: Arbeitsminister Laumann, SPD-Hoffnungsträgerin Hannelore Kraft und vor allem der "Arbeiterführer" Oskar Lafontaine. Sie mußten zurückstehen gegenüber den Nokia-Mitarbeitern. Zwar hatte sich die Bochumer Linkspartei-Bundestagsabgeordnete Sevim DaÄŸdelen in Gesprächen mit dem Betriebsrat alle Mühe gegeben, "Oskar" auf der Kundgebung zu platzieren, aber sie konnte sich nicht durchsetzen. Auch die spontanen Volkswillen simulierenden Parteimitglieder mit ihren Oskar-Rufen blieben ungehört – und so stand Lafontaine auf der Bühne, mußte Gunther Garbiel anhören und Johnny Cash-Nummer von Musikern des Schauspielhauses – was einem wieder einmal klar machte, dass es Musiker gibt, die unersetzlich sind.

Experte: Erfolgschance 20%

"Wenn man sich vergleichbare Fälle wie Nokia anschaut, haben die Mitarbeiter eine statistische Chance von 20%, die Schließung noch zu verhindern", erklärte Prof. Dr. Gustav A. Horn, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie
und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung heute im ARD Morgenmagazin. Realistischer sei das Erreichen eines guten Sozialplans.