2004 führte die Landesregierung die Möglichkeit ein, dass Städte einen regionalen Flächennutzungsplan aufbauen. Sechs haben es im Ruhrgebiet versucht. Nun schaute das Land nach, ob sich dieses Verfahren bewährt hat.
Haus des Ruhrgebiets. Foto: RVR
Viele Planungsdezernenten sind nicht davon begeistert, dass der Regionalverband Ruhr ab dem kommenden Jahr die Planungshoheit für das Ruhrgebiet erhalten wird. Gerne verweisen sie darauf, dass sie ja seit 2004 an einem gemeinsamen Regionalen Flächennutzungsplan (RFNP) arbeiten. Unter dem Motto "Kooperation und Eigensinn" arbeiten sechs Kommunen an dem Projekt und haben erst einmal "komplexe Organisationsstrukturen" geschaffen – immerhin müssen ja alle Entscheidungen einstimmig fallen. Bochum, Essen, Gelsenkirchen, Herne, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen wollten gemeinsam planen – Dortmund und Duisburg kooperieren – und so vor allem zeigen, dass es eine einheitliche Planung für das gesamte Ruhrgebiet nicht braucht – sie können es ja angeblich selbst. Wie bei der Einführung des RFNPs vorgesehen, hat sich nun eine Gruppe von Gutachtern mit den gesammelten Erfahrungen auseinandergesetzt. PD Dr. Stefan Greiving erstellte in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Carl-Heinz David und Prof. Dr. Hans-Heinrich Blotevogel das Gutachten – alle drei sind Planungsexperten der TU-Dortmund. Das Ergebnis des Gutachtens, das am 30. April der Landesregierung vorgelegt wurde: Die eigensinnige Zusammenarbeit der Städte bringt nichts – das Experiment RFNP sollte nicht verlängert werden.
"Folglich kommt die Evaluierung zu dem eindeutigen Befund, dass das Instrument RFNP unter den nordrhein-westfälischen planungsrechtlichen Bedingungen sowie der gegebenen Raumstruktur die von Bundes- und Landesgesetzgeber mit seiner Einführung beabsichtigten Ziele weitgehend verfehlt. (…) Es findet keine verbesserte regionale Abstimmung der Siedlungsentwicklung statt, sondern diese wird vielmehr über das für regional bedeutsame Entscheidungen fatale Einstimmigkeitsprinzip und die absehbare Unverbindlichkeit vieler Planinhalte gefährdet. (…) Daraus wird die gutachtliche Empfehlung abgeleitet, die landesplanungsgesetzliche Regelung für regionale Flächennutzungsplanung mit Auslaufen der fünfjährigen Experimentierklausel (2009 d.A.) nicht zu verlängern bzw. nicht ins Dauerrecht zu übernehmen."
Die Kritik an dem von den Städten mittlerweile erstellten Vorentwurf eines RFNP ist vernichtend. Neben rechtlichen Mängel stellen die Gutachter fest:
"Der Vorentwurf lässt an vielen Stellen eine regional abgestimmte Steuerung und Vorsorge von Raumnutzungen und Raumfunktionen vermissen, für die ein RFNP potenziell eine gute Grundlage bieten würde. Dies deutet insbesondere die Art und Weise an
• mit der die Umweltprüfung, teilweise unabgestimmt und auf lokale Perspektiven beschränkt, durchgeführt worden ist;
• das Thema großflächiger Einzelhandel angegangen bzw. nicht abschließend geregelt worden ist;
• die abschließende Behandlung raumwirksamer Themen auf informelle, unverbindliche Instrumente verlagert wird;
• sowie dem bestehenden Konflikt um den Flughafen Essen/Mülheim aus dem Weg gegangen worden ist."
Das maue Ergebnis verwundert die Experten indes nicht: "(...) da der Zwang zu einstimmigen Entscheidungen erfahrungsgemäß zu Konsensbildungen auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner führt. Es ist zu befürchten, dass Entscheidungen über wichtige Konfliktentscheidungen unterbleiben oder um des Konsenses willen sachlich fragwürdige Kompromisse gefunden werden."
Die Städte, so die Gutachter, sollten ihre Erfahrungen in die künftigen Diskussionen um eine ruhrgebietsweite Planung mit einbringen, die ab 2009 vom RVR übernommen wird. Nun sollten die Kommunen und das Land den RVR auch personell und finanziell in die Lage versetzen, diese Aufgabe auch zu übernehmen – die Städte bekommen es ja offensichtlich nicht hin.