Im Augenblick läuft es nicht gut für Nokia. Das Unternehmen steht unter öffentlichem Dauerfeuer, die Imagewerte fallen und der Vorstandsvorsitzende ist nicht medientauglich – und ein Steuerhinterzieher. Anstatt auf die Effektivität der eigenen Pressestelle zu setzen, hat Nokia Pleon engagiert. Daneben ist Trimedia als Produktwerber wieter tätig. Pleon ist eine der größten internationalen PR-Agenturen, die damit wirbt, ihren Kunden jederzeit ein ganzes Team für Krisenkommunikation zur Verfügung zu stellen. Im Moment dürfte das gerade viel zu tun haben. Nokia wird spätestens in der kommenden Woche zu einem medialen Gegenschlag ausholen lassen. Der Zeitpunkt ist dann günstig: Die Bilder der weinenden Mitarbeiter sind gesendet und gedruckt worden, nun müssen andere Informationen her. Welche werden das sein? Erste Erfolge der Arbeit von Pleon sind schon sichtbar: Das Werk in Bochum wird als nicht wettbewerbsfähige Schrauberbude für Handykomponenten dargestellt. Minderwertige Konsumgüter, die genau so gut, nur viel billiger, in Rumänien, China oder bald auch Bangladesh hergestellt werden können. Das kann jeder verstehen, und es deckt sich mit unserer Erfahrung: Auch unsere Fernseher oder Computer kommen nicht mehr aus dem eigenen Land. Blöd gelaufen für die Mitarbeiter, ansonsten geht das Leben weiter.
Dumm nur, dass diese Argumentation im Falle Nokia nicht ganz stimmt – was nicht heißt, dass sie sich in den Medien nicht durchsetzt. Nokia ist keine Schrauberbude, sondern eine Produktionsstätte um ein Entwicklungszentrum mit 400 Diplom-Ingenieuren und zahlreichen Meistern und hochspezialsierten Facharbeitern. Hier wurden nicht nur bunte Bauteile zusammengesteckt, sondern Komponenten und Software entwickelt oder für die Zulieferer spezifiziert. Hier war der Ursprung der Handyentwicklung Nokias. In Deutschland hat nur noch Forschung und Entwicklung eine Chance? In Bochum gibt es bei Nokia genau das: Forschung und Entwicklung. Und es wird abgewickelt. Das ist die eigentliche Katastrophe, die für den hiesigen Standort ein verheerendes Signal ist.
Es wird spannend zu sehen sein, welche Argumente Pleon in den nächsten Tagen aus dem Hut zaubert: Glückliche Rumänen, die der Armut dank eines Jobs bei Nokia entkommen sind, Erfolgsgeschichten von ehemaligen Mitarbeitern, Beispiele für das soziale Engagement des Unternehmens, Leidensgeschichten von dem ungeheuren Druck, unter dem Nokia steht, Experten, welche die Bedeutungslosigkeit von Protesten für das Markenimage bezeugen … mal schauen, was Pleon alles so einfallen wird – und auf welchen Kanälen sie das alles kommunizieren, denn Pleon, vielfach ausgezeichnet, setzt auf Kommunikation auf allen Kanälen. Die Interviews in der Bild und im Handelsblatt sprechen eine eigene Sprache. Die Schlammschlacht beginnt.