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Die Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) will das Kulturhauptstadtjahr 2010 dazu nutzen, Besuchermassen in das Ruhrgebiet zu ziehen. Um 20% soll die Zahl der Übernachtungen auf gut 5 Millionen steigen, insgesamt will man 2010 auf 50 Millionen Tagesgäste kommen – ungefähr halb so viele, wie Köln in einem ganz normalen Jahr hat.
Bis dahin, so RTG-Geschäftsführer Dr. Dieter Nellen, würden auf die Region noch einige Hausaufgaben warten: Vor allem im Bereich des Nahverkehrs und im städtebaulichen Umfeld der Zeche Zollverein in Essen und der Jahrhunderthalle in Bochum gäbe es noch viel zu tun.
Da hat Nellen Recht. Der Nahverkehr im Ruhrgebiet ist so beschaffen, als ob ein böser Troll ihn organisiert hätte, um die Fahrgäste zu quälen: Über ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen bekommen noch nicht einmal einen abgestimmten Fahrplan hin, Fahrkartenautomatensysteme gibt es ungefähr so viele, wie deutsche Kleinstaaten Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Nahverkehr im Revier ist eher ein Pöstchensicherungssystem, denn ein Nahverkehrssystem und als solches für das Kulturhauptstadtjahr überhaupt nicht vorbereitet.
Hinzu kommen die horrenden Preise: Innerhalb der viel gepriesenen Metropole Ruhr kostet ein Ticket von Duisburg nach Dortmund stolze 9,10 Euro. In Berlin kostet eine vergleichbare Karte schlappe 2,40 Euro. Kauft man eine Karte für das Berliner Umland mit, kommt man gerade mal auf 2,70 Euro. DAS sind die Preise einer Metropole, und nicht die VRR-Höchstpreise für Provinzleistungen: An einem Sonntag dauert eine Fahrt von Bochum nach Gladbeck gerne mal über zwei Stunden. Von Bochum nach Frankfurt geht es genau so schnell. Gästen kann man das nicht vermitteln.
Ähnlich problematisch sieht es mit dem Umfeld der Kathedralen der Industriekultur aus: Die Jahrhunderthalle und Zollverein mögen architektonische Leuchttürme sein, allein sie liegen in den falschen Stadtteilen. Verlässt man die mit Millionenaufwand sanierten Areale, befindet man sich in heruntergekommenen Vororten, wie sie auch Hamburg, München und Frankfurt zur Genüge haben – nur, dass kein Besucher sie jemals zu Gesicht bekommt. München Hasenbergl oder die Nordweststadt in Frankfurt sind touristische No-Go-Areas.
Keine zwei Jahre mehr haben Essen und Bochum Zeit, das Umfeld ihrer "Kronjuwelen" zu verbessern. Alternative: Shuttlebusse mit verklebten Scheiben, in denen auf Bildschirmen den Besuchern ein kulturell anspruchsvolles Medienangebot für die Fahrtzeit geboten wird, so dass sie auf keinen Fall auf die Idee kommen, einen Blick auf Stahlhausen oder Katernberg zu werfen. Und, die Shuttlebusse könnte man auch ohne den VRR organisieren – sie wären dann pünktlich und sauber.
Zumindest Gästen sollte man etwas Besseres bieten, als man selbst gewohnt ist: Kommt Besuch, gibt es nun einmal Braten und nicht Bratwurst.