Die Wut über das Aus von Nokia und die Weigerung, über eine Perspektive des Bochumer Standortes auch nur zu reden, hat zum Nokia-Boykott im Ruhrgebiet geführt. Die Oberbürgermeister und Landräte des Reviers haben heute beschlossen, ihre Verwaltungen anzuweisen, künftig keine Geräte des finnischen Unternehmens mehr zu kaufen. Landrat Jochen Welt: „Das Verhalten von Nokia ist hinterfotzig und ein schwerer Schlag für das Ruhrgebiet. Alleine im Kreis Recklinghausen kostet das Nokia-Ende 375 Arbeitsplätze. Daran hängen aber noch die Familien und die Geschäfte vor Ort. Insgesamt sind hier Tausende betroffen.“
Welt fordert zudem eine Änderung der Subventionspraxis: „Das Nokia-Aus ist auch eine Niederlage der auf Subventionen aufbauenden Wirtschaftsförderung. Die Verpflichtungen, die mit dem Erhalt von Wirtschaftsförderungen verknüpft sind, müssen verschärft werden."
Welt, auf dessen Initiative hin der Nokia-Boykott im Ruhrgebiet zurückgeht, will heute gemeinsam mit dem Personalrat des Kreises Recklinghausen auch die Mitarbeiter auffordern, künftig keine Nokia-Handys mehr zu kaufen.
Zehn Gründe kein Nokia-Handy mehr zu kaufen
1. Die meisten Nokia-Handys der letzten Jahre sehen aus, als ob das Design von Menschen mit – sagen wir einmal, Problemen, entwickelt wurden.
2. Ich traue Unternehmen aus Ländern nicht, in denen es meistens dunkel ist und die Menschen selbstgebrannten Schnaps trinken. Das kann ins Auge gehen. Ausnahme der Regel: IKEA
3. Ich mag keine Subventionsempfänger
4. Handys sollten besser nicht explodieren
5. Die Bluetoothverbindung mit meinen Macs ist eine Katastrophe
6. Das iPhone
7. Firmen sollten nicht mit den Sprüchen von KZ-Eingangstoren werben
8. Man schleimt nicht gegenüber dem Wettbewerb. Obwohl – Steve wird sich totgelacht haben
9. Die Nokia Night of the Proms ist peinlich. Wirklich peinlich. Ganz schlimm. Ehrlich.
10. Sie schmeißen drei meiner besten Freunde raus
Crange vor Oktoberfest
Die Cranger Kirmes ist größer als das Münchener Oktoberfest – zumindest was die Zahl der Besucher pro Tag betrifft – so die Stadt Herne. Diese Nachricht überrascht kaum, steht doch Münchens Ruf als Partymetropole im krassen Widerspruch zur faden Realität in der Bayern-Hauptstadt. Zwar jagen im P1 noch immer abgehalfterte Torwarte dickbrüstigen Klippschülerinnen hinterher, aber ansonsten ist in der Innenstadt tote Hose: Wenn in Bochumer Kneipen das Licht angemacht wird, haben in München schon die meisten Lokale wieder geschlossen. Die Zeiten, in denen Münchens Kneipenmeile Schwabing noch eine Legende war, liegen so lange zurück wie der Bergbauboom, und wer weiß, in wie vielen Bierkrügen in Wirklichkeit Kamillentee vor sich hin schwappt. Wenn jetzt noch Schalke Meister wird, ist die Welt wieder in Ordnung.
Lammert: Ruhrbezirk kommt
Nobert Lammert
Udo Siepmann, Hauptgeschäftsführer der IHK-Düsseldorf, hat sich hinter die Politik der Landesregierung gestellt, in NRW die Zahl der Regierungsbezirke von jetzt fünf auf drei, je einen für das Rheinland, das Ruhrgebiet und Westfalen, zu reduzieren. Er erhofft sich davon für das Rheinland Vorteile in der Präsentation nach außen und sieht in der aufkeimenden Zusammenarbeit der Städte im Ruhrgebiet eine für das Rheinland immer größer werdende Konkurrenz.
Indes glaubt Norbert Lammert, Chef der Revier-CDU und Bundestagspräsident, dass der Zug in Richtung Ruhrbezirk nicht mehr zu stoppen ist. Gegenüber der WAZ erklärte Lammert, das Land hätte längst mit dem Umbau der Behördenstruktur begonnen – Widerstand dagegen sei sinnlos.
Schon immer machtlos
Foto: RVR
Es scheint sein Schicksal zu sein: Egal welchen Posten der heutige RVR-Regionaldirektor Heinz-Dieter Klink bekleidete – er war immer machtlos. Zu handeln war ihm nie möglich. Auch in seiner Zeit als Rechtsdezernent in Dorsten entschied er sich für den bequemen Weg. Daran erinnert ein Artikel in der Dorstener Ausgabe der WAZ:
"Als Rechtsdezernent im Dorstener Rathaus wiederholte der derzeitige RVR-Direktor Heinz-Dieter Klink mit gebetsmühlenhafter Ausdauer diesen einen Satz: In Fragen der Abschiebung von Asylbewerbern habe die Stadt "keinen Ermessensspielraum"; sie führe nur aus, was das Landes-Innenministerium anordnet. Wahr ist das Gegenteil , wie neueste Daten des Düsseldorfer Innenministeriums erst vor vier Wochen eindeutig nachgewiesen haben."
Ob es um die Zukunft des Ruhrgebiets geht oder um das Schicksal von Flüchtlingen: Engagiert war Klink wohl schon immer nur, wenn es um den eigenen Vorteil ging.
Braten statt Bratwurst
Foto: Flickr/Frei-Th
Die Ruhrgebiet Tourismus GmbH (RTG) will das Kulturhauptstadtjahr 2010 dazu nutzen, Besuchermassen in das Ruhrgebiet zu ziehen. Um 20% soll die Zahl der Übernachtungen auf gut 5 Millionen steigen, insgesamt will man 2010 auf 50 Millionen Tagesgäste kommen – ungefähr halb so viele, wie Köln in einem ganz normalen Jahr hat.
Bis dahin, so RTG-Geschäftsführer Dr. Dieter Nellen, würden auf die Region noch einige Hausaufgaben warten: Vor allem im Bereich des Nahverkehrs und im städtebaulichen Umfeld der Zeche Zollverein in Essen und der Jahrhunderthalle in Bochum gäbe es noch viel zu tun.
Da hat Nellen Recht. Der Nahverkehr im Ruhrgebiet ist so beschaffen, als ob ein böser Troll ihn organisiert hätte, um die Fahrgäste zu quälen: Über ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen bekommen noch nicht einmal einen abgestimmten Fahrplan hin, Fahrkartenautomatensysteme gibt es ungefähr so viele, wie deutsche Kleinstaaten Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Nahverkehr im Revier ist eher ein Pöstchensicherungssystem, denn ein Nahverkehrssystem und als solches für das Kulturhauptstadtjahr überhaupt nicht vorbereitet.
Hinzu kommen die horrenden Preise: Innerhalb der viel gepriesenen Metropole Ruhr kostet ein Ticket von Duisburg nach Dortmund stolze 9,10 Euro. In Berlin kostet eine vergleichbare Karte schlappe 2,40 Euro. Kauft man eine Karte für das Berliner Umland mit, kommt man gerade mal auf 2,70 Euro. DAS sind die Preise einer Metropole, und nicht die VRR-Höchstpreise für Provinzleistungen: An einem Sonntag dauert eine Fahrt von Bochum nach Gladbeck gerne mal über zwei Stunden. Von Bochum nach Frankfurt geht es genau so schnell. Gästen kann man das nicht vermitteln.
Ähnlich problematisch sieht es mit dem Umfeld der Kathedralen der Industriekultur aus: Die Jahrhunderthalle und Zollverein mögen architektonische Leuchttürme sein, allein sie liegen in den falschen Stadtteilen. Verlässt man die mit Millionenaufwand sanierten Areale, befindet man sich in heruntergekommenen Vororten, wie sie auch Hamburg, München und Frankfurt zur Genüge haben – nur, dass kein Besucher sie jemals zu Gesicht bekommt. München Hasenbergl oder die Nordweststadt in Frankfurt sind touristische No-Go-Areas.
Keine zwei Jahre mehr haben Essen und Bochum Zeit, das Umfeld ihrer "Kronjuwelen" zu verbessern. Alternative: Shuttlebusse mit verklebten Scheiben, in denen auf Bildschirmen den Besuchern ein kulturell anspruchsvolles Medienangebot für die Fahrtzeit geboten wird, so dass sie auf keinen Fall auf die Idee kommen, einen Blick auf Stahlhausen oder Katernberg zu werfen. Und, die Shuttlebusse könnte man auch ohne den VRR organisieren – sie wären dann pünktlich und sauber.
Zumindest Gästen sollte man etwas Besseres bieten, als man selbst gewohnt ist: Kommt Besuch, gibt es nun einmal Braten und nicht Bratwurst.
Der Westen diskutiert
Nachdem die ersten Zahlen zum neuen WAZ-Portal Der Westen veröffentlicht wurden, gibt es eine Diskussion im Pottblog, an der auch Westen-Chefin Katharina Borchert teilnimmt und sich der Kritik stellt.
Kölner ohne Ahnung
Die Lage auf dem „rheinischen“ Immobilienmarkt ist das Thema eines Artikels im Kölner Stadtanzeiger – und zu dem zählt wegen der idiotischen Einteilung des Landes auch der westliche Teil des Ruhrgebiets. Nun wissen wir, dass sich Köln spätestens seit dem 11.11. in einem geistigen Ausnahmezustand befindet, aber ab und an einmal zu recherchieren, tut auch den Kollegen einer Kölner Zeitung ganz gut – auch im Karneval:
„Im bundesweiten Vergleich ist Bergisch Gladbach ein teures Pflaster und gehört zu den 30 teuersten Städten. Und es wird immer noch mit Zuzug gerechnet. Im Gegensatz etwa zum Ruhrgebiet, wo die Mietpreise purzeln und ganze Viertel leer stehen.“
Schön, dass Bergisch-Gladbach als Düsseldorfer Vorort zu den teuersten Städten Deutschlands gehört – wobei die Top-30 wirklich nicht allzu beeindruckend sind. Trotzdem stehen im Ruhrgebiet nicht „ganze Viertel“ leer – wer so etwas sehen will, muß sich wohl besser in die Ostzone begeben. Auch „purzeln“ hier nicht die Mietpreise, sie sind im Durchschnitt stabil. Die Preise von minderwertigem Wohnraum sinken, die von hochwertigem steigen tendenziell eher. Was stimmt, ist: Es gibt einen Renovierungsstau in einigen Stadtteilen. Aber was sollen solche Details, wenn man ein schönes Vorurteil pflegen kann – oder liegt es an dem widerlichen Bier aus Reagenzgläsern, das die armen Menschen in unseren Vororten auch im Karneval trinken müssen?
Erinnerung: Pink Slip Party im Mandragora
Im Dezember haben die Kollegen aus der WAZ-Gruppe erfahren, dass in ihrem Betrieb über 200 Stellen abgebaut werden sollen. Es soll ohne "betriebsbedingte Kündigungen" ablaufen. Also wie gehabt: über Altersteilzeit, Abfindungen und Almosen. Oder wie es heute auf der Betriebsversammlung der WAZ hieß: "So sozialverträglich, wie möglich." Egal.
Floto: Flickr/kuddlyteddybear2004
Die WAZ-Kollegen sie sind nicht die einzigen, die freigesetzt werden. Es hat die Jungs von Gruner und Jahr erwischt. Es wird die Frankfurter Rundschau treffen und andere. Selbst die dpa ist nicht sicher. und beim WDR sind die Freien seit jeh her unter Druck und am Existenzminimum. Kurz: machen wir uns nichts vor, kaum einer von uns hat im Augenblick noch einen sicheren Job.
Erinnern wir uns an die Kollegen von den Ruhr Nachrichten und der Buerschen Zeitung, an das Team der taz-nrw und viele andere. Wir haben uns überlegt, für alle eine Pink Slip Party zu veranstalten. Pink Slips – das ist der spöttische Name der Kündigungsschreiben in den USA – und daher kommen auch die Pink Slip Partys: Auf ihnen treffen sich Jobsuchende und – wenn es klappt – Leute, die einen Job anzubieten haben. Oder einfach nur Kollegen, die Kollegen treffen wollen.
Wir laden jedenfalls alle Leute, die im Revier schreiben oder drehen, am 13. Januar 2009 ab 20.00 Uhr ins Mandragora im Bochumer Bermudadreieck ein. Bermudadreieck-Gründer Leo Bauer hat uns das Lokal zur Verfügung gestellt. Getränke muss man allerdings selber zahlen.
Wie es wird? Wir wissen es nicht. Wir haben so etwas noch nie gemacht. Man wird sehen. Wenn es klappt, haben ein paar Leute nach dem Abend einen neuen Job, vielleicht aber auch nur das gute Gefühl, nicht alleine zu sein, oder sie treten den Heimgang mit ein paar frischen Kontakten und Ideen an.
Wenn es nicht klappt, trinken wir ein paar Bier. Auch nicht schlimm. 🙂
Es wäre schön, wenn Ihr Kollegen ansprechen könnt und mitbringt – und die Leser der Ruhrbarone, die Jobs für Presseleute haben, sind natürlich ganz besonders herzlich eingeladen.
Geld her!
Foto: Flickr/Hagengraf
1,6 Milliarden will das Ruhrgebiet vom Land NRW, um in den kommenden zehn Jahren insgesamt 274 Projekte an den Start zu bringen. Erstmals trat man in einem Brief gemeinsam gegenüber Düsseldorf auf und – man höre und staune – ging offen miteinander um, was Förderwege etc. betrifft. Nötig geworden war die Zusammenarbeit, an der sich der Kreis Wesel nach langen Beratungen nicht beteiligt hat, weil das Land künftig nur noch Projekte fördern will, die in ein regionales Konzept eingebunden sind.
Das Spektrum der Projekte geht von der Renovierung des Glückaufkinos in Essen über das Stadtteilprojekt Gelsenkirchen Bismarck bis zum Masterplan zur Erneuerung der Duisburger Innenstadt.
Grössere gemeinsame Projekt wie eine Werbekampagne für das Ruhrgebiet gab es allerdings nicht. Da kooperiert die Wirtschaftsförderung des Ruhrgebiets und ihr Chef Hanns-Ludwig Brauser mit den Initiativkreis Ruhrgebiet, der eine solche Kampagne auf seinem Zukunftskongress im vergangenen Oktober angekündigt hat.