„Ich bin wichtig…“

Hat zu tun: Philipp Mißfelder. Foto: PR

Hat zu tun: Philipp Mißfelder. Foto: Mißfelder/PR

Eine ganze Menge Menschen haben im Augenblick viel zu tun: Verkäuferinnen, Kellner, Köche, Steuerberater sind bis zum Jahresende im Stress und für den Weihnachtsmann hat die härteste Zeit des Jahres sowieso gerade erst begonnen. Nur Wenige machen indes über diese Tatsache so ein Bohei wie die junge Hoffnung der CDU Philipp Mißfelder aus dem Ruhrgebiet. In einer Pressemitteilung weist er auf die besonderen Belastungen seines Berufes in der Weihnachtszeit hin: „In der letzten Sitzungswoche im Jahr gibt es immer besonders viele Termine. Viele Vorhaben müssen noch im alten Kalenderjahr zum Abschluss gebracht und viele Beschlüsse gefasst werden. Bei einer dieser zahlreichen wichtigen Sitzungen nicht anwesend zu sein, kann sich ein Abgeordneter in dieser Abschlusswoche des parlamentarischen Jahres kaum leisten."OK, im Rest des Jahres kann man also gepflegt im Café Einstein rumhängen und darauf hoffen, von Hauptstadtjournalisten angeqautscht zu werden. Die Erfahrung, viele Termine zu haben, scheint für Mißfelder so besonders zu sein, dass er in der Mitteilung gleich drei Mal darauf hinweist. Und reden wird er im Ausschuß auch: Neben zahlreichen weiteren Terminen wird Philipp Mißfelder im Ausschuss für Kultur und Medien zu einem Gesetzentwurf zur Stärkung des gesellschaftlichen und bürgerlichen Engagements von Jugendlichen Stellung nehmen. Das ist ungefähr so beeindruckend, als ob die freundliche Dame an der Wursttheke meines Supermarktes darauf hinweist, dass sie vor Weihnachten einen Kringel Fleischwurst verkauft hat. Ihr Job ist es, Wurst zu verkaufen und Mißfelder hat nun einmal auf Sitzungen rum zu hängen und dann und wann einmal etwas zu sagen. Besonderen Dank und Bewunderung verdienen beide dafür nicht: Es ist ihr Job, und dafür werden sie bezahlt. Im Falle von Mißfelder gar nicht mal so schlecht – kaum ein Dauerstudent der Geschichte dürfte an sein Salär herankommen.

Lauf, Schüler, lauf…

Schützenbruder Foto: Florian Seiffert

Schützenbruder. Foto: Florian Seiffert

Der Rat der Stadt Marl ist etwas für Kenner… und er ist immer wieder für eine Überraschung gut. Jetzt können sich die Politiker nicht entscheiden, ob sie in einer Realschule einen Schießstand für einen Schützenverein erlauben sollen, oder nicht. Die Entscheidung darüber wurde erst einmal vertagt. Eine Mehrheit gegen die Schützenbrüder war wohl nicht zu finden. Wir erinnern uns: Es gibt zwei Arten von Schützen: Die einen sind froh, wenn sie bei Trinkgelagen mit dem Bierglas den eigenen Mund treffen und nicht den Ausschnitt der Gattin des Metzgermeisters. Die anderen machen sich mit schweren Waffen wichtig und erzählen was von meditativer Wirkung durch das Eins werden von Mann und Waffe, was wieder einmal belegt, dass Woody Allen Recht hatte, als er die Gegenthese zu Freud aufstellte, dass nicht nur Frauen vom Penisneid betroffen seien. Wer Marl kennt, ahnt, dass hier eher die trinkfreudigen Gesellen gemeint sind – aber auch die können nicht einfach in die Kneipe gehen und sich friedlich betrinken, sondern benötigen dafür einen geselligen Hintergrund. "Schatz, ich begebe mich heute mit meinen Freunden auf die Jagd nach meiner letzten Gehirnzelle" klingt nun einmal nicht so gut wie "Schatz, ich geh zum Vereinsvorstand, da sind Satzungsfragen zu diskutieren."

Aber auf die Idee, einem Haufen von Menschen – drücken wir uns vorsichtig aus, "mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ein Alkoholproblem bekommen zu können" – mit ihren Waffen Zugang zu einer Schule zu verschaffen, muß man erst einmal kommen. Dann gibt es neben dem Jägerlatein vielleicht bald das Schützenlatein: "Ich hatte da letztes Jahr einen kapitalen Zehntklässler vor dem Rohr". Humor haben Sie jedenfalls, die Marler.

Aachen vor…

Während im Ruhrgebiet noch der unbedeutendste Lokalpolitiker darüber wacht, dass niemand seinen Kirchturm anrührt, gibt es Regionen, die ein wenig pfiffiger sind. Die Aachener zum Beispiel. Die haben sich zu einer Städteregion zusammengeschlossen und werden bei der kommenden Kommunalwahl sogar einen gemeinsamen Repräsentanten wählen. Das Landkreis Aachen wird aufgelöst – es fallen also Stellen weg und sogar Geld wird gespart. Und warum macht das Aachener Umland das alles? weil sie wissen, dass sie mit Kleinstädterei nicht wahrgenommen werden – als Städteregion schon. Und auch der Repräsentant dieser Region wird künftig wahrgenommen werden – wird er doch von allen Bürgern gewählt. Eine ganz andere Liga als der Regionalverband Ruhr und sein Direktor Herr Klink. Es geht also, wenn man will. Blöd nur, dass andere schon wieder schneller sind.

Sieg der Provinz

Die Landesregierung hat sich von der Schaffung eines Ruhrbezirkes verabschiedet. In der Mitte der nächsten Legislaturperiode soll jetzt entschieden werden. Das heißt übersetzt: Niemals. Den eigenen Ruhrbezirk wird es nicht geben. Es ist der Sieg der Provinz über die Vernunft. Es ist ein Triumph weitgehend überflüssiger Bürokraten, profilloser Vorortpolitiker und Besitzstandswahrer.
Aus Sicht des Landes ist es nur folgerichtig, die Reform der Landesstrukturen, dessen großer Gewinner das Ruhrgebiet gewesen wäre, zu stoppen: Die Widerstände in der Provinz waren zu groß und aus dem Ruhrgebiet gab es keine nennenswerte Unterstützung für die Reformen. Nicht nur die Sozialdemokraten haben sich gegen die Strukturreform aufgestellt – parteitaktisch vernünftig, aber natürlich unverantwortlich, auch aus der CDU gab es nur Kritik.
Viele CDU Orts- und Kreisverbände haben sich gegen ihre eigene Landesregierung aufgestellt. Es waren die gleichen Vorortpolitiker, die das Wahlprogramm der Union, in der die Forderung nach einem einigen Ruhrgebiet stand, immer unterstützt haben. Soll man ihre Namen nennen? Überflüssig: Haben Sie schon mal den Namen Hovenjürgen gehört? Eben. Bei einer Partei, die so uneinig ist, die so schnell bereit ist, ihre eigene Programmatik zu verraten, stellt sich die Frage der Regierungsfähigkeit. Durchsetzungsstark ist anders.
Aber es fehlten auch die Stimmen, die von der Landesregierung laut forderten, sich an ihre Versprechen zu halten und das Ruhrgebiet zu stärken. Der Regionalverband Ruhr, die einzige Klammer des Ruhrgebiets, ist, seitdem Rot-Grün Heinz-Dieter Klink an die Spitze gewählt hat, in der Unbedeutung verschwunden. Seinen Auftrag, das Ruhrgebiet zu schwächen, hat Klink bestens erfüllt. Er konnte dabei das tun, was er am besten kann: Nichts.
Was werden die Konsequenzen sein? Das Ruhrgebiet hat sich endgültig davon verabschiedet, eine Metropole zu werden – und vor allem die kleinen Städte werden die Verlierer sein. Formal unabhängig, werden sie zu Vororten degenerieren. Essen wird seine Rolle als das natürliche Zentrum der Region in Zukunft konsequent ausspielen – gemeinsame Strukturen, die für das Erreichen gemeinsamer Ziele sorgen könnten, gibt es nicht. Auch die Regionalplanung würde einen starken Regionalverband benötigen – den es nicht gibt.
Vielleicht ist ja das freie Spiel der Kräfte tatsächlich die beste Lösung: Sie nimmt den Provinzpolitikern die Möglichkeiten zum Handeln. Essen wird künftig eine Leitfunktion für die Region einnehmen. Wer erfolgreich sein will, wird sich dieser Tatsache anpassen, wer sich nicht anpassen will, wird an Bedeutung noch mehr verlieren. Die Sieger von heute haben die Grundlage für ihre eigene grandiose Niederlage geschaffen. Sie sollen gefälligst nicht jammern, wenn sie es in ein paar Jahren bemerken.

Werbung


Fiege präsentiert das Frühstück für Bochum

fiege_komplett
jahrhunderthalle
Jahrhunderthalle:
Bülent Ceylan wird mit Comedy-Krone von 1Live ausgezeichnet…Der Westen
Literatur: Wolfgang Welt schreibt über Pop und Heimat…Der Westen
Atelier: Ausweitung der Kunstzone…Bo Alternativ
Armut: 38.000 Bochumer sind überschuldet…Ruhr Nachrichten
Jobcenter: Geschäftsleitung im Jobcenter verklagt Personalrat…Der Westen
Wirtschaft: Hardeck will mit Hardi auf die Opelfläche ziehen…Der Westen
VfL: Bayern-Tickets werden knapp…Reviersport

DEW21 präsentiert das Frühstück für Dortmumd

dew_komplett

 

flughafen_doFlughafen: Germanwings bietet zusätzliche Flüge nach Mallorca an…Der Westen
Flucht:  Der Ansturm der Flüchtlinge überfordert NRW…Der Westen
Anschnallaffäre: Stadt will Busunternehmen kündigen…Radio91.2
Konferenz: Die Zukunft heißt intelligente Software…Logistik Heute
Pop: Sisterkingkong – neues Album und Konzerttour…Nordstadtblogger
Konzerthaus: Stell Dich der Klassik…Radio91.2
BVB: Zorc verteidigt Transfers…Sport1
BVB: Dortmund und Bayern wollen Supertalent…Radio91.2