Die SPD setzt af die Linkspartei – nicht nur bei der Wahl des Bundespräsidenten. Im Kampf um die Rathäuser im kommenden Jahr werden die Sozialdemokraten nicht auf die Unterstützung der Linkspartei verzichten können – und die wird sie im Bund und im Ruhrgebiet einen hohen Preis zahlen lassen.
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Nichts spricht gegen Gesine Schwan als Bundespräsidentin: Schwan ist seriös, eine gute Rednerin, klug und hat Realitätssinn. Der sorgte sogar dafür, dass sie in den 80er Jahren aus der Grundwertekommission der SPD rausgeworfen wurde, weil sie den Kuschelkurs der SPD mit den roten Diktaturen in Osteuropa nicht mittragen wollte und die SPD lieber an der Seite der Unterdrückten sehen wollte.
Ob Horst Köhler oder Gesine Schwan Bundespräsident (beziehungsweise Bundespräsidentin) wird ist mir egal: Beide machen eine gute Figur und werden einem das Fremdschämen ersparen. Viel mehr kann man von einem Bundespräsidenten nicht verlangen.
Was mich stört ist der Preis, den die SPD für Gesine Schwan wird zahlen müssen. Hätte Gysi vor ein paar Jahren der SPD noch geholfen, um aus dem Polititprekariat herauszukommen, so wird Lafontaine seine Unterstützung von Bedingungen abhängig machen. Das können Absprachen für die Zeit nach der Wahl sein oder aber unrealistische, aber populistische Forderungen wie das Ende von Hatz IV oder einen Wechsel in der Außenpolitik. Lafontaine ist ein glänzende Effektpolitiker, der nun ein Jahr Zeit hat, den tumben Beck vor sich her zu treiben – und sich diesen Spaß nicht nehmen lassen wird. Dabei kann die SPD nur verlieren.
Die Wahl Schwans wäre aber auch ein „Stück Machtwechsel“: Die Weichen für die Bundestagswahl im kommenden Jahr wären gestellt: Die SPD kann sich nach der Wahl Schwans mit den Stimmen der Linkspartei einem möglichen Bündnis im Bund kaum noch verweigern.
Ähnlich sieht die Situation im Ruhrgebiet aus: Umfragen sehen die Linkspartei im Revier bei um die zehn Prozent – tritt sie mit eigenen Kandidaten bei den Bürgermeisterwahlen an, könnte es für so manchen sozialdemokratischen Mandatsträger eng werden – und weil es nur einen Wahlgang gibt, könnten sich christdemokratische Bewerber so auch in Städten durchsetzen, in denen das bislang eher unwahrscheinlich war.
Die SPD ist also auf dem Markt und muss, will sie ihre Kandidaten durchbringen, der Linkspartei etwas bieten. Will sie im kommenden Jahr auch den Kanzler stellen, wird der Preis, den Lafontaine fordert, hoch sein: Ein Rückfall der SPD in die Zeit vor Schröder. Diesen Preis werden nicht alle Wähler der SPD zahlen wollen: Viele wählten bei der letzten Wahl auch SPD wegen Schröder und den Hartz-Reformen – weil sie erkannten, dass eine Neujustierung der Sozialpolitik in Deutschland unumgänglich war. Weil sie wussten, dass die Globalisierung nichts ist, was man annehmen oder ablehnen kann, sondern eine Tatsache ist, auf die man reagieren muss und von der Deutschland bislang stark profitiert hat.
Es gibt zwei Möglichkeiten wie die Sache ausgeht: Entweder verliert die SPD diese Wähler und damit für lange Zeit ihre Regierungsfähigkeit – oder dieses Land wird zum Spielball frustrierter ex-Sozis, wirrer ehemaliger K-Grüppler, alter Stasikader und einem vor Eitelkeit und Selbstüberschätzung berstenden Lafontaine. Die erste Alternative wäre mir lieber.