Ende April hat sich die Dortmunder Nazi-Aussteiger und Nazi-Opferberatung BackUp von Claudia Luzar getrennt. Luzar hatte das Projekt mit aufgebaut, in den vergangenen Jahren hat die Politik ihren Einfluss auf den Verein immer stärker ausgebaut. Nun nahm Luzar auf Facebook Stellung:
Liebe Freunde und Kollegen, der ehrenamtlich geführte Trägerverein von Back UP, der ersten Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt in Westdeutschland, hat sich von mir getrennt. Die Ursachen für diesen absehbaren Entschluss liegen in der unterschiedlichen Bewertung des Rechtsextremismus insbesondere in Dortmund. Dort habe ich auf Wunsch der Stadtverwaltung Back Up ab August 2011 mit großem Einsatz aufgebaut. Ganz persönlich habe ich 87 Opfern rechtsextremer Gewalt in NRW geholfen. Dabei bin ich humanistischen Grundsätzen gefolgt: Stadt- und Parteipolitik müssen aus meiner Sicht hinter dieser Arbeit zurück stehen. Im vergangenen Jahr wurde ich zusätzlich gebeten, mich um Ausstiegswillige Rechtsextremisten zu kümmern: Denn diese wichtige Aufgabe wurde in der Region Westfalen bislang nicht mit dem gewünschten Erfolg erledigt. Ich hoffe nun vor allem, dass die drei durch mich zuletzt betreuten ehemaligen Neonazis bei ihrer Ausstiegsentscheidung bleiben.
Ich selbst beende in diesen Wochen meine Doktorarbeit über die Opferwerdung durch rechtsextreme Gewalt (am Bsp. Dortmund). Darauf richte ich mich meine ganze Kraft. Die Dissertation wird nach Abschluss veröffentlicht. Meine wissenschaftliche Arbeit werde ich in bewährter Form fortsetzen.
Beste Grüße
Claudia Luzar
Update: Wir haben uns ein wenig umgehört. Claudia Luzar und der Dortmunder FH-Professor Dierk Borstel, der bei dem BackUp Update BackUp-Comeback dabei war, standen für einen nicht nur konfrontativen Kurs im Umgang mit Nazis. Ein Zitat von Borstels Facebooks-Seite belegt diese Linie:
Offensiver Umgang mit Rechtsextremismus bedeutet auch, sich ihnen argumentativ und gewaltfrei und unmittelbar zu stellen. Ein Kontaktverbot hilft da nicht.
Eine Ähnliche Linie deutet sich auch im offenen Brief von BackUp Ende 2012 an, der eine Aufforderung an die Nazis beinhaltete:
„Nutzen Sie bitte die demokratischen Möglichkeiten, um Ihren politischen Protest auszudrücken, und verzichten Sie auf Gewalt gegen Menschen, die Ihnen nicht in den ideologischen Kram passen. Denn durch Gewalt und Menschenfeindlichkeit werden Sie hier in NRW niemanden davon überzeugen, dass Ihr politischer Weg der richtige ist.“
Zwar soll die Stadt Dortmund viel Wert auf eine Ausstiegshilfe gelegt haben, aber einen offenen Dialog mit Nazis wollte sie, verständlicherweise, nicht unterstützen. Die ist nach unseren Informationen einer der wesentlichen Hintergründe für die Trennung von Luzar. Und sie passt auch zum Kurs Dortmunds: Pläne, einen Kreativworkshop mit Neonazis abzuhalten, erteilte die Stadt eine deutliche Absage – wenn auch erst nach Protesten. Wen Luzar also schreibt, sie könne der politischen Linie der Stadt nicht folgen, scheint sich das eher auf diesen Punkt zu beziehen. Frau Luzar stand für ein Gespräch mit diesem Blog nicht zur Verfügung.