Wie ein Kultursenator den Hass auf Israel verklärt

Carsten Brosda 2019 by Diana Kohrs cc 4.0

„Keimzelle der Gesellschaft“ und „Wahrheitssuche“, „Beginn des Politischen“ und „Weg in die Zukunft“. Carsten Brosda, gelernter Schalker, jetzt Kultursenator in Hamburg, will BDS partout präsentieren.

„Abenteuerlich“, nennt Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda (SPD) es, falls diskutiert werde, ob sich der Staat an den Grenzen der Verfassung orientieren soll, wenn er jährlich rund 14,5 Milliarden Euro für Kultur aufwendet. Die Berliner Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) hatte kürzlich in der Süddeutschen Zeitung vorgeschlagen, auch Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden zu nutzen um sicherzustellen, dass keine „antisemitischen, rassistischen oder sonstige menschenverachtenden Inhalte verbreitet werden“. So wie BDS dies tut, die Hetzkampagne gegen Israel wird in den Verfassungsschutzämtern von Bund und NRW als extremistischer Verdachtsfall geführt. Es gehe mithin um keinen Generalverdacht, so Badenberg, sondern um eine „juristisch saubere Handhabe“ bei „einzelnen Verfassungsfeinden“. Die SZ sprach sogleich von einem „umfassenden Verfassungstreuecheck“, im selben Blatt legt Brosda jetzt nach, er ist bekennender Gelsenkirchener, die Wiese hinterm Haus, in dem er aufgewachsen ist, steht ihm Modell für „eine freie Gesellschaft“, sie sieht er nicht von BDS bedroht, sondern von Badenberg: „Rettet die Kultur vor dem Staat“, lässt sich der Kulturstaatsbeamte betiteln, seine eigene Behörde wird im kommenden Jahr 460 Mio Euro an Kulturprojekte ausschütten, wer rettet hier wen, das Verwirrspiel beginnt:

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BDS ist ein „extremistischer Verdachtsfall“, was ist BDS light?

Pro-Hamas-Demonstranten Juni 2024 in Duisburg | Foto Roland W. Waniek

Noch während Hamas massakrierte, erklärte BDS, „nur so können wir Würde erreichen“. Der Verfassungsschutz wertet die internationale Hetzkampagne gegen Israel nicht länger als bloßen Prüffall, sondern als verfassungsfeindliche Organisation. Folgt daraus etwas? Eine Anti-BDS-Klausel im Zuwendungsbescheid?

7. Oktober 2023, seit 06:29 Uhr badet Hamas in Blut, die Barbarei flutet Bildschirme weltweit, um 21:30 Uhr erklärt BDS-Deutschland, Israel habe die „ethnische Säuberung von Millionen indigener Palästinenser*innen“ – Sternchen inkl  –  „rücksichtslos ausgeweitet“, der jüdische Staat wolle  –  NS-Vergleich inkl  –  „die ‚Palästina-Frage‘ ein für alle Mal lösen“, man müsse dem „75jährigem Regime“  –  1948 wurde Israel gegründet  –  jetzt „insbesondere durch BDS-Taktiken ein Ende setzen. Nur so können wir Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Würde erreichen“. Die Pressemitteilung stammt vom BDS-Nationalkomitees (BNC), dem Leitungsorgan der internationalen Hetzkampagne, ihm sitzt Hamas vor

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„Die woke Straße“: BDS-Song-Contest mit Pop-Mob, ein Geschäftsmodell?

Eden Golan aus Israel beim Eurovision Song Contest 2024 in Malmö by Arkland cc 4.0

Weltweite Soli mit Hamas, in der arabischen Welt ist es erstaunlich still. In Malmö kreischen sie zu Tausenden eine Israelin nieder, im Televoting wird sie auf Händen getragen. Wird Pop unpopulär?

„In den arabischen Hauptstädten ist es ruhig geblieben“, sagte Olivier Roy eine Woche nach dem 7. Oktober, den Massakern der Hamas, dem Schweizer Magazin Republik: „In Kairo, Tunis oder Rabat gab es keine Demonstrationen, wurden keine israelischen Fahnen verbrannt. Das ist neu“, so der französische Orientalist und Politologe, „bisher war die «arabische Straße» ein enorm wichtiger Faktor im Palästina-Konflikt. Beim jetzigen Überfall spielt sie keine Rolle.“ Roys Deutung: „Die Barbarei der Terrorakte der Hamas hat die arabische Solidarität unterminiert. So etwas kann und will man nicht mittragen.“ Eingeschoben dieser Satz: „Hörbar ist höchstens die «europäische Straße».“ Die woke Straße, ersetzt sie die arabische?

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Heute in Bochum: Susanne Schröter

Susanne Schröter Foto: Raimond Spekking Lizenz: CC BY-SA 4.0

„Wer wie sie den Islam kritisiert, bekommt es gleich mit zwei Gegnern zu tun, die immer enger zusammenarbeiten“, schrieb Stefan Laurin vor einigen Wochen auf diesem Blog: „Islamisten und die woke Linke“, bei allen Unterschieden eine sie der „Hass auf den Westen und die Aufklärung“. Susanne Schröter, Professorin für Ethnologie an der Goethe-Uni Frankfurt, leitet dort das „Forschungszentrum Globaler Islam“, in Bochum wird sie  –  heute 18:30 Uhr am Westring 26 C, das sind die Nebenräume der Christuskirche Bochum  –  über „Identitätspolitik und politischer Islam: Postkolonialismus zwischen Religionsfreiheit und Extremismus“ sprechen. In der Ankündigung der Evang. Stadtakademie, die Schröter

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Terror aus Teheran in Bochum: Über Ramin Y, der Judenhass mit Lifestyle zu Pop verrührt hat

„Everything is possible“: Screenshot der Instagram-Seite von Ramin Yektaparast

Er war Drahtzieher der Anschläge auf die Synagogen in Bochum und Essen: Ramin Yektaparast (36) hat organisierte Kriminalität mit Lifestyle und beides mit gottesstaatlichem Terror verschlagen, letzte Woche wurde der NRW-Iraner in Teheran erschossen.

Der Anruf kam am Mittag des 16. Novembers 2022 „in einem über WhatsApp geführten Videotelefonat“. Babak J., 35jähriger Familienvater aus Dortmund, erhält den Auftrag, einen Brandanschlag auf die Synagoge in Bochum zu verüben. Die Order erteilt ihm „E.“, der wiederum handelt im Auftrag „von staatlichen Stellen der Islamischen Republik Iran“, so hat es das Oberlandesgericht Düsseldorf festgestellt. Dessen 6. Strafsenat hat Babak J. im vergangenen Dezember zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt und festgehalten, wie kurz die Wege sind, die der Terror geht, um aus Teheran ins Ruhrgebiet zu kommen: Zwischen Auftrag und Anschlag lagen keine 36 Stunden. Teils minutengenau zeichnet die Urteilsbegründung nach, wie Babak J. versucht, seinen Kumpel „G.“ als Mittäter zu gewinnen, der zögert, hält ihn hin; erst gegen Mittag des Tattages kauft J. in Essen die Requisiten seines Molotow-Cocktails ein, „eine leere Glasflasche und ein Geschirrtuch“ sowie „Haushaltshandschuhe“. Gegen 17 Uhr teilt „G.“ ihm per Kurznachricht mit, er habe ihn und seinen Plan  –  „G.“ geht davon aus, dass die Synagoge in Dortmund angegriffen werde  –  längst der Polizei gemeldet, und Babak J.?

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Israelhass und BDS: Die Ruhrtriennale hat ein Problem. Vielleicht eine Chance

Ivo Van Hove, Intendant der Ruhrtriennale 2024-2026 (c) Thomas Berns, Ruhrtriennale

„Die Ruhrtriennale hat ein Problem, wir haben es auch.“ Der Satz ist sechs Jahre alt und tagesaktuell: Was tun, wenn einem BDS ins Programm rutscht wie der Ruhrtriennale jetzt ein weiteres Mal? Wie die Freiheit der Kunst verteidigen? BDS ist ein Angriff auf ihre Idee, warum halten Künstler, die sich nicht zu BDS halten, so beharrlich den Mund?

Vor drei Jahren hat Jan Martens, belgischer Choreograph, den „Letter Against Apartheid“ unterschrieben, der auch Laurie Andersons Namen trägt, darin wird die Gründung des Staates Israel als „Siedlerkolonialherrschaft“ denunziert, Israel als „Apartheidsregime“ bezeichnet und gefordert, „Sanktionen zu verhängen“, um die „Handels-, Wirtschafts- und Kulturbeziehungen (mit Israel) zu kappen“. Der offene Brief spult das BDS-Programm ab, auf Einladung der Ruhrtriennale wird Martens im September das Tanzstück „Futur Proche“ („Nahe Zukunft“) in der Jahrhunderthalle Bochum inszenieren. „Große Herausforderungen wie der Klimawandel, Epidemien und Kriege erfordern unser Handeln“, heißt es in der Ankündigung, Martens lasse über „mögliche Alternativen für unsere zukünftige Welt nachdenken.“ Ein durchaus politisches Stück also, aus sich heraus stellt es die Frage, was „unsere Zukunft“ mit BDS zu tun hat und „unser Handeln“ damit, Texte zu signieren, die tief in Antisemitismen tauchen. Hier die Antwort des Intendanten der Ruhrtriennale, Ivo van Hove:

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Pop als Oper in Jazz verfasst

Am 27. April in der Christuskirche Bochum: Michael Wollny Trio | Foto Gregor Hohenberg

“The most exciting piano trio in Europe ”, so hört die britische The Times das Michael Wollny Trio, die Hamburger Die Zeit erklärt es zum „aufregendsten Piano-Trio der Welt“. Beides keine Blätter, die mit Superlativen um sich werfen, nehmen wir Tim Lefebvre am Bass: Ihn hat auch Sting schon in seine Band geholt, ebenso Elvis Costello, Jamie Cullum, Till Brönner … Und: Der Wollny-Gitarrist hat den Bass auf dem letzten Album von David Bowie gespielt, auf “Black Star”, es ist Bowies Vermächtnis. Most exciting, dieses Trio, in der Tat  –  hat das noch was mit Jazz zu tun?

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Chorwerk Ruhr und die Mysterien

Suzanne Valadon, Der Geigenkasten, Paris 1923. Sammlung Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris | Public Domain

Ukrainer, die ihr Leben geben, um Putins Terror zu stoppen, Israelis, die ihr Leben geben, um Hamas-Terror zu stoppen, Chorwerk Ruhr besingt Mysterien.

André Caplet war gerade zum Leiter der Pariser Oper berufen worden, als der Erste Weltkrieg ausbrach, der 38jährige meldete sich zum Militär, wurde bei einem Gasangriff schwer verletzt, hat das Gemetzel durchlebt. Seinen Beruf, das Dirigieren, musste er aufgeben, im Ersten Weltkrieg sind mehr als 1,3 Millionen französischer Soldaten gefallen. In dem Jahr, in dem Frankreich das Ruhrgebiet besetzt  –  in Deutschland beginnt ein Krisenjahr wie keines zuvor, gleichzeitig beginnen die Roaring Twenties  – , 1923 also schreibt Caplet ein Werk, mit dem er versucht, den immensen Schrecken etwas entgegen zu setzen, die grauenhaften Bilder im Kopf zu übermalen. Eine Gegenwelt, die er erschließt, indem er das Leben eines Juden erzählt, wie es sich in den Augen seiner Mutter gespiegelt haben mag.

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Biedermann und BDS, die New York Times und wir

Kreuzberg mit Mauer 1986 by thw

Sowas passiert, wenn man sich BDS ins Haus holt: ein „Klima der Angst“ quartiert sich ein, als „Kunsthauptstadt“ ist Berlin gefährdet „wie seit 1989 nicht mehr“. Schreibt wer? Die New York Times, sie hat entdeckt: Nicht der Boykott von Kultur ist verantwortlich für den Niedergang der „internationalen Kulturhauptstadt“ Berlin, sondern „a small website from the provincial city of Bochum“.

Selten gehe es gut aus, „wenn Kultur für politische Zwecke eingesetzt wird“, erklärt die New York Times in ihrer jüngsten Wochenend-Ausgabe, sie wird in einer Auflage von mehr 1 Mio verteilt. Einst sei Berlin ein „Leuchtturm der künstlerischen Freiheit“ gewesen, inzwischen sei „das Überleben der Stadt als Kunsthauptstadt in Frage gestellt oder vielleicht schon verloren“. Preise annulliert, Konferenzen abgesagt, Theaterstücke abgesetzt. Von Künstlern, die staatliche Zuschüsse empfingen, werde verlangt, „‚jede Form von Antisemitismus‘“ zu vermeiden („der Vorschlag wurde zurückgezogen“). Selbst Greta Thunberg, „the climate Cassandra“, sei in Deutschland „gecancelt“ worden, den chinesischen Dissidenten Ai Weiwei, einen weltweit hofierten Künstler, erfülle dies alles „mit Verzweiflung“, zitiert ihn die NYT.

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