Hunderte Leichen, auf Rasenflächen aufgereiht, unkenntlich verstümmelt. Sperrholzsärge roh gezimmert, „Soldaten ließen die Särge herunter. Vorher hatte man SA-Leute dafür eingesetzt“, so ein Zeitzeuge, „aber seit sich einmal laute Wut Luft verschafft hatte, wagte man das nicht mehr.“ Vor 79 Jahren, am Abend des 4. November 1944, waren zehntausende Bomben auf Bochums Innenstadt gesegelt. Und? Hat jemand die „Konfliktparteien“ zur „Verständigung“ aufgerufen?
Über 700 britische Bomber, mehr als 10 000 Sprengbomben, mehr als 130 000 Brandbomben. Und 1300 tote Bochumer an diesem einen Abend, 107 Bomben pro Kopf. „Am frühen Morgen des 5. Novembers“, so erinnerte sich Erich Brühmann, Pfarrer in Altenbochum, „kam Frau W. mit zwei Kindern zu uns. Ihr Haus war am Vorabend in Flammen aufgegangen. Während des Vormittags wurde die Sorge um den Vater immer bedrückender. Er hatte Nachtdienst auf dem Bochumer Verein gehabt, wo viele Bomben niedergegangen waren. Darum ging sie zum Hauptfriedhof und suchte unter den Leichen, die dort auf den großen Rasenflächen zusammengetragen waren, nach ihrem Mann. Erst am dritten Tag fand sie ihn, sie erkannte den verstümmelten Körper an einem Manschettenknopf.“
Brutale Szene. Der Bochumer Verein war einer der großen Rüstungsbetriebe im Nazi-Reich, um das Stahlwerk zu bedienen, hatte er immer wieder Arbeitskräfte aus dem KZ Buchenwald angefordert: Im November 1944, als der Luftangriff lief, war das „Außenlager Bochumer Verein“ mit 1704 Häftlingen aus Buchenwald, Auschwitz und Neuengamme belegt, auch auf sie, die meisten von ihnen Juden, gingen die britischen Bomben nieder. Während ihnen Luftschutzbunker versperrt blieben: Bochum hielt – wie heute die Hamas – streng auf Ordnung auch bei Bombenalarm.