Das Greta-Derangement-Syndrom

Greta Thunberg Foto: Anders Hellberg Lizenz: CC BY-SA 4.0

Wenn Sie an sich oder einem Verwandten oder Bekannten eines der folgenden Symptome erkennen können, liegt die Diagnose eines Greta-Derangement-Syndroms nahe:

– Asperger als Krankheit zu denunzieren, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– antisemitische Stereotypen zu bedienen, indem man Greta mit Soros/Rothschild verbal verbindet, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– Auf einmal den um das Wohl „des Kindes“ besorgten Menschen rauszukehren (sie ist fast siebzehn), weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels
– „Die hat das nur mit einer millionenschweren Marketingkampagne geschafft“, weil man glaubt, damit löst man das Problem des menschgemachten Klimawandels

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Auschwitz und Grundgesetz

Deutsche Soldaten stellen die Zerstörung eines polnischen Schlagbaums an der Grenze zur Freien Stadt Danzig nach, 1. September 1939 Lizenz: Gemeinfrei

Vor 80 Jahren überfiel mein Land Polen und begann den zweiten Weltkrieg an dessen Ende über 60 Millionen Menschen gewaltsam zu Tode gekommen waren.

Ich (Jahrgang 1961) wuchs in einem Elternhaus auf, das sehr konservativ war. Mein Vater hatte selbst ab seinem 16. Lebensjahr an diesem größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte teilnehmen müssen. Auf der Seite der Verbrecher.

Es stand bei allen superkonservativen, teilweise atavistischen Gesellschaftsvorstellungen meines Vaters eines nie in Frage: Auschwitz darf sich nicht wiederholen. Kommunismus ist böse, aber der Faschismus ist das absolute, unaufhellbare Böse.

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Rhetorische Fragen

Foto: Regierungspräsidium Kassel Lizenz. Copyright

Jetzt, wo die Rechten mal keinen Obst und Gemüse-Türken erwischt, kein Flüchtlingsheim angezündet, keinen Juden, Schwarzen, Araber auf der Straße zusammengeschlagen haben…

… jetzt, wo sie einen offiziellen deutschen Regierungspräsidenten getötet haben:

  • Hört jetzt der Scheiß mit diesem „aber die Linken“ endlich auf?
  • Hört jetzt der Scheiß mit dem „verwirrter Einzeltäter“ auf?
  • Hört jetzt die ganze Apologetik für die Gewalt von rechts („nur besorgte Bürger“) endlich mal auf?
  • Hören jetzt die skandalösen Urteile gegen versuchte Mörder auf (Bewährungsstrafen für Brandstiftung an Flüchtlingswohnheimen, so gut wie kein Fahndungsdruck)
  • Hören jetzt die Vertuschungsversuche in den NSU-Untersuchungsausschüssen auf?
  • Hören jetzt die Kriminalisierungen von antifaschistischen Demonstrationen auf?

Wenig gewagte Prognose: Nichts davon wird aufhören.

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Artikel 5 – my ass!

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. Foto: Sandro Halank Lizenz:  CC-BY-SA 3.0

Laut einem Artikel u.a. in der Hannoverschen Allgemeinen plant die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, in Zukunft ein Phänomen wie das Rezo-Video unmöglich zu machen. Zitat aus der HAZ:

Kramp-Karrenbauer sagte am Montag nach Gremiensitzungen der CDU, wenn 70 Zeitungsredaktionen vor einer Wahl dazu aufriefen, nicht CDU oder SPD zu wählen, würde dies als „klare Meinungsmache vor Wahl“ eingestuft. Man müsse darüber reden: „Was sind Regeln aus analogen Bereich und welche Regeln gelten auch für den digitalen Bereich.“ In der Debatte müssten auch die Auswirkungen auf die Demokratie eine Rolle spielen.

Dutzende Wahlkämpfe voller faschistischer Hetze im Netz ließen die Partei unangefochten, aber wenn ihnen einer das eigene Politikversagen durch Quellen belegt, da ist dann für die

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Strange New World

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer. Von Sandro Halank, Lizenz:  CC-BY-SA 3.0

Man kann sich ja über Rezo aufregen: seinen hektischen, überkandidelten Ton, die Demenz provozierende Schnittgeschwindigkeit, meinetwegen auch den Umstand, dass nicht alle seine Quellen sattelfest oder seine Interpretationen wissenschaftlich 100%ig haltbar waren. Zwei Dinge aber kann man nicht behaupten: dass der junge Mann da nur Unfug erzählt hat – und dass er nicht einen Nerv getroffen hat.

11,3 Millionen Aufrufe später – und die CDU hat immer noch nicht begriffen, was sie da getroffen hat. Und das zeigt wie kaum etwas anderes, wie wenig diese Partei noch begreift, was in der Altersgruppe unter 35 vor sich geht. Klar, wer den Herrn Amthor für einen typischen Vertreter seiner Generation hält, der wäre überrascht, wenn er mal auf die Straße ginge. Wer glaubt, #Friday4Future wäre nur ein vorübergehendes Phänomen, das man schon mal weglachen und verächtlich kommentieren kann – der muss sich nicht wundern, wenn er dann kurz darauf in eine mediale Klärgrube von Großstadtausmaßen tritt.

Und immer noch scheint es nicht angekommen zu sein im Konrad-Adenauer-Haus, dass diese Jugend tatsächlich eine gigantische (und berechtigte) Angst vor der Klimakrise hat, tatsächlich weit mehrheitlich Rassismus für nichts hält, mit dem man Politik machen sollte, tatsächlich am eigegen Leib erlebt hat, dass der Markt diverse Dinge eben nicht vernünftig regelt, tatsächlich keine Lust hat, ihre Meinungsfreiheit einem ahnungsfreien Europa-Versager namens Voss zu überlassen.

Wenn die Damen und Herren dann nach heute Abend mal die Altersstruktur ihrer auf aktuell vorhergesagten 28% Wählerschaft durchgehen, dann werden sie sich wahrscheinlich immer noch fragen, wie das denn überhaupt kommen konnte! Und wer sie denn dann in zehn Jahren noch wählt!

Es ist auch egal, ob es ihnen dann jemand verrät. Das alles ist und bleibt Neuland für sie.

Antifaschistische Wunschträume

Eigene Kollage. Einzelbildnachweise unter dem Artikel.

Glaubt irgendjemand wirklich, das ja nicht zufällig aufgenommene Strache-Video wäre die einzige Instanz, in der von einem Rechtspopulisten Teile der heimischen Meinungsinfrastruktur einer ausländischen Macht angeboten wurden?

Nicht wirklich, oder?

Glaubt irgendjemand wirklich, dass so etwas nur in Österreich möglich ist, und eine Weidel, ein Meuthen, ein Johnson, ein Orban, Salvini, Bolzonaro oder Trump aus ethischen oder gar patriotischen Überlegungen heraus dankend ablehnen würden?

Und nachdem wir jetzt alle gelacht haben: Glaubt irgendjemand, dass nicht schon längst durch derartig getätigte Deals Strukturen geschaffen bzw. durch Unterwanderung korrumpiert worden sind, mit deren Hilfe die weitere faschistische Übernahme von Regierungsgewalt in Europa und der Welt wesentlich leichter geworden ist? Und vielleicht schon kaum noch verhinderbar?

Das Lachen ist verstummt?

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Geld ist doch nicht alles!

Die zurückliegende Saison der ersten Fußballbundesliga verdient es erinnert zu werden – und dies wegen genau einer Mannschaft: Fortuna Düsseldorf! Ausgerechnet aus der gerne als reich und schnöselig verschrienen Landeshaupstadt kam eine Mannschaft, die ökonomische Armut mit fußballerischer Schönheit im allerdoppeltsten Sinne des Wortes: konterte – und so dem Fußball für ein paar Monate seine Seele zurückgab. Ausgerechnet, muss man sagen. Ausgerechnet die Fortuna, die ihre eigene Seele einst in einem unfassbar schlechten Deal verschachert hatte. Und das an einen maximal viertklassigen Teufel!

Man muss lange zurückblättern in den Archiven, bis man eine Erstligasaison findet, in der die Mannschaft häufiger gewonnen hat als in der zurückliegenden: 1977/78 fuhr man 15 Siege ein, zwei mehr als in dieser Saison. Da war der Autor dieser Zeilen gerade in die Oberstufe gekommen und FJS noch damit beschäftigt, Kohl im Rennen um die Kanzlerkandidatur zwei Jahre später auszubremsen. Man muss wahrscheinlich noch länger zurückgehen in den Archiven, bis man eine Öffentlichkeit außerhalb der Landeshauptstadt NRWs findet, die diesem Verein gewogener war. Quer durch die Republik und die Erstliga-Pressekonferenzen ergingen sich selbst hartgesotten durchzynisierte Sportjournalisten und Gegnertrainer in Elogen auf Funkels Truppe. Am Ende wurde es nicht nur beinahe peinlich.

Keine Angst, Fans des Ruhrgebietfußballs: Die Geschichte ist auf Eurer Seite! Sprich: Das bleibt nicht so. Lasst euch von einem Fortuna-Fan beruhigen, der auf 47 Jahre Fansein zurückblickt und aus Erfahrung weiß, wovon er redet!  Um zu erfahren, warum das so ist, muss man allerdings weiterlesen.

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Der Computerspiele-Preis ist tot!

Dass Deutschland keine Medien-Preisverleihungen kann, braucht eigentlich nicht besonders betont zu werden. Über den Echo hat ganz Deutschland gelacht. Eine andere Frage ist, ob eine Branche es aushalten muss, auf der eigenen Gala von der Moderatorin gedemütigt zu werden.

Der Deutsche Computerspielpreis (DCP) war die letzten Tage in aller Munde – und das, obwohl die allermeisten Menschen bislang kaum jemals von ihm gehört hatten. Ins Gerede ist er gekommen wegen eines freizügigen Wonderwoman-Cosplays der Staatsministerin im Kanzleramt, Dorothee Bär, und wegen eines unterirdischen und stellenweise widerwärtigen, weil teils frauenfeindlichen und rassistischen, beinahe immer aber zotigen Auftritts der Moderatorin des Abends, Ina Müller, die es keine Sekunde schaffte, ihre klischeebewehrte und ahnungsfreie Abneigung gegenüber Computerspielen zu zügeln. Die deutsche Spieleindustrie, titelte SpOn, erniedrigt sich selbst.

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