Autoindustrie: Bestellt, geliefert – Das ist im Leben nicht anders als bei Amazon.


Stirbt die Autoindustrie? Naja, es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie sich in den kommenden Jahrzehnten radikal verändern und kleiner wird. VW Chef Diess droht mit 100.000 Jobs, die wegfallen könnten und es werden wohl über alle Konzerne deutlich mehr sein. Natürlich wegen der Diesel-Hysterie, die dieses Land erfasst hat und den immer härteren Vorgaben der EU, welche die SPD in ihrem heldenhaften Kampf gegen ihre Wähler noch verschärfen möchte.

Aber auch ohne all das könnte in Europa der Höhepunkt der Automobilproduktion überschritten sein: Autonomes Fahren wird zu ganz anderen Fahrzeugen führen als jene die wir heute kennen. Und Elektroautos sind, mal von der Speichertechnik und der Software abgesehen, ziemlich simple Kisten, die fast jeder entwickeln und von einem Lohnfertiger in Fernost zusammenschrauben lassen kann.

Die Automobilindustrie steht für zehn Prozent aller Jobs in Deutschland und für die Hälfte der Forschungsausgaben in diesem Land. Bricht sie weg, wird das Spuren hinterlassen, aber so ist der Kapitalismus: Branchen kommen, Branchen vergehen – vor gut 200 Jahren arbeiteten über 90 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft, heute ist es kein Prozent mehr. Die Arbeit ist uns trotzdem nicht ausgegangen und um ein Vielfaches reicher sind wir auch – selbst die Ärmsten sind es.

Man könnte also ziemlich entspannt sein – nach jedem Umbruch ging es uns und unseren Vorfahren besser. Und auch um die Zukunft müsste man sich nicht sorgen – wenn ein paar Bedingungen gegeben wären:

Preiswerte und sichere Energie, eine Bevölkerung die offen für neue Technologien ist, ein exzellente Bildungs- und Forschungseinrichtungen, ein Steuersystem, welches den Einsatz von Risikokapital belohnt, Menschen die offen für ausländische Arbeitnehmer sind, eine hervorragende Infrastruktur, keine Beschränkungen was neue Technologien betrifft  und ein Rechtssystem, das Investoren und Unternehmen vor irgendwelchen Lobbyisten schützt, deren Geschäftsprinzip auf Angstmacherei beruht und denen es vollkommen egal ist, wie viele Jobs ihre Siege vor Gericht kosten.

Wären diese Grundbedingungen gegeben könnte man sich lässig zurücklehnen und schauen,  wie die Fabriken in Wolfsburg und Ingolstadt schließen denn wüsste, dass die Chancen gut stehen, dass bald neue Unternehmen an Stelle der alten treten und Jobs schaffen und Geld aus dem Export ins Land schaufeln.

Export? Muss der sein? Nein, der muss nicht sein. Wer gerne auf Baumhäusern wohnt und seine Wursthaare in der Sonne trocknet braucht keine Exportwirtschaft. Aber alle anderen in diesem Land leben davon, dass erfolgreiche Unternehmen Waren und Dienstleistungen ins Ausland verkaufen und zumindest einen großen Teil dieses Geldes hier wieder ausgeben: Von diesem Geld leben die meisten von uns, die Erben großer Vermögen einmal ausgenommen. Ob Unternehmensberater, Journalist, Friseur, Koch, Bauarbeiter, Schreiner oder Biolandwirt, ja selbst der Öffentliche-Dienst ist nur denkbar mit diesem Geld.

Und da kommen wir auf das Problem zu sprechen. Denn die von mir oben aufgeführten Grundbedingungen gibt es in diesem Land nicht:

Wir haben mit die höchsten Energiepreise Europas. Eine Bevölkerung, die im besten Fall an Technik nicht sonderlich interessiert ist und ihr im schlechten Fall feindlich gegenübersteht. Im internationalen Vergleich sind die deutschen Hochschulen Mittelmaß und auch die Schulen stehen nicht an der Spitze. Risikokapital gibt es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern kaum und es geschieht auch nichts um das zu ändern. Als ausländischer Arbeitnehmer sollte man ganze Landstriche besser meiden, das Bahnsystem ist ein schlechter Scherz, die Datenleitungen sind langsam, aber schnelle Leitungen will eigentlich auch kaum jemand haben. Gentechnik, Reaktortechnik – vieles was eventuell neue wirtschaftliche Perspektiven bieten könnte ist verboten oder nicht gewollt . Dieses Land ist gut im aussteigen, das Wissen, wie man in eine Technik einsteigt ist jedoch längst verloren gegangen und vor Gericht kann ein Investor auch nach Jahren noch an irgendwelchen Ökolobbyisten scheitern, weil die irgendein Insekt gefunden haben. Und irgendwas findet man immer, es muss ja nicht das letzte Einhorn sein.

Das Problem ist also nicht, dass die Automobilindustrie vor die Hunde geht, das Problem ist, dass nichts da ist, was ihre Rolle übernehmen kann. Nach dem Absturz der beiden letzten Industrien, mit denen dieses Land erfolgreich ist, Automobilindustrie und Maschinenbau, könnte es ziemlich flott abwärts gehen. Und wer glaubt, dann stünde die Öko-Glückseligkeit mit nächtelangem gendern von Goethes Faust am Lagerfeuer bevor, könnte sich irren. Wenn dieses Land wirtschaftlich abschmiert, wird es ungemütlich, wird die AfD so wachsen wie es Trump in den USA getan hat. Dann wird das hier ein anderes Land und es wird kein besseres werden.

Ich wünsche allen, die sich im Moment über den Untergang der Automobilindustrie freuen und Träumen von der Postwachstumsökonomie nachhängen, dass sie so bald niemand aufweckt, denn dann könnte es unschön werden.

Aber hey: Bestellt, geliefert. Das ist im Leben nicht anders als bei Amazon.

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Zero
Zero
6 Jahre zuvor

"Und Elektroautos sind, mal von der Speichertechnik und der Software abgesehen, ziemlich simple Kisten, die fast jeder entwickeln und von einem Lohnfertiger in Fernost zusammenschrauben lassen kann."

Ich dachte das Problem wären die Batterien, oder ist das mit Speichertechnik gemeint? Auch bauen bereits heute Lohnschrauber simplen Kisten mit Verbrennungsmotor in Südost und Fernost zusammen. Das Verhältnis der Qualität dürfte das gleiche sein wie dann bei den E-Karren.
Sicher läuft einiges nicht optimal. Schuld daran haben aber kaum die Baumhäusler.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

Jede Industrie, die ihre Produkte seit hundert Jahren oder länger nach dem stets gleichen Funktionskonzept herstellt, stirbt meist früher oder seltener später – oder überlebt höchstens in Kleinbetrieben als "Oldtimer-Manufaktur". Die, die hier lautstark und beständig technologischen Fortschritt und Entrepeneurship einfordern, sind bei den Verbrennungsdinos seltsam duldsam – liegt's etwa an stattlichen "Ausschüttungen" der massiven Gewinne in Teilen für darmwurmige Lobbyarbeit?

Wolfgang Wendland
6 Jahre zuvor

Aber wir haben doch die Kreativwirtschaft. 😉

walter stach
walter stach
6 Jahre zuvor

"Drohung gegenüber den gewählten Volksvertretern in der EU durch den VW-Vorstand……….!".

Dummdreist, arrogant, aber typisch für die derzeitigen Bosse an der Spitze der deutschen Automobilindustrie, deren "Charakter" gekennzeichnet ist durch ihren skrupellosen Betrug (!) an ihren Dieselkunden . Und einer dieser Typen droht jetzt. Unfassbar.

Dem Vorstand eines Konzerns, der 2o17 einen Konzerngewinn von 11,4 Mrd € erzielt hat, der 1o Jahre Zeit hat, seine PKW-Produktion den geplanten Vorgaben der EU anzupassen, der zudem immer wieder -zurecht- die innovativen, kreativen Fähigkeiten seiner Ingenieure betont,, fällt zu den Plänen der EU nichts Anderes ein als eine Drohung gegenüber seinen Mitarbeitern in der Erwartung, daß Betriebsräte, Gewerkschaften, Parteien sich dieser Drohung fügen.
Ja, so erbärmlich ist es -offenkundig nach wie vor – um die Führung an der Spitze von VW bestellt.
Aber…..
Mein Unmut, mein Ärger, meine Wut -sh.vorstehend- sind das Eine. Das Andere ist die Macht der Automobil-Lobby, die in Deutschland wirkmächtiger ist als in jedem anderen Land -auch dank der ihr hierzulande besonders gefälligen Medien. Naheliegend ist die Annahme, daß mein Unmut, mein Ärger, meine Wut, die vermutlich von vielen Menschen in Deutschland geteilt wird, wirkungslos sein werden angesichts der Macht der Auto-lobby in Deutschland.
"Ett iss wie ett iss".

Oder werden die zu erwartenden Wahlerfolge "der Grünen" dazu führen, daß man sich nicht mehr wie bisher "in der Politik" -meine Partei, die SPD eingeschlossen-bedingungslos (?) dem Willen der Auto-Industrie -hier der Drohung des VW-Vorstandes-fügt?.
Ich hoffe darauf.

Ke
Ke
6 Jahre zuvor

Der Verkehr wird zukünftig anders aussehen. Dabei zählen die wachsenden Riesenreiche in Asien.
80 Mio Deutsche sind nur noch für ein paar Hobby Ökos der Nabel der Welt, auch wenn sie dieses Denken nie zugeben würde. Das wäre ja total rechts.
Und Lobby Arbeit gibt es natürlich bei den Pseudo Weltrettern nicht.

Ja, es bleibt spannend wie wir mit Sprache Deutsch die Talente anwerben wollen, haben wir doch nur ein stabiles Land mit Sozialsystem zu bieten, für das wir willige Einzahler suchen.

Statt Verbrauch stärker zu besteuern und bspw SUVs und Riesenautos mit ihrem Platzverbrauch zu besteuern zählt der Flottenverbrauch und Strom wird nicht mit der realen Belastung -insbesondere durch die Batterien- berücksichtigt.
Ein weiterer Sargnagel für unsere Hersteller.

Die SUVs und Riesenautos werden nachgefragt, sonst würden sie nicht gebaut werden. Einfach mal morgens zur lokalen Grundschule im Problemviertel fahren und schauen, wie die Kinder zur Schule gebracht werden.
Das ist Leben ausserhalb der Öko Blase. Selbstverständlich mit Fernreise etc. Dann ist auch CO2 egal, die Flieger fliegen ja auch so.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

Von der Masse einfältiger Konsumenten nachgefragt wird, was mit dem größten Finanzmitteleinsatz vermarktet wird. Und wenn hier wie in den USA veraltete Technologie und staubige Mobilitätskonzepte unablässig zwecks Profitmaximierung in den Markt gedrückt werden, dann kauft der Lemming halt weiter wie ein Lemming. Und lässt sich von den Herstellern auch noch nach Strich und Faden bescheißen.

ke
ke
6 Jahre zuvor

@7 K Lohmann:
Wir sollten unseren Mitbürgern hier schon zugestehen, dass sie selber auf Basis ihrer Informationen das wählen, das für ihre Bedürfnisse und ihre Mittel geeignet ist.

Wir haben auch ein Problem in der alten Parteienlandschaft, weil sich diese Menschen, die alle ein Wahlrecht haben, es aber zu selten ausüben, nicht von den Lobbys und "Vordenker" der pseudo-modernen Parteien erziehen lassen wollen.

Was ist denn bspw. die Alternative zum Auto, wenn man Nachtschicht im Lager hat, das Kilometer vom nächsten ÖPNV Knotenpunkt entfernt ist oder dass zu diesen Zeiten nicht angefahren wird.

Was ist die Alternative zum Diesel, wenn man lange Strecken fährt, die Außerhalb der Bahnlinien liegen?

Der Verbraucher erkennt schon sehr genau, dass die E-Auto- Mobilität aktuell keine Lösung ist und sie vermutlich auch nicht sein wird, weil zu viele Problem im Bereich Ressourcenverbrauch für Moblilität (Akku, Strassen, Standflächen, Treibstoff) hat.

Läßt er sich "bescheißen" oder fehlt im die Unterstützung von unabhängigen Gerichten? Dass die Verbräuche nicht mit der Realität zu tun haben, ist seit Jahren bekannt und zu viele Gerichte haben hier nicht eingegriffen. Warum auch immer.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
6 Jahre zuvor

Für abgelegene Industrie- und Gewerbegebiete gibt es überall die Möglichkeit eines Shuttlebus-Verkehrs, privat oder ÖPNV. Eine "Alternative zum Diesel" sind *kein* Diesel und moderne Antriebskonzepte oder die grundsätzliche Abkehr vom Individualverkehr der "Schlote-und-Krach"-Zeit in den 50ern (und noch früher in anderen Erdteilen).

Wenn die Hersteller keinen intelligenten Finger bei E-Mobilität rühren und kein den Verbrennungsmotoren vergleichbares Geld in das Marketing stecken und zudem E-Cars fast unbezahlbar machen, erkennt das Verbraucher und kauft die Dinger nicht. Das hat wenig mit Denkvermögen zu tun, das geht rein über die Patte am Popo.

Ich kenne unter den "pseudo-modernen" Parteien keine, die z.Zt. so wie Söders CSU einfach auf Gesetze und rechtskräftige Gerichtsurteile zu Fahrverboten auch in München scheißt und – in guter Seehofer-Manier – den Rechtsstaat ignoriert, um ein paar Wählerstimmen zu behalten (was aber nichts nützen wird;).

ke
ke
6 Jahre zuvor

#9 K Lohmann:
Ja die modernen Antriebskonzepte. Was für eine Floskel. Genau wie "wir machen Wind-Kraft und Solar und bauen Speicher". Nur wie die Speicher aussehen bzw. wie die sog. modernen Antriebe aussehen, weiß man nicht. Stattdessen werden die E-Autos der Reichen jetzt auch noch steuerlich über die Dienstwagen-E-Subventionen auf Kosten der kleinen Leute gesponsort.

Warum wenden sich die Leute wohl von den großen Parteien ab, abgesehen vielleicht von den Grünen als Sammelbecken der "ich bin dagegen", "tragfähige Lösungen interessieren mich nicht" – Fraktion.

Zur E-Mobilität gibt es genügend Reportagen über den Bergbau und seine Auswirkungen für die Beschaffung der Rohstoffe:
Beispiel: https://www.zdf.de/dokumentation/planet-e/planet-e-der-wahre-preis-der-elektroautos-100.html

Für mich ist Wasserstoff und eine Miet-Ökonomie interessant. Für diese Konzepte dauert es aber noch. Änderungen kann man nicht via Gesetz beschließen. Die Techniken müssen auch entwickelt werden. Das erfordert Forschung und nicht nur ein einfaches Gesetz.

Ja, jetzt kommen wir wieder auf die Justiz und die unabhängigen Richter zu sprechen, die im Verwaltungsbereich Urteile fällen, die aus meiner Sicht falsche Abwägungen enthalten.

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