Bärbel Bas (*3. Mai 1968 in Walsum, heute Duisburg, damals noch zum Kreis Dinslaken gehörend.) trat im Jahre 1988 in die SPD ein und war bereits zwei Jahre später Vorsitzende der Jusos in Duisburg. Bis Ende 1998 führte sie die Jugendorganisation der SPD in Duisburg. Eine Blitzkarriere in der Partei.
Von 1994 bis 2002 gehörte Bärbel Bas dem Rat der Stadt Duisburg an. Seit 2009 ist sie Mitglied des deutschen Bundestags. Ihr Wahlkreis Duisburg I umfasst den Duisburger Süden.
In der SPD Duisburg war Bärbel Bas von 1998 Ibis 2018 Mitglied im Vorstand des Unterbezirks. 2018 kandidierte sie nicht mehr für dieses Amt, steht aber dem UB-Vorstand seitdem beratend zur Seite. Seit 2010 ist die überzeugte Duisburgerin außerdem Vorsitzende des SPD-Landesparteirats in NRW.
Wodurch Bärbel Bas sich positiv abhebt? Die Dialogbereitschaft mit Menschen. Was schwerlich zu übersehen ist wenn man einen Blick auf ihre Website wirft, ihre Aktivität in den sozialen Medien verfolgt und ihre schnellen Reaktionen auf AbgeordnetenWatch.de betrachtet.
Bärbel Bas weiß, wie die SPD tickt. In Duisburg. Im Bund.
Und ist damit die perfekte Empfängerin (Nach Martin Sonneborn, Volker Beck und Bijan Djir-Sarai!) für zehn elf Fragen der Ruhrbarone, wenn es um die SPD und den Dialog mit den Bürgern geht.
Die Beantwortung der Fragen überschnitt sich zeitlich mit der letzten Sitzung der SPD-Bundestatsfraktion in Berlin.
Die Zusatzfrage zur angeblichen Probeabstimmung um den Fraktionsvorsitz der SPD im Bundestag, eine entsprechende Meldung ging heute Nacht durch die Medien, konnten sich die Ruhrbarone, auf dem kleinen Weg via Messenger, selbstverständlich nicht verkneifen.
Nachgereichte Zusatzfrage der Ruhrbarone.
Betreff: Probeabstimmung über Andrea Nahles!
Ruhrbarone: Heute Nacht ging eine Meldung durch das Internet: Bei einer Probeabstimmung der Bundestagsfraktion. soll Andrea Nahles gestern, angeblich, keine Mehrheit bekommen haben. Niels Annen (SPD) hat diese Meldung dementiert. Was stimmt denn nun?
Bärbel Bas: Es gab keine Probeabstimmungen. FakeNews.
„Momentan müssen wir um jeden Wahlkreis hart kämpfen.“
Ruhrbarone: Zu Zeiten als Josef Krings noch Oberbürgermeister in Duisburg war, hat German Bensch, damals Leiter des Wahlamts in Duisburg, bei einer Wahlanalyse mal, sinngemäß, folgende Aussage gemacht: „In Duisburg könnte man auch einen Besenstiel aufstellen und SPD draufschreiben Der würde gewählt werden.“ Damals waren 50% und mehr für die SPD die Regel. Bei schlechteren Ergebnissen wurde diskutiert. Sind diese Zeiten endgültig vorbei?
Bärbel Bas: Diese Zeiten sind schon lange vorbei und das ist auch gut so. Ich möchte auch nicht als „Besenstiel“ gewählt werden, sondern als Mensch, der für Inhalte steht und kämpft. Momentan müssen wir um jeden Wahlkreis hart kämpfen. Ich glaube aber daran, dass wir uns auch wieder einen deutlicheren Vorsprung vor den anderen Parteien erarbeiten können.
Ruhrbarone: Die SPD ist in Duisburg bei der Europawahl die stärkste Kraft geblieben. Hat aber über 16% der Stimmen eingebüßt. Gewinner: Bündnis90/Die Grünen. Mit über 11% Stimmenzuwachs im Vergleich zur letzten Europawahl. Welche Gründe siehst Du für diese krasse Entwicklung bei den Wahlergebnissen in Deiner Heimatstadt?
Bärbel Bas: Die SPD ist schlicht momentan nicht auf der Höhe der Zeit und hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wenn zum Beispiel das Ergebnis der Debatte um die Uploadfilter eine #NieWiederSPD-Kampagne ist, dann haben wir definitiv etwas falsch gemacht. Eine bittere Erkenntnis, die aber notwendig ist, wenn wir was verändern wollen.
Und auch unsere Klimapolitik hat die jungen Menschen nicht überzeugt. Das ist sicher auch ein Grund für den Erfolg der Grünen. Unsere Kernkompetenz ist die Soziale Gerechtigkeit und wir haben auch gute Konzepte, wie z. B. die Grundrente oder unser Sozialstaatspapier. Dafür haben wir viel Zuspruch bekommen. Viele trauen uns aber nicht mehr zu, dies auch gegen unseren Koalitionspartner umsetzen zu können.
„Ich hoffe, Du kannst meine Tränen sehen.“
Ruhrbarone: In der Wählergruppe der unter 30jährigen hat bundesweit Bündnis90/Die Grünen haushoch gewonnen. Dahinter die CDU mit 13%, dann die SPD mit 10% – knapp vor FDP und DIE PARTEI. Du warst lange Zeit Jusovorsitzende im SPD-Unterbezirk Duisburg. Früher einer der größten Unterbezirke. Dir müssten doch bei solchen Zahlen bittere Tränen in die Augen steigen?
Bärbel Bas: Ich hoffe, Du kannst meine Tränen sehen. Natürlich lässt mich das nicht kalt und es ärgert mich auch, weil wir derzeit ganz tolle JUSOS in der SPD-Duisburg haben, die einen wahnsinnig engagierten Europawahlkampf gemacht haben. Die frische Ideen haben und die überzeugen können.
Ruhrbarone: Du bist ja auch im Wahlkreis unterwegs. Und sprichst mit den Menschen. Muss diese BASis-Arbeit intensiviert werden?
Bärbel Bas: Das Gespräch mit den Menschen ist mir wichtig. Ich will wissen, wo der Schuh drückt. Dazu gehe ich zu den Vereinen, mache Wohnzimmergespräche unter dem Motto „Wir müssen reden“, besuche Schulklassen. Ich kriege viel Zuspruch für meine Arbeit und höre auch viel Kritik an der SPD. Spannend sind aber auch die BASis-Tage. Einfach mal abtauchen in andere Berufswelten, die Herausforderungen kennenlernen und dabei mit den Leuten über alles mögliche reden. Das schärft den Blick für das, was die Leute gerade bewegt und hilft mir dabei, mich selbst zu hinterfragen, ob ich mit meiner politischen Arbeit auf der Höhe der Zeit und nah bei den Menschen bin. Hat Kurt Beck mal so ähnlich formuliert. Ich kann allen nur empfehlen, das zu intensivieren.
Ruhrbarone: In Duisburg und anderen Städten gehen junge Menschen auf die Straße. Wöchentlich bei Friday for Future. Bei der Debatte um die Urheberrechtsreform gingen in Düsseldorf „die Bots“ auf die Straße. CDU und SPD sind bei solchen Veranstaltungen nicht unbedingt die favorisierten Parteien der Teilnehmer. Was hat die SPD hier falsch gemacht?
Bärbel Bas: Die jungen Menschen erwarten, dass wir sie ernst nehmen und nicht darüber diskutieren, ob Schülerinnen und Schüler lieber in die Schule gehen sollten oder ob es sich um „Bots“ handelt. Was die SPD übrigens so nie gesagt hat. Das heißt, dass wir uns mit deren Argumenten auseinandersetzen und die öffentliche Debatte dazu suchen müssen. Da kann und muss die SPD besser werden.
Ruhrbarone: Das Umfallen der SPD bei der Reform der EU-Urheberrechtsreform dürfte ja auch nicht unbedingt für Begeisterung bei den, zumeist, jungen Bots gesorgt haben…
Bärbel Bas: An der Stelle waren wir nicht glaubwürdig. Das hat uns geschadet, das ist keine Frage.
„Das Rezo-Video hat der Politik brutal den Spiegel vorgehalten“
Ruhrbarone: Du kommunizierst viel über Deine Website und SocialMedia. Mit den dort aufgeführten Angeboten und besonders in den Vordergrund gestellten Angeboten, wie z.B. BASis-Info, Wir müssen reden und #fragdiebas, einem YouTube-Format, stichst Du, was Interaktion mit Wählern angeht, hervor.
Im Vergleich zu anderen Mitgliedern des Bundestags und auch gegenüber Deinem Duisburger SPD-Kollegen im Bundestag, fällt dieser „Wunsch nach Kommunikation“ besonders auf.
Falsch kann diese Strategie ja nicht sein. #fragdiebas wird von Deinen MdB-Kollegen aber offensichtlich nicht genutzt um sich über diese Kommunikationstaktik mit Dir auszutauschen. Oder?
Bärbel Bas: Wir tauschen uns schon aus und auch ich schaue mir immer wieder gute Ideen von anderen Kollegen ab. Ich bin sicher, dass ich auch noch besser werden kann und wer weiß, vielleicht gibt es bald eine neue Idee.
Ich bin jetzt schon lange auch digital unterwegs und stelle einfach fest, dass ich bestimmte Zielgruppen auch nur hier erreichen kann. Insbesondere junge Menschen erreiche ich einfach besser, wenn ich auch online unterwegs bin.
Aber solche Formate oder Aktivitäten müssen auch zur Person passen, sonst ist es keine glaubwürdige Kommunikation. In einer guten Kommunikation steckt eben immer auch viel von der Persönlichkeit eines Abgeordneten. Lothar Binding ist zum Beispiel bekannt für seine sehr guten Erklärvideos, in denen er Finanzpolitik mit einem Zollstock erklärt. Lothar Binding ist damit sehr erfolgreich, bei mir würde das so wohl nicht funktionieren. Ich freue mich natürlich, dass Ihr in mir ein gutes Beispiel seht.
Ruhrbarone: Als netzafine Politikerin: Annegret Kramp-Karrenbauer hat, zur Thematik asymmetrische Wahlkampfführung, eine Zensurdebatte entfacht. Eigentlich hat die CDU doch ganz andere Probleme: Ist diese, indirekte, Herabwürdigung von Erstwählern eine gute Strategie um diese zurückzugewinnen?
Bärbel Bas: Menschen und ihre Argumente herabzuwürdigen ist nie eine gute Strategie. So kann man nicht mit Kritik umgehen – zumal dann, wenn diese berechtigt ist.
Mal ehrlich. Das Rezo-Video hat der Politik brutal den Spiegel vorgehalten. Ich empfehle jedem, sich mal mit den Inhalten auseinanderzusetzen und nicht mit der Frage, ob und wann, jemand etwas veröffentlichen darf.
„Das Ergebnis der AfD macht mir Sorgen – keine Frage.“
Ruhrbarone: Ein unangenehmes Thema: Die AfD. In Duisburg hat sich die Ratsfraktion der Rechtspopulisten selber zerlegt. Trotzdem hatte die AfD satte Zuwächse im Norden von Duisburg. Da sind ja auch pure Protestwähler dabei. Wie kann man diese Wähler zurückgewinnen. Für die demokratischen Parteien – und speziell für die Deine Partei?
Bärbel Bas: Das Ergebnis der AfD macht mir Sorgen – keine Frage. Ich kann – auch aus der Erfahrung aus dem Bundestag – keine Lösungskompetenz bei der AfD erkennen. Für mich ist die AfD eine Partei, die letztlich gegen unsere Demokratie arbeitet und rassistisch ist. Dies müssen wir klar kommunizieren. Die AfD ist keine Partei, die man als Protest wählt. Vor allem kann man sie inhaltlich stellen. Nach der letzten Bundestagswahl sind wir in Duisburg gezielt in diese Stimmbezirke gegangen. Dafür haben wir das Format „Thekengespräche“ genutzt. Und wenn man dann vor Ort in die Diskussion geht, steht schnell fest, dass die AfD insbesondere für Arbeiterinnen und Arbeiter keine Alternative ist. Die AfD ist gegen den Mindestlohn, gegen eine Bürgerversicherung usw. Unsere Aufgabe und die aller Demokraten ist, diesen Diskussionen nicht aus dem Weg zu gehen, eine klare Position und Haltung gegen Fremdenhass deutlich zu machen und die geschilderten Probleme ernst nehmen.
„Wir werden unsere Wirtschaftspolitik neu ausrichten.“
Ruhrbarone: Letzte Frage: Bei der nächsten Bundestagswahl: 15% der Wählerstimmen zu halten sind ein machbares Ziel. Aber vermutlich nicht das gewünschte Ergebnis für Deine Partei. Was muss die SPD machen und wie soll sie, bis zur Bundestagswahl, aufgestellt sein? Kurz gefragt: Wo siehst Du die SPD im Jahre 2021 wie aufgestellt?
Bärbel Bas: Die SPD wird ihr sozialpolitisches Profil klar geschärft haben. Mindestlohn und Grundrente können nur der Anfang einer politischen Entwicklung sein, die zu einer gerechteren Gesellschaft führt. Dazu gehört auch ein gerechtes Steuersystem, das Weltkonzernen die Steuerflucht unmöglich macht.
Wir werden unsere Wirtschaftspolitik neu ausrichten. Nur nachhaltige Produktion, die Ressourcen schont, sollte sich positiv auf das BIP auswirken. Wir werden bei diesen und weiteren Themen klare Botschaften aussenden und mit einem glaubwürdigen Team antreten. So sollten wir 2021 aufgestellt sein. Bis dahin: Ärmel hochgekrempelt und ran an die Arbeit.
Die Ruhrbarone danken Bärbel Bas für die schnelle Beantwortung der Fragen.
Erschreckend fand ich, dass die Ranking Loser DU und GE eine im Vergleich zum Restruhrgebiet deutlich niedrigere Wahlbeteiligung hatten.
Komplettes Desinteresse am Gestalten?
Ein ziemlich erschreckendes Interview mit viel nichtssagenden Geschwurbel. Kaum etwas handfestes was den geneigten Wähler aktuell von der SPD überzeugen würde. Ihr Abstimmungsverhalten zeigt sie als relativ brave Parteisoldatin und nicht unbedingt konform zu den Bedürnissen von H4-Empfängern, Umweltthemen etc. pp.
Wünschen wir ihr viel Glück, dass sich für sie außerhalb des Bundestages noch eine Arbeitsstelle finden wird, wo sie sich für den Rest ihres Berufslebens noch einbringen kann.
Was ist an dem Interview erschreckend? Es ist auf jeden Fall erschreckend gut, weil es ehrlich, offen und schonungslos ggü. Ihrer eigenen Partei ist! Wer jetzt noch einen detaillierten Schlachtplan erwartet hat, erwartet wohl ein wenig zu viel.
Wenn es um Rentengerechtigkeit geht, fehlt ein Engagement für ein einheitliches Rentensystem für alle.
Die Unterschiede zwischen Renten und Pensionen sind zu gross und ungerecht.Dann gibt es noch die Selbständigen.
@Robert Müser @Arie Knipscheer
Die Formulierung "Interview" wird von uns in diesem Format bewusst nicht gewählt.
"Zehn Fragen an" bedeutet: Die Ruhrbarone haben ein paar Fragen, versenden diese und bekommen Antworten.
Gegenfrage und Interaktion findet nicht statt – und es bleibt dem Antwortenden überlassen uns Fake-News zu schicken – mit dem Risiko, dass Du (Der Leser!) es durchschaut oder ein paar Informationen rüberzureichen. Die fehlende Interaktion ist natürlich ein Schwachpunkt.
Mit der Beantwortung der Frage zur Probeabstimmung über den Fraktionsvorsitz von Andrea Nahles, diese Meldung ging am Freitag aktuell durch die Netzwerke, hatten wir in diesem Fall Glück: Wir waren wirklich tagesaktuell. Die Einschätzung, dass das Umfallen bei der Urheberrechtsreform "nicht glaubwürdig" war, hört man auch nicht oft von Beteiligten: Die Barone hatten mit einer üblichen Nebelkerze ("Wurde falsch kommuniziert etc.") gerechnet, das klare Eingeständnis hat überrascht.
Wenn ich mal davon ausgehe, dass die WAZ hier keinen Murks produziert hat, dann beschleicht mich das Gefühl, dass die mögliche Angst vor dem Verlust des Bundestagsmandates die Hemmschwelle gegenüber Rot-Rot-Grün sinken lässt. Was wäre sonst der Grund für den Sinneswandel der Interviewten?
Vgl.:
https://www.waz.de/politik/landespolitik/ruhrgebiets-abgeordnete-der-spd-fuer-rot-rot-gruen-im-bund-id226230455.html
Die Änträge ihrer möglichen Koalitionspartner hat sie i.d.R. brav abgeleht, mit ein paar Ausnahmen.