Auf dem diesjährigen Christopher Street Day (CSD), der am 28. Juli in Duisburg stattfinden wird, soll überraschenderweise auch eine Band auftreten, die ansonsten auf den Festivals der Verschwörungsszene zu Hause ist und mit ihren Texten „Truther” und „Infokrieger” begeistert. Von unserem Gastautor Martin Wassermann/Reflexion
Die Band „Die Bandbreite” deutet zum Beispiel die Ereignisse des 11. September 2001 um. Für zahlreiche andere kriegerische Attacken, wie den japanischen Angriff auf Pearl Harbour, werden ebenfalls die USA verantwortlich gemacht. Diese hätten die Angriffe „vielleicht selbst gemacht” und damit „den Terror in die Welt gebracht”. In dem Lied„AIDS” geht es um die gleichnamige Immunschwächekrankheit. Die Band beruft sich auf den VerschwörungideologenWolfgang Eggert. Dieser macht in seinem Buch „Die geplanten Seuchen”, das auf der Internetseite der Band beworben wird, eine „Mossad-Verschwörung” für die Krankheit verantwortlich. Diese wollten einen „Kunsterreger” schaffen, um einen Genozid zu begehen: „Es ist die mögliche Herstellung eines Kunsterregers, der sämtliche Rassen der Welt vernichtet — außer den genetisch ‘reinsten’ Kern der jüdischen”, hetzt Eggert. Die Band hat die Theorien des Wolfgang Eggert vertont. Das Buch des Antisemiten sei eine „Vorlage” gewesen,schreibt die Band auf ihrer Internetseite.
Mit ihren verschwörungsideologischen Konstruktionen erfreut die Band nicht nur „Truther” und „Infokrieger”: Sie trat zum Beispiel am 10. September 2011 auf einem Aufmarsch in Karlsruhe auf. Dort berief sich ein Redner auf die „Freunde von Rechts”, die ebenfalls gewisse Verschwörungsmythen propagieren. Ein weiterer Auftritt führte die Band in die Schweiz. Die „Bilderberger-Konferenz”, die den Unmut der Verschwörungsszene erregt, brachte die Band auf eine Veranstaltung, auf der auch zwei Redner der rechtspopulistischen„Schweizer Volkspartei” (SVP) auftraten. Neben der Band „Die Bandbreite“ war dort der Schweizer Nationalrat Pirmin Schwander (SVP) zu sehen. Außerdem sprach der Abgeordnete Lukas Reimann (SVP), der sich für„bewährte Werte“ einsetzt. „Unser Land muss schweizerisch bleiben“, lautet ein Wahlspruch des Rechtspopulisten.
Es sind nicht nur derartige Auftritte, sondern auch andere Lied-Texte der Band, die für sich sprechen. „Kein Sex mit Nazis”, lautet der Titel eines Liedes, mit dem die Band „im Prinzip lediglich Nazis eins auswischen”wollte. Doch im Lied wird der historische Nationalsozialismus auf die vermeintliche Homosexualität des Adolf Hitler zurückgeführt:
„Der Führer Adolf Hitler war homosexuell,
und deshalb trieb er es mit Rudolf Hess in nem Hotel,
doch viel zu oft war Rudi in Europa unterwegs,
und dat ging dem geilen Adi ja ma tierisch auf den Keks.
Dann war er ganz alleine und hat so stark gelitten
und fand auch keinen Trost an Evas braunen Titten.
Darum war er ständig angepisst und auch so voll fanatisch,
denn keiner von den Schwulen damals wollte Sex mit Nazis.”
Letztendlich sind es also Homosexuelle gewesen, die dafür verantwortlich sein sollen, dass der „Führer” Adolf Hitler „ständig angepisst und auch so voll fanatisch” gewesen wäre, weil sie ihm den Sex verweigerten. Es handelt sich um eine homophobe Konstruktion, auch wenn die Band, um ihren Sänger Marcel Wojnarowicz, diesen Vorwurf empört zurückweist. Sie spricht stattdessen von einem „Spaß”, den sich die Band mit den heutigen Nationalsozialisten gemacht hätte. Nur haben diese von diesem „Spaß” nichts mitbekommen: Schließlich huldigt die NPD-Hamburg die Band mit einem Werbeartikel: „Mit den Musiktiteln (…) durchbricht die Musikgruppe das volksfeindliche, amerikanisierte, unsoziale und israelhörige Meinungsmonopol der bundesrepublikanischen Medien”, loben die Nazis. Auf der Nazi-Seite „Altermedia” wurden die Videos der Bandveröffentlicht. Hier erfreute man sich an den verschwörungsideologischen Inhalten der Band.
Mittlerweile haben die Organisator_innen des Christopher Street Day eine kurze Stellungnahme veröffentlicht: Sie zitieren den Sänger der Band und verweisen auf einen Preis, den die Band auf einer „Art Karneval” für den Song „Kein Sex mit Nazis” bekommen hätte. „Wäre ‘kein Sex mit Nazis’ ein Aufruf zur Homophobie, hätte man die Band vor dieser Kulisse sicherlich nicht ausgezeichnet”, heißt es in der Erklärung. Es habe sich um ein „Mega-Event” gehandelt, bei dem „hunderte Teilnehmer einen Umzug durch die Frankfurter Innenstadt veranstalten und dabei mehrere Zehntausend Zuschauer anlocken”. Am 07. Juli 2007 trat die Band tatsächlich in Frankfurt auf. Ein Video zeigt die Band auf einem Unzugswagen, am Rand stehen vereinsamte Zuschauer_innen im Regen. So ein Auftritt und ein mysteriöser Preis qualifizieren die Band in den Augen der Organisator_innen anscheinend für einen Auftritt auf dem Christopher Street Day (CSD).
Die Veranstalter_innen ignorieren die Kritik an der Band, die sich bei weitem nicht auf ein Lied bezieht: „Wir freuen uns, dass „die Bandbreite” in diesem Jahr beim CSD Duisburg auftritt”, schreiben die Veranstalter_innen vom „DU Gay e.V.” aus Duisburg. Vielleicht wird sie dort ihr Lied vom „Führer” präsentieren, der „voll fanatisch” gewesen sei, weil „keiner von den Schwulen (…) Sex mit Nazis” wollte. Ansonsten könnte die Band aber auch zahlreiche andere Lieder performen. Sie könnte zum Beispiel „Man kennt uns” zum Besten geben, in dem es unter anderem um „zauberhafte Zuckertitten” geht. Sie könnte aber auch „Eingelocht” präsentieren, bei dem eine Frau gegen ihren Willen penetriert wird. Ansonsten blieben noch zahlreiche Verschwörungsmythen, die die Band mit ihren anderen Liedern propagiert. Es bleibt abzuwarten, ob alle Besucher_innen des diesjährigen CSD mit derartigen Inhalten einverstanden sind.
Crossposting. Der Artikel erschien bereits auf dem Blog Reflexion.
diese ständige aufgeregtheit gegen die bandbreiten-dampfplauderer kann ich echt nicht nachvollziehen.
weder sind die nazzi noch kann das unbedarfte addisex-liedchen meine homoerotischen gefühle verletzen. das meiste was junge menschen in deutschland so rappen is weit weniger pc.
die sind vielleicht wirr aber echt nicht böse genug um zum feindbild zu taugen.
Letztendlich verschaffen, wenn auch ungewollt, die RUHRBARONE alle Nase lang der Band beste PR und tappen somit Marcel Wojnarowicz in die Falle. OHNE die ganzen Aufgeregtheiten um die vor allem schlichtweg idiotischen Texte der Band würde sich kein Mensch für deren schlechten Raps und ihre unterdurchschnittliche Musik interessieren. Was Wojnarowicz, der zwar nicht intelligent, aber vermutlich immerhin bauernschlau ist, wissen wird. Manchmal, ihre Durchlauchts, ist totschweigen eben besser als totschreiben!
Wie die Organisatoren allerdinges auf die Idee gekommen sind, ausgerechnet die Bandbreite zum CSD einzuladen wird mir als Hetero ein ewiges Rätsel bleiben. Vermutlich läßt es sich nur aus den speziellen Bedingtheiten des Biotops Duisburg erklären.
Und last and least: Wer ein CSD-Plakat kennt, das noch mehr nach Stadtteilfest oder Möbelhauseröffnung aussieht wie das des diesjährigen CSD in Duisburg, soll es hier bitte posten. Ich gelobe einen Preis aus: eine Vorratspackung Kondome. Farbe, Geschmack und Größe nach Wahl. 😉
sehr guter beitrag, thx! is natürlich schwierig, totignorieren oder konsequent kritisieren? der iegentliche skandal (für mich) ist jetzt auch nich jeder furz, den die breite band da lässt, sondern dieser unkritische umgang vonseiten vieler initiativen und organisationen mit der band. als da wären linke gruppen, bürgerlicher mainstream, hiphop-szene und nun auch noch die quuere szene. das muss thematisiert werden. letztens sollte wojna doch sogar n städtisches hiphop-projekt leiten. geht garnicht (auch, weil der nich rappen kann).
Lassen wir mal die Bandbreite außen vor. Mich wundert das die Stadt(Verwaltung) eine Veranstaltung zulässt. Ein Schritt in Richtung Normalität für Duisburg.
Skandalös, dass solch ein rechtes (editiert) und (editiert) Pack als Topact eines CSD dienen soll. Hoffentlich kommen genug emanzipatorische Menschen, um die von der Bühne zu vertreiben.
@admin: Bitte nichts was man zur Anzeige bringen kann 🙂
[…] die „Aids– und Nazi-Songs der Bandbreite”. Das Internetportal „Ruhrbarone” übernahm den ausführlichen Artikel, der zunächst in diesem Weblog veröffentlicht wurde. […]
[…] wurde von den Veranstaltern zunächst ein- und dann wieder ausgeladen. Der Hintergrund waren Proteste von linken und queeren Gruppen, die der Bandbreite vorwarfen, in ihren Texten homophobe Inhalte zu transportieren und krude […]