Japan – Land im fernen Osten. Klischees. Standardformulierungen wie „Land zwischen Tradition und Moderne“. Nintendo. Pokemon. Schulmädchenslips. Samurai. Und mitten drin Friederike. Unsere Gastautorin, von der wir in Zukunft hoffentlich und vielleicht mehr lesen dürfen.
von Friederike Börner
Eine kurze Einleitung, bevor ich richtig loslege. Das ist hoeflich und das gehört sich ja schließlich so. Mein Name ist Friederike Börner und ich wohne eigentlich fernab vom Ruhrgebiet. Ja, eigentlich wohne ich nicht mal mehr in Deutschland, ich befinde mich zur Zeit nicht einmal in Europa. Als man mich darum bat, fuer Ruhrbarone.de zu schreiben, dachte ich zu erst an meinen kurzen Aufenthalt vor drei Jahren im schönen Mülheim an der Ruhr zurück.
Vielleicht ist „schön“ nicht gerade das Adjektiv, was viele für diese Stadt verwenden würden, aber ich empfand meinen kurzen Aufenthalt dort als sehr angenehm.
Städte sind für mich besonders attraktiv, wenn sich nette Menschen darin befinden. Und so habe ich den ganzen Ruhrpott, einschließlich Duisburg und Essen als „schön“ in Erinnerung behalten und genau so habe ich mich auch in Potsdam, meiner Universitäts-Stadt, immer sehr wohl gefühlt.
Und nun befinde ich mich erneut in Tokyo, für mich die schönste aller Städte.
Wie ich, in Frankfurt (Oder) geboren, in Potsdam studiert und in den Ruhrpott verreist nach Japan gekommen bin, will ich kurz erläutern.
Mit 13 Jahren verfiel meine Generation und somit auch ich, dem “Pokemon-Sailor-Moon-Anime-Fieber”, welches mein erstes Interesse für das Land der aufgehenden Sonne weckte. Zusätzlich zu dieser Art der japanischen Pop-Kultur kam noch mein Interesse für Musik und Sprache hinzu und irgendwann wollte ich verstehen, was meine Lieblingsbands in dieser mir fremden asiatischen Sprache ins Mikrofon brüllten (ich hörte zu dieser Zeit nur Heavy Metal).
Gesagt, getan – mit einem Austauschprogramm ging’s für mich das erste Mal nach Tokyo und ohne Sprachkenntnisse und als ziemlich Familienbezogenes Mutti-Kind gab ich mir selber eine Überlebenschance von 4 Wochen.
Daraus wurde jedoch schnell ein ganzes Jahr und ich lernte die Grundlagen der Sprache, des Essens, der Konzert-Besuche und des japanischen Schulalltags kennen.
Als ich dann mit 17 Jahren wieder zurück nach Deutschland kam, war mir sofort klar, dass ich so schnell wie möglich in Tokyo leben wollte. Diese Stadt war für mich zur Allerschönsten geworden.
Und es ist nicht nur die allseitsbekannte Freundlichkeit der Japaner, die dieses Land so liebens- und lebenswert machen. Es ist auch das vielseitige und gesunde Essen, das sehr praktische und angenehme Leben in einem Land, welches mir selbst nach dem Tohoku-Erdbeben und nach Fukuhima als äußerst sicher und organisiert erscheint. Es gab nie einen einzigen Moment, in dem ich nicht in diesem Land leben wollte. Und es gab auch nie einen Moment, in dem ich mich unsicher oder bedroht gefühlt hätte.
Und so arbeite ich hier vor mich hin, im typisch-japanischen Alltag mit übervollen Pendler-Zügen am Morgen, Überstunden am Abend und ab- und zu mit Trink-Gelagen mit den Kollegen und den von allen respektierten Chef.
Dieses Land erfüllt fast all die Vorurteile, die wir bzgl. Japan kennen und doch ist es vielseitiger und aufregender als man zuerst annimmt.
Zur Zeit arbeite ich als Übersetzerin, Bloggerin, Reiseveranstalterin und Deutschlehrerin in Tokyo. Ich treffe die unterschiedlichsten Menschen, lerne täglich neu dazu und bin immer wieder verwundert, wie anders Japan ist und wie wenig ich es doch verstehe, egal wie lange ich hier schon lebe und arbeite. Und das ist es wahrscheinlich auch, was dieses Land so faszinierend macht.
In den nachfolgenden Beitragen will ich versuchen den deutschen Lesern meine Wahlheimat etwas näher zu bringen und von meinem Alltag in Tokyo zu berichten. Nur drei Stationen von Akihabara – dem Technik-Mekka der Hauptstadt – entfernt wohnend, hoffe ich vor allem über technische Neuheiten oder interessante Gimmicks berichten zu können.
Vergleichen kann man Tokyo mit dem Ruhrpott natürlich nicht. Aber wohl gefühlt habe ich mich an beiden Orten und dieses Gefühl will ich meinen Lesern gerne vermitteln.
In diesem Sinne beende ich meine kleine Vorstellungsrunde mit einer typisch japanischen Höflichkeitsformel, für die nur eine schwammige deutsche Übersetzung existiert – Yoroshiku onegaishimasu – “Bitte behandeln [Sie] mich gut.”
Wieso porträtieren Sie sich als Prostituierte und illustrieren damit den Opener einer Artikelreihe?
Vielen Dank fuer das Kommentar!
Oiran waren neben ihrer Arbeit als Prostituierte auch Trendsetter und Fashion-Ikonen. Aus diesem Grund gibt es auch heute noch Oiran-Shows und die Kurtisanen haben in Japan nicht den schlechtesten Ruf. Ich finde die schrillen Kimonos und den auffallenden Haarschmuck auch faszinierend. Deshalb die Aufmachung. Ich freue mich, wenn ich durch meine Kleidung zu einem Kommentar provoziert habe. Jede Oiran aus Yoshiwara waere stolz auf mich. 🙂
Quizfrage: was hat das Gedicht, unten, mit der Mini-Diskussion, oben, zu tun?
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Möglich daß er nicht kommt, was tut’s
bin ja doch nur Tau zwischen Träumen
kommt er – ein Blitz am Abendhimmel
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anonymes japanisches Liebeslied
aus der Sammlung „Kangin shu“, „Sammlung von Gedichten, in Mußestunden zu singen“
zitiert aus: Ooka Makoto, „Dichtung und Poetik des alten Japan – Fünf Vorlesungen am Collège de France“, Carl Hanser Verlag, München Wien, 2000, Seite 135
"Unsere Gastautorin, von der wir in Zukunft hoffentlich und vielleicht mehr lesen dürfen."
Darf man fragen, ob nach der "Vorstellungsrunde" noch was kommt und wann?