Bekommt das Ruhrgebiet nun ein Gesicht? Garrelt Duin zum neuen RVR-Chef gewählt

Garellt Duin nach seiner Wahl zum Regionaldirektor des RVR Screenshot: Laurin


Garrelt Duin ist der neue Chef des Regionalverbandes Ruhr. Der ehemalige  nordrhein-westfälische „irtschaftsminister steht für eine wirtschaftsfreundliche Politik und war bislang kein Freund der Grünen. 

Um 11.09 Uhr wählte heute die sich selbst Ruhrparlament nennende Verbandsversammlung der Regionalverbandes Ruhr (RVR) den ehemaligen nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin einstimmig bei vier Enthaltungen zum neuen Regionaldirektor. Der RVR ist die einzige institutionelle Klammer des Ruhrgebiets, der Verbandsdirektor eine Art Oberbürgermeister der fünf Millionen Menschen der Region. Duin wird sein Amt zum 1. April antreten. Er wird Nachfolger von Karola Geiß-Netthöfel (SPD), die das Amt seit 2011 innehatte. Vor seinem Wechsel zum RVR war Duin Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Köln.

Duin kann auf eine lange politische Karriere zurückblicken. Der gebürtige Niedersachse war von 2000 bis 2005 Mitglied des Europaparlaments und wechselte dann in den Bundestag. Er war Mitglied des SPD-Parteivorstandes und von 2005 bis 2010 Vorsitzender der niedersächsischen SPD. Hätte er 2010 erneut für den Vorsitz der Landespartei kandidiert, könnte heute der Ministerpräsident Niedersachsens  Garrelt Duin und nicht Stephan Weil heißen. Denn 2013 trat der gegen David James McAllister (CDU) und nicht gegen den als unschlagbar geltenden Christian Wulff (CDU) an. Es gab Stimmen die Duin damals vorwarfen, gekniffen zu haben.

2012 wechselte Duin dann als Wirtschaftsminister ins Kabinett der damaligen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) nach Nordrhein-Westfalen.

Duin wurde auf Vorschlag der SPD-Fraktion gewählt, die in der Verbandsversammlung gemeinsam mit den Christdemokraten in einer großen Koalition zusammenarbeitet. Ohne zu ahnen setzten die beiden Parteien damit nach der Kommunalwahl 2020 einen Trend: Sie ließen die Grünen außen vor, was bei denen damals für Entsetzen und Empörung sorgte: Rechnerisch waren sowohl Rot- als auch Schwarz-Grün möglich.

In seiner Antrittsrede sagte Duin, er wolle „daran arbeiten, dass wir zu einer unkomplizierten Region werden.“ Ziel müsse es sein zu versuchen, das Ruhrgebiet unkompliziert nach vorne zu bringen.

Der neue RVR-Regionaldirektor ist kein Freund der Grünen und innerhalb der SPD kein Linker. 2010 sagte Garrelt Duin, er war damals Bundestagsabgeordneter und Sprecher des Seeheimer-Kreises, der Realpolitiker in der SPD, die SPD habe „keine schlüssige Antwort auf die Frage vieler Menschen, wofür sie steht“ und befände sich in einer „schweren Identitätskrise“. 14 Jahre später hat sich daran nichts geändert: In aktuellen Umfragen zur Bundestagswahl erreichen die Sozialdemokraten nur noch um die 15 Prozent der Stimmen. Vielleicht würden sie besser dastehen, wenn sie Duin gefolgt wären: Der stritt immer dafür, dass die SPD einen wirtschaftsfreundlichen Kurs fährt und die Interessen der Arbeitnehmer nicht aus den Augen verliert. 2016 traten Duin, damals NRW-Wirtschaftsminister und sein SPD-Kabinettskollegen Mike  Groschek (Verkehr) und der spätere SPD-Vorsitzender Walter-Borjans (Finanzen) für einen „Pakt für Infrastruktur“ ein, um gegen eine „durchgrünte“ Gesellschaft zu kämpfen, in der Bauvorhaben an Bürgerinitiativen scheitern. Der Pakt für Infrastruktur wurde damals ganz zu Recht von der Union als „Luftnummer“ kritisiert. Denn er stand im Widerspruch zur Politik von Hannelore Kraft. Die war zwar gerne Ministerpräsidentin, hatte aber kein Interesse an politischen Inhalten. Frieden mit den Grünen galt ihr als Erfolgsgeheimnis. Duin konnte als Wirtschaftsminister nur wenig zustanden bringen, weil Kraft sich an den Wünschen des damaligen Umweltministers Johannes Remmel (Grüne) orientierte und dem war Wirtschaft weitgehend egal.  2017 verlor Rot-Grüne dann die Landtagswahl. Von dieser Niederlage haben sich die Sozialdemokraten in NRW bis heute nicht erholt. Krafts Kuschelkurs mit den Grünen erwies sich als ihr Ruin.

SPD-RVR-Fraktionsmitglied Michael Hübner (SPD) hält Duin für eine gute Wahl „weil das Ruhrgebiet ein Gesicht braucht.“ Duin sei zwar kein Kind des Ruhrgebiets, kenne sich allerdings als ehemaliger Minister mit dem Strukturwandel gut aus. „Duin hat Managerqualitäten und die Fähigkeit, die Menschen bei der Transformation mitzunehmen.“

Hübners Koalitionskollege Roland Mitschke (CDU) sagt, der RVR brauche „dringend frischen Wind.“ Duin werde neue Prioritäten setzen und von der Kaffeekränzchen-Politik seiner Vorgängerin Geiß-Netthöfel abweichen.

Die hatte wie ihr Vorgänger Heinz Dieter Kling (SPD) die Ausstrahlung einer verstaubten Aktenmappe. Zufall war das nicht: Als vor 20 Jahren darüber diskutiert wurde, ob das Ruhrgebiet zusammenwachsen sollte, war es den Sozialdemokraten wichtig, keine Person mit Ausstrahlung an der Spitze der Regionalverbandes zu haben, der die mächtigen Oberbürgermeister in der öffentlichen Wirkung hinter sich lässt. Und so hatte das Ruhrgebiet in den vergangen 20 Jahren kein tatsächlich nach außen und innen hin kein Gesicht. Mit Duin könnte sich das nun ändern.

 

 

 

 

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Arnold Voss
8 Monate zuvor

Ein Gesicht reicht nicht. Wer das Ruhrgebiet weniger „kompliziert“ machen will, muss sich mit einer Menge mächtiger Leute anlegen. Das dazu notwendige Standing hatte bislang Niemand an der Spitze des RVR. Ich bin gespannt.

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