Berlin Wahl: Das Glück der Piraten und das Leiden der grünen Volkserzieher

In Berlin wird heute der Boom der Grünen enden. Immer mehr Menschen haben keine Lust mehr, sich von den Grünen zwangserziehen zu lassen. Davon profitieren die Piraten.

Erinnert sich noch jemand daran, dass vor ein paar Monaten ernsthaft darüber diskutiert wurde, dass die Grünen in Berlin als stärkste Partei gehandelt wurden? Das Renate Künast schon als regierende Bürgermeisterin gehandelt wurde? Heute werden die Grünen auf Platz drei landen – deutlich hinter der SPD und der CDU. Und die Piraten werden von den Verlusten der Grünen profitieren. Immer weniger Wähler haben Lust auf eine Partei, die sich als Volkserzieher versteht.  Der Tübinger OB Palmer kämpft gegen Kids, die mit der Bierflasche auf der Straße herumlaufen, in NRW soll das Rauchen verboten werden, Politiker der Grünen predigen gegen den Fleischkonsum. Nachdem  Hauptziele der Grünen wie der Atomausstieg verwirklicht wurden, geriert sich die Partei als weise Volkspädagogen.

Die Partei, die mal vor ein paar Jahren auch angetreten war, um den Menschen größerer individuelle Freiräume zu geben, die gegen den Mief ankämpften, ist eine neokonservative Spießerpartei von langweiligen Besserwissern geworden, die noch in jeder Diskussion der Moralkeule herausholen: „Du isst Wurst auf dem Brot? Du willst das die Eisbären aussterben.“   Sie sind eine Partei, die von den Ängsten der Menschen lebt. Schön beschrieben hat das Alexander Grau auf Cicero.de

Anders die Piraten. Wenn es um die digitalen Aspekte des Lebens geht, liegen sie ohnehin vorne. Darüber müssen wir nicht reden. In Berlin haben sie zudem ein umfassenden Programm vorgelegt – und sie geben nicht vor zu wissen, wie Menschen leben sollen. Sie sind heute die Partei, die sich für den Schutz von Freiräumen einsetzt und darauf vertraut, das erwachsene Menschen selbst wissen, was sie tun. Im Programm der Piraren gibt es einen schönen Satz:

Im Gegensatz zu Bevormundung ist es die Aufgabe des Staates, die Grundrechte des Einzelnen zu achten und zu wahren und ihn vor Grundrechtseinschränkungen, auch gegenüber der Mehrheit, zu schützen.

So klingen Menschen, die Menschen vertrauen. Und das ist einer der Gründe, warum die Piraten heute Grund zu jubeln haben und die Grünen enttäuscht sein werden.

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Anton Pristermann
Anton Pristermann
13 Jahre zuvor

Herr Laurin, Sie sollten mit Ihrem einfältigen Beitrag nicht die Piraten unterstützten sondern eine deutsche „Tea Party“ gründen. Da passen Sie besser hin. Es soll auch Menschen geben die mit Waffen durch Strassen laufen wollen. Denn auch die wollen gegenüber einer Mehrheit „geschützt“ werden. heul heul.

Berliner
Berliner
13 Jahre zuvor

„In Berlin haben sie zudem ein umfassenden Programm vorgelegt“ – ach ja? Warum werden nicht ganz irrelevante Themen wie Wirtschaftspolitik dann nur in kurzen Phrasen abgehandelt? Und warum ist der Spitzenkandidat der Piraten dann so wahnsinnig unbedarft? Ich empfehle dieses Video https://youtu.be/q-cDewZk7wo und kann nur sagen: Ernst nehmen kann man die Piraten erst, wenn sie sich wegentwickelt haben von der monothematischen Machopartei, sie sie gerade sind.

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Robin Patzwaldt
13 Jahre zuvor

Ich weiss gar nicht worüber hier bei den ‚Wahlsiegern‘ gejubelt wird. Wahlbeteiligung ca. 60 %. 30% davon für die SPD. Das heisst, dass nur etwa jeder 6. Berliner die SPD gewählt hat. Ein Grund für den OB zu jubeln? Finde ich nicht… Eher traurig, wie gering die Akzeptanz der OBs in der Bevölkerung inzwischen ist, denn das Bild sieht in vielen anderen Großstädten (und bei anderen Parteien) ja auch nicht anders aus. (Und sogar nur jeder 100. Wahlberechtigte in Berlin wählt die FPD 😉 ) Und wenn man bedenkt wie groß die Aufregung im Vorfeld dieser Wahl war, dann ist die Wahlbeteiligung von nur 60% doch eine Riesenenttäuschung. Mich stimmt das Alles mehr und mehr nachdenklich und irgendwie auch traurig…

Jay
Jay
13 Jahre zuvor

Naja, Verluste waren es nur virtuell. Real Gewinne.

Rosa
13 Jahre zuvor

FDP: „fast drei Prozent“ … fast!

np
np
13 Jahre zuvor

Meinetwegen sind die Grünen neokonservative Spießer, aber sie sind mir viel lieber als das, was sonst so als „konservative Partei“ firmiert. Der schwarze Konservatismus ist zutiefst korrupt, reaktionär, antimodernistisch und um ein vielfaches paternalistischer als die Grünen. Zumal die Ziele der Ökos durchaus verständlich sind. Dennoch sind bei den Grünen wertkonservative Tendenzen zu beobachten, die sich von den umweltkonservativen Positionen der Vergangenheit abheben (man schaue sich nur die Aussagen von Künast zum Thema Computerspiele auf YouTube an). Das erzeugt Unbehagen. Das kostet ihnen auch Stimmen bei den Liberalen, die zur Piratenpartei wechseln, bringt ihnen aber möglicherweise Vorteile bei der Erschließung des CDU-Wählerspektrums. Und so ist das Ergebnis in Berlin auch keinesfalls eine Niederlage (außer für Renate Künast). Man bleibt halt hinter völlig überhöhten Erwartungen und Umfragewerten zurück, mein Gott, Schwamm drüber, vielleicht kann man ja mitregieren. Die Tendenz – Entwicklung zur drittstärksten Partei in Deutschland – ist dabei nicht gebrochen, sondern fortgesetzt worden!

Im Übrigen sollte man sich vielleicht genauer überlegen, was unter „liberal“ zu verstehen ist. Freie Fahrt für freie Bürger oder die Freiheit, sich ungefährdet im Straßenverkehr zu bewegen; Steuerfreiheit oder Freiheit von Armut; Raucherfreiheit oder Freiheit von Gesundheitsgefahren im Alltag. Usw. Man muss nicht mal Partei ergreifen (pun unintended) um zu sehen, dass Freiheit nicht einfach gleichzusetzen ist mit dem libertären, bürgerlichen Individualismus, wie er in diesem Artikel vertreten wird.

Und als letztes: Der Grüne Konservatismus ist NICHT ZWINGEND „von der Überzeugung getragen, es gäbe zeitlose, allgemein gültige Werte, die es unbedingt durchzusetzen gilt“, sondern mindestens genauso von der Überzeugung, dass es nur einen bewohnbaren Planeten im ganzen bekannten All gibt, auf den wir in allen Zeiten angewiesen sein werden. Diese Überzeugung mag in ihrer letzten Konsequenz falsch sein. Die Freunde guter Science-Fiction können ja nun zum Glück zu den Piraten wechseln. Den Grünen aber die Moralkeule anzuhängen, ist unredlich.

allemachtdendrähten
allemachtdendrähten
13 Jahre zuvor

Die Wahrsagerei hat sich in Berlin bewahrheitet. Zwar haben die Grünen über 4% zugelegt, aber auch die CDU hat wider Erwarten auch zugelegt und die Piraten haben den Grünen und der Linken etliche Prozente abgenommen. Wenn man nun den Anspruch von Frau Künast zum Maß der Dinge macht, dann sind alle grünen Träume geplatzt und man findet sich als Dritter und Juniorpartner von Klaus Wowereit wieder. Im Fliegerjargon heißt das wohl eine ungewollte Bauchlandung. Auch grüne Bäume wachsen nicht in den Himmel und das ist auch gut so.

Guy Incognito
Guy Incognito
13 Jahre zuvor

„Freiheit von Gesundheitsgefahren im Alltag“? Mit dieser Begriffsumdeutung ist wohl eher Sicherheit gemeint.

Michael Townsend
Michael Townsend
13 Jahre zuvor

Liebe Ruhrbarone-Freunde („Freunde“ natürlich nur im Sinne der Facebook-Diktion),

wenn die FDP (mit oder ohne Pünktchen) eine echte „liberale“ Partei min Wortsinne wäre, wäre es sicher ein Drama, dass sie in Berlin den Löffel abgeben muss. Da sie aber seit der letzten Bundestagswahl nur als Klientel-Partei von sich reden gemacht hat, gegenüber der CDU und der Kanzlerin lau bis mau ihre Positionen geklärt hat, Westerwelle als Außenminister (und natürlich als Vertreter der Bundesregierung) uns in der Libyen-Frage völlig desavouiert hat, der spektakulärste Auftritt der Partei die Mehrwertsteuerbefreiung für Hoteliers war (als Gegenleistung für die Mövenpick-Spende???), ist da Ergebnis ok.

Mit den grünen Volkserziehern und Fahrradweg-, Tofu- und Insgesamt-gerne-den Leuten-vorschreiben-wollen-wie sie-leben sollen-Volksvertretern müssen wir offensichtlich längerfristig leben, da die „A-26-Fraktion“ (=2x Besoldungsgruppe A13) plus Wutbürger offensichtlich in dieser Luxus-Problem-Gesellschaft eine relevante Kraft sein werden.

Die Piraten-Partei steht wohl eher für die Infantilisierung unserer Gesellschaft.

Quo vadis, politische Kultur?

Till
13 Jahre zuvor

Die PIRATEN sind in der Tat eine moderne, liberale Partei – und zwar stehen Sie für den nicht durch moralische, ethische oder sonstige Bedenken gemilderten Liberalismus. Kurz: für einen unmoralischen Liberalismus. Wer das mag, kann ab sofort PIRATEN wählen – wer für Bürgerrechte und Freiheit, aber gleichzeitig auch für eine an übergeordneten Wertmaßstäben ausgerichtete Politik ist, bleibt bei GRÜN.

David Schraven
Admin
13 Jahre zuvor

Der Kommentar von Stefan geht leider an der Realität vorbei: die Piraten sind nicht die Konkurrenz der Grünen. Die Grünen kommen mit Ihrer Gedankenwelt aus der SPD. Sie erkennen den Staat als Akteur im sozialen Ausgleich an. Die Grünen sind das Bindeglied zwischen Linker der Liberalen Bewegung.

Die Piraten sind die Konkurrenz der FDP. Diese hat ihren Kern verloren. Die FPD hat keinen erkennbaren Inhalt, der für  Freiheit, Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Staatsferne steht. Den bringen die Piraten. Deswegen können die Piraten tatsächlich die FDP auf dem klassischen liberalen Feld schlagen.

Damit würde die FDP zwischen Grünen auf dem linken Rand und den Piraten auf dem rechten Rand zerrieben. 

Da alle drei Parteien die liberale Bewegung darstellen. 

Und es keine drei Parteien auf diesem Feld bedarf. 

Das ist die Lehre aus Berlin. 

Hans Retep
13 Jahre zuvor

„Immer weniger Wähler haben Lust auf eine Partei, die sich als Volkserzieher versteht.“

Wie viel Prozentpunkte haben die Grünen bei dieser Wahl verloren? Ich kann mit denen auch schon lange nix mehr anfangen, aber Zahlen ignorieren und dafür Vorurteile spendieren, nee, das ist es auch nichts. Der Vergleich mit Umfageergebnissen ist für nichts zu gebrauchen. Umfragen sind keine Wahlen. Die Grünen haben am kräftigsten von den etablierten Parteien dazugewonnen. Das ist, was letztlich zählt.

Mit-Leser
Mit-Leser
13 Jahre zuvor

Dass ist das Schöne an privaten Blogs: man kann schreiben was man will. 🙂 Aber wirklich schon ne seeehr subjektive und die Realität verdrehende Nummer, dieser Kommentar. Die Grünen haben doch dazu gewonnen – die SPD, Die Linke und die FDP haben verloren. Dass die Piraten jetzt im Senat sitzen, finde ich gut. Jetzt können die mal zeigen, ob sie mehr drauf haben als EDV. 😉

Robin Patzwaldt
13 Jahre zuvor

@David: Liest sich für mich plausibel. Allerdings gibt es ein Problem: Die FDP ist ja auch schon bei den anderen Wahlen zuletzt böse abgestraft worden. Und da gab es die Piraten noch nicht in nennenswerter Größe im Wahlergebnis. Irgendwo hakt die Theorie also noch.

David Schraven
Admin
13 Jahre zuvor

@ Robin

Die FDP hat unter anderem verloren, weil sie die libertären Inhalte ihrer Politik aufgegeben hat. Sie hat nicht verstanden, dass liberal eben auch Einbindung und Beteiligung der Bürger bedeutet. Und zwar weitaus aktiver, als die FDP das je gemacht hat.

Die FDP hat sich zur Einthema-Partei gemacht. Die Steuersenk-Partei.

Der Prozess läuft seit Jahren. Es gab immer mehr Nicht-Wähler. Immer mehr Leute, die sich nach libertärer Politik sehnten – auch im Netz.

Diese Leute haben eine neue libertäre Partei gegründet und nun erste zählbare Erfolge.

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Mit-Leser
Mit-Leser
13 Jahre zuvor

@SL: Die Grünen mögen hinter ihren (vermutlich überzogenen) Erwartungen zurückgeblieben sein. Doch in diesem Jahr haben die Grünen mehr Berliner Wähler erreicht als bei der Wahl zuvor. Und: Jetzt regieren sie sogar mit. Man muss vermutlich schon Kommentator oder Journalist sein, um darin eine Niederlage zu erkennen. 😉

Aber in einer Sache stimme ich dir zu… Die Piraten sind heute das, was die heute etablierten Grünen früher mal waren: Rebellen. Doch da endet meiner Ansicht nach auch schon die inhaltliche Konkurrenz. Die Piraten sind eher ein Problem der FDP, weil sie es als Wirtschaftspartei nicht geschafft hat, die Start-Up-Szene an sich zu binden. Und weil die Piratenpartei die liberalen Kernfragen weiter gedacht hat, während die FDP einen Rückschritt nach dem anderen macht und so langsam wieder in der nationalliberalen Möllemann-Ära ankommt. Man sollte die Piratenpartei aber auch nicht überschätzen (so wie es die Medien vermutlich in den nächsten Tagen machen werden): In Berlin sind momentan wirklich gute Leute versammelt. Doch außerhalb der Hauptstadt fehlt es noch an Infrastruktur, Geld und Mitgliedern.

Mit-Leser
Mit-Leser
13 Jahre zuvor

@SL: „Etwas Wissen hat noch niemanden geschadet“. Das stimmt. 😉 Aber mit solchen Floskeln kannst du mittlerweile noch nicht einmal mehr in einer ARD-Talkshow punkten. Zumal du meine Kommentare zu deinem Text vermutlich gar nicht richtig gelesen hast: Ich bin nämlich gar nicht der Ansicht, dass die Grünen die großen Gewinner sind. Aber: Ich bin auch nicht der Ansicht, dass sie die großen Verlierer sind. Aus deinem Kommentar liest man den verbitterten Supermarktwurstliebhaber mit Atom-Affinität heraus. Aber du kannst dir nun einmal – außer in deinem Blog natürlich – nicht die Realität so zurecht biegen, wie du sie gerade subjektiv empfindest. Und in der Realität sind die Grünen nun eine Regierungspartei. 😉

Ich bin übrigens nicht der einzige hier, der deinen Text nicht gerade treffsicher fand. Aber ist jetzt auch (Supermarkt-)Wurscht. Gibt Wichtigeres… Let´s work!

David Schraven
David Schraven
13 Jahre zuvor

@Stefan

Lesen hilft. Das stimmt. Und wenn Du liest, dann liest Du, dass die Piraten vor allem aus dem Pool der Nichtwähler gezogen haben. Den Bereich, an den die FDP vor allem abgegeben hat in den vergangenen Jahren. Die Piraten konnten gut bei den Erstwählern punkten.

Und von den Grünen haben sie nicht so stark Stimmen gezogen, wie Du glauben machen willst.

Das ist starke behauptet – aber grober Quatsch.

Die Piraten sind eine libertäre Protestpartei. Sie hat die Chance aufzusteigen und den Platz der FDP im Libertäten Soektrum zu erobern. Sie graben nicht den Grünen Stimmen ab.

Liest Du hier etwa:

„Die Piraten, die für 80 Prozent „aus Unzufriedenheit mit den anderen Parteien“, und nur für zehn Prozent „wegen der Inhalte“ gewählt werden, bleiben wie die FDP bei den Kompetenzen praktisch unsichtbar.“

https://www.forschungsgruppe.de/Aktuelles/Wahl_Berlin/

David Schraven
Admin
13 Jahre zuvor

Hi Stefan,

Du kannst ruhig weiter Quatsch behaupten, und Links hinter Bezahlschranken setzen, um zu belegen, dass die Grünen an den Piraten untergehen. Es wird dadurch nicht besser.

Lies mal hier:

https://www.tagesschau.de/inland/wahlinberlin100.html

Oder sonstwo.

Infratest Dimap hat erforscht:

Piraten gewinnen bei Nichtwählern. Piraten gewinnen überdurchschnittlich bei Selbstständigen.

Nimm die Fakten doch einfach mal an.

Von nebulösen, gefühlten Gewinnen zwei Wochen vor der Wahl zu reden, die krachend verlorenen gegangen seien, um zu begründen, dass die Grünen zu Gunsten der Piraten verloren haben, ist Quatsch vom Wortspielplatz.

Fakt ist: die Grünen haben gewonnen. In allen Wählerschichten:

https://www.tagesschau.de/inland/wahlinberlin100.html

Und die Piraten haben auch gewonnen – vor allem im Spektrum der Nichtwähler.

Für die Zukunft ist wichtig zu beobachten, wie es mit der FDP weitergeht. Denn sowohl Grüne als auch Piraten in Berlin fischen im selben Becken der liberalen Strömung im Land. Das ist für die FDP unter Umständen tödlich. Weil die Strömung bislang nicht drei Parteien ernähren kann.

Die Frage ist, was macht die FDP? Wird sie nationalliberal? Rückt sie nach rechts?

Grüne sind sozialliberal, Piraten libertär.

Wäre eine nationalliberale FDP überhaupt lebensfähig?

Deine Grünen-These, Stefan, geht an der Realität vorbei.

Helmut Junge
Helmut Junge
13 Jahre zuvor

@David, @Stefan,
ich habe bei Spiegel online eine schöne interaktive Grafik gefunden, die zeigt, daß die Piraten genau dort ihre Hochburgen haben, wo die Grünen ihre Hochburgen haben. (geographisch gesehen)

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,786376,00.html

ch_we
ch_we
13 Jahre zuvor

@david @stefan

Die Statistik ist erstmal wenig aussagekräftig. Denn die Nichtwähler der FDP müssen ja nicht die gleichen Nichtwähler sein, die dann zu den Piraten gewechselt sind, sondern können sich aus den ca. 40% BerlinerInnen konstituieren, die nicht an der Wahl teilgenommen haben.

Das Etikett „libertär“ ist zu oberflächlich. Schon alleine weil der Libetarismus der Piraten eher der „California Ideology“ nahesteht als jetzt dem Objektivismus von Ayn Rand. Da gibt es sicherlich Überschneidungen, aber das Label „libertär“ übersieht, dass Forderungen aus dem Parteiprogramm der Berliner (!) Piraten wie das Bedingungslose Grundeinkommen oder auch die Auflösung von Informations- und Datenmonopolen kaum ohne staatliche Eingriffe zu verwirklichen sein dürften.

Selbständig sein und Grüne wählen kann ganz gut zusammen passen. Wäre ich ein freiberuflicher Umweltingenieur oder Energieberater, würde ich das sofort tun.

Ich bin mir gerade nicht sicher, ob es schon genauere Untersuchungen zur demografischen Zusammensetzung der Piraten und ihrer WählerInnen gibt, aber die geografische Lage ihrer Hochburgen (Kreuzberg/F’hain) lässt vermuten, dass hier eher ein Konflikt im alternativen Bürgertum ausgefochten wird.

Viel interessanter finde ich eigentlich die (erneut) hohe Zahl an NichtwählerInnen. Das sind doch nicht alles nur frustrierte Ex-FDP-Wähler, oder?

Mit-Leser
Mit-Leser
13 Jahre zuvor

@SL: Bundespolitisch und gesamtgesellschaftlich sind es momentan genau die grünen Hauptthemen die bei einer wachsenden Mehrheit der Bevölkerung Anklang finden. Mal ganz wertfrei und frei von subjektiven Standpunkten betrachtet sind die Grünen damit emotional und rational auf der Höhe der Zeit. Atomkraft: will kein vernünftiger Mensch mehr. „Bio“: sieht fast jeder ein. Rauchen: ist eine Sucht. Punkt. Und die Grünen sind auch in Sachen Bürgerbeteiligung vorne mit dabei. Dass die Piraten auch diesem Zeitgeist entsprechen, ist doch super. Aber es sind eher rückwärtsgewandte, profillose Parteien wie die FDP, die darunter zu leiden haben. Dies zeigt nicht nur das Wahlergebnis, sondern auch die bundespolitische Lage. Ich finde David Schravens Analyse daher weitaus treffender. Sie deckt sich auch mit dem, was ich selbst in Köln und Berlin an „Stammtisch-Stimmung“ in den jungen Bezirken mitbekommen habe.

Knolle
Knolle
13 Jahre zuvor

Ich finde es gut, dass die Piraten jetzt mit knapp 9% in den Senat einziehen, weil sie die eingerichtete Gemütlichkeit der Altparteien strapazieren.

Renate Künast hat sich ja schon als Bürgermeisterin gesehen und ein ziemlich langes Gesicht gemacht als sie gesehen hat, dass die Piraten jetzt schon halb so viele Stimmen haben wie die Grünen und dass die Grünen in ihrer angeblichen Hochburg Berlin sogar unter Bundesschnitt geblieben sind.

🙂

Rosa
13 Jahre zuvor

Diese Frage der Tagesschau – als Folge des 1,8 % Ergebnisses der FDP bei der Berlin-Wahl finde ich spannend (Zahlen ca. um 14.00 h):

https://umfrage.tagesschau.de/umfrage/poll_dbdata.php?oid=neuwahl100

„Sind Sie auch für Neuwahlen?

Vor allem wegen des Streits um den Euro-Rettungsschirm in der Koalition sprechen SPD und Grüne Schwarz-Gelb die Regierungsfähigkeit ab. Nun, nach der Wahlniederlage der FDP in Berlin, haben Oppositionsvertreter die Liberalen erneut aufgefordert, die Regierung zu verlassen und den Weg für Neuwahlen freizumachen. Finden Sie auch, dass es Neuwahlen geben müsste?

Ja – 7502 – 73.7%
Nein – 2466 – 24.2%
Weiß nicht. / Ist mir egal. – 208 – 2.0%

Stimmen gesamt: 10176

Das Ergebnis dieser Umfrage ist nicht repräsentativ.
Rundungsbedingt kann es zu Abweichungen kommen.“

Tom Outor
Tom Outor
13 Jahre zuvor

Liebe ruhrbarone
also Ihr seid im Ruhrgebiet und seid Barone. Und kennt Euch aus in Berlin und in Tübingen? Wie das? Die Grünen in Berlin sind nicht wie die Grünen in Tübingen und nicht wie die Grünen an der Ruhr. Mir scheint, dass die Grünen angegriffen werden, weil sie darauf verweisen, dass die Haushalte und die Firmen weiter viel Energie verbrauchen; lieber hört man Parteien zu, die erzielte Erfolge so verkaufen, als sei alles prima und es könne weiter gehen wie bisher.

Arnold Voss
Arnold Voss
13 Jahre zuvor

Das in einer Stadt in der so viele junge kreative Menschen am Rande des Existenzminimums leben (müssen) eine Partei mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und mit Internetkompetenz fast 10% erreichen kann, ist für mich nicht grundsätzlich verwunderlich.

Dass die meisten ihrer Wähler vor allem in Kreuzberg und Friedrichshain wohnen passt genau dazu, denn genau dort verdrängen besser verdienende Wähler der etablierten Parteien, die Grünen eingeschlossen, sie aus den noch verbliebenen billigen Wohnungen.

Der Erfolg der Piratenpartei ist nach meiner Einschätzung deswegen ein Berliner Sonderfall und lässt sich so nicht auf den Rest der Republik übertragen. Die Piraten außerhalb von Berlin werden sehr bald wieder auf dem Boden der Tatsachen landen. Wie vor ihnen jetzt die Berliner Grünen.

trackback

[…] Immer mehr Menschen haben keine Lust mehr, sich von den Grünen zwangserziehen zu lassen…   […]

Christoph
Christoph
13 Jahre zuvor

Die Analyse der Wählerwanderungen und -potenziale muss viel detaillierter geführt werden. Das ZDF-Wahltool (https://wahltool.zdf.de) zeigt auf, dass die Grünen trotz des Erfolgs der Piraten bei jungen Wählern zumindest auf Augenhöhe mit der SPD liegen, im Westen der Stadt sogar stärkste Kraft sind.
Den Ausschlag haben die Alten gegeben, im Westen erreicht die CDU bei den über 60jährigen mehr als 40 Prozent, im Osten kommen SPD und Linke zusammen auf über 70 Prozent, während Grüne und Piraten jeweils stark unterdurchschnittlich abschneiden. Hier liegt für beide Parteien das Potenzial, dass sich in den nächsten Jahren demografisch automatisch realisieren wird, vorausgesetzt, man macht in der Realpolitik einigermaßen vernünftig von sich Reden.

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