Seit letzter Woche können Besucher eine umfangreiche Sammlung von Gemälden, Graphiken und Skulpturen des 19. und frühen 20. Jahrhundert im Dortmunder U besichtigen. Die Werke stammen fast durchweg aus eigenem städtischem bzw. öffentlichem Besitz und von privaten Sammlern in Dortmund. Von unserem Gastautor Dieter Nellen.
Das alles wäre aber an sich nur eine routinemäßige Meldung, wenn sich damit nicht zwei weitergehende Nachrichten verknüpften: die der Rückkehr eines Kunsthistorikers und die der Rezeption einer Sammlungsidee aus der Vorkriegszeit.
Kuratiert wird die Ausstellung nämlich von dem früheren Dortmunder Kulturdezernenten und späteren Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer. Dieser knüpft damit an seine beruflichen und wissenschaftlichen Tätigkeiten aus jener Zeit an, als er (bis 1983) Direktor des Museum für Kunst und Kulturgeschichte in der Westfalenmetropole war.
Jetzt hat er wieder als Kunstkurator begonnen. Langemeyer hat von vielen Seiten Unterstützung erfahren. So konnte er zumindest temporär eine Gemäldegalerie nach seiner Vorstellung im U realisieren. Die Ausstellung der „Meisterwerke im Dortmunder U“ von David Caspar Friedrich bis Max Beckmann ist eine strategische Empfehlung für eine zumindest gelegentlich andere Bespielung des großen Hauses.
Denn konzeptionell wird die historische Idee realisiert, die Malerei des 19.Jahrhundert und die Werke der klassischen Moderne an einem Ort in der Stadt zu vereinen. Dafür ist in Dortmund über Jahrzehnte gekauft und gesammelt worden. Bis heute verteilt sich dieser Besitz jedoch auf die zwei großen Dortmunder Museumsstandorte, das Museum Ostwall und das Museum für Kunst und Kulturgeschichte.
Die seinerzeitigen Entwicklungspläne für das U hätten die Chance einer Zusammenführung geboten. Es ist bekanntlich anders gekommen. Das Dortmunder U, „Zentrum für Kunst und Kreativität“ ist nach seinem Umbau ein multithematisches Kulturzentrum mit unterschiedlichen Nutzern, mit allen Möglichkeiten und Risiken des Experiments einer solchen auf Modernität, Vermittlung und Medialität angelegten Kulturpolitik. Das Museum Ostwall und der Hartware MedienKunstVerein (HMKV) widmen sich dort durchaus innovativ der Kunst des 20. und 21. Jahrhundert mit deren unterschiedlichen medialen und materiellen Ausformungen. Die Nachfrage auf den einzelnen Etagen ist entgegen mancher Darstellung durchaus gut. Insgesamt ist dabei das U mehr Centre Pompidou als Louvre, seine Umgebung weniger eine Museumsmeile für klassische Kunst als ein entwicklungsfähiges Kreativquartier.
Gewissermaßen zur Abwechslung können Besucher jetzt aber im Oberlichtsaal des Dortmunder U, also in dem dort großzügigen Ambiente ein mit der romantischen Kunst des 19. Jahrhundert beginnendes und bis in die klassische Moderne reichendes Ensemble aus eigenen kommunalen und privaten Beständen besichtigen. Dazu hat der Architekt Eckard Gerber eine offene Innenarchitektur von Räumen, Kabinetten und Fluchten für eine Erkundung der Meisterwerke auf eigenen Pfaden geschaffen.
Das Folkwang Museum in Essen und das Wuppertaler Von der Heydt Museum haben – mit ihren wesentlich reicheren Beständen – immer wieder gezeigt, dass die Meisterwerke des 19. und frühen 20. Jahrhundert großes Publikumsinteresse auslösen können, was ein wichtiges Kriterium erfolgreicher Museumspolitik bleibt. Solches kann das U, sicherlich ein kultureller Leuchtturm in der Metropole Ruhr, auch immer gebrauchen.
Die jetzt präsentierte Dortmunder Sammlung überrascht mit starken Namen. Es sind Caspar David Friedrich, Carl Spitzweg, Anselm Feuerbach, Hans Makart, Hans Thoma, Franz von Lenbach, Arnold Böcklin, und Franz von Stück. Es folgen Max Slevogt, Lovis Corinth, Max Liebermann, Christian Rohlfs, August Macke, Franz Marc, Erich Heckel, Otto Mueller, Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde, Oskar Kokoschka und Max Beckmann, die Repräsentanten der klassischen Moderne.
Die Ausstellung folgt einem chronologischen Ablauf mit Gruppen und thematischen Schwerpunkten. Die Variationsbreite der Stile und der Weg der einzelnen Künstler sollen erkennbar sein. So findet die Malerei des 19. Jahrhundert ihren Platz in der sog. „Galerie“, die fensterlos ist und mit Kunstlicht präsentiert. Die Arbeiten auf Papier begegnen in der Übergangszone mit deren geringeren Raumhöhe, die klassische Moderne findet ihre Darstellung im eigentlichen Oberlichtsaal mit dessen reichem Tageslicht.
Schon zur Eröffnung waren viele interessierte Gäste gekommen. In der medialen Berichterstattung war das Echo durchweg positiv. Die Meisterwerke werden also ihr Publikum finden.
Zeitdauer:
12.05.-9.08.15 Museum Ostwall im U. Erschienen ist dazu im Kettler Verlag ein Katalog.
Uuaah, ist das rechts neben dem Bild im Bild etwa ein "Wiedergänger"??? (Schauder) Hatte eigentlich gehofft, dieses Raffke-Face in diesem Jahrhundert nicht mehr sehen zu müssen…:-)
Dieter Nellen,
danke für die Informationen.
Ich bin mir ziemlich sicher, daß die Ausstellung auf ein großes Publikumsinteressse stoßen wird.
Sehr erfreulich das Engagement von Gerd Langemeyer!!
Gemischte Gefühle.
Grundsätzlich bin ich für die Resozialisierung aller Arten von Leuten – auch von solchen, die ich nicht mag.
Aber schöner wäre es ja doch, wenn Resozialisierung nicht heißen würde: "Alles ist vergessen, war ja eigentlich gar nicht schlimm und der nächste darf es dann wieder genauso machen."
Die katholische Kirche ampfahl ihren Mitgliedern früher die Reue und den guten Vorsatz. Nun, dazu kann man keinen zwingen. Aber was dann?
"Insgesamt ist dabei das U mehr Centre Pompidou als Louvre, …"
Und Dortmund liegt an der Seine und Dieter Nellen ist der heimliche Bruder von Karl Lagerfeld. 🙂