Blick über den Tellerrand: Einseitig.info

Links sind Standard, schöner ist es doch mal so über ein gutes Portal zu berichten, dass es den Zeiger direkt zu „Lesezeichen markieren“ hinzieht. Am besten natürlich zu einem empfehlenswerten Webmagazin, das auf den ersten Blick nicht viel mit den Ruhrbaronen zu tun hat: Einseitig aus Köln, Düsseldorf und der Welt.

Zunächst die Gemeinsamkeiten mit dem Ruhrgebietsadel: Akademiker und Journalisten schreiben auch bei Einseitig über das was sie bewegt, und das (im Rahmen) unabhängig und in verschiedenster Form. Es fällt auf dass auch Felder beackert werden, die andere nicht oder später bestellen. Es gibt hier und da mal einen Fake, und die Autoren haben offensichtlich ihren Kopf nicht an irgendeiner Stechuhr abgegeben und erwarten das zum Glück auch von der Leserschaft.

Was ist also die „differentia specifica“ von einseitig.info?
Im Gespräch erzählt Gründungsmitglied Matthias Bickenbach, dass es im Bereich der akademischen Textproduktion ähnliche Grenzen gibt wie bei Zeitungen und Magazinen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs: Ob Historiker, Soziologe oder Kulturwissenschaftler, es gibt nur wenig Raum um Themen so aufzubereiten, dass sie auch einmal subjektiv oder provokant serviert werden können. Oder die Themen sind einfach heiß und dringend, was aber gar nicht so sehr das Anliegen dieser Seite sei. Man wolle lieber besonnen außerhalb des Medienoverkills stehen und aktuelle Ereignisse in einen größeren Zusammenhang stellen. Dies kann natürlich z.B. ökonomische Phänomene betreffen, aber auch Bedeutungsverschiebungen im öffentlichen Diskurs. So beobachten die Autoren von einseitig also auch wie Meinung gemacht wird und setzen eigene Analysen und Meinungen dagegen. Und daher auch der Name des Projektes, eine bewusste Positionierung gegen größere (und mächtigere) Einseitigkeiten in der Berichterstattung, deren Macher sich gerne pluralistisch geben – haben sie ja auch oft für jede Zielgruppe eine Publikation im Portfolio.

Ein Beispiel aus der Arbeit außerhalb des Internets:
Es gibt auch eine Edition Einseitig, deren einzige Printpublikation derzeit „Alpujarras Geschichten“ von einem gewissen Joseph-Heinrich Colbin (siehe Illustration) ist. Da dieser Herr laut Internet-Geschichtsschreibung seit einigen Jahrhunderten tot ist und als Co-Autoren Matthias Bickenbach und Michael Stolzke fungieren, zweifeln manche Germanisten an der Echtheit dessen „unbekannter romantischer Erzählung“. Nun jedoch folgt am 1. November im Studio des zakk zu Düsseldorf sogar eine Verleihung des Joseph-Heinrich-Colbin-Literaturpreises. Manche argwöhnen schon: Hier sind wohl (De-)Konstruktivisten am Werke. Dies also eine Surf- und Veranstaltungsempfehlung in einem. Man lasse sich doch auch mal anderswo den Kopf waschen beizeiten.

Für Zweifler:
Es gibt sogar einen renommierten Verein um Einseitig herum: Das Netzwerk freier Kulturjournalisten e.V. Und Mitte Oktober drehen sich die Themen und Geschichten im Magazin (das umfassende Archiv mal außen vor) z.B. um Woody Allen, Talkshows, Sarkozys Innenpolitik, Schiedsrichter und Salvador. Ein ganz eigener Pluralismus also. Oder, um das Editoral zu zitieren: „Die Frage „wie sich nicht regieren lassen?“ von Mächten und Meinungsmachern, die Michel Foucault als Antwort auf die Frage was Kritik sei entgegen stellte, mag den fernen Horizont unserer Aufforderung einseitig zu werden andeuten.“

www.einseitig.info

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