Die Reihe mit Lesungen und Gesprächen als Teil des Rathausclubbings im großen Ratssaal der Stadt Bochum, Willy-Brandt-Platz 2-6, geht weiter – im nun schon dritten Jahr. Am Mittwoch, 15. Mai, 19.30 Uhr, wird einer der wichtigsten Autoren der deutschsprachigen Literaturlandschaft erwartet: Ralf Rothmann.
Der Autor der wegweisenden Ruhrgebiets-Romane „Milch und Kohle“ oder „Junges Licht“ ist in der Region, in der er früher gelebt hat, nur noch selten zu erleben. Ralf Rothmann passt ideal in die Reihe im Rathaus, in der Kulturjournalist Max Kühlem Autorinnen und Autoren präsentiert, die eine Verbindung zum Ruhrgebiet haben, aber auch weit darüber hinaus rezipiert werden.
Rothmann hat Kindheit und Jugend in Oberhausen verlebt und lässt sein Werk immer wieder auch in der Region spielen, wird in 25 Sprachen übersetzt und gehört zu den wichtigsten Schriftstellern seiner Zeit. Literaturnobelpreisträger Peter Handke sagte über ihn: „Hinter dieser Schreibe läuft eigentlich die Schrift ab, die man sich immer ersehnt hat. Ralf Rothmann ist der bezeichnendste Autor seiner Schreibgeneration.“
In Bochum wird Rothmann aus dem Abschluss seiner Kriegs- und Nachkriegstrilogie lesen: „Die Nacht unterm Schnee“, ein Roman, der wieder an die Geschichte seiner Eltern angelehnt ist. Er beginnt im Winter 1945 mit der sechzehnjährigen Elisabeth, einem Landarbeiterkind, das verwundet in einem Bunker unter der Erde liegt und von einem russischen Deserteur gepflegt wird. Durch das Ofenloch hört sie Schritte im Schnee, und fiebernd stellt sie sich vor, dass dort oben nicht nur alle, die sie kennt und mag, ihre Eltern und Brüder, die Oma aus Danzig, sondern auch ihr künftiger Mann und die ungeborenen Kinder nach ihr suchen und sich über die Trümmer entfernen, ohne zu ahnen, dass sie darunter liegt. Und plötzlich denkt die Vergewaltigte, dass es gut so ist, dass sie nie mehr hinauf will zu ihnen, zu allem, und für immer in dieser Nacht, diesem Frieden unter dem Schnee bleiben möchte. Aber sie muss ihr Leben zu Ende leben. Ein Leben, das sie auch ins Ruhrgebiet führen wird.
In einem atemberaubend geschriebenen Panorama der frühen Nachkriegsjahre zeichnet Ralf Rothmann in der Folge das Portrait einer Frau, der stets die Angst im Weg steht, während ihr das Durchlittene jedes Gefühl dafür nimmt, welches Leid sie anderen zufügt; einer lebenslang hart arbeitenden Frau und Mutter, die von einem Rummel zum anderen tanzt, um nicht mehr zur Besinnung zu kommen, und vor der man sich doch verneigen muss: weil sich in ihrer Verzweiflung der Wille zur Liebe ausdrückt.
Infos und Tickets sind erhältlich unter www.bochum.de/rathausclubbing, der Eintritt kostet fünf Euro.