Bochum: Wird das Prinz-Regent-Theater wieder Teil der freien Szene?

Iphigenie Foto: Birgit Hupfeld Lizenz: Copyright
Iphigenie Foto: Birgit Hupfeld Lizenz: Copyright

Manchmal ärgere ich mich über Zeitungsartikel, die wirklich schlecht recherchiert sind. Häufig stehen diese dann in der WAZ. Von unserem Gastautor Wolfgang Wendland.

Heute war es wieder einmal soweit. Unter der Überschrift „Prinz Regent Theater sucht neue Leitung“  wird darüber berichtet, dass die „Direktorin“ des Prinz-Regent-Theaters „überraschend“ einen Posten als Intendantin in Bamberg bekommt. Überraschend ist ihr Weggang keineswegs, schließlich hat Frau Broll-Pape sich schon das ein oder andere mal auf einen solchen Posten beworben. Überraschend ist bestenfalls die Tatsache, dass sie (laut WAZ) Direktorin vom Prinz Regent Theater (PRT) ist oder in anderen Publikationen sogar Intendantin. Die Satzung des Trägervereins des PRT sieht eigentlich eine Geschäftsführerin oder einen Geschäftsführer vor. Das Programm wird von einem Beirat vorbereitet und vom ehrenamtlichen Vorstand abgesegnet, denn das PRT war ursprünglich und ist wohl formal heute noch die gemeinsame Spielstätte der Bochumer freien Theaterszene. Vielleicht kann man den Weggang von Frau Broll-Pape auch als Chance sehen eine Geschäftsführerin bzw. einen Geschäftsführer zu suchen, die/der weniger nach der eigenen Individuation sucht und Theatergruppen aus Bochum mehr Möglichkeiten bietet. Dann wären die (ich glaube ca. 350 000 Euro) öffentlichen Mittel sicher besser angelegt. Vielleicht ließe sich die Institution auch mehr in die Innenstadt verlegen (was ist eigentlich in den Räumlichkeiten in denen mal die Comödie Bochum war?) und man könnte auch die Zahl des Vorstands wieder von 2 auf die ursprünglich 4 Personen erhöhen, um ein breiteres Meinungsspektrum abzubilden. Warum entscheidet ein VfL Aufsichtsrat und eine Kinderärztin über das, was dort gespielt wird? Na mal sehen wie es weiter geht, die WAZ wird sicher darüber berichten.

Wolfgang Wendland ist Sänger der Band Die Kassierer

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Boris
Boris
11 Jahre zuvor

Kurz und Präzise zusammengefasst – ich teile vollständig deine Ansichten.

ein freier Theatermacher aus Bochum

Ulrich Raitz
11 Jahre zuvor

Ich finde, die WAZ wird hier völlig zu Unrecht angegiftet. Solche Begrifflichkeiten überfordern den Leser doch nur.

Und außerdem macht sich Herr Wendland oft in der Öffentlichkeit nackt, das zeugt nicht von Seriösität.

Alex
Alex
11 Jahre zuvor

Herr Reitz: „Solche Begrifflichkeiten überfordern den Leser doch nur“??? WIRKLICH?
Von einer Zeitung erwarte ich korrekte Begrifflichkeiten. Ein Aufsichtsratvorsitzender von Daimler wird ja auch nicht als Autokonzerndirektor betitelt… Also echt…

Und den zweiten Absatz kommentiere ich jetzt mal lieber nicht, sonst wird es ausfällig… Herr Raitz.

Stefan Laurin
Admin
11 Jahre zuvor

Ich kann Wolfgangs Kritik an der WAZ auch nicht ganz verstehen und fühle mich durch die Bochumer-WAZ gut informiert. Aber Wattenscheider sind ja sensibel… 🙂

Wolfgang Wendland
11 Jahre zuvor

Es ging weniger darum die WAZ zu kritisieren und mehr meine Motivation darzustellen warum ich mal was schreibe. Ansonsten enthält ja der letzte Satz die Hoffnung, dass es sich bessert. 😉

Udo Höppner
11 Jahre zuvor

Da muss ein Kassierer ma (beinah historisch) Ahnung
beweisen. Alle, vor allem WAZ &Co, haben längst vergessen,
wozu das PRT einst eingerichtet wurde und was „freie Szene“
eigentlich meint. Menschen, denen „Freiheit“ und / der Kunst
wichtig ist, sollten nun genau ein Auge drauf haben, wie die Würfel
neu gemischt werden … Ich nehme an, die Ruhrbarone halten uns auf
dem Laufenden. Kritische Berichterstattung ist hier, wo es um
öffentliche Gelder geht, angebracht. Nochmal zu Herrn Wendland: Was
die zentralisierung des Spielortes betrifft, hat die „Intendantin“
wohl alles mögliche getan und sich, auch gegen gegebene
Zusicherungen der Stadt, die Zähne ausgebissen. Sie hatte natürlich
auch nicht die Lobby der „freien“ Theatermacher ….

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Das Theater bekommt 2013: 211.900 Euro plus Miet- und Nebenkosten, also nochmal ca. 70.000 Euro Zuschüsse.

Die freie Kulturszene insgesamt bekam 2012: 800875 Euro Zuschüsse, 2012 bekamt das PRT 34% der Theaterförderung für die freie Kunstszene.

An der Theaterförderung insgesamt bekommt die freie Szene 3,9%, das Schauspielhaus 96,1%.

Laut RN hat die Stadtverwaltung Frau Broll-Pape immer wieder eine neue Spielstätte versprochen.

Interessant, dass in BO die Stadtverwaltung bzw. der Kulturdezernent persönlich Kulturschaffenden Theaterstätten verspricht.

Normalerweise ist das Sache des Stadtrates also der Vertretung der Bürger und nicht der Verwaltung als ausführendes Organ. In Bochum aber scheint die Stadtverwaltung unter OBin Scholz gerne auch mal ohne die Bürgerversammlung auf eigene Rechnung zu arbeiten. Dies ist ja nicht der erste Fall. Den Stadtrat scheint das aber auch nicht wirklich zu stören.

https://www.ruhrnachrichten.de/staedte/bochum/44787-Bochum~/Regentin-verlaesst-Bochum-Sibylle-Broll-Pape-wird-2015-Intendantin-in-Bamberg;art932,2224277

Wolfgang Wendland
11 Jahre zuvor

@Volker Steude
Das deckt sich dann doch mit meiner Erinnerung… ich hatte öffentliche Mittel geschrieben weil ich noch ca. 100 000 pa. vom Land vermute.

In der Summe ist, glaube ich, die freie Theaterszene in Bochum im Vergleich zu anderen Städten finanziell noch ganz gut ausgestattet. Die Frage ist eher ob das PRT nicht mittlerweile etwas anderes geworden ist. Manchmal wird in diesem Zusammenhang auch von Privat-Theater gesprochen.

„An der Theaterförderung insgesamt bekommt die freie Szene 3,9%, das Schauspielhaus 96,1%.“
Einen Vergleich mit dem Schauspielhaus finde ich nicht zulässig, auch hier könnte man eine Angemessenheit der Kosten bestenfalls durch Vergleich mit gleichwertigen Bühnen im Bundesgebiet ermittelt werden.

Die anschließende Kritik an Frau Dr. Scholz kann ich nicht nachvollziehen, da wesentliche Parameter der Förderung der Freien Kultur doch lange vor iherem Amtsantritt festgelegt wurden.

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Bei der Musikförderung bekommt die freie Szene sogar nur 0,5% der Gesamtförderung: 65,5% BoSy+Musikzentrum, 33,9% Musikschule

Die Frage lautet, sind solche Verhältnisse angemessen?

Gemäß Beschluss des Rates ist das Ziel der Kulturförderung in BO wie folgt gefasst:„Existenzielle Grundsicherung der freien Kulturträger(!). Vorhaltung eines breit gefächerten Kulturangebotes. Gerechte(!) Verteilung der Ressourcen im
Kulturbereich unter Berücksichtigung kulturpolitischer/wirtschaftlicher Aspekte“

Die Ausrufezeichen sind von mir eingefügt.

Dazu noch folgende Info:

Für die Verteilung der 32 Zuschüsse in Höhe von 800.875 Euro, berechnet das Kulturbüro nochmals 223.250 Euro Personal- und Sachaufwand.

Bei der Musik sind es 44.000 Euro Personal- und Sachaufwand für die Verteilung der 27 Zuschüsse in Höhe von knapp 70.000 Euro (davon für Pop/Jazz: 18.590).

Nimmt die freie Kulturszene das klaglos hin?

PS: Die Stadtverwaltung, deren Verantwortliche ist ja die OBin, verspricht über den Kopf des Rates hinweg dem PRT mehrfach eine neue Spielstätte. Ist das für alle in BO normal? Dann sollten wir den Rat auflösen und die Kommunalwahlen absagen. Die OBin übernimmt und wir sparen uns das Geld für den Rat.

Übrigens die OBin persönlich hat auch dem Land versprochen, dass wir, also die Stadt, die JHH kaufen… .

Wolfgang Wendland
11 Jahre zuvor

Ha, Ha,
falls das so ist arbeitet die Verwaltung immer noch effizienter als die Jobcenter.

Ich seh da kein Problem dass die OBin Absichtserklärungen abgibt und dann damit (politisch) durchkommt oder aber nicht, irgendjemand muss ja die Initiative ergreifen. Letztendlich bleiben die Entscheidungen doch beim Rat…

Naja und diejenigen, die keine Förderung abbekommen können sich ja an dem Satz von Rolf Thiele erfreuen:
Förderung macht dumm!
(Leider kennt außer mir kaum jemand diesen Satz weil mein Film über diesen Regisseur nicht gefördert wurde.)

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Na ja, immerhin geht Frau Broll-Pape wohl nicht zuletzt, weil die Stadt ihre Versprechungen nicht einhält… .

Allenfalls kann die OBin oder Kulturdezernent Townsend zusagen, dass sie/er dem Rat Vorschläge macht. Zwischen Vorschlägen und Versprechungen bestehen aber deutliche Unterschiede. Das lässt sich nicht relativieren.

In afrikanischen Staaten wird teilweise auch recht uneffizient gearbeitet, rechtfertigt aber auch die mangelnde Effizienz in unserer Verwaltung nicht. Auch hier sollte man die Realitäten nicht relativieren.

Mal ein konstruktiver Vorschlag: Auflösung Kulturbüro. Gründung einer unabhängigen Bochumer Kulturstiftung, die sämtliche Fördergelder (inkl. der jetzt für Sach- und Personalmittel verwendeten Mittel) verteilt, auch die, die z.B. städtische Beteiligungsgesellschaften wie die Stadtwerke ausschütten. Einrichtung einer effizienten Organisation dieser Stiftung mit einem künstlerischen Beirat unabhängiger Kulturakteure, der bei der Entwicklung und Fortentwicklung des Verteilungsmechanismus wesentlich beteiligt ist.

Auch möglich, Übertragung dieser Aufgabe an eine bestehende Stiftung. Eine solche Stiftung kann auch die Verteilung der Mittel für mehrere Städte durchführen, dadurch entstehen weitere Synergien.

Resultat, wesentlich mehr Geld kommt bei der freien Kulturszene an, die Förderentscheidungen fallen unabhängiger, vorausgesetzt man implementiert einen intelligenten Verteilungsmechanismus.

68er
68er
11 Jahre zuvor

@ W. Wendland

Und wie Ihr Film-Beispiel zeigt, hält manchmal Nicht-Förderung die Leute dumm.

Udo Höppner
11 Jahre zuvor

Mich freut die rege Diskussion hier und der Austausch von Informationen. An Wolfgang: „Privattheater“ und „Freie Szene“ sind (haushalts-) politisch nicht unbedingt widersprüchlich. Is ne Statusgeschichte, ich weiß allerdings nicht, ob der Begriff noch akzuell ist (seinerzeit: ständige Produktionsmittelförderung = Privatthetaer). Umgangssprachlich betrachtet ist das Theater der Frau Broll-Pape natürlich sehr privat. Und wenn man Ihre Zitate in der WAZ liest,
soll und wird das höchstwahrscheinlich auch so bleiben.
Aber, wie gesagt, mich freut die rege Diskussion, die ich im Übrigen auch schon ca. 2005 über die WAZ versucht habe anzustoßen. Wolfgang Streletz interviewte mich damals anlässlich meiner Becket-Inszenierung und fragte mich noch: „Kann ich das so schreiben?“ Er durfte. Wenige Tage und Ausgaben später holte die „Direktorin“ zum Gegenschlag aus. Der war vernichtend. Genauso, wie Streletz`Kritik an meiner folgenden Inszenierung. Und auch das Kulturamt, damals saß da noch Herr Leiskau, ließ durchblicken, dass er meinen Vorstoß für ein wenig Gerechtigkeit nicht eben zu würdigen wußte.
Ich will nicht endlos die alten Geschichten aufwärmen. Ich weiß Streletz` Wirken durchaus zu schätzen und sogar für das Durchsetzungsvermögen von SBP bringe ich eine gewisse Hochachtung auf. Mich freut die aktuelle Entwicklung allerdings besonders für Bamberg!

Wolfgang Wendland
11 Jahre zuvor

@Udo Höppner
Privattheater – schon klar, ich glaube den Status bracht man für die Landesförderung, so unsinnig das auch auf den ersten Blick erst wirkt.

„Der war vernichtend. Genauso, wie Streletz`Kritik an meiner folgenden Inszenierung.“
aus solchen Gründen kam ja in meinem Artikel auch Frau Broll Pape und WAZ vor 😉

Ach ja, Herr Leiskau, ich glaube dem haben aber die freuien Theatermacher die relativ hohe Förderung der Szene zu verdanken… ein Theater-Fan, der mit der Produktion von Dairo Fos „Erzengel Flippern nicht“ sich für seine spätere Laufbahn qualifizierte.

@Volker Steude
grundsätzlich halte ich das Kulturbüro schon für Reformbedürftig, aber man muss auch nicht alles sofort abschaffen wollen.
Naja und wenn die „Intendantin“ eines freien Theaters wo anders hingeht, nachdem sie drei bis vier Intendanzen des Schauspielhauses „überlebt“ hat ist das auch ein völlig normaler Vorgang.

Udo Höppner
11 Jahre zuvor

„Nimmt die freie Kulturszene das klaglos hin?“ fragt Volker Steude?
Nun ja, noch diskutieren sie das unter sich, splittergruppenmäßig. Mal sehen.

Volker Steude
11 Jahre zuvor

Hier jetzt der Artikel zur Förderung der Kultur in Bochum in Gänze:

Bochum – Kulturförderung versickert in der Bürokratie

„So wie es jetzt ist, kann es jedenfalls unter gar keinen Umständen bleiben“, so Stefan Zweers. „Wir Akteure aus der freien Kunstszene sollten das nicht weiter so hinnehmen. Unser Anliegen ist es, Bochum zu einem Anziehungspunkt für die kreativen Köpfe der freie Kunstszene zu machen. Wir wollen eine authentische Kulturszene in Bochum, die auch überregional anerkannt ist und die Aufmerksamkeit auf Bochum lenkt.“

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