Am Freitag lief auf RTL die Show „„Alle auf den Kleinen“ – Das Duell: Becker gegen Pocher“ über die Mattscheiben der Nation. Der mediale Aufschrei war bereits im Vorfeld groß. Das Echo im Anschluss ist vernichtend. Reine Unterhaltung, oder Peinlichkeit? Wie konnte Boris Becker nur so tief sinken? Vieles wurde und wird seither darüber diskutiert.
‚Nebenan‘, bei der Online-WAZ, bei ‚Der Westen.de‘, fragt man sich nun gerade, ob nicht sogar der Sender RTL vielleicht noch mehr ‚abgewrackt‘ ist als Boris Becker?
Das Alles mag man natürlich diskutieren. Auch ich, der ich die Sendung am Freitagabend selber gar nicht gesehen habe, habe mich bei anschließender Ansicht der daraus veröffentlichten Bilder von Boris Becker und Oliver Pocher in den Medien gefragt, was wohl in die beiden Herren gefahren sein mag, sich diesen Peinlichkeiten freiwillig auszusetzen. Auch ich frage mich in dem Zusammenhang welche Programmdirektoren und ‚Fernsehmacher‘ eigentlich ein solches Programm zur Hauptsendezeit auf die Beine stellen?
Aber die eigentliche Frage die ich mir bei dieser Gelegenheit stelle ist: Was für Leute schauen sich eigentlich eine solche Sendung über die vollen 195 (!!!) Minuten freiwillig an?
Die jüngste Einschaltquote lag offenbar bei ca. 4 Mio. Zuschauern. Wie muss man denn eigentlich gestrickt sein um so etwas nicht nur über die volle Distanz zu ertragen, sondern vielleicht sogar tatsächlich auch noch gerne sehen zu wollen?
Ist die Frage nach den sich dafür hergebenden ‚Promis‘ und nach dem Zustand ihrer Karrieren in dem Zusammenhang nicht eher nur zweit- bzw. drittrangig? Muss man sich nicht eher um eine Gesellschaft sorgen die es offenbar zu relativ großen Teilen höchst unterhaltsam zu finden scheint, wenn so ein Quatsch auf der Mattscheibe von den Problemen des eigenen Alltags ablenkt?
Muss einem der Zustand vieler Fernsehzuschauer nicht fast schon größere Sorgen bereiten, wenn diese es offenbar als ihr Tages- oder vielleicht sogar als ihr Wochenhighlight ansehen, und wenn sie zu Millionen mit so etwas ‚flachem‘ ihre ‚kostbare‘ Freizeit verbringen?
Ist es, mal über den gestrigen Abend hinausgedacht, nicht überaus bedenklich, wenn in einem ‚Dschungelcamp‘ Leute über Wochen gedemütigt werden, sich die TV-Nation darüber dann ‚das Maul zerreißt‘, wenn Jugendliche zu dutzenden in einem Casting-Wettbewerb vor der breiten Öffentlichkeit großspurig abqualifiziert oder auch im Gegensatz dazu für relativ belanglose Leistungen kurzzeitig regelrecht von tausenden ‚Fans‘ vergöttert werden?
Was lässt die jüngste Entwicklung der Fernsehlandschaft denn für Rückschlüsse auf weite Teile der Bevölkerung in diesem Lande zu? Muss man nicht viel eher den Zustand der Gesellschaft hinterfragen, wenn so etwas erfolgreich vor Millionen von Zuschauern läuft, als nun den Zustand des TV-Senders, oder der sich für so etwas hergebenden Prominenten zu kritisieren?
Mir jedenfalls bereitet das Anschauen solch fürchterlich belangloser TV-Shows keinerlei Vergnügen. Im Gegenteil! Länger als ein paar Sekunden kann ich bei Shows dieser Art gar nicht zuschauen, dann wird der ‚Fremdschämfaktor‘ zu groß. Viele Leute in meinem Umfeld sagen das Gleiche. Trotzdem ist die Einschaltquote bei so einem Programm, erstaunlicher Weise, häufig genug doch erschreckend hoch. Das bereitet mir Sorgen. Der Zustand von Boris Becker und der von RTL hingegen eher weniger….
Die Leute haben es doch selber in der Hand. Schaut es zukünftig niemand mehr, dann wird RTL so etwas in Zukunft auch nicht mehr produzieren und senden. Ist doch ganz einfach. Man muss ja nicht jeden im TV angebotenen Quatsch auch stundenlang anschauen.
„Was für Leute schauen sich eigentlich eine solche Sendung…an?“
Die Frage ist ja nicht neu und es gibt wohl keine befriedigende Antwort darauf.
Früher hat man sich auch schon gefragt, welche Leute lesen eigentlich die „Blöd-Zeitung“ und einige Ideologen kamen zu dem falschen Schluß: “Enteignet Springer!”!
Habe ich nur den Eindruck, oder ist in Deutschland eine der beliebtesten Sendereihen „Ordnungshüter räumen auf“? Passt das irgendwie zu unserem Volkscharakter, dass wir so gerne dabei zuschauen, wie andere Leute gemaßregelt werden?
Eine weitere Pest nach meinem Verständnis sind die sogn. Reality-TV-Formate, die mit dem Anspruch auftreten, Realitäten im Sinne der alltäglichen Lebenswelt anhand von Ereignissen darzustellen. Wie viele Menschen halten das, was da ähnlich wie Bauerntheater dargeboten wird, eigentlich für eine Abbildung der Wirklichkeit? Und welches Bild der Gesellschaft setzt sich in den Köpfen der unbedarften Zuschauer fest, wenn dort ständig Ausnahmesituationen mit völlig durchgeknallten Laiendarstellern vorgeführt werden?
Fragen über Fragen….
Jeder Zuschauer hat eine WAHL Stimme
@Grabotki: Ja, auch das ist dabei irgendwie beängstigend, oder? 😉
„oder auch im Gegensatz dazu für relativ belanglose Leistungen kurzzeitig regelrecht von tausenden ‚Fans‘ vergöttert werden?“ <= Gilt das nicht ehrlich gesagt auch für jede Sportart? Welchen gesellschaftlichen Nutzen hat Boris Beckers Sieg in Wimbledon gehabt? Keinen. Er war absolut irrelevant. Und dennoch war er danach ein Gott. Gleiches gilt für die zig Profi-Fußballspieler und andere Sportler.
@Ben: Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Allerdings sehe ich im Gewinn eines bedeutenden Tennisturniers schon noch eine größere Leistung als im Gewinn eines ‚Dschungelcamps‘ o.ä.. Aber über die Details ließe sich sicher diskutieren, da hast Du schon Recht…
Eigentlich ist es ja noch viel schlimmer. Das wurde ja heute nach dem Quali zur Formel 1 auch noch wiederholt.
Also dürften das am Ende wesentlich mehr als 4 Millionen gesehen haben.
RTL ist schon Mitte der 1990er Jahre vom Satiremagazin Titanic in die Kategorie ‚Unterschichtenfernsehen‘ eingeordnet worden, ein Begriff, der dann später von Pochers Ex-Kompagnon Harald Schmidt bis zur Perfektion in zahlreichen Shows zu Ende definiert wurde. Soweit also nichts neues.
Was mich irritiert, ist das Bedürfnis über eine Fernsehshow reden zu müssen, von der man zwar nicht bereit ist, sie sich im Fernsehen anzuschauen, die aber scheinbar doch soviel Aufmerksamkeit erzeugt, dass man es für nötig hält, einen Artikel darüber schreiben zu müssen. Auch hier könnte man durchaus die Frage stellen, wie peinlich und lächerlich ist denn sowas?
Vermutlich wäre der hohe Anteil von 4 Millionen TV Glotzern um einiges geringer, würden nicht sämtliche Medien in die seit Wochen andauernde schwachsinnige Inszenierung von Pocher und Bobbele einsteigen, die beide letztendlich nur nach Quote schreien, der eine will nämlich seine Sendung und der andere sein neues Buch verkaufen. Seit heute mischen bei dieser Werbekampagne auch die Ruhrbarone kräftig mit, was man – mit vollem Respekt vor den sonst überwiegend groß bis großartigen Artikeln, die hier veröffentlich werden – als wenigstens genauso überflüssig empfinden kann.
@der, der auszog: Ich wollte nach dem Lesen des WAZ-Artikels heute Vormittag einfach mal kurz meine Gedanken dazu rauslassen, dass nämlich weder Boris Becker noch der Sender RTL an diesen niveaulosen Sendungen ‚Schuld‘ sind, sondern die Zuschauer die sich den Quatsch haufenweise anschauen. Das war eigentlich alles. Und immerhin war das Thema ja offenbar auch für dich wichtig und interessant genug hier ein paar Zeilen zur Sache durch einen Kommentar beizutragen. Na, dann ist doch eigentlich alles gut, so wie Jürgen Klopp neuerdings gerne zu sagen pflegt. 😉
kann man sich eigentlich irgendwo melden, dass das Fernsehverhalten getrackt wird?
ich wäre fast schon bereit meine Privatsphäre diesbezüglich zu opfern zum Wohle Deutschlands…
vielleicht melden sich fürs Tracking aber eben nur so typische RTL-Zuschauer und ziehen damit ganz Deutschland in verruf 😉
Da hast Du meinen Kommentar falsch verstanden Robin. Ich schreibe nicht über das Fernsehereignis sondern über deinen Artikel. Das sind zwei paar Schuhe. Und Dir ging es bestimmt auch nicht nur darum, Deine Gedanken raus zu lassen, sondern Du möchtest über den Becker-Pocher-Nonsens diskutieren, sonst hättest Du Deine Gedanken nicht hier bei den Ruhrbaronen veröffentlicht, sondern in Dein Tagebuch geschrieben.
Was ich sagen wollte ist folgendes: Je mehr über diese beiden Spinner in der Öffentlichkeit geredet wird, desto interessanter wird es für viele, sich das Spielchen der zwei auch im Fernsehen anzuschauen, was wiederum die verhältnismäßig hohe Einschaltquote von 4 Millionen Zuschauern erklärt, womit für RTL als privater Fernsehsender das Ziel mehr als erreicht ist. Hohe Quote heißt nämlich hohe Werbeeinnahmen.
Eigentlich sind Becker und Pocher, wie man so schön sagt, ’nicht der Rede wert‘. Ihr Wert entsteht erst, weil permanent über sie geredet wird.
@der, der auszog: Unsere Meinung ist gar nicht so weit von einander entfernt. Was haben die Ruhrbarone? 10.000, oder 20.000 Leser täglich? Natürlich hat auch das Erwähnen einer TV-Sendung hier einen gewissen Einfluss. Aber 4 Millionen TV-Zuschauer auf der anderen Seite? Das wirkt schon noch anders, oder? Und unsere kleinen Diskussion hier, da können wir uns wohl ziemlich sicher sein, erreicht die Standard-RTL-Zuschauer wahrscheinlich eh‘ nicht 😉
@#8 | Robin: „Ich wollte nach dem Lesen des WAZ-Artikels…“
Lass sowas besser sein, gutgemeinter Rat von mir. WAZ-Artikel gehen in letzter Zeit immer mehr auf Kosten der geistigen Gesundheit der immer weniger werdenden Leserschaft, so ähnlich wie bei SPD-Altstammwählern, die Peer oder Sigmar zuhören müssen:-((
@Klaus: https://www.ruhrbarone.de/tja-das-ist-sie-dann-wohl-gewesen-mein-letzte-gekaufte-waz/ 🙂