Fabio De Masi gehörte zu den wenigen Politikern der Linkspartei, denen es gelang, sich über alle Parteigrenzen hinweg Anerkennung zu erarbeiten. Dies lag vor allem an seiner Arbeit im Wirecard-Untersuchungsausschuss. Zur Bundestagswahl 2021 trat er nicht mehr für die Linke an. Im Januar dieses Jahres wurde er Mitglied des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), für das er im Juni ins Europaparlament gewählt wurde. De Masi galt lange als erfahrener Finanzpolitiker und nicht als stumpfer Agitator. Dieses Bild hat nun Risse bekommen.
Der BSW-Politiker teilte gestern auf X einen Tweet, der Teil einer Hetzkampagne gegen den Journalisten Tobias Huch ist, der in den vergangenen Jahren auch auf diesem Blog mehrere Beiträge veröffentlicht hat.
Der in dem Tweet veröffentlichte Titel ist alt, kam nicht von Huch und die Jüdische Allgemeine hat das längst öffentlich gemacht:
In der ersten Version des Textes lautete die Überschrift: »Die Zivilisten in Gaza sind nicht unschuldig«. Der Titel stammte nicht vom Autor des Kommentars. Da diese Überschrift missverstanden werden konnte, haben wir sie geändert.
All das konnte De Masi in den Reaktionen auf seinen Tweet lesen. Gelöscht hat er ihn trotzdem nicht. Das kann an Tobias Huch liegen: Huch ist ein liberaler Journalist, Gründer der Liberalen Flüchtlingshilfe, engagiert sich für Kurdistan, kämpft gegen Antisemitismus und ist ein Unterstützer der Ukraine. Er ist der Gegenbeweis der Legende, dass nur Linke sich für Kurdistan und Flüchtlinge einsetzen. Als Unterstützer der Ukraine steht er gegen alles, was die Politik der Putin-Partei BSW betrifft. Warum also nicht nach dem Motto „Flood the Zone with Shit“ handeln, das der ehemalige Trump-Berater Steve Bannon geprägt hat, und alternative Wahrheiten verbreiten?
Kritischen Journalismus schätzt man beim BSW ohnehin nicht. Im Landesprogramm der Partei in Thüringen kann man lesen, was die Wagenknecht-Anhänger von der Presse erwarten: “Wir wenden uns gegen die kriegsanheizende Rhetorik in der Bundespolitik und in vielen Medien. Der Kriegslogik muss endlich wieder die sachliche Argumentation des Interessenausgleichs entgegengestellt werden. Wir erwarten von den Leitmedien unseres Landes, auch den Leitmedien in Thüringen, eine ausgewogene Berichterstattung über alle Ursachen und Hintergründe des Ukraine-Krieges.”
Jemand wie Tobias Huch wird ganz sicher nicht für eine Berichterstattung zur Verfügung stehen, die sich ausgewogen nennt, aber nichts anderes als Kreml-Propaganda ist.
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