#BTW2021: Setzen CDU/CSU im Wahlkampf jetzt etwa auf Gedächtnisschwund bei den Wählern?

Armin Laschet (CDU): „Dies hätte ich mir nie im Leben vorstellen können!“ (Foto: Roland W. Waniek)
Es läuft nicht für Armin Laschet (CDU). (Foto: Roland W. Waniek)

Was Politik für viele Wähler häufig so unerfreulich macht, das ist die Tatsache, dass Parteien beim Versuch die Zustimmung der Bürger zu erlangen, häufig auf deren Dummheit zu setzen scheinen. Verantwortung für das eigene Handeln der Vergangenheit wird gerne ignoriert oder kleingeredet, der Bürger behandelt, als würde er unter starkem Gedächtnisverlust leiden.

Dies geschieht übrigens auch quer durch alle Parteien. Immer wieder trifft man auf solche Verhaltensweisen, die einen als Beobachter in ihrer Plumpheit ungläubig die Hände vor das Gesicht schlagen lassen.

Solche Wahlplakate sind unfreiwillig komisch. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Mir persönlich noch bestens in Erinnerung ist die NRW-Kommunalwahl 2014. Da warb die örtliche SPD, die seit Jahren die Bürgermeisterin bei mir am Wohnort stellte, ausgerechnet mit soliden Finanzen. Und das, obwohl der Schuldenstand der Stadt (auch) unter ihrer Führung seit Jahren in schwindelerregende Höhen stieg, die Stadt Waltrop letztendlich in die Top-10 der Städte mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung in NRW führte. Und man wirbt ausgerechnet mit soliden Finanzen? Fast musste man damals darüber lachen.

Ähnlich plump kommt auf Bundesebene in diesen Tagen der Versuch von CDU/CSU daher, mit einem 100-Tage-Sofort-Plan für nach der Wahl dem lahmenden Wahlkampf im Vorfeld der Bundestagswahl 2021, in Anbetracht der zuletzt desaströsen Umfragewerte, auf den letzten Drücker möglichst noch einmal neuen Schwung zu verleihen.

Nach einer ganzen Serie von Pleiten, Pech und Pannen droht der noch vor wenigen Wochen scheinbar feststehende Nachfolger von Angela Merkel, Armin Laschet, den vor kurzem noch scheinbar sicheren Homerun auf den letzten Metern noch zu vergeigen.

Und wir reagiert die Union in Anbetracht des aufziehenden Dramas? Sie stampft, scheinbar im Panikmodus, einen 100-Tage-Plan aus dem Boden, der dem ermattet wirkenden Laschet in den finalen zwei Wochen vor der Wahl noch einmal neuen Rückenwind verleihen soll und dem Wahlvolk schlicht vormachen soll, dass es nach einer erfolgten Wahl des CDU-Kandidaten zum nächsten Bundeskanzler in Deutschland dann doch rasch alles besser werden könne und solle.

Hallo? Geht es noch? Wer hat denn die vergangenen 16 Jahre dieses Land (mit-)regiert? War das nicht die Union, mit Angela Merkel an der Spitze?

Klar, ganz alleine ging das natürlich nicht. Man brauchte dazu stets einen Koalitionspartner um die Mehrheit zu bilden. Das wird übrigens auch in Zukunft so sein. Vielleicht werden sogar zwei andere Fraktionen in einem Koalitionsvertrag das Profil und die Ziele der Union verwässern.

Und doch war für die Laschet-Partei ja nun wahrlich reichlich Zeit um das Land in einen Zustand zu versetzen, wie man ihn für erstrebenswert und angemessen hält. Jetzt, so kurz vor der Wahl, mit einem umfangreichen Sofortprogramm für die Zeit nach einem möglichen Wahlsieg daherzukommen, das ist, nun zumindest kritisch zu hinterfragen.

Setzen CDU und CSU wirklich darauf, dass erhebliche Teile der Wählerschaft nicht realisiert, dass die Union dieses Land mit Ausnahme der sieben Jahre unter Rot/Grün unter Kanzler Gerhard Schröder (1998-2005), in verantwortlicher Position mitgestalten durfte?

Wenn jetzt offenkundig doch so viel im Argen zu liegen scheint, wie es die Wahlkämpfer im Team Laschet am Montag, als dieser 100-Tage-Plan vorgestellt wurde, selber andeuteten, dann fällt das doch direkt der eigenen Partei vor die Füße. Zumindest dann, wenn die Wähler gedächtnisstark genug sind das so zu erkennen.

Die eingangs erwähnte Waltroper SPD erlitt 2014 nach ihrem frechen ‚Solide Finanzen‘-Plakat übrigens am Ende eine Niederlage. Sie verlor nach einer Stichwahl das Amt an der Stadtspitze, was sie seit zwei Wahlperioden innehatte, musste peinlich berührt zusehen, wie eine völlige Außenseiterin das sicher geglaubte Amt im Rathaus von der SPD übernahm. Ob es der CDU/CSU auf Bundeebene mit ihrem frechen 100-Tage-Sofort-Plan in knapp zwei Wochen jetzt in Kürze ähnlich ergehen wird?

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Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor

Die SPD war auch seit 1998 bis auf 4 Jahre (2009-2013) an der Macht. Eigentlich gehören SPD und CDU zusammen mal für 4 Jahre in die Opposition.

Werntreu Golmeran
Werntreu Golmeran
3 Jahre zuvor

Grüne, Linke und FDP kommen aber nicht über 40 Prozent.

Manni
Manni
3 Jahre zuvor

Mein Eindruck aus den letzten Fernsehwerbeshows ist, dass Laschet weiß, dass er nicht mehr gewinnen kann wie geplant (z.B. als er ernsthaft sagte, dass eine weitere Groko für ihn denkbar sei).
Folglich ändert die CDSU ihre Strategie. Ab jetzt müssen die letzten Reserven aktiviert werden.
D.h. 0,1 bis 0,5% von der AfD und 3 bis 4% Leihstimmen von der FDP. Erstes Ziel ist: mindestens eine Stimme mehr wie Scholz.
Und dann soviele wie möglich von der FDP, damit die unter 5% landet.
Denn dann gibt's doch noch den Kanzler Laschet.

Walter Stach
Walter Stach
3 Jahre zuvor

40% der Wahlberechtigten wissen noch nicht, wen oder was sie wählen werden.
– Lt.FAZ von heute das Ergebnis Allensbach-Umfrage-

Das ist ein erneuter Anlass , mich an Spekulationen über das Wahlergebnis, über Koalitionen, über Kanzler/Kanzlerin nicht zu beteiligen.
Mir scheint, es ist "noch alles drin", auch für Laschet.

Ich wünsche mir eine Rot-Grüne-Koalition , wenn notwendig unter Beteiligung der Links-Partei. Da Wünsche jedoch nicht relevant sind…………..

Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor

@Werntreu Golmeran

Natürlich geht es nicht das beide in die Opposition gehen. Aber verdient hätte sie es. Ich habe meine Wahlunterlagen hier liegen, was ich ankreuze weiß ich aber noch nicht. Scholz wäre der beste Kandidat von den Dreien. Aber was mich zögern lässt ist das es keine klare Ablehnung von RGR gibt. Die Linken brauchen wir nicht in der Regierung. Bei den letzten beiden Europawahlen habe ich die Partei gewählt, aber dort war die Wahrscheinlichkeit auch hoch dort rein zukommen.

trackback

[…] weitere vier Jahre in der Opposition bleiben müssten. Kein Wunder also, dass Lindner eher in Richtung der Union schielt, da er als deren Partner fast automatisch der Dritte im Bunde wäre, da die LINKE in dieser […]

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