Einmal mehr hat der DGEG-Verlag tief in seine und die Bilderkisten seiner Autoren gegriffen und viele schöne Bilder zu einem Buch unter dem obigen Titel versammelt. Wir schauen in die Betriebshöfe der westdeutschen Straßenbahnbetriebshöfe-gestern und vorgestern.
Von unserem Gastautor Thomas Weigle.
Diese liegen nun eher selten im Blickpunkt der Öffentlichkeit, befinden sich oft an den Endpunkten von Linien. Nichtsdestotrotz herrscht dort geschäftiges Treiben-rund um die Uhr. Jeder am Tag in Betrieb gestandene Wagen wird untersucht, kleinere Reparaturen durchgeführt, Schmiermittel angebracht, Leitungen überprüft. Alle 14 Tage wird jeder Wagen aus dem Verkehr gezogen und intensivst begutachtet. Dies ist ein Grund mit, dass Straßenbahnen eher selten selbstverschuldet Unfälle generieren, also aus den Schienen bspw. springen.
Der Blick hinter die Kulissen zeigt auch, wie sehr sich die Arbeitsbedingungen verändert haben. Was früher oft harte körperliche Arbeit bedeutete, wird heute vielfach von Maschinen erledigt. Interessant hierzu ist ein Bericht einer Duisburger Zeitung aus den beginnenden 50ern, als ein Reporter eine Nachtschicht in Hamborns Straßenbahn-Depot begleiten. Ist der letzte Wagen eingekehrt, dann „sind Schlosser,Elektriker, Schmierer und Putzer und 56 schmutzige Wagen“ unter sich. Wobei in der Putzkolonne auch 20 Frauen mitarbeiten. Um fünf Uhr morgens, wenn die ersten Bahnen wieder ausrücken, müssen kleine Fehler behoben, die nötigen Überprüfungen durchgeführt und die Wagen sauber und vorzeigbar sein.
Es sei hier noch einmal daran erinnert, dass Frauen auf dem Gebiet der späteren Bundesrepublik lediglich in Kriegszeiten vereinzelt Straßenbahnen steuern durften und zahlreicher als Schaffnerinnen unterwegs waren. In der DDR allerdings saßen bzw. standen Frauen ziemlich von Anfang an auch an der Kurbel. Was in der Viersektorenstadt Berlin zu heftigen Auseinandersetzungen führte und zur Auswechselung der Fahrer(innen) an den Sektorengrenzen, denn noch fuhren in Berlin die Schienenfahrzeuge über alle Sektorengrenzen(1953).
Der schönste Teil des Buches sind – wie immer bei den Büchern des DGEG-Verlages die Bilder, die erneut eine Reise in die Vergangenheit erlauben. Schön ist dabei, dass auch neben den Straßenbahnen und den Werkstätten eben auch andere zeittypische Merkmalen in den Blick geraten wie bspw. der Antennenwald auf einer Hagener Mietskaserne. Natürlich fallen auch die Automodelle der Vergangenheit auf. Auch wird der Blick auf die in den Werkstätten tätigen Arbeiter getan. Letztlich ist das schöne „Bilderbuch“ auch ein Abbild des 20.Jahrhunderts. Für die Älteren eine Erinnerung, für Jüngere ein: „Ach,so war damals.“
Nicht vergessen wird auch das Ende so manchen Gefährtes, dass lieblos abgefackelt wurde, allen heutigen Umweltstandards zum Trotz. Diverse Gleispläne von Werkstätten runden das schön gewordene Werk ab.
Reimann/Ladeif/Rudat: „Vor Einfahrt: Halt“, DGEG-Verlag, Hövelhof 2020, 27,80 Euro, ISBN 978-3-946594-17-8
PS: Die Fotos aus dem Buch zeigen wir hier mit freundlicher Genehmigung des Verlages!