Das Ende Oktober gestartete Bürgerbegehren gegen das Jüdische Museum in Köln ist schon gescheitert.
Das Jüdische Museum in Köln gehört zu den umstrittensten Projekten der Stadt. Seit 1998 besteht die Idee, die nach dem Krieg unter dem Rathausplatz gefundenen Überreste des antiken Kölner Judenviertels in ein Jüdisches Museum zu integrieren. Jüdisches Leben hat in der Stadt eine lange Tradition: Seit 321 leben Juden in Köln, die Gemeinde ist die älteste Jüdische Gemeinde nördlich der Alpen. Aktivitäten von Christen lassen sich erst ab dem Jahr 355 nachweisen.
Doch so alt wie die Idee eines Jüdischen Museums ist, ist auch der Protest dagegen: Mal galt der unbebaute Ratshausplatz als unantastbar, dann überzeugten die Vorschläge zu seiner Umsetzung nicht und aktuell ist das Museum den Kritikern zu teuer. „Uns geht es um eine vernünftige Konzeption, alles kleiner, angemessener, behutsamer,“ sagt Andreas Henseler, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen das Jüdische Museum und einziges Kölner Ratsmitglied der Freien Wähler. 52 Millionen Euro wird es nach den Plänen der Stadt kosten: „Wir wollen es für die Hälfte machen.“ Der Rathausplatz soll mit einer transparenten Platte überdeckt werden, die den Blick auf die archäologischen Funde ermöglicht. Das Museum selbst soll unter das Rathaus, in die Räume des ehemaligen Ratskellers. „Das ist Platz für drei Museen,“ sagt Henseler.
23.000 Unterschriften müssten Henseler und seine Mitstreiter sammeln, damit es zu einem Bürgerbegehren kommen könnte. Unterstützt werden Henselers Freie Wähler dabei von der CDU und der vom Verfassungsschutz NRW als rechtsradikal eingeschätzten Liste Pro Köln, was ihm unangenehm ist: „Mit denen wollen wir nichts zu tun haben.“
Doch das Bürgerbegehren ist schon kurz nach seinem Start Ende Oktober gescheitert: „Der Ratsbeschluss für den Bau des Jüdischen Museums, gegen den sich das Bürgerbegehren wendet, liegt länger als drei Monate zurück und es hätte bei der Stadt angemeldet werden müssen “, sagt Thorsten Sterk vom Verein „Mehr Demokratie in Nordrhein-Westfalen.“ Auch brauche ein Bürgerbegehren eine Kostenschätzung. „Die fehle auch.“
Für die Initiatoren ist das nur ein „Störfeuer der Gegner“. Unterschriften will man weiter sammeln. Sterk sieht das anders: „Das Bürgerbegehren hat formal keine Chance. Die einzige Möglichkeit besteht jetzt darin, die Mehrheit des Rates zu überzeugen und den Beschluss zu kippen.“
Das hält Andreas Hupke für ausgeschlossen: „Die Mehrheit für das Jüdische Museum steht – sowohl im Rat als auch in der Bezirksvertretung.“ Hupke ist Grüner und Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt. SPD, Grüne und FDP hätten für das Projekt gestimmt – das nun die im Rat unterlegenen Parteien versucht hätten, im nachhinein einen Ratsbeschluss zu kippen, lässt ihn an deren demokratischen Verständnis zweifeln: „Wir haben 15 Jahre über das Museum diskutiert und dann entschieden. Das haben auch diejenigen zu akzeptieren, die sich nicht durchsetzen konnten.“ Hupke ist froh, dass es zu keinem Bürgerentscheid kommen wird: „Das wäre eine Steilvorlage für latente Antisemiten geworden.“
Der Artikel erschien in ähnlicher Version bereits in der Welt am Sonntag.
Ich sehe da noch ein anderes Problem: ein solches Projekt kann man der Stadt Köln baulich nicht zutrauen. Wie man schon bei der Philharmonie Köln gesehen hat, kann da einiges schieflaufen. Der Konzertsaal der Philharmonie befindet sich in dem Gebäudekomplex des Museums Ludwig unterhalb des Heinrich-Böll-Platzes – dabei ergibt sich ein schweres akustisches Problem, da von Fußgängerinnen mit hohen Absätzen, von Skateboardern oder auch von Rollkoffern über die Träger des Konzertsaales deren Geräusche ins Innere übertragen werden. Als Lösung dieses Problems wird der Platz während der Aufführungen abgesperrt und die Absperrung sogar überwacht.
Man muß sich fragen, ob die an und für sich schöne Idee, den Rathausplatz für das Museum mit einer transparenten Platte zu überdecken, in Köln überhaupt realisierbar ist.. 😉
@Nansy,
die Idee mit der gläsernen Platte ist ja wohl vom Tisch.
Interessant ist aber auch hier, daß, selbst wenn formale Bedingungen für ein Begehren gar nicht mehr gegeben sind (Fristen überschritten) wird einfach weitergemacht und Unterschriften werden gesammelt.
Eine Beobachtung, die ich seit Jahren beobachte. Genauer gesagt, seit dem Scheitern des Begehrens zum Rauchverbot in Berlin. Hier haben die Akteure anschließend gesagt, hat nicht gereicht.
Aber geht es um sogenannte Verbesserungsprojekte, ist doch zu beobachten, daß man, auch wenn die Bedingungen rechtlich nicht (mehr) gegeben sind, oder auch, wenn ein Begehren gescheitert ist, dann wird das nicht akzeptiert.
Nein, es wird erst recht ein Fass aufgemacht und von Unregelmäßigkeiten geschwafelt und man stilisiert sich in eine real nicht existierende Opferrolle hinein.
Zuletzt in Berlin das Begehren zum „Energietisch“.
Dazu ist auch noch anzumerken, daß es Bestrebungen gibt, die Grenze für die Gültigkeit von Bürgerbegehren auf 10% abzusenken.
Eher umgekehrt wird ein Schuh daraus. Ein Bürgerbegehren ist nur dann gültig wenn 50+% teilgenommen haben und 50+% mit pro oder contra (je nach Thematik) gestimmt haben.
Die formale Ablehnung beinhaltet einen wichtigen Punkt, der fast immer von schnellschießenden Hobbyaktivisten, Amateurdemokraten und Dauernörglern bei ihren Anträgen auf Bürgerbegehren vergessen wird – es muss etwas Bezifferbares sein, gegen das man sich wenden möchte und es muss ein ebenso bezifferbarer und fiskalisch *nachvollziehbarer* Gegenvorschlag aufgestellt werden. Daran scheitern dann unsere Populisten regelmäßig.
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