Die Fußball-Bundesliga geht nun in eine zweiwöchige Länderspielpause. An diesem Wochenende hat sich jedoch noch einmal eine Diskussion aufgedrängt, welche wir auch in der vergangenen Spielzeit bereits geführt haben. Diesmal setzt sie jedoch bereits kurz nach Saisonstart im Herbst ein: Spielt der FC Bayern München sportlich tatsächlich ‚in einer anderen Liga‘?
Dass die Münchener wirtschaftlich einen riesigen Vorsprung auf die Konkurrenz haben ist eine seit Jahren bekannte Tatsache. Doch in der Vergangenheit konnten immer wieder Konkurrenten in den Titelkampf entscheidend eingreifen, die großen Bayern ärgern, ihnen sogar Titel wegschnappen. In den 90er-Jahren war das schon einmal der BVB, nach der Jahrtausendwende dann Werder Bremen, der VfB Stuttgart, der VfL Wolfsburg usw..
Zu Beginn dieser Dekade wurde dann erneut der BVB zu einem erfolgreichen Bayernjäger. Gewann 2011 und 2012 sogar zweimal in Folge die Meisterschaft. In den Jahren 2013 und 14 schlugen die Bayern dann mit aller Macht zurück, rüsteten ihren Kader sportlich massiv auf, holten mit Josep ‚Pep‘ Guardiola zuletzt einen internationalen Klassetrainer als Nachfolger von Erfolgscoach Jupp Heynckes an die Isar. Die Erfolge blieben nicht aus.
Nachdem im Vorjahr bereits wochenlange Langeweile in der Liga moniert wurde, sollte in diesem Jahr alles besser werden. Dortmund und Schalke wollten angreifen. Leverkusen wurde hoch gehandelt und auch Wolfsburg wurde als Geheimfavorit gehandelt. Nach Spieltag drei und dem BVB-Erfolg im ‚Supercup‘ diskutierten die sogenannten Experten noch allerorten, ob der Kader des BVB dem des FC Bayern vielleicht sogar leicht überlegen sei.
Nun, nur wenige Wochen später, ist alles wieder anders. Die Bayern dominieren die Liga scheinbar in einem zumindest schon lange nicht gesehenen Ausmaß.
Nach drei ‚englischen Wochen‘, mit je drei Spielen in sieben Tagen, in Folge gelang es nur dem Rekordmeister sein Bundesligaspiel beim lockeren 4:0-Erfolg gegen Hannover am Wochenende danach siegreich zu gestalten.
Dortmund verlor 0:1 gegen Hamburg, Schalke 1:2 in Hoffenheim und Bayer 04 Leverkusen kann im Heimspiel gegen Aufsteiger Paderborn nicht über ein 2:2 hinaus. Alle drei Teams enttäuschten dabei spielerisch.
Die Bilanz in Sachen Ausgeglichenheit der Liga fällt vor der nun anstehenden Länderspielpause also verheerend aus. Es droht erneut eine Saison mit riesigem Vorsprung des Tabellenführers, vielleicht sogar auf Rekordniveau. An Borussia Mönchengladbach oder 1899 Hoffenheim als hartnäckigste Verfolger dürften auf Dauer nicht einmal deren eigene Fans glauben.
Dortmund, Schalke und Wolfsburg laufen nach den ersten Begegnungen der ‚Musik‘, mit 9 bzw. 10 Punkten Rückstand auf den Titelverteidiger, bereits so weit hinterher, dass man sich ein Eingreifen dieser Teams in den Titelkampf aktuell kaum noch ernsthaft vorstellen kann. Wolfsburg kann heute gegen Augsburg allerdings noch Punkte hinzugewinnen, den Rückstand somit verkürzen.
Dass die Münchener einen so großen Vorsprung im weiteren Saisonverlauf noch einmal verspielen könnten, das käme aber wohl einem ‚Fußballwunder‘ gleich. Diese gibt es zwar hin und wieder, darauf setzen sollte man als Beobachter der Entwicklung der letzten Jahre allerdings nicht unbedingt. Denn selbst wenn die Bayern demnächst einmal ein paar Spiele nicht gewinnen können sollte, auch die Konkurrenz wird in den nächsten Wochen ja noch Punkte liegen lassen.
Bayer 04 Leverkusen sieht sich aktuell ebenfalls nicht als ein ernsthafter Titelanwärter, wie Rudi Völler in der Sport1-sendung ‚Doppelpass‘ am Vormittag einmal mehr freimütig einräumte. Auch er sieht die Bayern aktuell als zu überlegen an.
Insgesamt also eine ziemlich ernüchternde Bestandsaufnahme in der ‚Liga der Weltmeister‘, wie die Bundesliga in einigen Medien seit dem Sommer so schön betitelt wird, im Herbst 2014.
Es zeichnet sich immer deutlicher eine Situation ab, mit der selbst die Bayern selber auf Dauer nicht wirklich glücklich sein dürften. Denn worin besteht am Ende noch der Spaß an gewonnenen Titeln, die schon Wochen vor Saisonschluss feststehen? Und ist es wirklich wünschenswert für den Fußball hierzulande, wenn zu den Meisterfeiern auf dem Münchener Marienplatz schon bald vielleicht noch weniger Fans erscheinen als bisher ohnehin schon, weil der Titel bereits vor Saisonstart mit einer sehr, sehr hohen Wahrscheinlichkeit jedes Jahr festzustehen scheint?
Was kann man aus Sicht der Konkurrenzvereine aktuell noch dagegen tun? Weiter hart arbeiten, das ist ja klar. Aber sonst? Ist der wirtschaftliche Vorsprung der Münchener inzwischen nicht sogar schon so groß, dass hier ebenfalls eine Art ‚Teufelskreis‘ entsteht? Denn große Konzerne und Unternehmen werben natürlich bevorzugt mit dem aktuellen Erfolgsteam der Liga. Das zeigt schon die Auswahl der großen Partner der Bayern: Allianz, Deutsche Telekom, DHL, Adidas usw. Alles ihrerseits auch die Großen ihrer Branche. Da kann aktuell kein anderer Club der Liga mehr mithalten. Die Konkurrenten schauen auch in Sachen möglicher Werbepartner für sich selbst offenbar bereits überwiegend in den Reihen der wirtschaftlichen Herausforderer dieser Münchener Gönner. Da fügt sich also überwiegend zusammen was scheinbar auch zusammen passt. Die Branchenführer werben in München, deren ambitionierte Herausforderer in den jeweiligen Branchen in Dortmund o.ä..
So gesehen erscheinen Projekte wie RB Leipzig, mit ihrem ‚Gönner‘ ‚Red Bull‘, dann auch wieder in einem anderen Licht. Allerdings erscheinen deren Möglichkeiten auch nur grenzenlos solange ihnen der Gönner gewogen bleibt und nicht irgendwann wieder ‚weiterzieht‘, was wir hier vor ein paar Wochen ja auch schon mal diskutiert haben.
Alles in Allem keine sehr schöne Entwicklung in der Bundesliga aktuell, auch wenn die Stadien landesweit überwiegend voll und die Stimmung (noch) gut ist. Auf Dauer tut diese Überlegenheit eines einzelnen Teams dem ‚Produkt‘ Bundesliga sicherlich gar nicht gut. Und daran wird auch die nun anstehende Pause, in der sich die Kräfte der Bayern-Konkurrenz wieder erholen sollen, wohl nur bedingt etwas ändern können.
Nö, gibt es nicht….denn bei allen anderen fehlt auf längere Sicht Geld und Qualität…
Und „Der Ball ist rund“, ist überhaupt nicht der richtige Zauberspruch für dieses Problem. Was die Bayern machen, ist ausgrenzend! Rücksichtslos! Unsportlich! Kaufen den Konkurrenten die besten Spieler ab.
@Helmut: Das mit den Spielerkäufen hat es immer schon gegeben. Die ‚Reichen‘ bedienen sich in Sachen neuer Spieler bei den Teams darunter. Das Problem ist allerdings, dass die Schere, ähnlich wie in der ‚normalen Gesellschaft‘ auch, derzeit stark auseinandergeht. Heribert Bruchhagen hat z.B. in einer der letzten Diskussionen mal klargestellt, dass die Bayern bei Beginn seiner Tätigkeit in Frankfurt einen etwa doppelt so hohen Etat wie die Eintracht hatten. Inzwischen sei es ein Vielfaches dessen, was den Hessen zu Verfügung steht, beklagte Bruchhagen. So wird es dann natürlich nicht einfacher den Branchenprimus häufiger mal zu schlagen….
Robin, mein Vorschlag ist, daß dem Verein, dem Spieler von direkten Gegner abgekauft wurde, pro übergechseltem Spieler ein halbes Tor angerechnet wird. Bei Dortmund München hätten die Dortmunder vor dem Spiel schon in Führung gelegen. Das fände ich fair.
@Helmut: Alternativ könnte man auch über Regeln nachdenken, wie sie im Nordamerikanischen Profisport gelten. Spieler nicht kaufen, sondern tauschen, Jugendspieler ‚draften‘, Gehaltsobergrenzen bzw. einen Salary Cap für die Teams einführen usw.. Da gibt es einige interessante Dinge, die eine Liga auf Dauer ausgeglichen und spannend halten. Aber arbeitsrechtlich ist das hier in Europa wohl nicht so einfach möglich…
Habe im letzten Sommer hier im Blog schon mal kurz was dazu geschrieben: http://www.ruhrbarone.de/langeweile-in-der-fussball-bundesliga-koennte-das-draft-system-helfen/62583
Aber mit der Torereglung wäre das Arbeitsrecht nicht berührt, und Ein Aufkäufer müßte schon gut rechnen, ob ein spieler das wert ist.
War das nicht früher auf dem Schulhof immer so ähnlich? Jungs gegen Mädchen, und die Mädchen kriegen 5 Tore Vorsprung 😉 😀
Ne, eine Gesamtpreisregung. Der Verein, dem ein Spieler abgekauft wird, kriegt soundsoviel Geld als Ablösesumme und beim gegenseitigen Vergleich einmalig einen Toranteil gutgeschrieben.
und wenn der fc bayern demnächst herrn höjbjerg gegen eine schutzgebühr nach augsburg veräußert, geht er in die folgende partie gegen den fca mit einem tor vorsprung, oder zweien, oder einem halben? grober unfug, solch ein vorschlag. es ist völlig ausgeschlossen zu bewerten, ob ein spielerwechsel eine manschaft stärker oder schwächer macht. deshalb ist es fußball, mitunter eben nicht en detail berechenbar.
s04 und bvb stellen sich derzeit, trotz blendender voraussetzungen, schlicht dämlich an. und das ist ausschließlich ihre eigene schuld.
aber noch was anderes: warum ist es eigentlich verboten, zu fragen, warum in dortmund seit jahren spieler so regelmäßig verletzt sind? oder ist es das gar nicht?
sei’s drum.
@jovan: Ich glaube gar nicht, dass die Anzahl der Verletzten auf längere Sicht so entscheidend höher ist beim BVB. Auch die Bayern müssen seit Monaten schon auf viele Spieler verzichten. Nur fehlen sie beim BVB gerne mal alle im gleichen Mannschaftsteil. Letzte Saison war es die Abwehr die in Dortmund teilweise komplett ausfiel, dieses Jahr ist es plötzlich das Mittelfeld. Das ist dann natürlich schwerer zu kompensieren als wenn in Abwehr, Mittelfeld oder Sturm je ein (oder zwei) Hochkaräter fehlt. Und das kann der BVB dann eben so nicht kompensieren. Bei Schalke fehlen aktuell besonders viele Defensivleute… Und die Kaderdichte ist in München halt doch noch größer. Auch aufgrund der besseren finanziellen Möglichkeiten.
Sollten wir nicht doch die Planwirtschaft im Fußball einführen? Oder wir machen es wie früher, als unstimmige Vereinswechsel zu längeren Sperren führten. In der ersten BL-Saison durfte der Offenbacher Berti Kraus erst im November für 60 ran. Man könnte die Zahl der Wechsel begrenzen, auch das gab es.
Worin liegt eigentlich der Unterschied von Vereinswechseln zum BVB oder zu S04 und solchen zu Bayern München? Ist ein Wechsel zum BVB oder zu S04 grundsätzlich ehrenhaft, ein solcher zu Bayern grundsätzlich von dunklen Interessen bestimmt?
@Thomas: Ich verstehe ja Deinen Ansatz im Grunde. Aber Wechsel von S04 zum BVB sind ja häufig gerade besonders umstritten bei den Anhängern. Frag z.B. mal Andy Möller oder Christoph Metzelder, nur um zwei jüngere Beispiele zu nennen. Und Metzelder wechselte sogar ’nur‘ über den Umweg Madrid vom BVB zum S04, und hatte es in Schalke trotzdem am Anfang sehr, sehr schwer. Die Liste liesse sich aber leicht verlängern. Jens Lehmann hatte in Dortmund, trotz DM-Titel in 2002, z.B. auch immer Probleme mit seiner S04-Vergangenheit usw..
@Robin: hmm, ich hatte zwar n anderen eindruck, aber da mag ich schiefliegen. aus der 3.liga heraus ist das manchmal schwer zu erkennen;)
@jovan: Ich habe vorhin in der Zweitligakonferenz aus Sky gehört, dass Sandhausen heute zum 4. mal in einer unveränderten Startelf angetreten ist. Sowas ist bei den englischen Wochen in der Buli zuletzt bei den Spitzenmannschaften ja komplett anders. Da wird nicht nur heftig rotiert, da hat auch jede Mannschaft inzwischen zig Verletzte. Diese große Belastung erklärt zumindest auch einen Teil der aktuellen Misere von S04 und BVB, aus meiner Sicht. Bei den Bayern fehlen aktuell aber ja auch Leute wie Schweinsteiger, Thiago, Badstuber usw.. Und rotieren tun die Münchener auch immer kräftig. Nur verträgt der Kader das dort besser. Und wenn es vom Personal her mal eng wird, dann wird halt rasch ein Weltklasse-Spieler wie Alonso zuletzt nachverpflichtet. Wer hat, der hat 😉
Es macht wohl doch den Unterschied aus, dass die Bauern nun mal seit vielen Jahren den parallelen Tanz auf drei Hochzeiten, ergo die Jagd nach dem Triple, als alltäglichen Arbeitsstandard organisieren, während sich der Rest der Liga höchstens eine Double-Planung mit Meisterschaft und Pokal gönnt und für den internationale Ligen ein „Goodie“ sind, welches man irgendwie zu überstehen sucht. Das ist ein Unterschied in Anspruch und Qualität, den man sich über viele Jahre erarbeiten muss.
Der BvB steht erst am Anfang eines solchen Anspruchs und hat noch einige Jahre Entwicklung vor sich – hoffentlich mit Klopp, der genau dieses langfristige Ziel und den harten Weg dorthin immer wieder betont.
@Robin #15:
Wo Du Sky erwähnst: Habe ich auch abonniert und habe den Eindruck, dass das die PR-Abteilung des FC Bayern ist. 2x Marcel Reif als BvB-Kommentator und Du brauchst eine Runde Wii Boxen um wieder runterzukommen..
Ich hoffe, dass die Langeweile, die die Bayern in die BuLi bringen zu einem Rückgang der Zuschauerzahlen und Skyabos sorgen wird. Damit das mal wieder in ein normales Maß kommt.
@Frank: Die Kritik vieler BVB-Fans an Sky ist inzwischen nicht nur auf Marcel Reif begrenzt. Auch die Tatsache, dass die große Mehrheit der Sky-Fußball-Experten inzwischen eine Bayern-Vergangenheit hat ist ja augenfällig.
Die Bayern werden selbst ein Geschäftsproblem mit der von ihnen miterzeugten Langeweile bekommen. Die Geldsackvereine Europas setzen auf Planungssicherheit. Das verträgt sich nicht mit Fußball-Spannung. Dann sollen sie doch zusammen mit Russland und Qatar um die Geldmeisterschaft spielen, und der 2. der Bundesliga wird moralischer Deutscher Meister. Ääh, es sei denn, es wird Hoffenheim …..
Robin,
wenn wir das außer acht lassen, was wir uns als BVB-Fans wünschen, dann spricht nichts, aber auch gar nichts dafür, daß in absehbarer Zukunft ein anderer Verein in Deutschland für den FC Bayern ein Meisterschaftschaftskonkurrent werden könnte, der in diesem Konkurrenzkampf letztlich Sieger anstelle der Bayern sein könnte.
„Echte“ Konkurrenz gibt es in absehbarer Zukunft für die Bayern nur in der Champ.liga und damit werden die Bayern direkt und indirekt europa-/weltweit ihr Geld verdienen.
Welche Folgen kann das für die Bundesliga sportlich/finanziell haben und für alle die, die vom Bundesliga-Geschäft profitieren? Abwarten; Gewissheiten gibt es da m.E. nicht.
Noch eine Bemerkung in Sachen Alonso:
Ich erinnere daran, daß sehr viele Fußball-experten den Einkauf von Alonso kritisiert haben – zu alt, bei Real ausgemuster u.ä.; auch von der Bundesligakonkurrenz.
Nun erleben wir regelmäßig, daß d i e dominierende Spielerpersönlichkeit bei den Bayern dieser Alonso ist; ein „Gewinn“ für die gesamte Bundesliga und eine Freude für jeden Fußball-Fan!
Also, auch wenn es einem BVB-Fan schwerfällt:
Kompliment an die für den Kauf von Alonso Verantwortlichen bei den Bayern.
Neben dem überdurchschnittlich hohen „Kleingeld“ wird im Spitzenfußball also auch überdurchschnittlich hoher Fußballsachverstand gebraucht.