Es ist Sommer. Man trinkt an lauen Abenden Bier und verachtet die Grünen für ein paar Momente etwas weniger als sonst, weil man im Warmen vor der Kneipe rauchen kann. Kinder jagen sich mit Stöcken in der Hand durch die Parks, grüne Blätter verdecken die gebrauchten Kondome und Spritzen in den Büschen und nur die Hippies sind genauso scheußlich wie im Winter. Unterm Strich also eine gute Zeit, wenn da nicht Urbane Künste Ruhr wäre. Nachdem sie sich von ein paar Jahren schon gemeinsam mit dem Schauspielhaus Bochum bei der Aktion „This is not Detroit“ lächerlich gemacht haben, wurde in diesem Jahr ein neues Projekt gestartet. Es heißt Coop3000. Aber lest selbst:
JAls seien die Bullshitsprache der Gegenwartslinken und die Bullshitsprache des Werbemilieus eine Liaison eingegangen. Das geht dann nahtlos weiter auf der Webseite. Klar, man ist gegen Neoliberalismus, weil sich das irgendwie gehört und auch gut klingt, aber lädt dann Leute wie Tönnis von der GLS ein, die in der Tradition der extrem dummen und reaktionären Lehre Rudolf Steiners steht und gerne Privatschulen und private Kindergärten finanziert, an denen Buchstaben getanzt werden. Und Post Money Utopien gab es immer schon und wird es immer geben. Ein paar Probleme mit diesem blöden Ding, das Wirklichkeit heißt, sorgten bislang dafür, dass es bei beschriebenem Papier blieb. Und Botopia? Ist kaum mehr als ein billiger, gehypter Abklatsch von Bo-Alternativ.
Das Ärgerliche an solchen natürlich vollkommen subventionierten Shows mit pseudorevolutionärem Duktus ist, dass sie immer eine vergebene Chance sind. Denn mit dem Geld hätte man spannendere Sachen machen können. Ich würde mir immer noch wünschen, dass im Ruhrgebiet etwas Neues entsteht, dass man sich mit den Themen dieser Region ernsthaft beschäftigt und sie nicht nur zum Anlass nimmt, irgendwo für irgendwas Geld zu schnorren.
Vielleicht kann man ja hier was mit den Ideen von Armen Avanessian anfangen – wie wärs mal mit Beschleunigung statt den immer gleichen Öko-Kram? Was können wir hier mit den leeren Flächen alles anfangen? Wie sie als Lebens-, Arbeits- und Wachstumsraum nutzen – und bitte mal für alle, die hier leben und nicht nur für ein paar subventionierte Künstler? Wie können wir den lähmenden Paternalismus überwinden, der das Ruhrgebiet prägt? Und wie werden wir mit den Konflikten umgehen, die wir hier haben? Mit der wieder größer gewordenen Bedeutung von Religion, die ja purer gegenaufklärerischer Sprengstoff ist? Und was ist eigentlich mit einer Politik jenseits der geschredderten Identitätslinken?
Ach, was rege ich mich auf. Es ist gutes Wetter, heute Abend trinke ich ein Bier in der Goldkante und bald fahre ich wieder nach Berlin. Die Jungle World wird 20 und auf der Party treffe ich dann viele nette und kluge Menschen.
Wenn ich auf deren Seite schon die Worthülsen "Anteilseigner*innen & Gestalter*innen" lese, muß ich zwar nicht kotzen, habe aber eigentlich schon keine Lust mehr, auch nur eine Zeile weiterzulesen.
Aber dann lese ich am Ende: "Wir werden‘s rausfinden. Mit euch. Oder wie der große praktische Philosoph Michael Schanze nicht müde wurde zu prophezeien: „Ob ihr wirklich richtig steht – seht ihr, wenn das Licht angeht!“ "
Hm. Erstsemester-Teestube? (Damals ja gern auch grammatisch verkehrt als Erstsemester/innen bezeichnet …), Kirchentag, oder Du-wir-müssen-unheimlich-wichtig-mal-über-irgendwas-auch-immer-reden-Gruppe? Zumindest bedeutet das die kindische Verabschiedung jeglicher Rationalitätskriterien.
Selbst die dümmlichen sauertöpfisch politisch korrekten Altstalinisten von bo-alternativ haben da ein wenn auch nur gering höheres Reflexionsniveau!
Es muss Coup2017 heissen.
Was "Urbane Künste Ruhr" macht, interessiert im Ruhrgebiet so gut wie Niemanden.
#3 Arnold
Außerhalb des Ruhrgebietes auch nicht 😉
……Womit alles über "Urbane Künste Ruhr" gesagt ist. 🙂
Der Autor bildet sich eine Meinung über das Projekt ohne eine Veranstaltung von COOP 3000 besucht zu haben oder mit den KünstlerInnen von matthaei & konsorten oder gar mit uns zu sprechen. Das kann man machen. Das ist aber auch wie eine Rezension über ein Buch zu schreiben, von dem man nur den Klappentext gelesen hat. Konstruktive – und vor allem informierte – Kritik ist uns sogar willkommen. Der Autor muss auch nicht nach Berlin fahren, um mit klugen Leuten zu sprechen. Er kann auch zu einer Veranstaltung von Coop 3000 kommen, die von klugen Leuten aus Berlin mit klugen Leuten aus dem Ruhrgebiet entwickelt wurde. Die Einladung steht!
Sorry, aber was ist an den hier zur Debatte stehenden Ankündigungstexten klug? Ich kann es beim besten Willen nicht entdecken.