Burkas und Besoffene

Besoffener und Nijas-Trägerinnen. Besoffene: Foto: Jürgen Sindermann, Bundesarchiv, Nijabträgerinnen: Foto: PaoloNapolitano Beide: CC BY-SA 3.0
Besoffene und Nijab-Trägerinnen. Besoffene: Foto: Jürgen Sindermann, Bundesarchiv, Nijabträgerinnen: Foto: PaoloNapolitano Beide: CC BY-SA 3.0

Gleich ob Burkas oder Nijab – beides sehe ich nicht gerne auf der Straße. Aber im öffentlichen Raum gehören sie ebenso geduldet wie Besoffene. Und ebenso wie bei Besoffenen sollte es Räume geben, in denen sie nicht geduldet werden.

Nein, ich halte weder Burkas noch Hijabs für Zeichen einer offenen Gesellschaft. Ob in Deutschland, Frankreich, Afghanisten oder Saudi Arabien – diese Kleidungsstücke sind Zeichen einer zutiefst reaktionären und autoritären Meinung, die man wie andere Meinungen, wenn man sie überhöhen will, als Religion bezeichnen kann. Und wie bei anderen autoritäre Meinungen oder Ideologien würde ich mich freuen, wenn sie verschwinden würden. Ob ein Nijab freiwillig getragen wird oder nicht, ändert nichts daran, dass er ein Zeichen einer autoritären Ideologie ist. Wird eine Frau gezwungen, so etwas zu tragen, ist es der Job der Polizei das zu beenden. Trägt sie ihn freiwillig, zeigt sie ihre Verachtung für die freie und offene Gesellschaft.

Aber sollte man die Nijab und Burka deswegen verbieten? Ich finde nein. Auch vollkommene Besoffene empfinde ich auf der Straße nicht immer als angenehm, aber mir sind hundert Trunkenbolde noch immer lieber als eine Gesellschaft, die alles verbietet. Auf der Straße muss man Nijabs und Burkas ebenso dulden und ertragen wie zechende Schnappsbrüder, Junkies oder betrunkene Burkaträgerinnen. Fangen wir einmal mit dem Verbieten an, wird so bald nicht Schluss damit sein – Politiker lieben Verbote. Sie kosten nichts und lassen sie immer so handlungsfähig erscheinen.

Aber zum öffentlichen Raum gehören weder Behörden, Schulen oder Gerichte und auch Unternehmen sollten das Recht haben, Nijab-Trägerinnen abzuweisen. Vollkommen betrunken dürfte man kaum eine Kredit bei einer Bank bekommen und in den meisten Geschäften abgewiesen werden. Warum mit Nijabträgerinnen nicht ähnlich verfahren? Wer was von einem Amt will, hat dort nüchtern und mit erkennbarem Gesicht zu erscheinen. Wer in der Schule Platz nehmen will ebenso. Im Park mit den Kumpels ein paar Liter Lambrusco leeren? Feuer frei! Mit den Glaubensbrüdern und Schwestern verhüllt an der Ruhr beten? Viel Spaß.

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kassandro
kassandro
8 Jahre zuvor

Ich bin weitgehend derrselben Meinung. Mit der Burka demonstriert eine Frau zunächst nur die Zugehörigkeit zu einer besonders strengen Form des Islam. Man kann daraus nicht einmal die Ablehnung einer offenen Gesellschaft ableiten. Wenn also das Recht auf freie Meinungsäußerung überhaupt noch etwas wert sein soll, dann kann man die Burka nicht einfach verbieten. Natürlich darf man verlangen, dass eine Frau zu ihrer Identifizierung, wo diese notwendig ist, die Burka ablegt. Auch wenn die Burka wie in der islamischen Welt für Selbstmordanschläge missbraucht werden würde – unter einer Burka kann man sehr viel Sprengstoff verstecken – , wäre ein Burka-Verbot zu rechtfertigen.

nussknacker56
nussknacker56
8 Jahre zuvor

Nein, Stefan Laurin, das sehe ich anders. Ich meine, dass Burkas auch im öffentlichen Raum nichts zu suchen haben. Wir wissen beide, dass es hier nicht um einen Fetzen Stoff geht. Die Burka steht neben der Verachtung der Frau vor allem für eine Verachtung der offenen Gesellschaft.

Wenn wir Ausnahmen zulassen, werden diese unweigerlich zahlreiche Anwendungsfälle finden und die gutgemeinte Absicht wird bis zur Unkenntlichkeit zerlöchert. Was spricht dagegen, generell zu fordern, dass diese Symbole der Menschenverachtung hier nichts zu suchen haben und dass wir darüber hinaus ein deutliches Zeichen dagegen setzen müssen?

Ein Grund für die Verachtung einer freien Gesellschaft sowohl durch deren Feinde als auch durch autoritätshörige Menschen, dem ein wahres Körnchen zugrunde liegt, ist, dass diese sich nicht zu wehren scheint. Dieses Spannungsverhältnis auszuhalten, gehört einerseits zum Wesen einer Demokratie. Andererseits sind wir tatsächlich besoffen von einer falschen und feigen Toleranz. Es ist absurd, was inzwischen alles auf dem Instanzenweg versucht wird einzuklagen – auch deshalb ist es dringend notwendig, dass hier eine klare Kante gezeigt wird. Ich sehe nicht, dass ein Verbot eine Kette von weiteren x-beliebigen Verboten nach sich zieht, sondern es wird uns allen gut tun, zu erleben, dass wir die Grenzen der Toleranz markieren und deren Beachtung einfordern.

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Der "besonders strenge" Islam ist nichts anderes als die Ablehnung der offenen Gesellschaft, so wie die komplette Gesichtsverschleierung nichts anderes als die Ablehnung der offenen Kommunikation ist, kassandro.Aber wer es so mag, der mag es eben so. Ich mags nicht so, weil ich denke, das offene zwischenmenschliche Kommunikation nicht ohne Gesicht zeigen und Gesicht sehen möglich ist.

Gerlinde Gelinde
Gerlinde Gelinde
8 Jahre zuvor

Arnold Voss, ich kann dein Gesicht nicht sehen. Ich fühle mich gerade sehr unwohl.

stephan bihs
stephan bihs
8 Jahre zuvor

ihr habt es doch selber endlich mal öffentlich geschrieben und begriffen,wofür dieser umhang steht.doch ja keine konsequente meinung vertreten,schön das liberale pc hintertürchen offen halten…denkt ihr,wenn es kein generelles verbot gibt,die ziehen das teil freiwillig aus/vom kopp wenn sie in die schule/aufs amt gehen? och…hier darf ich…hier darf ich nicht…. und nein,es sind eben keine nikolaus-verkleidungen,wo es dann umsonst schokolade gibt. und genau darum geht es ja im endeffekt.es wird mit dieser kleidung nix,aber auch gar nix positives verdeutlicht. ein kopftuch z.b.-hier jetzt als religöses modeaccessoire gewertet- hat doch schon gleich eine ganz andere aussage.zwar immer noch doofe religion,doch eben wahrscheinlich weitaus weltlicherer natur. da ihr ja selber ein dermaßen törichtes beispiel ins feld geworfen habt,möchte ich es mal versuchen für eure zielgruppe ebenso zu verdeutlichen: ein frei.wild shirt kann man nicht verbieten,doch ein verfassungsschutz,quatsch,sorry….ein NSU bekenner shirt schon! diese brd wird vom bundesverfassungsgericht als eine wehrhafte demokratie bezeichnet.deswegen gibt es auch partei-verbote. es gibt da wahrlich andere verbote und verordnungen,welche eher zur grundsatzdebatte herhalten sollten. ich würde mich nur wiederholen,daher möchte ich mit den worten eines sehr weisen,kompetenten,würdevollen mannes, der sich der freiheit und liberalität verdient gemacht hat,enden: Leider haben es die ruhrbarone nie gelernt zwischen Visonen, Illusionen und der realität zu unterscheiden…

stephan bihs
stephan bihs
8 Jahre zuvor

kleiner nachtrag: kleidung,fahnen,selbst schuhe usw. werden juristisch auf demos/treffen im öffentlichen raum von pkk,extremen rechten,rockergruppen wie ´81er und mongols usw. verboten (in deutschland). das wird auch durchgezogen,auch alles keine symphatieträger (pkk mal ausgenommen für mich). verbote helfen nicht den geist zu ändern,nennt es eine verzweiflungstat,jedoch muß eine gesellschaft die möglichkeit haben zu reagieren wenn die anzahl von GEFÄHRLICHEN IRREN zu hoch wird.. ihr mögt ja diese unsinnigen vergleiche,daher hab ich noch einen: wenn du im verkehr keinen helm aufhast,oder nicht angeschnallt bist-mußt du ein bußgeld zahlen. der eigentliche grund für dieses faschistische,totalitäre verhalten ist: deine eigene gesundheit 😉

mek
mek
8 Jahre zuvor

Sollte man sich der Frage wirklich so nähern? Ich beispielsweise habe nicht das Geringste gegen Betrunkene in der Öffentlichkeit, halte aber Burschenschafter, Schützenvereinsmitglieder, Nazishools, Priester, Ordnungsdienste, Videokameras, Raucherbereiche und etliches mehr um mich herum im Alltag und "öffentlichen Raum" nicht für Insignien einer "offenen Gesellschaft". Fragte man x-beliebige weitere Individuen, gäbe es wohl Schnittmengen, einiges andere fiele heraus. Die fiese Schwierigkeit ist ja gerade, dass bei Normierungen etwas generell- abstrakt vom Individuum ( oder eben darüber hinweg) auf "die Gesellschaft" hochabstrahiert wird. Nähert man sich der Frage über die angedachte Intention und den in Rede stehenden Schutzzweck, also Reglementierung, Restriktion, Sicherheitserwägungen, behälst du, Stefan, vermutlich recht mit den Befürchtungen, das könnten kleine Dammbrüche sein. Näherte man sich der Frage über die inhaltliche Wirkung, kann man das vermutlich erst in der Retrospektive beurteilen. Bliebe noch das "ernsthaft Inhaltliche", der Gegenstand: Wir reden hier über nicht mehr und nicht weniger, als das Bannen einer archaischen Kleiderordnung, die (auch) "in der Öffentlichkeit" Unterdrückung, Diskriminierung, Menschen-, insbesondere Frauenverachtung, totale Unterwerfung, Ungleichbehandlung, Entindividualisierung, totale Verwertbarkeit und Unfreiheit in jedem denkbaren Sinne manifestiert, propagiert, verteidigt und befördert, über eine Einstellung, die bereits in Habitus und Attitüde so ziemlich alles mit Füßen tritt, was eine "offene Gesellschaft" ausmachen könnte. (Auch) diese bedient sich zu ihrem Schutze relativ regelmäßig, weitestgehend unskandalisiert, der rechtlichen Reglementierung. (Nur ein Individuum, dass beispiesweise für sich in Anspruch nähme, "rot sei das neue grün" richtete auf öffentlichen Straßen Massaker an, kein Mensch käme auf den Gedanken, zu proklamieren, die "offene Gesellschaft müsste aushalten können, wenn sie derart angegangen wird.). Man sieht das Problem fast vor lauter relativierender Argumente nicht mehr. Nochmal eine Ebene höher abstrahiert – und das scheint mir das eigentlich Interessante – scheinen wir hierzulande in einem der wenigen Teile der Welt zu leben, in dem Frauen so ein Verbot nicht bejubeln, sich die symbolträchtige Verhüllung ausziehen und sie vor Freude " im öffentlichen Raum" einäschern. Solche Überlegungen könnten vielleicht ebenfalls eine Rolle spielen, wenn die Möglichkeit besteht, dass aus den falschen Gründen vielleicht "das Richtige" erwogen wird.Und sollte die Annahme korrekt sein, dass die Dinger trotzdem anbehalten und eventuelle Bußgelder bezahlt werden, wäre ja auch das Verbot "nur" ein statement mit mehr oder weniger Symbolwirkung. Ich fände, ein Richtiges.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@#2 nussknacker56:
"Was spricht dagegen, generell zu fordern, dass diese Symbole der Menschenverachtung hier nichts zu suchen haben und dass wir darüber hinaus ein deutliches Zeichen dagegen setzen müssen?"

Unsere Verfassung, vielleicht? Und das mit dem unentschuldbaren Anspruch, "deutliche Zeichen dagegen" nicht mittels polizeistaatlicher Methoden durchsetzen zu müssen? Wir haben ausreichend Gesetze auf Länderebene, um selbst Laurin'sche Ansprüche hinreichend zu befriedigen.

@#5 stephan bihs: Bitte was?

walterwhite
walterwhite
8 Jahre zuvor

Leider absolut nicht vergleichbar, lieber Autor.

Das Alkoholisiertsein im öffentlichen Raum ist eine Entscheidung, die keinen religiösen oder moralischen Hintergrund hat. Es ist somit nicht schützenswert, aber zu akzeptieren, solange dadurch kein Schaden an Unbeteiligten entsteht.

Eine Burka hingegen ist Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer Religion und damit wichtiger Bestandteil der individuellen Identität der Trägerin. Es handelt sich dabei also um viel mehr als ein Stück Stoff.

Dass der Vergleich völlig misslingt, zeigt das Beispiel mit dem Kredit: der Grund dafür, dass Betrunkene keinen Kredit erhalten, ist, weil sie nicht zurechnungsfähig sind und somit davon ausgegangen wird, dass sie die Konsequenzen ihrer trunkenen Entscheidungen nicht abschätzen können. Eine Frau mit Burka hingegen hat keine solchen Einschränkungen. Abgesehen von Zwecken der Identifizierung gibt es daher meines Erachtens keinen Grund, einer burkatragenden Person einen Kredit zu verweigern.

Solche Artikel sind gefährlich und Wind im Segel der Rechten.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@#10: Alkoholikern ist der "Ausdruck ihrer Persönlichkeit" scheißegal. Sie sind aus *medizinischer* Sicht suchtkrank.

Der in den Medien z.Zt. kursierende "Hinweis" auf Nonnen am Strand (http://www.sueddeutsche.de/panorama/burkini-diskussion-imam-postet-bild-von-nonnen-am-strand-facebook-sperrt-account-1.3129510) ist so falsch nicht, wenn auch heute noch sich ansonsten "weltoffen" gebende Kleriker auf den "Muff unter den Talaren" stehen.

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

@walterwhite, wir haben alle über Jahrzehnte hinweg zu bestimmten sichtlich negativen Entwicklungen nichts gesagt, weil wir geglaubt haben, daß das den Rechten nützen könnte, obwohl wir eigentlich etwas hätten sagen sollen. Der Erfolg war, daß die Rechten auch ohne uns genügend Wind in den Segeln hatten. Da, wo Parallelgesellschaften entstanden sind, reicht die Faktenlage offenbar auch ohne unsere Beredsamkeit aus, um den Rechten "Wind in die Segel" zu blasen.
Ich fühle mich jedenfalls nicht dafür verantwortlich, daß die herausgefunden haben, woher sie Wind bekommen können.
Deshalb glaube ich nicht mehr an der These, daß wir überhaupt Wind in die Segel der Rechten blasen könnten.
Vielleicht ist es sogar so, daß die Rechten weniger Wind in den Segeln hätten, wenn wir das, was gesagt werden müßte, selber sagen würden. Abgesehen davon ist es ziemlich vereinfachend und platt, wenn die Rechten etwas sagen. Denen fehlt das Wollen, differenziert zu argumentieren. Nur, wenn wir den Rechten alle Felder überlassen, müssen wir uns nicht wundern, wenn die diese Felder mit ihrem undifferenzierten menschenverachtenden Sermon füllen, und es dann schwierig ist, dagegen anzugehen.
Das bedeutet aber nicht, daß ich damit sagen will, daß ich zum jetzigen Zeitpunkt für ein Burkaverbot bin, sondern nur, daß eine derartige Diskussion nicht schon deshalb unzulässig ist, weil sie den Rechten helfen würde. Wer das nämlich weiß, was den Rechten hilft, hätte das schon viel früher mal sagen sollen. Hat er aber nicht, denn das, was ich immer gehört hatte, haben wir alles gemacht, hat aber nichts geholfen.

Christiane Dorsch
Christiane Dorsch
8 Jahre zuvor

Wahnsinn, wie progressive Kreise nun eiligst versuchen Kleidervorschriften zu etablieren welche nur sehr wenige praktische Fälle betreffen, denn selbst hier in Berlin sah ich den Nijab erst zwei oder dreimal in sechzehn Jahren. Und obwohl ich darin kein Zeichen weiblicher Selbstbestimmung erkennen kann- ebensowenig, wie in einer Nonnentracht- obwohl ich Befremden bis hin zur Angst bei diesem Anblick verspüre reagieren Frauen in meinem Bekanntenkreis mit"islamischen"Wurzeln bisweilen empört auf die Verbotsforderung. Frauen, die in ihrem Alltag sexy bauchfrei, aufreizend geschminkt und mit sündiger Lockenmähne durch die Weltgeschichte flirten.
Dabei wissen wir ja einerseits, das christlicher Fundamentalismus auf dem Vormarsch ist und das Kruzifix noch immer in manch bayerischer Schule hängt, ein Verbot also herzlich wenig nützt. Und wer käme darauf das Tragen einer Kippa verbieten zu wollen?All das Symbole religiöser Eingebundenheit.
Mir persönlich ist schon ein Kopftuch zu viel. Kirchenglocken nerven mich."Wachturm"-Verteiler empfinde ich als ähnlich bedrohlich wie drei Junkies, die ihren Deal in aller Öffentlichkeit abwickeln, von besoffenen Vatertagsfeiernden mal ganz zu schweigen!
Doch wem nützen Verbote?Und- wen stoßen sie ab?"Je suis charlie"als Kampagne gibt da ein Beispiel. Wieviele Menschen bewältigen ihren Alltag durch praktizierte Satire?Kaum wer. Aber wie viele identifizieren sich mit Sartirikern wenn diese angegriffen werden?Jede Menge.
In der Praxis wird eine vermummungsähnliche Verschleierung im Alltag Europas wenig Raum einnehmen, bei Behörden schonmal garnicht. Ja, unser Passgesetz das biometrische Fotos vorschreibt stellt ja schon ein winziges kleines Burkaverbot dar. Der Solidarität unter derart"Verfolgten"sollte der Gesetzgeber hier nicht nicht auch noch Vorschub leisten.

discipulussenecae
discipulussenecae
8 Jahre zuvor

@ #7 mek:

… halte aber Burschenschafter, Schützenvereinsmitglieder, Nazishools, Priester, Ordnungsdienste, Videokameras, Raucherbereiche und etliches mehr um mich herum im Alltag und "öffentlichen Raum" nicht für Insignien einer "offenen Gesellschaft".

Billiger Kalender-Abreißblatt-Antiklerikalismus, der im vorgeblichen Gewand der Aufklärung dahergeht, hat mich schon immer angewidert!

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
8 Jahre zuvor

Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust.
Die eine will dem Autor zustimmen.
Wie schon an anderer Stelle festgestellt ist (Voll- )Verschleierung auch Punk.
Außerdem – die paar Dusseldiere, die bisher im Sack stecken ließen sich locker händeln. Die Vollverschleierte Frau ist insbesondere genau da wo die Sitte herstammt keine Person des öffentlichen Raums und nur bedingt geschäftsfähig. Dem kann man doch nachkommen, eine Behandlung gemäß §106BGB würde dem Fummel schon den Sexappeal nehmen.

Die zweite ist pingeliger.
Vollverschleierung ist eben auch Ausdruck einer Islamschule, der die Bevölkerung in Herren- und Untermenschen einteilt. Nämlich in Herrenmenschen, die dieser speziellen Islamlehre anhängen, und Untermenschen, die ihr nicht folgen – egal ob Muslim oder nicht (Muslime werden eher noch strenger, nämich als Verräter wahrgenommen). Wer mit der Burka klarkommt, der sollte auch schwarze Uniformen und Swastika ertragen können.

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

@Wolfram, nachdenkenswert! Ja, so meinte ich das, mit diskutieren dürfen und sogar müssen.
Ich habe bisher auch noch keine abschließende Meinung gefunden. Auch für mich eine Zwei- seelenfrage.

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

@ Gerlinde # 4

Ich will dein Gesicht nicht sehen und fühle mich dabei pudelwohl. 🙂

Kann es sein, dass du nur über eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Kommunikation verfügst?

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Eine Burka ist keine Maske, weil letztere schon von ihrem Sinn her wieder abgenommen werden soll. Sie ist im eigentlichen Sinne auch keine Verschleierung, weil Schleier bei entsprechender Gelegenheit dazu da sind, gelüftet zu werden. Eine Burka dient dagegen dem systematischen, ausnahmslosen und dauerhaften Verbergen des Gesichtes. Sie ist deswegen nicht mal ein Be- oder Verkleidungsstück, sondern eine selbst oder fremd auferlegte Kommunikationsbehinderung, und genau darum geht es auch in ihrem religiösen Sinne. Oder hat schon Jemand einen streng islamischen Mann in der Öffentlichkeit eine Burka tragen sehen?

kE
kE
8 Jahre zuvor

Der Vergleich passt aus meiner Sicht nicht.

Von der arabischen Halbinsel kannte ich Bilder von mehreren Frauen, die ihrem Mann folgen und eigentlich nicht identifizierbar sind, da die Konturen komplett durch Stoff verdeckt waren. In den ersten Tagen irritiert das, danach ist es kein Problem. Andere Länder, andere Sitten und ein gutes Beispiel dafür, die Zelte auch weiterhin in Deutschland aufzuschlagen.

Vor einigen Jahren hatte ich dann in der Dortmunder Nordstadt beim Autofahren etwas Außergewöhnliches entdeckt, das meine Aufmerksamkeit auf den Straßenrand zog. Es bewegte sich schwarzer Stoff. Es muss sich offensichtlich um eine Frau mit Kind gehandelt haben. Leider war dies durch den Stoff kaum erkennbar. Ähnliche Effekte erzielen auch die langen dunklen Mäntel mit Kopftuch. Von hinten ist es oft kaum erkennbar, wie viele Personen sich bewegen.

Mich irritiert dies. Ich mag es, die Sonne und den Wind auf der Haut zu spüren. Für mich ist dies Freiheit. Ich kann mir nicht vorstellen, die Welt nur unter viel Stoff zu erleben.

Was denken die Kinder dieser Frauen?

Eine Vollverdeckung ist sicherlich nicht immer Zeichen von Unterdrückung. Ich habe in Frankreich verdeckte Frauen erlebt, die ihren Mann öffentlich über mehre Minuten beschimpft haben. Das war eine interessante Erfahrung.

Dennoch ist für mich eine Grenze erreicht, wenn durch Kleidung eine extreme Abschottung insbesondere des Gesichts erreicht wird. Bei eisigen Temperaturen oder starker Sonnenstrahlung, macht es Sinn, sein Gesicht zu schützen. In der Wüste tragen fast alle Kopftuch oder eine andere Kopfbedeckung und schützen ihr Gesicht. Bei uns ist das fast nie der Fall. Deshalb ist für mich hier eine Grenze erreicht, bei der ich auch ein Eingreifen des Staats für sinnvoll halte.

FKK in der Fußgängerzone geht ja auch nicht. Warum eigentlich?

Insgesamt hat mich die bspw. die Aktion iranischer Männer, die Kopftuch tragen, imponiert.
http://www.bild.de/politik/ausland/frauenrechte/warum-maenner-kopftuch-tragen-47081448.bild.html

Es wird interessant, ob es auch hier Nachfolger gibt oder ob bspw. Pastafaris öfter in Schulen ihr Outfit zeigen.

nussknacker56
nussknacker56
8 Jahre zuvor

#19
Arnold Voss, sehr schöner Einwurf.
Vielleicht sollte das Tragen einer Burka akzeptiert werden, wenn der zugehörige Ehegatte seine Visage ebenfalls unter einer solchen versteckt. Ich glaube, damit wäre das Problem gelöst.

mek
mek
8 Jahre zuvor

#15
Was nun männerbündische Seilschaften, deutschtümelnd vereinsmeiernde Ballerbrüder (und – Schwestern), privater Wachdienst der Marke "Böcke zu Gärtnern", Videoüberwachung in der Öffentlichkeit, gelbe Rauchercareés auf Bahnhöfen und unappetitliche Gesinnungsidioten in einer recht willkürlichen Aufzählung pars pro toto – die überdies nichts weiter als den Zweck hatte, zu illustrieren, für wie überaus willkürlich ich derlei individuelle Befindlichkeitsaufzählungen halte – mit " Antiklerikalismus" zu tun haben sollte, verdunkelt sich mir derzeit noch. Ich bäte diesbezüglich um billig und gerechte Aufklärung, in was für einem Gewand auch immer sie daherkommen möge.

#11 #12 Wo plötzlich diese "Alkoholiker" herkommen, wenn eben noch von "Betrunkenen" die Schreibe war, bleibt ebenfalls rätselhaft.

Nansy
Nansy
8 Jahre zuvor

Ich zitiere mal aus einem Artikel in "Novo" wie Habermas Öffentlichkeit definiert hat: „Eine Öffentlichkeit von der angebbare Gruppen eo ipso ausgeschlossen wären, ist nicht etwa nur unvollständig, sie ist viel mehr gar keine Öffentlichkeit.“
Öffentlichkeit wird unter dem Primat der Eindämmung sozial unerwünschten Verhaltens immer mehr ausgehölt. Trinkverbote, alkoholfreie Zonen, Lizenzierung von Straßenmusikanten, veränderte Sperrstunden, Videoüberwachung und jetzt die irritierende Diskussion um Nijab- und Burka-Verbote in der Öffentlichkeit. Stefan Laurin hat mit seinem "verkürzten" Vergleich mit Besoffenen in der Öffentlichkeit den Nagel auf den Kopf getroffen. Menschen mit bestimmten ungern gesehenen Verhaltensweisen sollen aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. Mir gefallen zum Beispiel neben der Burka auch keine Jogginghosen-Träger (von solchen aus Ballonseite gar nicht erst zu reden). Deshalb werde ich aber mein ästhetisches Empfinden nicht zum Ausgangspunkt für Verbote machen. Ich könnte dem Jogginghosen-Träger sogar asoziales Verhalten unterstellen.
Nijab- und Burka-Trägerinnen unterstellt man außerdem, herrschende ethische und soziale Anschauungen bewusst zu ignorieren oder zu unterwandern.

Vollverschleierung hat in Behörden, Schulen und auch (je nach Anforderungen) bei bestimmten Unternehmen nichts zu suchen – aber das habe ich eigentlich für selbstverständlich gehalten. Alles andere dient nur der Beschwichtigung von Gefühlen des Unwohlseins der "Normalbevölkerung" gegenüber Menschen mit anderen Religions- oder Weltanschauungen…..

TuxDerPinguin
TuxDerPinguin
8 Jahre zuvor

Bevor's verboten wird habe ich mich mal mit Burkas eingedeckt. Super geeignet für meine SM-Partnerinnen, Menschen mit Hautproblemen oder Verbrennungen, Sonnen-Allergien und ähnliches.

Schön, dass viele – natürlich im Namen der Frauenrechte – Frauen vorschreiben wollen, was sie tragen sollen. Am besten noch obligatorisch einführen, dass jede Frau mindestens einmal abtreiben und mindestens einmal eine gleichgeschlechtliche sexuelle Erfahrung gemacht haben muss. Nur so kann man ja sichergehen, dass das nicht geheime Wünschen der Frauen sind, sie aber unterdrückt werden, diese auszuleben. Am besten noch Hausarbeit und Kochen für Frauen verbieten, um Frauen vor Macho-Ehemännern zu schützen.

Ein Verbot der Burka ist dasselbe wie in Teilen Irans und Syriens die Pflicht, Burka zu tragen. Man greift in die freie Willensentscheidung ein und fordert Kleidung nach den eigenen Moralvorstellungen.

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

@ Nansy # 23

Das Tragen einer Burka ist der Selbstausschluss aus der Öffentlichkeit, Nansy. Öffentlichkeit ist auch Teilhabe durch spontane Kommunikation. Wem dies erschwert wird, dem wird dauch diese Art der Teilhabe an der Öffentlichkeit erschwert, und genau darum geht es bei der religiös begründeten Burkapflicht für Frauen: um ihren Ausschluss aus der männlichen Öffentlichkeit.

Wenn eine Frau das von sich aus so will, wenn es also nicht um eine von außen gesetzte Pflicht geht, dann ändert das jedoch nichts an der Tatsache des Selbstausschlusses aus der Öffentlichkeit. Wer in der Öffentlichkeit dauerhaft und ausnahmslos nicht kommunzieren will, bzw. die Kommunikation auf das im äußersten Fall Notwendige reduziert, der will für sich selbst keine Öffentlichkeit. Der will sich einfach nur außerhäuslich komplett verschleiert bewegen. Das ist sein/ihr gutes Recht, hat aber mit demokratischer Öffentlichkeit im Habermasschen Sinn rein garnichts zu tun.

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

@ TuxDerPinguin # 24

Die Pflicht sein Gesicht zu verhüllen ist nicht das gleiche wie das Verbot, sein Gesicht zu verhüllen. Ein Gesicht ist nicht irgendein Körperteil und die Burka ist nicht irgendein Kleidungsstück. Wenn überhaupt, ist sie ein V e r kleidungsstück, das dem Menschen einen wesentlichen Teil seiner kommunikativen Ausdrucksmöglichkeiten nimmt: sein Gesicht. Einfach mal eine Woche permanent tragen und sich dann fragen. ob die Pflicht sie für immer weiter zu tragen das gleiche ist, wie das Verbot sie je wieder (in der Öffentlichkeit) zu tragen.

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Ist mir kürzlich passiert.
Eine Frau im Tschador geht mit etwa 5-jähriger Tochter an der Hand und vielleicht 3-jährigem Sohn durch die kleine Stadt. Sie ruft den Sohn, der stehengeblieben ist und sich interessiert Schnecken anguckt, die auf einer niedrigen Mauer entlang kriechen: Die Mutter bleibt stehen und ruft: "Komm Selim, laß die Schnecken, wir müssen weiter". Selim hört nicht, er hat eine Schnecke in der Hand, und guckt sie wirklich interessiert an. Die Mutter ruft Selim ein zweites mal zu sich. Meine Frau und ich kommen zufällig vorbei und ich sage zu Selim, "Selim, deine Mutter hat dich gerufen. Selim sieht mich zwar nicht an, geht aber dann doch zu seiner Mutter. Ich guck der Mutter ins Gesicht und lächle. Normalerweise lächelt eine Mutter dann irgendwie, meist freundlich zurück. Die Tschadormutter sieht durch mich hindurch. Das ist mir in ähnlicher Situation in den letzten Monaten bereits zweimal genau so passiert. Jetzt weiß ich nicht einmal, ob ich etwas gemacht habe, was sich nicht gehört, vermute aber daß Kontakt einfach nicht erwünscht sein wird.
Natürlich werde ich nicht noch einmal so reagieren. Aber über Ausgrenzung oder nicht Ausgrenzung habe ich mir insofern ein Bild gemacht, daß von diesen Tschadorfrauen kein Kontakt, und sei er noch so flüchtig und harmlos, gewünscht wird.
Es handelt sich eindeutig um einen Selbstausschluß in der Öffentlichkeit, den ich mir aber nicht zum Vorwurf machen lassen werde. Die wollen einfach keinen Kontakt, und wenn jemand über Integrationswillen, oder den Mangel daran, diskutieren will, sollte er (sie) mal probeweise in ähnlicher Situation mein Experiment, das eigentlich gar keines war, ausprobieren. Kann ja sein, daß mein Lächeln einfach nur nicht freundlich genug war, und bei jemand anderen die Mutter sagt, " dem Selim muß man alles mehrfach sagen". So wäre das bei europäischen Frauen vermutlich gelaufen.

Nansy
Nansy
8 Jahre zuvor

@ Arnold Voss # 25

Öffentlichkeit soll Raum für Kommunikation bieten, es gibt aber keinen Zwang zur Kommunikation! Ob nun Kleidung von einigen als Ausdruck des nicht kommunzieren wollens gedeutet wird, oder ob ich durch meinen unfreundlichen Gesichtsausdruck oder durch mein Verhalten das gleiche ausdrücke, spielt keine Rolle.
Nochmal, Öffentlichkeit muss möglich sein – aus welchen Motiven auch immer – es gibt aber keinen Zwang so zu agieren, wie manche es sich wünschen. Alles andere bedeutet nur, Menschen mit bestimmten ungern gesehenen Verhaltensweisen aus dem öffentlichen Raum verbannen zu wollen.

Wolfram Obermanns
Wolfram Obermanns
8 Jahre zuvor

"Nijab- und Burka-Trägerinnen unterstellt man außerdem, herrschende ethische und soziale Anschauungen bewusst zu ignorieren oder zu unterwandern."
Mit "unterstellen" wäre ich vorsichtiger.
Nicht jedes dumme Blag, daß ein Hakenkreuz an die Wand schmiert, ist ein verkappter Nazi.
Selbst mache Neonazis haben herzlich wenig Ahnung von der Ideologie der Nazis.

Nicht jedes dumme Gör, daß eine Burka trägt, ist Islamistin, vielleicht macht es nur in Bürgerschreck.
Nicht jede Frau in Burka ist Islamistin, obwohl gerade dann Defizite bei den Korankenntnissen unabdingbare Voraussetzung sind.
Das ändert aber alles nichts daran, daß es Islamisten sind, die das Tragen der Burka verlangen.
Teil deren Doktrin ist die Geschlechtertrennung.
Teil deren Doktrin ist, die anderen Muslime sind gar keine richtigen Muslimen, sondern Verräter am wahren Glauben.
Teil deren Doktrin ist, die Buchvölker können bestenfalls einen Dhimmistatus beanspruchen.
Teil deren Doktrin ist, alle anderen irgendwie Ungläubigen sind Freiwild.
Wenn es also besser läuft ist man Bürger zweiter Klasse, wenn es etwas schlechter läuft,ist man Sklave, wie auf den WM-Baustellen, und wenn es sortenrein läuft, hat man Zustände wie in Syrien.
Wer also keine Probleme mit dem Dresscode einer islamofaschistoiden Strömung (Muhammad Sameer Murtaza) hat, sollte auch nichts gegen Neonaziaufmärsche haben.
(Übrigens: wer sich mal bei Facebook ein wenig in den jeweiligen Szenen tummelt, wird feststellen, wie häufig die selben Quellen zitiert werden. Die gemeinsamen Feindbilder sind Juden, Demokratie, freie Presse und alle anderen außer einem selbst natürlich – vulgo Herrenmenschenattitüde, beim letzten hakt es allerdings (noch) ein bißchen mit der Gemeinsamkeit.)

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

@ Nansy # 28

Von Kommunikationszwang habe ich nichts geschrieben. Öffentlichkeit ist aber keine Einbahnstraße, dh. sie lebt von der Bereitschaft zur wechselseitigen Kommunikation. Wenn Niemand öffentliche kommunizieren will, gibt es keine Öffentlichkeit (mehr), ja nicht einmal die Diskussion darüber, ob ich damit recht habe oder nicht. Stattdessen gibt es nur noch Menschen die sich außerhalb ihres privaten Bereichs bewegen, um frische Luft zu schnappen und/oder außerhäuslich Notwendiges zu erledigen und die dabei jede sonstige menschliche Begegnung vermeiden. Damit allerdings gibt es dann auch keinen öffentlichen Raum mehr, sondern nur noch Draußen und Drinnen und die Burka für Jederman sorgt dafür, dass man sich auch noch draußen wie drinnen fühlen kann. Mag sein, dass das irgendwann auch alle freiwillig so wollen. Mir allerdings gruselt es bei dieser Vorstellung. Dir nicht, Nansy?

Arnold Voss
8 Jahre zuvor

Hier ein schräger Selbsttest von Broder auf dem Oktoberfest, bei dem es auch um das Verhältnis von Burkas und Besoffenen geht:

Helmut Junge
Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Klasse! Der Selbsttest. Sehr aufschlußreich.

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