Rechtsreferendare werden in Nordrhein-Westfalen in allen Teilen der Verwaltung eingesetzt. Sie haben Einblick in private Daten der Bürger und sitzen bei Gericht mit am Tisch. Ob Neonazis oder Salafisten unter ihnen sind, prüft niemand.
Michael Brück ist stellvertretender Landesvorsitzender der Nazi-Partei Die Rechte. Er ist Besitzer des Nazi-Shops antisem.it, er leitete Demonstrationen, auf denen gegen Anne Frank gehetzt wurde und das NSU-Opfer Mehmet Kubasik verhöhnt wird. Aber Michael Brück hat auch einen Beruf: Wenn er gerade einmal nicht für die Abschaffung der Demokratie kämpft, studiert der Dortmunder Jura an der Ruhr-Universität im benachbarten Bochum. Und in ein paar Jahren, wenn Brück sein erstes Staatsexamen abgelegt hat, wird er sein Rechtsreferendariat antreten. Er wird zwei Jahre lang bei Gerichten Zivil- und Strafsachen bearbeiten, in der Verwaltung einer Stadt oder eines Kreises arbeiten und bei einem Anwalt.
Neonazi Brück ist kein Einzelfall: Mit Sascha Krolzig, Vorsitzender von Die Rechte in Hamm, studiert mindestens ein weiterer Rechtsradikaler zur Zeit Jura an der Uni-Bielefeld. Auch Salafisten und Anhänger Stalins können sich unter den Jurastudenten befinden und als Rechtsreferendare Zugang zu sensiblen Daten jeder Art bekommen.
Rechtsreferendare sollen in ihrer Ausbildung Erfahrungen sammeln. Je nachdem, wo sie eingesetzt werden, erhalten sie Einblicke in vertrauliche Unterlagen: In Ministerien könnten sie Informationen über die Trinkwasserversorgung oder Katastrophenschutzpläne erhalten. In Stadtverwaltungen kommen sie an die Adressen ihrer Gegner und können Gewerbesteuerunterlagen einsehen. Bei Gericht oder in der Staatsanwaltschaft erhalten sie Einblick in Gerichtsakten und polizeiliche Führungszeugnisse.