
Als ich ein kleiner Junge war, stand ich jedes Wochenende sehr früh auf und schaute viele Stunden lang Zeichentrickfilme – oft bis in den späten Vormittag hinein. Es ging meist um Superhelden in diesen Filmen und die Geschichten waren oft abstrus. Die Protagonisten reisten in andere Welten jenseits unseres Sonnensystems, sprangen in parallele Dimensionen und Zeitreisen waren an der Tagesordung. Von unserem Gastautor Nicolas von Lettow-Vorbeck.
Heute bin ich 28 Jahre alt, habe viele Bücher über naturwissenschaftliche Gesetze gelesen und dabei meinen Glauben an Superhelden verloren. An Zeitreisen glaube ich trotzdem, denn an besonderen Orten kann man durch ein Portal gehen und rückwärts in der Zeit reisen. Das Museum für Naturkunde Dortmund ist ein solches Zeitportal. Dort kann in die Vergangenheit gereist werden: in die eigene, in die des Museums und in die der Erdgeschichte. Ich bin bekennender Nostalgiker, deshalb liebe ich diese Institution und komme immer dann hierher, wenn ich eine Auszeit brauche von der hektischen, schnelllebigen und oberflächlichen Welt da draußen. Dieser Ort, der scheinbar von der Zeit vergessen wurde, ist mein persönliches Refugium, mein Fluchtort, an dem ich mich unsichtbar wähne im immer dichter werdenden Netz der digitalen Welt. Schon in der weiträumigen, lichtdurchfluteten Eingangshalle begrüßen mich zwei alte Bekannte aus meiner eigenen und zugleich der erdgeschichtlichen Vergangenheit: Es sind der Leguansaurier Iguanodon und der Hornsaurier Styracosaurus. Die beiden prähistorischen Tiere haben hier ihren Platz seit der Eröffnung des Baus im Mai 1980. Begeistert laufe ich um meine alten Freunde aus Kindertagen herum, berühre ihre schuppige Kunststoffhaut und stelle mich dann direkt unter den zweibeinigen Pflanzenfresser Iguanodon. Ich blicke zu der prähistorischen Kreatur hinauf. Aus diesem Winkel wirkt sie wie Godzilla in einem billigen, japanischen Horrorfilm. Mein heutiger Streifzug durch das Museum beginnt in der unteren Etage, die der aktuellen Vielfalt des Lebens auf der Welt gewidmet ist. Eine ungeheure Tiervielfalt ist vertreten. Fast alles hier ist mausetotes Leben, das aber auf das Schönste präpariert worden ist. Zusätzlich existieren äußerst vitale Museumsinsassen. Hinter dünnen Glasscheiben kann man das fleißige Treiben eines Bienenvolks verfolgen, die perfekte Tarnung der Stabschrecken bewundern, die raschen Aktivitäten eines Riesentausendfüßlers bestaunen und die