Putinistische Matrojschkas oder die ausgesessene Generation – Thomas Wendrichs Debütroman „Eine Rose für Putin“. Von unserem Gastautor Daniel Kasselmann.
Der Drehbuchautor Johann Stadt hat sich mit seinem Regisseur M. zur gemeinsamen Schreibklausur in ein Landhaus in der Uckermark zurückgezogen. Hier möchten sie einen historischen Stoff – einen ungeklärten Kindsraub 1985 in Dresden – zur Produktionsreife entwickeln. Je weiter die Arbeit am Drehbuch produktiv voranschreitet, desto mehr gerät die anfangs normale Umgebung aus den Fugen; nächtliche Schüsse aus einem russischen Revolver, eine junge Frau, die sich zwar nicht als das damals geraubte Kind entpuppt, aber nach ihrem Auftritt im russischen TV trotzdem unter mysteriösen Umständen umkommt, zunehmende Russenparanoia der Autoren, ein Kommissar, der gleichermaßen im Damals und Jetzt ermittelt, eigenartige Briefe der Mutter und noch rätselhaftere der Großmutter, sowie eine Postbotin, die an eine Matrjoschka erinnert, nebst einem verrückten Professor, der aus seiner ehemaligen Atomforschung nach der Wende ein Alzheimer-Diagnostik-Verfahren und gute Kontakte zu Wladimir Putin entwickelt hat. Das sind nur einige der immer mysteriöser und surrealer
Wer Ekamina nicht kennt, hat die letzten Jahre kulturell wirklich was verpasst. Der echte Geheimtip der Dortmunder Kulturszene strickt unermüdlich ein feines Programm aus Poetry und Musik. Veranstaltet wird das ganze in dem Lokal „Sissikingkong“ – unweit des Dortmunder Hafens. In einer Woche ist es wieder so weit. Ein Doppelkonzert wird am kommenden Donnerstag, den 05. März 2015, Ohren und Herz erfreuen. Den Austritt teilen sich die Bands endoplasmatisch und I Am The River.
Endoplasmatisch erinnert an die Hamburger Schule: „Nachdenkliche, bisweilen sogar leicht spröde zu nennende Texte werden dabei von rockigen Grooves auf feine Harmonien getragen. Tiefgang und Liebe zum Detail sind dabei zu jeder Zeit spür- und hörbar“ kündigt Veranstalter Martini (Wolfgang Kienast) die Band an. Sie selbst sagen über sich: Wie sind eine pilgernde Band aus Dortmund. Und fragen „Können knapp neunzig gespielte Auftritte in sieben Jahren mehr als nur ein Indiz für Leidenschaft sein?“ Die Frage muss man mit „Ja“ beantworten.
I Am The River ist eine Band aus vier Jungs, die mit Indie-Rock eher an die Westküste der USA erinnern, als an das Ruhrgebiet. Klavier-getragene Stücke wechseln sich mit Powerpop-Songs ab. Wer vor dem Konzert Hunger hat, sollte die Gelegenheit nicht verpassen, die bekanntlich ausgezeichnete Sissikingkong-Küche zu testen.
Adresse: SissiKingkong, Landwehrstr. 17, Beginn der Veranstaltung: 20:00 Uhr, Eintritt: 5,- Euro
Heute gibt es im Schauspielhaus Dortmund die nächste Premiere zu sehen: „The return of DAS GOLDENE ZEITALTER – 100 Wege dem Schicksal das Sorgerecht zu entziehen“. Regisseur Kay Voges beantwortet die wichtigsten Fragen.
Herr Voges, eine zweite Premiere vom gleichen Stück? Wie geht das?
Wir haben bisher 12 Vorstellungen gespielt, und jede war auf ihre Art eine neue Aufführung. Wir haben dutzende Szenen, die wir jedes Mal aufs Neue miteinander kombinieren. Durch meine Live-Regie und die Improvisation der Schauspieler kommt eine Unberechenbarkeit in den Abend, der an Performance erinnert. Und für „Die Rückkehr“ des Stücks entwickeln wir gerade eine Reihe neuer Ideen und Figuren, die wir mit den bekannten Szenen mischen. Es ist wie in der berühmten Beckett-Formulierung: Das Gleiche noch mal anders.
Haben Sie noch Erinnerungen an die Premiere 2013?
Es war Wahnsinn. Wir waren alle aufgeregt. Wie wird das Publikum reagieren? Schließlich
Programmvorstellung der Ruhrtriennale, Foto: Stephan Glaglan, pottMEDIA
Johan Simons, künstlerischer Leiter der Ruhrtriennale, stellte Anfang dieser Woche gemeinsam mit seinen Dramaturgen das Programm 2015 vor. Von Mitte August an wird das Festival mit Musiktheater, Schauspiel, Musik, Tanz und Installation nicht nur ein umfassendes Spektrum der Künste zeigen, sondern auch ein „Festival der Meinungen und der Verschiedenheiten“ sein. Viele wird freuen, dass dieses Jahr dem Schauspiel wieder Raum gegeben wird. Unter dem Leitmotiv „Seid Umschlungen“ werden drei Weltpremieren zu sehen sein. Von den etwa 140 Veranstaltungen werden über 30 Eigen- und Koproduktionen aufgeführt, darunter zahlreiche Neuproduktionen. Besonders auftrumpfen kann das Festival mit außergewöhnlichen Spielstätten, zu denen die alte Zeche Lohberg, der Duisburger Eisenbahnhafen und die Jahrhunderthalle in Bochum zählen. 2015 wird es zudem einen neuen Schwerpunkt auf ein innovatives Musikprogramm „Remix“ geben: Pop und elektronische Musik sollen auch jüngeres Publikum zur Ruhrtriennale locken.
Für Intendant Johan Simons sind die Spielorte an den alten Industriestandorten des Ruhrgebietes nicht nur ein schönes Ambiente, für ihn sind sie zentraler Bestandteil der Ruhrtriennale. Das Programm der diesjährigen Ruhrtriennale ist überraschend vielfältig und bietet neben Oratorien, Schauspiel und modernen Tanztheater, auch Musik- und Tanzabende mit Legenden der Elektro- und Popszene, wie The Notwist und Mouse on Mars. Eine Hommage an den legendären „Godfather“ of Minimal Music, Terry Riley, wird unter anderem von Ex-Battles Frontmann Tyondai Braxton gestaltet. Arne Deforce und Mika Vainio bieten finnische Experimental-Elektromusik, unbestrittener Höhepunkt wird jedoch gleich zu Beginn der Ruhrtriennale das Elektro-Fest „Ritournelle“ sein. Bis zum Morgengrauen werden DJ-Sets und Konzerte das gesamte Gelände der Jahrhunderthalle Bochum bespielen. Mittelpunkt bildet das Berliner Label City Slang. Zu Gast sind Künstler wie Caribou und Barnt. Der Essener Club Goethebunker produziert die Musikveranstaltung gemeinsam mit City Slang aus Berlin.
Mutige Experimente statt Komfortzone
Mutige Experimente, wie die Zusammenführung von Wagners „Das Rheingold“ mit Musik von Mika Vainio versprechen spannendes Musiktheater während der gesamten Spielzeit. Vainio ist einer der Künstler des finnischen Techno-Duos Pan Sonic. Neben U wie Unterhaltung wird es auch ernsthafte Themen geben. Simons machte deutlich, dass „Seid umschlungen“ doppeldeutig und doppelbödig ist. Umschlingen kann eben sowohl eine herzliche Umarmung, als auch ein einengendes, bedrängendes Erlebnis sein. Es gilt diese beiden Polen auszuloten. Simons will keine Komfortzone bieten: „Niemand weiß immer genau Bescheid über Richtung und Weg. Die Ruhrtriennale will nicht nur nett sein, sondern auch unangenehme Fragen stellen. Denn Kunst muss sich auch kritisch zur Gesellschaft äußern können und so ist unser Credo ist „Diese Freiheit ergreifen wir!“.
Vom Autor Mark Ammern ist Ende 2014 im Duisburger AutorenVerlag Matern „Siechenhaus“ erschienen, eine Prosaarbeit, die zum eingeschlagenen Wandel der Region passen könnte, denn in diesem relativ kurzen Text, der als eBook erhältlich ist, wird ein Tourismusführer vorgestellt, der seiner Gruppe einen Ort zeigen möchte, der auf keiner aktuellen Karte verzeichnet ist.
Sein Ansatz richtet sich auf die Straßenbahnhaltestelle ‚Siechenhaus‘, die in Duisburg-Hochfeld gelegen ist, und auf die abzweigende ‚Siechenhausstraße‘, beide Überbleibsel einer Geschichte, die kaum mehr gegenwärtig ist. Ein verbliebenes Siechenhaus ist nicht auszumachen. Er schlägt seiner Gruppe vor, sich mittels einer ‚WildCard‘ ein Siechenhaus auszumalen, eines, das für die heutige Zeit typisch sein könnte. Leider geht niemand auf das Angebot ein, deshalb ist er selber gefordert.
„Bei Aufräumungsarbeiten in Mitteleuropa wurde nachfolgender Zelluloidstreifen gefunden. Historiker datieren den Fund in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Bilder geben Aufschluss über eine Zeit, von der wir nach den Katastrophen der letzten Jahrhunderte wenig wissen.“
Schon diese einleitenden Worte mit denen der Film Chapeau Claque beginnt machen ihn wie geschaffen für die Reihe Alte Filme neu gesehen.
Ulrich Schamoni führt nicht nur Regie, sondern spielt in diesem Film auch die Hauptrolle, den Privatier Hanno Gießen, der eigentlich nie sein Haus verlässt, und dem Kino-Publikum seine umfangweiche Sammlung alter Sachen präsentiert, Lebensweisheiten von sich gibt und erklärt, wie er zu dem Besitz gekommen ist, der ihm ermöglicht sein Leben dem Müßiggang zu widmen. Als die 18 Jährige Anna (Anna Henkel), die sich vor der Polizei verstecken muss, bei Hanno Gießen einzieht, kommt es letztendlich zu sehr viel zerschlagenem Porzellan…
Bemerkenswert an diesem Film ist insbesondere der eigenwillige Pseudorealismus, der es Darstellern zuweilen gestattet mit dem Kameramann zu kommunizieren und das Kinopublikum direkt anzusprechen, aber immer wieder zur Form des Spielfilms zurückfindet.
In Nebenrollen spielen u. a. Wolfgang Neuss, Rolf Zacher, Karl Dall und Ingo Insterburg.
Mittwoch, 25. Februar, 20:00 Uhr Bahnhof Langendreer, Einführung: Wolfgang Wendland
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