Viele Menschen, die eng mit ihrer Partei verbunden sind, leiden unter einer mehr oder weniger ausgeprägten Verengung des Sichtfeldes. Was um sie herum geschieht, nehmen sie nur noch nach dem Kriterium wahr, ob es der eigenen Partei dient oder schadet – und wenn, was sie sehen, schädlich für die eigene Partei ist, muss der politische Gegner dahinter stecken. Ihr Motto lautet „My party, right or wrong“. Das ist, vor allem wenn der eigene Laden massiv unter Druck steht, menschlich verständlich. Klug ist es nicht, denn ein solches Denken verhindert jede Selbstkritik.
Besonders schlimm von der Verengung des Sichtfeldes scheint Ralf Stegner, der stellvertretende SPD-Vorsitzende und Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein, betroffen zu sein. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier steht wegen seines Glückwunschtelegramms an das iranische Regime in der Kritik. Die kann man, wie der Autor, für gerechtfertigt halten oder überzogen finden. Dass hinter dieser Kritik allerdings Trump-Fans stehen, ist nicht nur sehr wirr, es will alle Kritiker Steinmeiers denunzieren. Stegners Tweet ist Ausdruck der Haltung eines Parteisoldaten, der sein Denkvermögen eingebüßt hat und nun Verschwörungstheorien anhängt. So jemanden sollte man aus der ersten Reihe nehmen und etwas Ruhe gönnen. Stegner hat sie dringend nötig.