In der Regel ist es mir egal, wer Bundespräsident ist. Aber die Zeiten sind nicht mehr so, dass es ein Amt gibt, bei dem es reicht, wenn jemand es innehat, der sich nicht blamiert. Ich würde mir jemanden wünschen, der mehr ist als ein Karrierebeamter, für den der Einzug ins Schloss Bellevue der Höhepunkt seiner Laufbahn ist. Jemand, der nicht nur fehlerfrei Reden vom Blatt ablesen kann, sondern durch Ideen und Mut aufgefallen ist. Ein Präsident, der für die Werte des Westens und der Aufklärung brennt, der sein Amt und die damit verbundenen Freiräume nutzt, um sich jenseits der von Pragmatismus geprägten Tagespolitik der Bundesregierung gegen Autokraten wie Putin zu stellen. Es wäre gut, in den kommenden fünf Jahren und den immer härter werdenden Auseinandersetzungen, die wir erleben werden, einen Präsidenten zu haben, der durch klare Worte Stellung bezieht und die Kontroverse nicht scheut. Vieles wird sich ändern in den kommenden Jahren. Die Hegemonie der Werte der Offenen Gesellschaften wie die Universellen Menschenrechte, Demokratie und Pressefreiheit könnten zunehmend in Frage gestellt werden. Ein Präsident, der sich gegen ihre Relativierung stellt und dafür auch bereit ist zu streiten, wäre wünschenswert. Das Frank-Walter Steinmeier sich zu diesem Präsidenten entwickeln wird ist leider unwahrscheinlich.