Bereits gestern hat sich Ruhrbaron Sebastian Weiermann auf den Weg in den Osten gemacht und per Twitter von den pogromähnlichen Geschehnissen in Heidenau berichtet. Heute ist ihm Stefan Laurin gefolgt. Gemeinsam berichten sie jetzt aus der Kleinstadt im Südosten von Dresden.
„War Dir eigentlich klar, dass es hier ist wie in Herne?“ – so die erste Frage nach der Ankunft. „Stadt im Südosten von Dresden“ liest sich für den Ortsunkundigen so, als wäre hier von klar unterscheidbaren Städten und vielleicht sogar ländlicher Idylle die Rede. Weit gefehlt. Beide Städte verhalten sich in etwa so zueinander wie Bochum und Herne. Die Grenzen sind fließend und Heidenau ist wenig mehr als ein Vorortkaff von Dresden. Damit ist allerdings auch klar, dass nicht nur in Heidenau Staat und Zivilgesellschaft gestern versagt haben, sondern auch in Dresden.
22.52 Uhr: Das war kein schöner Ausflug nach Sachsen. „Sachsen wird mich so bald nicht wiedersehen“ twitterte Sebastian Weiermann und man kann ihn verstehen. Während zum jetzigen Zeitpunkt immer noch ca. 50 Antirassisten vor der Flüchtlingsunterkunft ausharren sollen, machen sich die Kollegen auf den Rückweg.
22.39 Uhr: Die Antifa ist in den Bahnhof geführt worden und wartet nun auf ihren Zug. Hinter ihnen hat die Polizei alles abgeriegelt. Unterdessen gerüchtet es bei facebook, dass sich irgendwelche Nazis dazu mobilisieren, sich an irgendeiner Kreuzung zu sammeln. Bestätigungen für die Echtheit gibt es nicht.
22.29 Uhr: Wie aggressiv die Polizei in diesem Moment vorgeht, wird in kleinen Szenen am Rande deutlich. Mädchen, die sich Trängengas aus den Augen waschen wollen, werden zurückgeschubst, „Geh weiter“ ist noch das freundlichste, was sie dabei von den Polizisten zu hören bekommen, manche berichten auch von Beleidigungen. Antifa wird regelrecht zum Bahnhof getrieben. Auch hier ist es kein Vergleich zum Verhalten der Polizei der vergangenen beiden Nächte.
22.25 Uhr. Die Lage hat sich beruhigt und die Antifa läuft weiter in Richtung Bahnhof, allerdings ist es nun die Polizei, die deutich angespannter und aggressiver handelt. Mit Parolen wie „Wo wart Ihr gestern?“ kritisiert sie das harte Vorgehen der Polizei, die in den vergangenen Nächten die Nazis hat gewähren lassen.
22.19 Uhr: Auf dem Rückweg zum Bahnhof soll es zum Zusammenstoß zwischen der Antifa und einigen Nazis und Ausschreitungen kommen. Einigen Nazis war die Lage wohl nicht geheuer und sie versteckten sich in einer Tankstelle. Dort wurden sie von der Antifa entdeckt und angegriffen. Es kam zu schweren Auseinandersetzungen. Verletzte Nazis mussten abtransportiert werden. Die Polizei setzte massiv Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcke ein, um die Situation unter Kontrolle zu bringen.
22.08 Uhr: Die Antifa hat ihre Demonstration beendet und wird von der Polizei zum Bahnhof geführt.
22.06 Uhr: Jetzt wird gesungen. Vorhin hat die Polizei die Antifa aufgefordert, Parolen nicht so laut zu skandieren, da sich Flüchtlinge ängstigen könnten. Nun werden von den Demonstranten freundlich und friedlich Lieder gesungen.
21.56 Uhr: Im Gegensatz zu gestern geht die Polizei heute wesentlich konsequenter vor. Konnten gestern noch besorgte Bürger und Nazis ungestört pöbeln und beleidigen, kümmert sich heute mal fix ein ganzer Zug Bereitschaftspolizei um knapp 20-30 rechte Leute, die am Rand herumbrüllen. Aber auch der Antifa traut man nicht über den Weg und parkt den Wasserwerfer mal vorsorglich um, der zeigt nun in die Richtung der Antifaschisten und Antirassisten.
21.48 Uhr: Die Antifa ist an der Unterkunft der Flüchtlinge angekommen. Die Lage hat sich beruhigt und auch wir sehen nun etwas klarer. Es ist nun klar, dass es vorhin keinen Angriff von außen auf die Demonstration gegeben hat. Aus einsatztaktischen Gründen hielt man es bei der Polizei für eine ganz tolle Idee, die Demonstranten wie Schafe auf einer Kreuzung in eine Straße zu drängen. Dabei wurde es hektisch. Die Polizei ging daraufhin mit Schlagstock und Pfefferspray in die Demonstration. Es soll einzelne Verhaftungen gegeben haben. Ein Verletzter musste mit einem Rettungswagen abtransportiert werden.
21.31 Uhr: Die Polizei setzt gegen die Antifa Tränengas und Pfefferspray ein und von irgendwo wurden Gegenstände auf die Demonstration der Antifaschisten geworfen. Ein paar Bauzäune wurden umgerissen. Kurzzeitig hatte man den Eindruck, als wolle man hier eine Barrikade errichtet.
21.26 Uhr: Mehr als 200 war sehr unfreundlich geschätzt, es sind eher 400 Antifas, die sich direkt auf den Weg zur Unterkunft der Flüchtlinge machen. Die Stimmung ist extrem laut und sehr aggressiv, trotzdem bleiben sie vergleichsweise diszipliniert, bislang wurde nur ein Böller geworfen.
21.21 Uhr: Am Bahnhof in Heidenau ist gerade ein Zug aus Dresden eingefahren. An Bord geschätzt mehr als 200 Antifaschisten und Antirassisten, die sich lautstark bemerkbar machen.
21.07 Uhr: Nun funktioniert die Sicherung der Polizei. Verstärkte Personenkontrollen sorgen dafür, dass kaum noch Personen den Bereich um die Flüchtlingsunterkunft betreten können. Vereinzelt ist es noch möglich, durch irgendwelche Hecken näher an das Gelände heranzukommen, früher oder später landet man aber vor einer Polizeisperre und wird zurückgeschickt. Das wird den herumstrolchenden, mutmaßlich rechten und „erlebnisorientierten“, Jugendlichen kaum gefallen.
20.35 Uhr: „Hier ist alles bislang ruhig…“ So unsere Leute vor Ort. Rund um die provisorische Unterkunft der Flüchtlinge zeigt die Polizei Präsenz und fährt auch im Stadtgebiet vermehrt Streife, um jetzt doch immer wieder Gruppen, Grüppchen und Einzelpersonen zu kontrollieren. Nicht nur in der Polizeitaktik unterscheidet sich Ostdeutschland allgemein, Heidenau speziell, von Westdeutschland und vom Ruhrgebiet… „Wir haben hier grad ’nen Döner gegessen… der war nicht so lecker… aber er hat uns gesättigt.“ Damit steht das Kaff an der Elbe in bester Würzfleischtradition.
19.40 Uhr: Die Polizei traut der Ruhe offenbar nicht. Wasserwerfer werden herangeführt und der eine oder andere Zugang von der Polizei abgeriegelt. Vorher schon hatten sich allerdings mehr als 40 Antirassisten auf einem Parkplatz neben dem Real-Supermarkt versammelt.
19.28 Uhr: Ob die Polizei aus den Ereignissen der vergangenen Nächte gelernt hat? Mehrere Hundertschaften sollen zusammengezogen worden sein und auf twitter konnte man Bilder von bereitstehenden Wasserwerfern sehen. „Die bekommen hier noch nicht mal ’ne simple Nahbereichssicherung hin. Das hab‘ ich in Dortmund so noch nie erlebt, keine Kontrollen…“, so eine Reaktion darauf, dass es Nazigrüppchen schon wieder gelingt, trotz von der Polizei eingerichteter „Sicherheitszone“, sich vor dem gegenüberliegenden REAL zu sammeln. Mindestens 40 von ihnen sollen es sein. Hinzu kommen noch etliche Schaulustige.