OB Reiniger (CDU und 2. vr) ließ sich bei Rot-Weiß Essen feiern. Foto: Stadt Essen
Wenn jemand im Ruhrgebiet derzeit von Problemen im Fussball spricht, denken zuerst alle an den Schalke 04. Doch auch beim durchaus genauso beliebten oder ungeliebten Nachbarn im Westen, dem Club Rot-Weiß Essen, gibt es was zu berichten. Da ist die unsichere Lage beim Stadionneubau zu erwähnen und ein Machtkonflikt in der Führungsetage der Kicker-Vereinigung. Denn der Verein Rot-Weiß Essen ist in die Hände von Vorständen kommunaler Betriebe gefallen und damit in die Hände von Politikern. Und die versuchen jetzt ihre Macht durchzusetzen.
Zunächst zum Hintergrund: Bis zu diesem Sommer regierte die CDU in Essen. Sie hatte für den diesjährigen Wahlkampf das Georg-Melches-Stadion von Rot-Weiß als Thema entdeckt. Nachdem mit Philharmonie und Museen die Kultur für die Vermögenden gefördert worden war, sollte jetzt was für die Massen getan werden. Nämlich das alte Stadion von RWE im armen Essener Norden durch ein Neues ersetzt werden. Soweit so gut.
Ziemlich schnell gab es allerdings wegen der Finanzierung Trubel. Ich habe darüber berichtet. Hier klicken. Im Kern kann man sagen, der Bezirksregierung hat es nicht gepasst, dass die Stadt über eine kommunale Tochter Millionen in die Kampfbahn eines Vierligisten pumpen will. Dazu kam die Millionenschwere Auflösung dubioser Marketingverträge mit einem untergegangenen Kinofuzzi. Und Beraterverträge mit einem abgehalfterten Ex-Fußballprofi.
Alles in allem war die Stadt unter dem damaligen CDU-Oberbürgermeister Wolfgang Reiniger bereit für RWE gut und gerne 30 Mio. Euro springen zu lassen. Ein guter Teil des Stadions wurde bereits vor der Wahl abgerissen um den Massen zu zeigen, dass die CDU das ernst meint.
Strippenzieher auf Seiten der Stadt war vor allem Stadtdirektor Christian Hülsmann von der CDU. Dieser Politiker und Beamte wollte den Neubau des Stadions unbedingt umsetzen. Vor den Wahlen spitze sich die Situation zu. Zum einen war klar, dass die CDU keinen Durchmarsch hinlegen würde, zum anderen geriet die Finanzierung des Stadions nicht zuletzt bei den Ruhrbaronen in die öffentliche Kritik.
Offensichtlich wurde das zumindest einem Hülsmann zuviel. Zumindest legt das folgender Vorgang nahe. Den Ruhrbaronen liegen Beweise vor, wonach der Sohn von Christian Hülsmann sich aktiv mit öffentlichen Verleumdungen in die Debatte eingemischt hat. Er griff unter einem falschen Namen von seinem Dienstcomputer über die Internetseiten der Zeitung Revier-Sport einen Aufsichtsrat von Rot-Weiß Essen an, der sich zuvor intern im Aufsichtsrat kritisch über die Stadionpläne von Hülsmann senior geäußert hatte. Er schrieb, dieser Aufsichtsrat würde der Presse alle möglichen Informationen stecken und so einen Kampagne gegen die CDU fahren.
Als ich in einer früheren Geschichte über Rot-Weiß eine schriftliche Anfrage an die Dienstadresse von Stadtdirektor Hülsmann geschickt hatte, wurden mir über einen Mittelsmann die Verleumdungen des Juniors zugespielt.
Natürlich habe ich die Infos überprüft und ziemlich schnell festgestellt, dass mit den Erzählungen von Hülsmann Junior nur die öffentliche Meinung manipuliert werden sollte. Kaum etwas von dem, was Junior schrieb, war belastbar. Die Behauptung, der Aufsichtsrat würde „höchst vertrauliche Informationen aus dem RWE-Aufsichtsrat“ durchstechen, reiner Bullshit, frei jeder Kenntnis der tatsächlichen Abläufe. Der Vorwurf, der Aufsichtsrat würde versuchen, mit seinen Kontakten das Stadionprojekt zu kippen: Quatsch, offenbar frei erfunden vom Sohn des Stadtdirektors Hülsmann.
Die Frage ist nun, hat der Filius das für den Senior freiwillig getan? Könnte sein, denn Hülsmann Junior war auch mal eine Zeitlang bei Rot-Weiß Essen in der Geschäftsstelle beschäftigt. Könnte es aber auch sein, dass er mit Kenntnis des Vaters Schmähungen verbreitete? Für letzteres spricht die erwähnte Tatsache, dass mir die Aussagen des Juniors, wie erwähnt, nach einer Anfrage beim Senior, über einen Krisen-PR-Mittelsmann zugespielt worden sind. Ob für die schwarze Public-Relation Geld an den PR-Mittelsmann geflossen ist und wer das gegebenenfalls bezahlt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich bin gespannt, wie Stadtdirektor Hülsmann mit dieser Sache umgeht. Vor allem weil die Frage offen ist, welchen Anteil das Krisenmanagement um Rot-Weiß Essen von Hülsmann an der Wahlniederlage der örtlichen CDU hat. Ich vermute ja einen großen.
Denn bei Rot-Weiß tobt, wie gesagt, derzeit ein Machtkampf zwischen dem Aufsichtsratchef des Clubs Dietmar Bückemeyer, Vorstand der Stadtwerke Essen AG, und dem Chef der Druckerei VVA und gleichzeitigem RWE-Vorstandschef Stefan Meutsch.
Entzündet hatte sich der Kampf um die Entlassung von Thomas Strunz als Teamchef des Clubs Ende September wegen erwiesener Erfolglosigkeit. Meutsch hatte Strunz direkt nach der Niederlage gegen die Reserve aus Köln rausgeschmissen, ohne Bückemeyer zu konsultieren, wie es hieß.
Bei der Stadt und damit bei Stadtdirektor Hülsmann kam das nicht gut an. Vor allem Bückemeyer kritisierte, dass man ihn nicht gefragt hat, bevor Strunz gefeuert wurde. Dabei hatte er zuvor verlangt, dass man ihn bei einer derart wichtigen Entscheidung, wie der Entlassung des Teamchefs um Rat fragt.
Für die Meutsch-Fraktion im Aufsichtsrat kann das nicht sein. Für diese Männer stellt sich die Frage, was die Stadt will? Personalpolitik in einem Fussballclub machen? Das könne doch kaum Aufgabe der Verwaltung sein.
Es wird von Essenes neuem Oberbürgermeister Reinhard Paß abhängen, ob aufgeräumt wird. Der SPD-Mann wurde vor wenigen Tagen vereidigt.
Ich frage mich vor allem, wer Strunz jetzt bezahlt? Bei Rot-Weiß Essen sollen Gehaltspfändungen des Ex-Profikickers eintrudeln. Kriegt er jetzt noch Kohle von der Stadt, wie noch bis vor ein paar Monaten als angeblicher Berater? Oder hat er einen Job bekommen bei einer Stadtnahen Firma? Etwa einer Firma, die auch den Stadionneubau plant? Ich weiß es nicht. Würde mich ja interessieren.