In diesem Monat waren Wahlen in meiner Industrie- und Handelskammer. Ich hab nebenher einen Verlag. Egal. Es waren Wahlen. Ich bin als Bottroper Unternehmer Zwangsmitglied in der IHK Nord-Westfalen. Ich möchte nicht dabei sein. Ich halte die Mitgliedschaft nicht nur für unnötig. Es ärgert mich, wenn die IHK politische Aussage auch in meinem Namen macht, die ich nicht im Geringsten unterstütze. Die ich ablehne. Und ich bin mir sicher, dass viele andere Zwangsmitglieder in der IHK genauso denken wie ich. Es gibt Widerstand gegen die IHK in Deutschland. Wir sollten zumindest die IHK im Ruhrgebiet als Zwangsverband abschaffen.
Freiwillige Mitgliedschaften in Verbänden sind eine Säule der freien Wirtschaft. Ein Zwangsverband IHK behindert die freie Wirtschaft und damit den Freihandel. Denn die IHK hat ein Eigeninteresse, Geld und Gehälter für ihre Organisation bei den freien Unternehmern abzukassieren. Im Ruhrgebiet gibt es gleich ein paar IHK. Während die in Münster, die mich als Bottroper vertritt, für den Flughafen Münster-Osnabrück eintritt, kämpft die IHK in Dortmund für den dortigen Landeplatz. Das ist aus Sicht des Ruhrgebietes widersinnig. Genauso verfolgt die IHK in Bochum eine andere Politik als die in Duisburg. Diese Zersplitterung der Eigen-Interessen der IHK, die nichts mit den wirklichen Interessen der Unternehmer zu tun hat, muss aufhören.
Die IHK haben eine alte Geschichte, die in den Zwangszünften fußt. Kein Unternehmer kann sich aussuchen, ob er mitmacht. Er wird per Gesetz gezwungen. Er muss Beiträge für luxuriöse Gehälter zahlen, die irgendwelche Angestellten kriegen, die eine Arbeit machen, die ich nicht unterstützen kann. Da wird Geld für Empfänge und Öffentlichkeitsarbeit verplempert, das die IHK nicht selbst verdient, sondern bei den Unternehmern abgeschnorrt hat. Die konservativen Behinderungskammern haben den Fortschritt blockiert. Sie waren gegen den Freihandel und haben immer wieder politische Aussagen gemacht, die ärgerlich sind. Zum Beispiel meine IHK Nord-Westfalen. Die Kammer feiert sich in dem Wahlaufruf dafür, dass sie das „richtige Umfeld“ für die Ausbildung von Fachkräften bereitstellt. Ich meine: Hallo? Die IHK bildet niemand aus, das machen die Mitgliedsunternehmen. Die IHK lobt sich dafür, dass sie den Ausbau der A52 fordert und den Ausbau der Startbahn am Flughafen Münster/Osnabrück. Die Erweiterung der A52 finde ich bedenklich. Der Ausbau des Flughafens Münster/Osnabrück ist verkehrspolitischer Unfug. Der Landeplatz ist ein Regionallandeplatz. Der muss nicht erweitert werden. Das Verkehrsaufkommen auf dieser Provinzpiste wird nie so groß, dass sich das lohnen könnte. Von Münster-Osnabrück wird nie ein Linien-Jet nach Australien starten. Die unsinnige Idee, die Startbahn zu erweitern führt nur zu Verlusten und Subventionen, die dann wieder die Unternehmer und Steuerzahler tragen müssen. Das gleiche haben wir in Dortmund, in Weeze und was weiß ich wo.
Dann beweihräuchert sich die IHK damit, dass sie „anstelle des Staates in Selbstverwaltung wirtschaftsrelevante Aufgaben übernimmt“. Naja, auch das kann man so uns so sehen. Mich ärgert es, dass eine Zwangsorganisation, die nicht in gleicher Weise wie der Staat legitimiert ist, über mich und in meinem Namen mitentscheiden kann. Wie sieht es aus mit der Legitimation der IHK Nord Westfalen?
Von 107.450 stimmberechtigten Unternehmen im Bezirk haben 11.447 an den Wahlen teilgenommen. Davon wurden 1.440 ungültigen Stimmen gezählt. Das heißt von 107.450 Unternehmern haben 10007 die Kammer gewählt, die dann das ganze Geld einnimmt, ausgibt und die Jobs verschachert. Nicht mal jeder zehnte Unternehmer hat mitgestimmt. Die IHK kann also überhaupt nicht im Namen der Industrie oder der Wirtschaft sprechen. Sie müsste eigentlich peinlich berührt schweigen. Sie hat in meinen Augen überhaupt keine Legitimation. Ähnlich ist das Bild in den anderen Kammern. Sie sprechen für eine verschwindende Minderheit. Sie sprechen nur für sich selbst.
Daraus kann es nur eine Konsequenz geben: Die Zwangsmitgliedschaft in der IHK muss beendet werden. Wenn jemand die Leistungen der Zwangskammer will, kann er sie ja auf eigene Kosten kaufen. Mal sehen, wenn die Mitgliedschaft in der IHK freiwillig ist, vielleicht wird dann da kein Geld mehr verplempert, vielleicht werden keine unsinnigen politischen Forderungen mehr erhoben. Denn wenn die Mitgliedschaft freiwillig ist, dann muss die IHK mehr für ihre Mitglieder tun, außer Geld abzukassieren. Ich persönlich bekomme nur zwei Sachen von der IHK mit, in der ich Zwangsmitglied bin. Einmal im Jahr eine völlig überzogene Rechnung. Und dann alle paar Jahre ein Wahlaufruf, der ans lächerliche grenzt. Birgit Wiesehahn-Haas wurde für den Spruch gewählt:
„Ehrenamtliches Engagement ist eine der wichtigsten Säulen unserer Gesellschaft. Um Veränderungen anzuregen, zu begleiten und in die richtige Richtung zu lenken, möchte ich auch künftig in der Vollversammlung der IHK mitarbeiten.“
Das war Original alles, für das Frau Wiesehahn gewählt werden wollte. Nichts gegen sie persönlich. Sie wird eine gute Unternehmerin sein. Aber für so eine Nullaussage zu glauben, meine politischen Interessen vertreten zu können, ist eigentlich nicht hinnehmbar. Leider kann ich aber nicht aus der IHK austreten. Ich bin Zwangsmitglied und die politische Luftblase vertritt mich jetzt.
Und noch was: Für mich ergibt sich noch ein Problem. Auch Zeitungen und Verlage wie die WAZ sind Zwangsmitglieder der Zwangskammer. Können die überhaupt unvoreingenommen über den Zwangsverband berichten? Vielleicht ja, vielleicht nein. Ich meine, ich kann das.
Die FDP wollte vor den Wahlen die IHK als Zwangskammer auflösen. An deren Stelle sollte ein freiwilliger Verband treten – gegen den ich nichts hätte. Mal sehen ob die FDP ihre Ideen in der Regierung umsetzen kann.
Auf jeden Fall muss der Widerstand gegen die politisch nicht legitimierten IHK stärker werden. Vielleicht schreibt jeder Unternehmer im Ruhrgebiet mal einen Brief an die FDP? Und bittet die Liberalen, endlich Zopf aus dem Mittelalter abzuscheiden.