Ruhrpilot
Das funktionierende Navigationssystem für das Ruhrgebiet
Opel: braucht wieder frische Milliarden …. der westen.de
Bochum: Wer kriegt das Geld für das Konzrthaus….bild.de
SPD: Auf zum letzten Gefecht. Kraft sagt, Rathäuser sollen wieder rot werden…derwesten.de
Iran: Angst vor einem Gewaltausbruch….huffingtonpost
Iran II: Die nächste Phase der islamischen Revolution ….Zeit
Netzpolizei: Lehren für die Netzcommunity….carta
Twitter: Wie Barack den Zwitscherservice Online hielt….coffeeandtv
Buchstützen: Alles was recht ist….nerdcore
Netzpolitik: demos fast überall….netzpolitik
Symbolpolitik 2.0
Mit dem Gesetz zur Schaffung der Netzsperren hat sich der Politik ein weites Feld für symbolische Politik eröffnet. Sie wird es nutzen.
Foto: AA
Die Welt ist kompliziert, die Probleme mannigfaltig und ihre Lösung oft schwierig. Politiker wissen das. Sie sehen jeden Tag, wie Gesetze durch den Einfluss von Lobbyisten verwässert werden. Dass vermeintlich gute Ideen in der Wirklichkeit kläglich scheitern und Vorschläge schon in der Fraktion zerredet werden, dürften alle Politiker mehr als einmal erlebt haben. Wenn wirkungsvolles Handeln immer schwerer, es aber vom Wähler dummerweise nach wie vor erwartet wird, müssen Politiker eine Lösung für dieses Problem finden. Die Lösung heißt symbolische Politik.
Die Netzsperren gegen Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten sind ein gutes Beispiel für Symbolpolitik. Würde der Bundestag das Problem der Kinderpornografie, das ja kein Online-Phänomen ist, ernst nehmen, hätte er eine Aufstockung der Mittel für die Bundespolizei durchgesetzt, mit den Ländern Gespräche aufgenommen um eine konzentrierte Aktion zu starten und über das Außenministerium Druck auf Staaten gemacht, die sich einer Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg entziehen. Dass viele Politiker so tun, als ob es bei Kinderpornographie vornehmlich um den Vetrieb von Fotos und Filmen über das Internet ginge, obwohl die Verbrechen schon vorher in der realen Welt geschehen sind, dort, offline, Kinder vergewaltig und gequält werden, zeigt, dass sie an einer wirklichen Lösung des Problems nur wenige Gedanken verschwendet haben. Müsste nicht das Ziel sein, Täter in den Knast zu stecken und ihnen das Handwerk zu legen? Das wurde zum Randthema. Es hätte viele Handlungsoptionen gegeben, und alle wären sie besser gewesen als das gestern verabschiedete Gesetz.
Der Bundestag hat sich allerdings dazu entschieden, Stoppschilder im Internet aufzustellen, die kaum einen Konsumenten von Kinderpornographie abschrecken werden.
Dabei wird es nicht bleiben, und die nun entstehende Infrastruktur wird benutzt werden, denn sie ist die ideale Grundlage um auch in Zukunft auf reale Probleme schnell mit Symbolpolitik reagieren zu können, ohne wirklich aktiv werden zu müssen.
Anstatt sich mit den Problemen von Jugendgewalt, den Lücken des Waffenrechtes und realen Tendenzen zu Vereinsamung, dem Druck in den Schulen und der mangelnden Struktur an psychologischer und sozialpädagogischer Betreuung zu beschäftigen, werden künftig „Killerspielseiten“ gesperrt. Bringt nichts, kostet nichts, aber man hat den Anschein des Handeln erweckt.
Anstatt gegen Nazis vorzugehen, sich mit den Gründen für Rechtsradikalismus zu beschäftigen, zusätzliche Polizisten und Sozialarbeiter zu beschäftigen, werden Nazi-Seiten gesperrt werden.
Und Musik-Sites, und islamistische Sites und und und…
Die Sperrung von Internetseiten wird, ja, wie das Beispiel des CDU-Abgeordneten Thomas Strobl, der „Killerspieleseiten“ sperren will, ist schon heute das ideale Spielfeld für Symbolpolitik. Man kann sagen etwas getan zu haben, es geht schnell, und es ist einfach. Und es kostet nicht viel. Aber es bewirkt auch nichts. So kann politisches Handeln vorgetäuscht werden. Die Netzsperren sind nicht nur ein Mittel zur Internetzensur. Die wird auch kommen. Sie sind aber auch ein guter Weg für Politiker, ihre Untätigkeit bei realen Problemen zu kaschieren.
Die Rührküche
Stimmt, es gibt den FC Ruhrgebiet – zuletzt haben die Kochexperten in Berlin das Fest des Westens bekocht. Mit molekularer Crossoverküche versuchen sie sich an der Neuerfindung des Ruhrpottmampf und entwerfen Strammer Max von der Wachtel mit Shiitake oder Knusperbonbon von Panhas mit Chiliapfel. Doch das ist nur eine Seite der kulinarischen Medaille im Revier – die andere ist die "Ruhrküche", wie sie jetzt ein Kochbuch pflegt. Mir geht dieses Büchlein sehr zu Herzen – nicht Ruhrküche, Rührküche!
Foto: Ruhrküche, Garant, 2009
Als gäbe es keinen Innenhafen, keine Technologieparks, kein Starbucks, kein Dekubitas, keine Atkins-Diät, kein Bocuse lebt das Altrevier hier wieder auf. Zum Nachtisch reicht man "Beschwipste Apfelsuppe", "Pumpernickelsuppe mit Rosinen" oder das "Errötende Mädchen". Vorher werden allein derbe, fettige, plumpe fleischreiche Speisen gereicht, als würden sich alle Ruhrgebietler noch Unter Tage Schicht für Schicht die Scheiße aus dem Körper malochen. Und bei dem endlosen Klotzen, Wullacken, Mottecken, Beikommen i´m Streb und vor dem Hammer gehört am Abend schon Specksauce auf den Tisch, Dicke Bohnen, Schlabberkappes, Panhas und als Vorspeise die Hafergrützsuppe mit Backpflaumen!
Also, dringende Kaufempfehlung: Seelenfraß aus einem seeligen Ruhrpott. Ruhrküche, Renningen 2009. Schon für 2.99 bei der Mayerschen.
Netzsperren: Demos in Düsseldorf, Bielefeld und Bonn
Morgen finden um 12.00 Uhr bundesweit Demonstrationen gegen die Internet-Zensur statt.
Organisiert werden die Demonstrationen von der Piratenpartei. In NRW wird in Bonn, Biefeled und Düsseldorf protestiert. Am Donnerstag, kurz bevor der Bundestag mit den Stimmen von CDU und SPD die Netzsperren beschloss und somit das Tor zur Zensur des Internets weit aufgestossen wurde, fand bereits eine Demo in Berlin statt. Ich werde morgen in Düsseldorf dabei sein.
Auf Nerdcore gibt es eine persönliche Unabhängigskeitserklärung des Internets von der deutschen Politik: "We are Anonymous. We are Legion. We do not forgive. We do not forget.
We will be heard. Expect us." Ein guter Grund auch noch einmal auf die Unabhängigkeiterklärung von John Perry Barlow aus dem Jahr 1996 zu erinnern.
Das die Befürchtungen mit dem gestrigen Gesetz sei nur ein erster schritt zu einer Umfangreichen Zensur des Internets getan wurde berechtig sind, sieht man an dem CDU-Abgeordneten Thomas Strobl, der eine Ausweitung der Sperren auf "Killerspiele" fordert: "Wir gehen nach Winnenden nicht zur Tagesordnung über", betonte der CDU-Politiker. Strobl zum Kölner Stadtanzeiger: "Wenn es einen Nachweis gibt, dass sich Killerspiele negativ auf das Verhalten Jugendlicher auswirken, dann kann das Internet kein rechtsfreier Raum sein." Auf die Idee den Schützen die Waffen wegzunehmen kommt Strobl nicht. Eine solche Konsequenz könnte ja bei seinen Wählern Konsequenzen haben. Und wenn die Ausweitung kommt werden alle, die gestern dabei waren, wieder brav ihre Hände heben, auch wenn sie im Augenblick wie Frank Schwabe (SPD) aus Recklinghausen fast auf einer Schleimspur auszurutschen drohen. Gute Gründe morgen auf die Straße zu gehen.
Nur ein CDU-Mann stimmte gegen Zensur – Jochen Borchert
Auf Abgeordnetenwatch kann man sehen, welche Politiker gestern für die Netzsperren gestimmt haben. Ich habe mal die aus dem Ruhrgebiet aufgelistet. Es liegt an uns ob wir sie noch einmal wählen oder nicht. Und wenn sie Dir in der Fußgängerzone mit Luftballons und Kugelschreibern auflauern kann man sie ja mal auf das Thema ansprechen – wird bestimmt lustig, wenn Sie zu erklären versuchen, warum die Stoppschilder technisch sinnvoll sind. Aus dem Ruhrgebiet hat nur ein Bundestagsabgordneter der Großen Koalition gegen die Netzsperren von CDU und SPD gestimmt: Jochen Borchert (Foto, CDU), der Vater der Der Westen Chefin Katharina Borchert. Er war auch der einzige CDU-Bundestagsabgeordneter, der dem Gesetz die Zustimmung verweigerte. Dem konservativen Bauern aus Wattenscheid kann niemand vorwerfen für Kinderschändereien zu sein. Hut ab vor dem Rückgrat, in dieser populistischen Nummer gegen die Fraktionslinie gestimmt zu haben.Weitere Revierpolitiker von FDP, Grünen und Die Linke stimmten gegen die Netzsperren.
Foto: Bundestag
Ich hab mir mal die Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet rausgesucht, die kein Interesse an einem effektiven Kampf gegen Kinderpornographie haben, auf PR-Lösungen setzen und für die die Freiheit der Bürger nicht allzu viel zählt – oder die einfach die Hand heben wenn es ihnen die Fraktionsspitze sagt. Besonders sind mir Marco Bülow (SPD) aus Dortmund und Philip Mißfelder (CDU) aufgefallen. Die auf jung getrimmten Großkoalitionäre haben sich diqualifiziert, wenn sie es nicht schaffen, sich mit der Zensur-und-Lösch-Problematik auseinanderzusetzen. Es folgen die anderen Zensurpolitiker:
Andreas Schmidt CDU Mülheim – Essen I, Anton Schaaf SPD Mülheim – Essen I, Axel Schäfer SPD Bochum I, Christel Humme SPD Ennepe-Ruhr-Kreis II, Dieter Grasedieck SPD Bottrop – Recklinghausen III, Dr. Dieter Wiefelspütz SPD Hamm – Unna II, Dr. Norbert Lammert CDU Bochum I, Dr. Ralf Brauksiepe CDU Ennepe-Ruhr-Kreis II, Erich Georg Fritz CDU Dortmund II, Frank Schwabe SPD Recklinghausen I, Gerd Friedrich Bollmann SPD Herne – Bochum II, Hubert Hüppe CDU Unna I, Ilse Elisabeth Falk CDU Wesel I, Ingrid Fischbach CDU Herne – Bochum II, Joachim Poß SPD Gelsenkirchen, Johannes Andreas Pflug SPD Duisburg II, Laurenz Meyer CDU Hamm – Unna II, Marco Bülow SPD Dortmund I, Marie-Luise Dött CDU Oberhausen – Wesel III, Norbert Königshofen CDU Essen II, Petra Hinz SPD Essen III, Petra Weis SPD Duisburg I, Philipp Mißfelder CDU Recklinghausen I, René Röspel SPD Hagen – Ennepe-Ruhr-Kreis I, Rolf Hempelmann SPD Essen II, Thomas Mahlberg CDU Duisburg I, Ulla Burchardt SPD Dortmund II, Waltraud Lehn SPD Recklinghausen II, Wolfgang Grotthaus SPD Oberhausen – Wesel III, Wolfgang Meckelburg CDU Gelsenkirchen.
Gegen die Netzsperren haben gestimmt:
Jochen Borchert CDU Recklinghausen II, Dr. Konrad Schily FDP Ennepe-Ruhr-Kreis II, Jörg van Essen FDP Hamm – Unna II, Michael Kauch
FDP Dortmund I, Ulrike Flach FDP Mülheim – Essen I, Bärbel Höhn GRÜNE Oberhausen – Wesel III, Kai Gehring GRÜNE Essen III, Markus Kurth GRÜNE Dortmund I, Sevim Dagdelen Die Linke. Krefeld II – Wesel II.
Abgeledert und praechtig verdient
Screenshot: GPC Biotech
Das Münchner Biotech-Unternehmen GPC Biotech galt einst als Hoffnungsträger der deutschen Biotech-Szene. Doch Rückschläge in den letzten beiden Jahren brachten die Firma in Schieflage. Nun soll der Konzernchef eine Millionenabfindungen erhalten. Aktionäre laufen Sturm. Von unserem Gastbaron Cityboy
Wenn ein Star fällt, fällt er tief. Das hat Bernd Seizinger, der Chef des Münchner Biotech-Unternehmens GPC Biotech am eigenen Leib erfahren. 2001, da war der ausgewiesener Pharmamager mit seiner eigenen Firma ganz oben angelangt. Der Aktienkurs erreichte mit fast 70 Euro einen Rekordstand. Die Zukunft sah stets rosig aus. Der Absturz war umso härter. Nun droht dem angeschlagenen Münchner Unternehmen nicht nur eine turbulente Hauptversammlung. Aktionäre prüfen auch eine Klageflut gegen das Unternehmen und Seizinger. Allem voran die Millionenabfindung für den scheidenden Vorstandschef erregt die Gemüter.
Das Unternehmen selbst hält die Vorwürfe und Anschuldigungen für gegenstandslos. Die „aufgestellten Forderungen und Behauptungen entbehren einer rechtlichen Grundlage“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Zahlungen an Seizinger seien völlig legal und würden im Zusammenhang mit seinem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Vorstand im Zuge der Fusion erfolgen. Alle Zahlungen würden nur im „Einklang mit den rechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft“ erfolgen.
GPC Biotech galt lange Zeit als eines der ganz wenigen Unternehmen der chronisch unterfinanzierten deutschen Biotech-Szene, das vielleicht den Durchbruch hätte schaffen können. Jahrelang wurden die Manager nicht müde, auf das große Potenzial zu verweisen, das in ihrem Hoffnungsträger Satraplatin stecken soll. Doch das Medikament Satraplatin floppte. Zuerst wurde ihm 2007 in den USA die Zulassung verweigert, im vorigen Jahr kündigte dann auch noch der Vermarktungspartner die Verträge für Europa. Der Aktienkurs brach um mehr als 20 Prozent ein. Seitdem pendelt sich der GPC-Anteilsschein zwischen 0,40 und 1,40 Euro ein.
Satraplatin, ein Mittel gegen Prostatakrebs, war eine Wette auf die Zukunft. Und es war vor allem eine Wette, die nicht aufging. Die Aussichten auf lukrative Einnahmen sind nun dahin und da es auch keinen wirklich aussichtsreichen Nachschub gibt, sieht die Zukunft der Firma mau aus. Seit dem letzten Sommer ringt das angeschlagene Unternehmen aus Martinsried daher ums Überleben. Nur noch eine Not-Fusion mit dem US-Konkurrenten Agennix kann wohl noch retten, was zu retten ist. Die Hauptversammlung nächsten Dienstag soll den Weg für die Fusion frei machen. Seizinger wird dann aus dem Unternehmen ausscheiden – möglicherweise mit 1,5 Mio. Euro als Abfindung. Für einige Aktionäre ist das ein klarer Verstoß gegen das Aktienrecht.
Mindestens einen Antrag auf Verweigerung der Entlastung für Seizinger und den gesamten Aufsichtsrat gibt es schon – und er kommt von Christian Strenger. Der Banker ist Mitglied in der Regierungskommission Corporate Governance und deshalb hat sein dreiseitiges Schreiben, das der WELT vorliegt, eine besondere Brisanz.
Er will ihnen die Entlastung verweigern, wenn Seizinger einen Teil seiner Abfindungen nicht wieder in das Unternehmen investiert.
Die Vorwürfe, die Strenger auflistet, sind lang und schwerwiegend. Seit elf Jahren habe Seizinger das Unternehmen geführt und für die Aktionäre eine „im Ergebnis völlig unbefriedigende Geschäftsentwicklung“ hinterlassen. Neue Hoffnungsträger gibt es nicht wirklich und das Finanzpolster schmilzt von Tag zu Tag. Nach Strengers Aussagen ist die Lage derart akut, dass „das Unternehmen ohne massive Kapitalzufuhr spätestens in der Mitte 2010 pleitegehen würde“. Trotzdem soll Seizinger eine üppige Abfindung kassieren – und zwar das Dreifache der Jahresvergütung aus 2008. Der Ethik-Kodex begrenzt eigentlich solche Zahlungen auf zwei Jahresgehälter. „Eine solche Zahlung würde die für das Weiterbestehen der GPC entscheidende Liquiditätsposition erheblich belasten“, mahnt der Aktionärsvertreter Strenger an und verweist auch noch auf ungeklärte Aktienverkäufe. Einen Monat, bevor die US-Zulassung im Juli 2007 verweigert wurde und der Kurs darauf massiv eingebrochen ist, soll Seizinger GPC-Aktien in Millionenhöhe verkauft haben. Auch das dürfte zu kritischen Nachfragen auf der Hauptversammlung führen.
Ruhrpilot
Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet
Netzsperren: Die Internetausrucker aus Gelsenkirchen…Gelsenkirchen Blog
Nahverkehr: Streit zwischen Bahn und VRR beendet…Der Westen
Sicherheit: Polizei rüstet auf…Ruhr Nachrichten
Bahn: Bahnhof Duisburg wird umgebaut…Der Westen
Extraschicht: Zwischen Feuer und Flamme…Hometown Glory
Bochum: Das Streichkonzert beginnt…Dirk Schmidt
Gedenken: Ralf Dahrendorf…Der Morgen
Netzsperren
Auftakt: Der SPD-Wahlkampf hat begonnen…FIXMBR
Fortsetzung: Jetzt sind Killerspiele dran…Verlorene Generation
Hoffnung: Na denn man Tauss…2.0
Sir Lord ist tot
Ralf Dahrendorf ist tot. Sir Lord, Deutsch-Engländer, Freigeist, Clever & Smart der deutschen Gesellschaftswissenschaft. Zuletzt Ratgeber der NRW-Landesregierung in einer Zukunftskommission. Die Nachricht von Dahrendorfs Tod fällt nun ausgerechnet auf den 80. Geburtstag von Jürgen Habermas. Auch er Jahrgang 1929, auch er rang und ringt noch mit Deutschland nach Auschwitz, Naziwahn, Militanz, Sonderweg, Rückständigkeit der Zivilgesellschaft. 1965 schrieb Habermas über Dahrendorf sehr klug im Spiegel. Ich finde die Zeilen von damals passen zu diesem Tag – so bitter-sweet!
Foto: nrw.de
Neues Album von Lee Perry mit Doublestandart
Lee Perry gehört wie Sun Ra und George Clinton zu den drei schwarzen Musikern, die in der Musikgeschichte eine über alle anderen herausragende Stellung einnehmen. Was Sun Ra für den Jazz war und George Clinton für den Funk und die Black Music hat Lee „Scratch“ Perry für den Reggae geleistet. Mit 73 jahren ist er nun Gastmusiker auf dem 11. Album von Doublestandart aus Wien.
Lee „Scratch“ Perry war in den 60er Jahren unter anderem Produzent eines Trios bestehend aus Bob Marley, Peter Tosh und Bunny Wailer, d e n Wailers. Bis Ende der 70er Jahre produzierte er in seinen Black Ark Studios legendäre Reggae Alben. „Heart of the Congos“ von den Congos von 1977 gilt bis heute als d i e Reggaeproduktion.
Wenn es etwas wie s e i n Kennzeichen gibt, dann ist dies sein frei improvisierter Gesang und seine exzentrische Erscheinung. Perry tritt bei Konzerten gerne in über und über mit CDs behängten Fantasiekostümen auf. Dass ihn dabei auch noch ein Marihuana Plänzchen im Pflanztopf begleitet, tut der Exzentrik keinen Abbruch. Der Dubderwisch gilt neben King Tubby, der die Technik des „Dubbings“ mit seinen Tapeschleifen bis zum Exzess getrieben hat, als zweiter Urvater des Dubs, der für die eher verrückt verspielte Seite des Ganzen steht.
Aktuell ist er auf dem Album „Return From Planet Dub“der Wiener Formation Doublestandart vertreten. Die ersten acht Songs der Doppel-CD entstanden gemeinsam mit Perry, den sie auch als Backingband bei seinen Konzerten begleiten. Wobei Doublestandart auch ihre eigene Geschichte als Dubband in der Tradition von Lee Perry und Adrian Sherwood haben. Am besten gefallen mir die drei Neubearbeitungen des alter Klassiker „Chase The Devil“. Ursprünglich in den 60ern von Perry für den Sänger Max Romeo aufgenommen und als Coverversion von Prodigy seinerzeit deren erster Hit, macht sich der Perry noch einmal an den Song. Und auf der zweiten CD befinden sich zwei sogar noch extremere Dub-Mixe von G-Corp sowie von Perry selber. Doublestandart machen sich jedoch unter dem Titel „Chrome Optimism“ auch an eine neue Fassung von Jean-Michel Jarres Oxygen Pt.4. Kein geringerer als ihr größter Fan aus den USA, der Regisseur David Lynch singt bzw. spricht dazu gemeinsam mit Perry den Text. Absoluter Höhepunkt der 25 Tracks ist jedoch der letzte. Doublestandart verfremden Lovemachine von Supermaxx, dermaßen, das es kaum mehr zu erkennen ist. Geniales Teil. Läuft bei mir als der Summertrack ohne Ende auf dem Ei.
Das ganze Album dabei klingt für mich wie eine gelungene Fortführung dessen, was Adrian Sherwood bspw. mit Bands wie Audio Active leistete.
Doublestandart und Lee „Scratch“ Perry live und in Farbe im Youtube Video und zum Anfassen am 19.07.09 beim Summerstage im Central Park in New York.
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