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Demokratie ist toll. Auch im Iran. Heute wird in dem Vielvölkerstaat gewählt. Und dies wird sich auf Europa und Deutschland auswirken.
Es deutet viel darauf hin, dass im Iran die Weichen für die Politik im mittleren Osten neu gestellt werden. Im Wahlkampf zwischen den beiden aussichtsreichen Präsidentschaftkandidaten Mahmud Ahmadinejad und Mir Hussein Mussawi wurde das Land polarisiert.
Es schält sich immer deutlicher heraus, dass Ahmadinejad an Popularität verliert. Nicht nur in den Städten, wo das konservative Regime vielen gerade jungen Leuten mit seinen teils absurden Vorschriften auf die Nerven geht, sondern auch auf dem Land. Ahmadinejad hat seine Versprechen nicht gehalten. Es gab weder mehr Arbeit für die Bauern, noch bessere Straßen oder mehr Elektrizität. Vor einigen Tagen gab es einen spannenden Bericht über den eitlen Mann und seinem gebrochenen Verhältnis zur Bevölkerung im WDR. Die Doku von Peter Lom hieß Erdbeeren und Atomkraft. Peter Lom war der einzige Ausländer, der den Präsidenten auf dessen Wahlkampftour begleiten durfte. Die Sendung ist Spitze. Lom beschreibt die hoffnungsvollen Briefe, die von den verzweifelten Menschen an den Präsidenten geschrieben wurden – und die ausbleibenden Antworten.
Der Wind des Wandels ist wieder in der Luft. Es scheint, als wird sich etwas ändern – ändern müssen. Denn so wie es war, geht es nach Ansicht vieler Menschen im Iran nicht weiter.
Damit zeigt sich, dass Iran nicht ein böses Land ist, beherrscht von Wahnsinnigen, ähnlich wie Nord-Korea. Sondern dass dort eine Art Demokratie herrscht, mit Abstimmungen und Meinungsumschwüngen, wie auch bei uns. Natürlich gibt es dort die für uns nicht nachvollziehbaren Religionshüter, die weitreichend ins Leben der Menschen eingreifen. Aber immerhin lassen die Leute es nicht zu, dass der Iran zu einer totalitären Diktatur wird. Ein Wandel im Frieden ist scheinbar möglich.
Dies hat für uns in Europa weitreichende Auswirkungen. Sollte es gelingen, den neuen Iran-Präsidenten davon zu überzeugen, Israel anzuerkennen und auf Atomwaffen zu verzichten, dann steht dem Handel nichts mehr im Wege. Die Beziehungen zu den USA würden sich normalisieren und damit auch die Beziehungen zur EU.
Das allerdings würde gerade uns in Europa voranbringen. Iran ist einer der größten Energielieferanten der Welt. Es geht nicht nur um Öl. Es geht vor allem um die Erdgasreserven des Golfstaates. Denn diese sind mit denen Russlands zu vergleichen. Bei einer Entspannung dürften unsere Konzerne im Iran Gas kaufen. Damit könnte die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas gelockert werden. Ein unschätzbarer Vorteil. Sowohl für die Energiepreise als auch die Versorgungssicherheit. Ein Streit zwischen der Ukraine und Russland könnte nicht mehr für kalte Wohnungen in Schwaben sorgen.
Bereits jetzt bemühen sich die Konzerne wie E.on und RWE das Verhältnis zum Iran zu entspannen. Dabei haben sie durchaus gute Argumente. Das Gas des Iran kommt auf den Markt – das ist ein Fakt. Warum sollen wir das nicht kaufen? Sollen wir die Reserven den Chinesen und Russen überlassen?
Zusätzlich hat der Energiehandel mit dem Iran weitere stabilisierende Folgen für den Mittleren Osten. Wer Geld hat, sein Land zu entwickeln, will weniger intensiv einen Krieg mit den Nachbarn führen, um alles zu ruinieren. Selbst auf Afghanistan bezogen würde sich die Entspannung lohnen. Nur mit Hilfe des Iran lässt sich die Situation dort verbessern.
Wir könnten also einen Stück Frieden kaufen und Wohlstand bringen. Vielleicht sogar die weitere Demokratisierung des Iran voranbringen. Und im Gegenzug würden wir Energie erhalten. Wenn die Entspannung gelingt. Das hört sich doch nach einem guten Deal an, oder?
Selbst wenn Ahmadinejad die Wahlen gewinnen sollte, bleiben die Gründe für eine Entspannung weiter richtig. Deswegen hoffe ich, dass es dem Westen gelingt, den Iran nach den dortigen Wahlen aus der Schmollecke zu locken. Barack Obama hat in seiner Kairo-Rede die Signale gegeben, alte Feindschaften zu überwinden und Beziehungen neu aufzubauen. Diese Chance müssen wir nutzen.
Zumindest die Energiekonzerne scheinen auch überzeugt zu sein, dass dies gelingt. Nicht umsonst führt die Gaspipeline Nabucco bis an die Grenzen des Iran.
Noch dürfen die beteiligten Konzerne wie RWE keine offiziellen Gespräche über eine Verbindung mit dem Mullahstaat führen. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bereits gedroht, in diesem Fall ihre Unterstützung für das Projekt zu entziehen.
Aber es ist klar, dass es in den kommenden Monaten Versuche geben wird, diese Blockade zu überwinden. Ich drücke die Daumen.