Gasheizungen verlieren Marktanteile. Öko auf dem Vormarsch

Das sind Holzpellets Foto: Flickr.com/thingermejig

Jeder Wohnung braucht eine Heizung. Jahrelang war Öl Marktführer. Doch heute spielen die Flüssigbrenner kaum noch eine Rolle bei Neubauten. Und jetzt geht es auch der anderen fossilen Quelle an den Kragen. Seit vier Jahren geht der Marktanteil der Gasheizungen in Neubauten zurück. Mittlerweile um über 15 Prozent – und da war noch nicht die Rede vom Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine. An die Stelle der traditionellen Wärmebringer treten Ökoenergien: Erdwärme, Pellets, Holz und Solarthermie. Hand aufs Herz – wer kennt einen Bauherrn, der nicht dran denkt, sich eine alternative Heizung zu kaufen?

Robert Bloos aus dem Dorf Maicha bei Gunzenhausen in Mittelfranken ist ein Baum von einem Mann. Groß, kräftig mit harten Händen. Robert Bloos kann anpacken. Der frühere LKW-Fahrer baut Heizungen für Holzschnipsel oder Biomasse. Seine erste Anlage hat er 1982 selbst zusammen geschmiedet. Seine Werkstatt war damals vielleicht 10 Quadratmeter groß. „Ich hab mir die Anlage gebaut, weil ich weg wollte vom Öl“, sagt Bloos. Den Treibstoff für seine Heizung sieht der Macher überall herumliegen. „Im Wald verrottet Holz. Das kann man doch verbrennen.“

Unabhängigkeit, das war die Idee des Franken. Und diese Idee war gut. Denn immer mehr Menschen wollen sich unabhängig machen, wenn sie ihre Wohnungen heizen. Ob Pellets, Holzschnipsel, Wärmepumpen oder Sonnenheizungen. Hauptsache weg vom Preischaos im Öl- und Gasgeschäft und von den Pipelines nach Russland. Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, bis ins Jahr 2020 rund 15 Prozent der deutschen Haushalte in die energetische Freiheit zu entlassen. Bereits jetzt wollen immer weniger Menschen einen Gasanschluss, wenn sie ein Haus errichten. Nach Daten des Bundesamtes für Statistik, die mir vorab vorliegen, fiel der Marktanteil für Gasanschlüsse in Neubauten innerhalb von nur vier Jahren von 75 Prozent auf unter 60. Gleichzeitig stieg der Anteil der Öko-Heizer von unter 5 auf über 26 Prozent.

Der positive Nebeneffekt: Die Umwelt wird geschont, denn die neue Energie ist Kohlendioxidneutral. Es wird nicht mehr Klimagas ausgestoßen, als beim Wachsen der Pflanzen vernichtet wird. Für Robert Bloos hat sich der Einsatz bereits jetzt gelohnt. Unter dem Namen „Heizomat“ verkauft er seine Schnipselbrenner in alle Welt. Er liefert nach Neuseeland, nach Russland, nach Österreich und Oberbayern. Im vergangenen Jahr setzte seine Firma 38 Mio Euro um. Über 200 Mann finden bei Bloos Arbeit. Tendenz steigend.

Gerade bei Neubauten kann man beobachten, wie stark der Zug zum unabhängigen Heizen mittlerweile geworden ist. Verena Gorris vom Bundesverband Wärmepumpen berichtet, dass je nach Region bis zu 45 Prozent der Neubauten mit Wärmepumpen ausgerüstet werden. Zum Beispiel in Thüringen. „Da sind wir nur noch einen Prozentpunkt hinter den Gasanschlüssen.“ Das besondere bei Wärmepumpen ist ihre Haltbarkeit. In geschlossenen Kreisläufen wird der Temperaturunterschied zwischen der Heizung und der Umwelt ausgenutzt, um Energie zu gewinnen. Einmal installiert muss über Jahrzehnte kein Geld in die Anlagen gesteckt werden.

Doch bei aller Begeisterung für die Energiesauger sind diese nicht völlig unabhängig. Wärmepumpen brauchen Strom, um das Wasser durch die Leitungen der Anlagen zu pressen. Diese Energie stammt aus Kohle- oder Atomkraftwerken. Doch auch hier verteidigt Gorris ihre Heizungen. Man ziehe etwa zweieinhalbmal mehr Energie aus der Pumpe als man hineinstecke.

Aber nicht nur die Wärmepumpen boomen. Auch Holzpellet-Heizungen spüren den Schub. „Wenn die Leute heute noch Geld ausgeben, dann stecken Sie das in ihr eigenes Heim. Davon profitieren wir – auch in der Krise“, sagt Martin Bentele vom Deutschen Energie-Pellet-Verband. Selbst Preisschwankungen für die Pellets können den Aufschwung bislang nicht bremsen. „Die Leute sind bereit für ihre Unabhängigkeit zu bezahlen.“ Den Brennstoff kann man bei verschiedenen Händlern kaufen, ohne von Konzernen abhängig zu sein. „Hier funktioniert der Markt noch“, meint Bentele.

Eine Einschätzung, die der Bundesindustrieverband Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) teilt. Tatsache sei, dass sich die Struktur im Heizungsmarkt ändere, sagt Andreas Lücke vom Verband. Selbst bei solarthermischen Anlagen, die Sonnenlicht in Wärme verwandeln, sei der Boom zu spüren. Als Ergänzung zu konventionellen Heizungen oder zu den alternativen Energieformen seien im vergangenen Jahr rund 210.000 Anlagen installiert worden. Das bedeutet, nahezu jeder dritte Heizkessel, der in Deutschland neu eingebaut wurde, bekommt Unterstützung vom Solardach. „Das ist eine gigantische Menge“, sagt Lücke.

Als Ursache für den Boom macht Lücke die hohen Preise für Gas und Öl aus und die im Verhältnis dazu berechenbaren Umrüstkosten der Altheizungen. „Die Leute sind bereit richtig tief in die Taschen zu greifen, um sich möglichst unabhängig zu machen.“

Zumal die staatlichen Anreize groß sind. Über Förderprogramme bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau oder der Bundesanstalt für Wirtschaft (BAFA) kann jeder bis zu 15 Prozent seiner Kosten erstattet bekommen. Das ist mehr als die Abwrackprämie für Autos. „Die Leute akzeptieren das“, sagt Lücke. Eine Forsa-Umfrage fand Anfang des Jahres heraus, dass in den kommenden fünf Jahren über 20 Prozent der Hausbesitzer ihre Wohnungen auf Ökowärme umstellen wollen.

Ein weiterer Grund für die Bereitschaft Geld zu investieren liegt nach Ansicht des Pelletverbandes im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland. „Das ist ein Marketing, das wir gar nicht bezahlen können“, sagt Pellet-Lobbyist Bentele.

Egal ob begründet oder nicht. Die großen Energiekonzerne fangen an, die alternativen Energien zu spüren. Zumal seit Anfang des Jahres ein Gesetz gilt, nach dem bei Neubauten ein Teil der Energie aus Erneuerbaren Quellen kommen muss.

Vor allem die Gasversorger sehen ihre Felle wegschwimmen, wenn immer mehr Neubauten ohne Gasanschluss auskommen. Vor kurzem beklagte der Vertriebsvorstand des Branchenführers E.on Ruhrgas, Henning Deters, öffentlich, das Gas an Bedeutung verliert. „Klimaschutz ist nicht gleichbedeutend mit erneuerbaren Energien.“ Und weiter forderte Deters: „Die Benachteiligung von Erdgas im Hauptabsatzmarkt, dem Wärmemarkt, muss ein Ende haben.“ Wie genau sich diese Benachteiligung bemerkbar macht, wollte Deters nicht sagen. Aber seine Worte machen klar, dass der Rückgang drastisch ist. Vor ein paar Jahren waren die alternativen Energien im Wärmemarkt kaum statistisch nachweisbar – heute wachsen sie dynamisch, während die Gasanschlüsse einbrechen.

Wie drastisch die Tendenz teilweise ist, kann man beim Regionalversorger Gelsenwasser im Ruhrgebiet beobachten. Innerhalb von nur vier Jahren sank hier die Zahl der Gasneuanschlüsse um mehr als 60 Prozent auf 800. Zum Teil sei dies auf die Flaute im Häuserbau zurückzuführen, sagte Gelsenwasservorstand Manfred Scholle. Aber eben auch auf neue Heizungsformen.

E.on-Vorstand Deters fordert die Bundesregierung auf deshalb, die „richtigen Rahmenbedingungen“ zu setzen, damit auch Gasanschlüsse in Zukunft weiter attraktiv bleiben. Denn Erdgas sei immer noch wirtschaftlich besser und sicherer als Ökopower.

Der fränkische Heizungsbauer Robert Bloos kann das nicht nachvollziehen. Er hat gerade eine neue Fertigungshalle auf einem aufgegebenen Truppenübungsplatz eröffnet. Er will Heizungen bauen, die auch Strom erzeugen können. Seine größte Anlage hat bereits jetzt eine Energieausbeute von drei Megawatt. Damit kann ein kleines Dorf versorgt werden. Gerade im ländlichen Raum könne die Heizung und Stromversorgung mit den vorhandenen Materialien sichergestellt werden, sagt Bloss und macht eine Rechnung auf. Ein Hektar Raps gibt sechs Tonnen Rapstroh. Wenn man das verbrennt, kann man die Asche als Dünger nutzen und spart noch über 2000 Kubikmeter Gas ein. Das entspricht dem Jahresverbrauch einer 4-köpfigen Familie. „Warum sollen wir abhängig bleiben? Wir versorgen uns selbst“, sagt Bloos. Das sei der richtige Weg in die Zukunft.

Pro Ruhrgebiet sucht Mitstreiter gegen Rechts

Bei den kommenden Wahlen werden rechte Gruppen unter dem Namen "pro" antreten. Seriöse Vereine, die schon lange dieses Wort im Namen tragen, wollen sich nun absetzen.

Pro Herten, Pro Ruhrgebiet – es gibt viele ganz normale Organisationen, die das Pro im Namen haben und mit den rechten Pro-Grüppchen nichts zu tun haben. Seinen guten Namen sieht der Vereinsvorstand von pro Ruhrgebiet durch das penetrante Auftreten der rechten Initiative pro NRW und ihre lokalen Ableger zunehmend gefährdet: „Wegen der Namensähnlichkeit besteht die Gefahr, durch Unwissenheit in die rechte politische Ecke gerückt“ zu werden", zitiert eine Pressemitteilung von  pro Ruhrgebiet den Geschäftsführer des Vereins, Dr. Roland Kirchhof. Pro Ruhrgebiet  will dem nun offensiv entgegentreten und sucht  Mitstreiter für eine Kampagne gegen pro NRW und seine lokalen Gruppen.

„Das Problem betrifft ja alle Vereine und Initiativen, die das „pro“ im Namen tragen“, schreibt  Kirchhof. „Deshalb sollten wir uns zusammenschließen und gemeinsam gegen Rechts antreten. Denn Rechtsradikale sind in Wahrheit nicht  „pro“ sondern „contra“: Gegen ein gedeihliches Zusammenleben, gegen die Akzeptanz von Andersgläubigen, gegen Ausländer und Zugewanderte.“

Initiativen und Vereine, die sich gemeinsam mit dem Verein pro Ruhrgebiet gegen Rechts positionieren wollen, bittet der Verein sich zu melden (E-Mail: info@proruhrgebiet.de oder auf der Homepage unter www.proruhrgebiet.de.) Baldmöglichst soll  ein Treffen stattfinden, um gemeinsame Aktionen zu planen.

Zu diesem Thema:

Domainwettlauf um pro-xxx

 

Der Unfug vom Outplacement Berater

In der FTD erschien gestern ein Artikel in dem die Vorteile von Outplacement Beratern präsentiert werden. Die Rauswurf-Berater sollen Arbeitnehmern im Falle der Kündigung helfen und dem Arbeitgeber die Kündigung erleichtern. Zu Wort kam Heike Cohausz von Rundstedt HR Partners. Ausgerechnet von Rundstedt…

Es ist gut sechs Jahre her. Ich arbeitete damals für eine Agentur im Ruhrgebiet und mein wichtigster Kunde war ein kleines Tochterunternehmen eines großen Konzerns: Knapp 300 Mitarbeiter. Ein Industriebetrieb. Ich machte damals die Betriebszeitung für das Unternehmen, in der Redaktion saßen Arbeitnehmer, ein Betriebsrat und Vertreter der Personalabteilung. Der Job war OK: Selbst Probleme der Mitarbeiter konnten thematisiert werden, ich habe Leute anonym interviewt, nie wurde ich gefragt wird mir was gesagt hat. Und dann musste Personal abgebaut werden. Der Betriebsrat stimmte zu, das eine Outplacement Beratung engagiert wird um den Mitarbeitern zu helfen – und man ließ sich die Sache was kosten: Man holte von Rundstedt.

Die hatten nun verschiedenen Aufgaben übernommen: Sie betreuten die Mitarbeiter direkt nachdem ihnen von der Personalabteilung die Kündigung mitgeteilt wurde (Die meisten haben das überhaupt nicht verstanden. Es war, wie gesagt das Tochterunternehmen, eines wirklich großen Konzerns – dass sie ihren Job verlieren würden ohne daran Schuld zu sein war für sie einfach nur schrecklich)
Aber OK – die Berater von von Rundstedt machten ihren Job und versuchten eine Perspektive für die Leute herauszuarbeiten: Was denn die Hobbys wären, ob man daraus nicht einen neuen Beruf entwickeln könnte. Die meisten, Industriearbeiter über 40, haben die Frage noch nicht einmal verstanden. Hobbys waren die Familie, Fußball und vielleicht der Garten – Gärtner werden wollten sie deshalb noch lange nicht.

Und natürlich half von Rundstedt auch, nachdem das Ding mit den neuen Perspektiven in ganz neuen Berufen nichts wurde, bei der Stellensuche. Ab und an bekamen die noch immer unter Schock stehenden Gekündigten Zettel mit Ausdrucken von der Arbeitsamtsseite drauf in die Hand gedrückt.  Noch ein paar Stunden Gespräch, ein kleines Bewerbungstraining – das war es dann.

Später, als alles vorbei war, habe ich mich über das Thema Outplacementberatung noch einmal mit dem Betriebsrat und einer Frau aus der Personalabteilung unterhalten. Pragmatische Leute, die wussten dass die Jobs nicht zu halten waren und einfach nur wollten, dass man den Betroffenen den Weg erleichtert und ihnen bei der Jobsuche hilft.
Sie waren sich beide einig das jeder Cent für von Rundstedt rausgeworfenes Geld war, das man besser den Mitarbeitern auf die Abfindung gepackt hätte.

FTD: "Outplacement wird für immer mehr Arbeitnehmer zur strategischen Karrierebegleitung", sagt Cohausz. OK, in dem Artikel geht es um Akademiker und nicht um angelernte aus der Produktion. Das aber ein gestandener Ingenieur über 50 eine Gespräch  mit einem von Rundstedt Berater anders bewertet als die Männer und Frauen aus dem Betrieb, den ich damals kennen gelernt habe, wage ich zu bezweifeln. Hätten die Berater von von Rundstedt eine Ahnung davon wie man Karriere macht – sie hätten nicht so einen Job.

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Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Opel: Pensionslasten erschweren den Verkauf…FTD

Opel II: Strukturwandel 3.0…Gelsenkirchen Blog

Rechte: Demo gegen Naziladen in Essen…Der Westen

Medien: Es gibt nichts Neues unter der Sonne…Prospero

Arbeitsamt: Armut und Demut…Kueperpunk

Demo: Ostermarsch endet in Dortmund…Ruhr Nachrichten

YouTube: Top Ten gehen noch…2.0

YouTube II: Ruhr Digital mit eigenem Kanal…Ruhr Digital

Kultur: Oper versemmelt…Der Westen

Die vagabundierende Religiösität sucht sich einen neuen Ort

Mein alter Freund Franz Josef Wegener hat ein Buch über High Tech und Gnosis geschrieben. Über was? Ebend.

Ruhrbarone ?: Franz, Du hast Dich als Historiker auf die Ideengeschichte konzentriert und vor kurzem Dein neues Buch vorgelegt: „Gnosis in High Tech und Science-Fiction“. Auch auf die Gefahr hin, mich zu blamieren: Was ist Gnosis?
Wegener !: Gnosis ist eine antike Religionsphilosophie wie sie sich im Mittelalter etwa bei den südfranzösischen Katharern oder in der Kabbala wieder findet. Das Leitbild der Gnosis ist das metaphysische Licht, aus dem der Gnostiker zu stammen glaubt, dessen göttlicher Teil er zu sein meint, und in das er wieder einzugehen gedenkt. Das Erkennen der eigenen Göttlichkeit, des göttlichen Lichts als Funken in der eigenen Seele, wird als „Gnosis“ (Erkenntnis) bezeichnet. Heute finden sich gnostische Elemente offen bei den Anthroposophen, den Anhängern des New Age aber auch etwa bei Scientology. Für den klassischen Christen ist das Hybris, denn wie kann ein Mensch Gott sein?

?: Und wo liegt der High Tech-Bezug?
!: Nehmen wir etwa den inzwischen schon sprichwörtlichen Kult um Apple. Die Keynotes, auf denen Steve Jobs neue Produkte präsentierte, waren wie Hochämter inszeniert: Schwarze Vorhänge, das Produkt fährt auf einem Podest aus dem Boden nach oben, das Licht des strahlenden, angebissenen Paradies-Apfels überstrahlt die Szenerie, Jobs in seiner typischen Bettelmönch-Kluft aus Jeans und Rollkragenpulli hebt ein violettes Tuch zur Entschleierung des Mysteriums, des neuen Rechners. Auf dem neuen Rechner zeigt sich als Standardbildschirmhintergrund das dunkle All in dessen Mitte ein violetter Lichtkranz die Finsternis durchbricht. Zum Abschluss erfolgt eine Art Schlusssegen: „One more thing …“ bevor die Gemeinde entlassen wird, den Fans der dunklen Seite der Macht, den Gates-Anhängern, die frohe Botschaft zu künden.  

?: Ein Beispiel aus dem Bereich Science Fiction bitte. Ich weiß, dass das vor allem unsere Freunde aus Duisburg interessiert.
!: Gerne. Nehmen wir den US-Blockbuster „Matrix“. Wie die antiken Gnostiker weiß Filmheld Neo nicht, dass er in einer von fiesen Archonten, hier Agenten, kontrollierten „falschen“ Welt lebt. Der antike Gnostiker fühlte sich als lichte, göttliche Seele durch ein kosmologisches Unglück in die dreckige, blutige, schmerzende Materie geworfen. Allerdings hatte die Seele ihre tatsächliche Herkunft vergessen. Sie schläft unwissend. Auch Neo schläft, als über seinen Computerbildschirm die ersten Worte flackern: „Wach auf, Neo …“

?: Seit der Aufklärung ist Metaphysik aus guten Gründen für viele, vor allem Intellektuelle, tabu. Doch trotz allem gibt es offensichtlich ein Bedürfnis nach Spiritualität.
!: Genau. Und diese heute ungebundene, vagabundierende Religiösität sucht sich nun einen neuen, möglichst der Metaphysik unverdächtigen Ort. Und die aktuellen Trägersysteme sind meines Erachtens auch High Tech und Science Fiction. Hier findet sich immer wieder das alte, bei den Gnostikern oft durch Selbstmord befriedigte Verlangen, der schmerzenden Körperlichkeit zu entfliehen, das Ich zu de-mater-ialisieren und unsterblich werden zu lassen. Es gibt Theoretiker, die zurzeit sogar dem Internet als cerebralen Kollektiv aus Rechnern und Gehirnen eine allwissende, göttliche Qualität zubilligen, mit der wir surfend zunehmend verschmelzen. Eine Fusion im gleißenden Datenlicht – auf Kosten unseres alten Ichs. Die Schattenseite: Das zerfließende Ich, dem zunehmend nur noch die Funktion eines Switches, einer Datenweiche, zukommt, versucht in einer verzweifelten Abwehrschlacht sich der eigenen Grenzen körperlich neu zu vergewissern. Dieser Versuch kann dann schon einmal heftiger ausfallen: Das geht vom Pilgern auf dem Jakobsweg oder Extremsport bis hin zum Amoklauf.

Links:
High Tech und Gnosis

Franz Wegener

RWE bekommt Streß in Holland

Es ist der ganz große Deal des Essener Energiekonzerns RWE. Die Übernahme des holländischen Versorgers Essent. Und ausgerechnet bei diesem sowohl wichtigen, wie prestigeträchtigen Deal kommt es jetzt überraschend zu Problemen.

Die niederländische Wirtschaftsministerin Maria van der Hoeven lehnt das Geschäft politisch ab und ist bereit alle möglichen Hebel in Bewegung zu setzen, um die größte Übernahme des RWE seit Jahren zu blockieren. Das hat mir ihr Sprecher so gesagt.

Zudem zeichnen sich Schwierigkeiten ab, die Essent-Entsorgungsparte wie geplant vor der Übernahme durch das RWE zu verkaufen. Nach Brancheninformationen ist derzeit kein größerer Müllkonzern bereit, für die Essent-Sparte die geforderte Summe von rund 1 Mrd Euro zu zahlen. Ich hab mit einigen der dicken Entsorger gesprochen, die sagen, das Geschäft sei nicht realistisch. Zu teuer und zu unsicher, gerade jetzt in der Kreditkrise und Zeiten von zusammenbrechenden Sekundärrohstoffmärkten. Müll hat gerade keine Konjuntur.

Ein RWE-Sprecher sagte mir, die Schwierigkeiten würden den Prozess der Übernahme nicht behindern. „Wir sind zuversichtlich, alle Bedenken ausräumen zu können.“

Aber der Reihe nach. In den vergangenen Tagen hatte die christdemokratische Politikerin Maria van der Hoeven einen Brief an die EU-Wettbewerbskomissarin Neelie Kroes gesandt, in dem sie erhebliche Vorbehalte gegen die Übernahme formulierte. Zum Hintergrund: die gebürtige Holländerin Neelie Kroes wurde von der niederländischen Regierung in die EU-Kommission geschickt. Im Brief von Holländerin an Holländerin hieß es, solange RWE Stromübertragungsnetze in Deutschland behalte, drohe der Wettbewerb in Holland verzehrt zu werden. Denn in Holland gelte die Regel, dass jeder Stromhändler nicht Eigentümer von Stromnetze sein dürfe. Ein Sprecher der holländischen Wirtschaftsministerin sagte zudem, dass Maria van der Hoeven die Privatisierung des derzeit noch von Kommunen kontrollierten Versorgers Essent sehr kritisch sehe. „Wir wollen unsere Sorgen klar machen und hoffen darauf, dass RWE und die EU unsere Bedenken entkräften.“ Gleichzeitig machte der Sprecher der Wirtschaftsministerin klar, dass die Niederlande die Übernahme nicht verhindern könnten. Dies stehe alleine in der Verantwortung der EU.

Ich hab dann in Brüssel angerufen. Ein Sprecher von der EU-Wettbewerbskomissarin Kroes sagte mir, Kroes werde im Rahmen der Essent-Übrnahme durch RWE nichts erlauben, was negative Einflüsse auf den Wettbewerb habe. „Das ist unser einziges Kriterium.“

Tja, RWE weist die Kritik zurück. Ein Sprecher sagte: „Unser Übernahmevorstoß auf Essent entspricht voll und ganz EU-Recht.“ Es gebe keine Wettbewerbsverletzungen. So würden die Essent-Netze nicht vom RWE übernommen, sondern blieben in niederländischem Besitz. Zudem spiele es für die Übernahme in Holland keine Rolle, wem die deutschen RWE-Netze gehören, solange die rechtlichen Vorgaben eingehalten würden. Hier folge RWE den EU-Ansprüchen, das eigene Netz von einer organisatorisch unabhängigen RWE-Tochter betreiben zu lassen. „Wir sind guten Mutes, dass die Transaktion durchgeführt wird.“ Die holländischen Kommunen, denen bislang Essent gehört, hätten bereits weitgehend dem Verkauf zugestimmt. Rund 90 Prozent der Anteile könnten demnach abgegeben werden.

Und auch das offenbar mangelnde Interesse an der Essent-Entsorgungssparte stößt beim RWE nicht auf Besorgnis. Offiziell wird nichts dazu gesagt, doch intern heißt es, zur Not würden die holländischen Kommunen einfach das Müllgeschäft behalten. Ein Essent-Sprecher hat das mir gegenüber bestätigt: „Wir werden die Entsorgungssparte nicht um jeden Preis verkaufen.“

Die Schwierigkeiten kommen vor allem überraschend, nachdem RWE und Essent in den vergangenen Tagen den Verkauf der holländischen Anteile an den Bremer Stadtwerken in die Wege leiten konnten. Die Beteiligung an dem kommunalen Unternehmen galt als Hindernis bei der notwendigen Kartellrechtlichen Genehmigung der Übernahme in Deutschland. Nach Ansicht der Wettbewerbshüter darf RWE keine weiteren Gemeindebetriebe in Deutschland übernehmen. Auch nicht über Eck, etwa über den Kauf der Essent und deren Beteiligungen an deutschen Stadtwerken.

Handelsblatt-Chef gegen Dummblogger für Qualität

Bernd Ziesemer. Chefredakteur des Handelsblattes / Foto: e-ini.nrw

Vor ein paar Minuten ist mir etwas interessantes untergekommen. Es geht um einen Beitrag des Handelsblatt-Chefredakteurs Bernd Ziesemer auf einer Tagung zur Lage des Wirtschaftsjournalismus in Köln, oder sagen wir eher um eine Polemik. Aber egal. Ziesemer greift die Dummschwatzblogger an, die Empfehlungen an die etablierten Medien zur Online-Strategie verpassen, ohne selbst den Beweis zu liefern, es besser zu können. Damit hat er wohl recht. Denn noch immer wird unzweifelhaft das meiste Geld im Print verdient und nicht auf den Internetseiten. Ziesemer ergreift Partei für den Qualitätsjournalismus, der in der Krise nicht zum Spielball der verlegerischen Profitablität verkommen dürfe. Edle Worte, richtig Worte. Und besonders spannend, nachdem das Handelsblatt selbst nur knapp dem Massaker zugunsten des Profitstrebens entkommen ist.

Aber genug der Vorrede: Hier die 10-Punkte Polemik von Bernd Ziesemer in ihrer ganzen Pracht, so wie sie offenbar zuerst bei Klaus J. Stöhlker erschienen ist:

1. Er sei ein „hoffnungsloser Anhänger der Trennung von Redaktion und Anzeigengeschäft“. Die redaktionelle Unabhängigkeit sei in der derzeitigen Krise allerdings akut gefährdet. Als Journalisten „sollten wir daher alle Modelle danach abklopfen, ob sie Unabhängigkeit und damit Qualitätsjournalismus stärken“, forderte Ziesemer.

2. „Zu viele Verlagsmanager gebärden sich so, als ob sie Chefredakteure wären. Und zu viele Chefredakteure tun so, als ob sie Verlagsmanager wären“, stellte Ziesemer fest. Manche Chefredakteure würden sich sogar Redaktionsmanager nennen. Ziesemer: „Ich finde das zum Kotzen.“ Das Geschäft der Wirtschaftsjournalisten seien Scoops, Leitartikel, spannende Reportagen. „Warum reden wir zu wenig auf solchen Veranstaltungen über unser Kerngeschäft?“, fragte er – und räumte ein, das in der Vergangenheit auch getan zu haben. „Ich habe gesündigt, aber ich werde ab heute damit aufhören“, versprach Ziesemer.

3. Einige „junge Verlagsmanager“ und „einige Unternehmensberater, die sich derzeit in den Verlagen tummeln“, würden bei ihm „einen Würgereiz auslösen“, so Ziesemers dritter Punkt. Unter ihnen seien „zu viele kulturelle Analphabeten, die längst keine Zeitung mehr lesen, aber uns erklären wollen, wie man eine Zeitung macht“, stellte er fest. Als beim „Handelsblatt“ kürzlich Berater gesucht worden seien, seien etliche der Powerpoint-Präsentationen von Firmen, die sich dafür bewarben, in ihrer „intellektuellen Dumpfheit, betriebswirtschaftlichen Vordergründigkeit und moralischen Impertinenz“ nicht mehr zu überbieten gewesen. Journalisten in einigen Verlagen seien dabei, ihren Berufsstolz zu verlieren und sich nur noch als Lückenfüllproduzenten am Band zu verstehen, um Anzeigenlücken zu füllen. „Der Vorgang bei Gruner&Jahr erfüllt mich mit Zorn und Scham“, so Ziesemer.

4. Es gebe in Printmedien eine „komische Mischung aus Bullshitting und Masochismus“, so Ziesemer. Das Bullshitting sei, bei den eigenen Marken jede Sparmaßnahme „als verlegerische Großtat zu verkaufen“, statt sie als das zu benennen, was sie seien: Sparmaßnahmen. Der Masochismus drücke sich etwa in einem Artikel im „Wirtschaftsjournalist“ aus, in dem es hieß, es gebe keine Branche, die so konservativ und innovationsfeindlich sei wie die Medienbranche. „Ach Quatsch“, so Ziesemer. Das Problem gehe „von ganzseitigen Werbepostern auf Seite 1“ aus. „Wer soll die Zeitung kaufen wenn sie aussieht wie Waschmittelwerbung?“, fragte Ziesemer. Und was die Krise angehe, so sei zwischen 1990 und September 2008 die Auflage des „Wallstreet Journal“ nicht gefallen, sondern um 6,6 Prozent gestiegen. Und das=2 0obwohl, oder gerade weil, die Zeitung den einzigen kostenpflichtigen Internetauftritt einer Tageszeitung weltweit betreibe.

5. Eine „besondere Kategorie von Dummschwätzern“ finde sich unter den Medien-Bloggern, klagte Ziesemer, die versuchten „ein paar lousy Pennys zu verdienen, dabei aber nicht mal auf Hartz-IV-Regelsatz kommen“. Diese würden dennoch den Journalisten täglich empfehlen, ihre Printprodukte einzustampfen und nur noch auf Online zu setzen – obwohl dort offenbar nicht so viel Geld zu verdienen sei.

6. Es sei ihm „vollkommen unerfindlich, warum sich einige Chefredakteure in Deutschland an diesem Dauergeschwätz beteiligen“, so Ziesemer. So habe FTD-Chefredakteur Steffen Klusmann jüngst in der FAZ gesagt, „die Zeitung werde in fünf Jahren vom iPhone gekillt“. Nur, warum habe er nicht sieben oder acht Jahre gesagt, fragt Ziesemer, und gibt sich selbst die Antwort: „Weil der Prognosewert gegen Null geht.“ Wenn Klusmann daran glaube, dann solle er sich „mal schnell bei iPhone bewerben“. Allerdings habe derselbe Klusmann auch 2005 gesagt, die FTD werde das „Handelsblatt“ „schon bald“ überholen. Das erinnere ihn an einen Daihatsu-Fahrer, so Ziesemer, der bei einem Kilometer Abstand auf der Autobahn den BMW-Fahrer mit seiner Lichthupe erschrecken wolle. Das „Handelsblatt“ habe heute eine Auflage von 150.000, die FTD 100.000 – der Abstand gelte seit fast drei Jahren. „Soweit zur Prognostik“, so Ziesem er.

7. Es sei ja bisher ein ungeschriebenes Gesetz gewesen, sich auf solchen Veranstaltungen nicht gegenseitig zu kritisieren. „Davon weiche ich heute leicht ab“, so Ziesemer. Der Grund sei ein Zorn, den er sich in 30 Jahren als Journalist erworben habe. Eine Einheitsredaktion für fünf Titel zu bilden erinnere ihn an einen Satz Lech Walesas, der über den Sozialismus gesagt habe, es sei leicht, aus einem Aquarium eine Fischsuppe zu machen, aber sehr schwer, aus Fischsuppe ein Aquarium. „Klusmann sollte aufhören, uns allen seine Fischgruppe als Rezept zu verkaufen“, forderte Ziesemer. Er solle ruhig machen, was er wolle, aber es sei „intellektuell unredlich“, ständig zu behaupten, alle anderen würden das auch tun.

8. Ein Problem sei, dass „die Kollegen, die über Medien schreiben, mit wenigen Ausnahmen das Langzeitgedächtnis einer Ameise haben“. Sie würden „den Bullshit, den Verlage präsentieren, eins zu eins runterschreiben“, so Ziesemer. Stattdessen sollten sie lieber mal ins Archiv schauen, was in der Vergangenheit gesagt und getan wurde. „Medienjournalismus ist leider weitgehend recherchefreie Zone“, so Ziesemer. Hörensagen werde als Faktum präsentiert. Er habe in 15 Blättern gelesen, was angeblich beim „Handelsblatt“ vor sich gehe, nur ein Journalist habe ihn angerufen und ein weiterer eine Mail geschickt.

9. Das Herz der Zeitung sei „Recherche und Qualität“, zitierte Ziesemer die Professorin Miriam Meckel aus einem Beitrag in der FAZ. Dafür brauche man keinen Newsroom, sondern Schreiber, die über eine Welt berichteten, die man nicht im Internet finde.

10. Das sei vielleicht eine „sehr konservative, fast altmodische Sichtweise“, die Meckel äußere, räumte Ziesemer ein, aber „ich teile sie“. Es gebe aber auch Verleger und Verlagsmanager, die das täten.

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Sabine von der Beck führt Grünen-Liste an – Ruhrgebiets-Gegnerin auf Platz 3

Die Grünen haben Ihre Liste für das Ruhrparlament aufgestellt.

Sabine von der Beck (Kreis Recklinghausen und auf dem Foto) sowie Martin Tönnes (Dortmund) führen die Liste der Grünen für das Ruhrparlament des Regionalverbandes Ruhr an. So bestimmten es die Landesdelegierten von 15 Kreisverbänden aus dem Ruhrgebiet auf einem Teil-Parteitag.

Auf Platz drei folgt Christel Winterberg, die sich massiv für den Austritt des Kreises Wesel aus dem RVR stark gemacht hat.

Hier der Rest der Liste: Sabine von der Beck Herbert Goldmann (Kreis Unna), Dorothea Schulte (Herne) Jörg Obereiner (Ennepe-Ruhr-Kreis), Claudia Leiße  (Duisburg),  Mehrdad Mostofizadeh  (Essen), Regina Wittmann  (Oberhausen), Wolfgang Cordes (Bochum), Sigrid Lange ( Bottrop), Hubert Niehoff  (Mülheim), Susanne Dippel (Ennepe-Ruhr-Kreis), Rüdiger Ludwig (Hagen), Mario Herrmann (Kreis Recklinghausen), Dr. Carsten Grüneberg (Hamm), Peter Saatkamp (Gelsenkirchen).

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

ThyssenKrupp: Arbeiter protestieren gegen Stellenabbau…Ruhr Nachrichten

Ökologie: Weitere Fahrverbote für Autos?…Der Westen

Buer: Neues Online-Magazin…Gelsenkirchen Blog

Opel: Schließung wäre dramatisch für das Revier…Süddeutsche

Ärger: Hüseyin Aydin kritisiert Linkspartei…Kölner Stadtanzeiger

Ehrung: Stefan Soltesz und Steven Sloane Bürger des Ruhrgebiets…Der Westen

Ruhr2010: Beitz und Scheytt haben weiter Probleme miteinander…Der Westen

Kultur: Ohne Eintritt ins Museum…Ruhr Nachrichten

Vattoz: Neuer Musikdienst…2.0