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IJU – Die erfundene Terrorgruppe?

Im heute begonnenen Prozeß gegen die drei mutmaßlichen islamistischen Terroristen aus dem Sauerland geht es auch um die Aktivitäten der Islamischen Jihad Union (IJU).  Gibt es diese Gruppe wirklich  oder ist sie eine Erfindung des usbekischen Geheimdienstes?

Foto: Galima Bukharbaeva

Die deutschen Ermittler stützten sich bei ihren Recherchen auf die Ergebnisse von Geständnissen aus den Folterkellern des usbekischen Diktators Islam Karimow. Dort wurden schon ein Mensch zu Tode gekocht. Die Beweise für diesen bestialischen Mord liegen mir vor. Die Zusammenarbeit mit den usbekischen Foltermeistern ging für die Deutschen so weit, dass sie den usbekischen Stasi-Minister nach Deutschland einluden und den Folterknecht hier hofierten.

Die Zünder für die Bomben aus dem Sauerland lieferte übrigens ein V-Mann des türkischen Geheimdienstes. Auch das: dubios.

Galima Bukharbaeva (34) ist die bekannteste Journalistin Usbekistans. Sie berichtete als Augenzeuge über das Massaker von Andischan, bei dem usbekische Sicherheitskräfte Hunderte friedlicher Demonstranten erschossen und musste danach aus ihrem Land fliehen. Galima erhielt für ihre Arbeit den International Press Freedom Award des amerkanischen Committee to Protect Journalists. Sie konnte die angeblichen Anschläge, mit der die Islamische Jihad Union (IJU) in Usbekistan zum ersten Malin Erscheinung trat, vor Ort recherchieren.

Die Ruhrbaronin Annika Joeres hat mit Galima gesprochen. Hier ihr Interview:

Ruhrbarone ?: Frau Bukharbaeva, in dem Düsseldorfer Sauerlandprozess dreht sich alles um die Frage, ob die so genannte Islamische Jihad Union (IJU) als Terrorgruppe wirklich existiert. Sie soll aus Usbekistan stammen. Sie haben in diesem Land gelebt, als Journalistin gearbeitet – was wissen  Sie über die IJU?
Galima Bukharbaeva !: Die IJU ist ganz eindeutig eine Erfindung des usbekischen Geheimdienstes. Nach den drei Selbstmordattentaten in der usbekischen Hauptstadt Taschkent im Jahr 2004 wurde die IJU zum ersten Mal von der Regierung Karimov verantwortlich gemacht. Seitdem rechtfertigt er sein menschenverachtendes Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung mit der Gefahr vor dem Terrorismus.

?: Vielleicht profitiert Karimov davon, aber die Gruppe könnte dennoch existieren. Was macht Sie so sicher?
!: Nein. Ich war bei den Anschlägen vor Ort und habe mit den Ermittlern der Polizei gesprochen. Sie haben gelacht über die IJU, jeder wusste damals, dass es eine Erfindung war. Es gibt unzählige Ungereimtheiten. Zum Beispiel hat mir die Mutter einer angeblichen Selbstmordattentäterin erzählt, die Leiche ihrer Tochter sei bis auf eine Loch im Bauch unversehrt gewesen. "Und als der Ermittler mir ein Foto zeigte, sah ich mit eigenen Augen, dass der Körper der Selbstmordattentäterin bis auf die Bauchwunde unversehrt war."  Bei einer Explosion, die zahlreiche Menschen in den Tod gerissen haben soll! Die offizielle Erklärung der Ermittler war damals, die Frau sei so dick gewesen, dass die Detonation nicht die Haut  durchdrungen haben soll. Das ist einfach lächerlich.

?: Trotzdem kam es zu Prozessen gegen die angeblichen Terroristen der IJU. Es muss sie also gegeben haben.
!: Auch das war absurd. Ich war im Gericht, niemand hat etwas ausgesagt, selbst die Anwälte der Beschuldigten wurden von der Regierung bezahlt und sprachen kein Wort mit Journalisten. Das ganze ist ein großer Fake. Erst als in Deutschland die Sauerland-Terroristen auftauchten, wurde die IJU plötzlich wieder herangezogen, die großen Magazine Stern und Spiegel berichteten darüber. Deutschland geht der Karimovs Strategie auf dem Leim. Und es ist eine große Schande, dass ein Staat wie Deutschland sich auf Aussagen dieses verbrecherischen Geheimdienstes beruft.

?: Die deutschen Behörden sagen, sie seien selbst dorthin gereist um Zeugen zu vernehmen.
!: Kein Mensch in usbekischen Gefängnissen kann sich frei äußern. Ich weiß, wie Gefangene eingeschüchtert und gefoltert werden. Sie drohen zum Beispiel damit, Familienangehörige ebenfalls zu verhaften oder zu verletzen. Die Beschuldigungen sind abslut absurd, ich selbst wurde bezichtigt, eine Sprecherin von  muslimischen Terroristen zu sein. Die Vernehmungen sind reine Show und für einen Rechtsstaat wie Deutschland absolut unwürdig.

?: Wie erklären Sie es sich, dass Deutschland mit den usbekischen Diensten kooperiert?
!: Deutschland hat als einziges Land in der EU dafür gekämpft, die Sanktionen gegen Karimovs Terrorregime fallen zu lassen, Außenminister Frank-Walter Steinmeier bereiste das Land und empfing Delegationen. Es ist eine absolut unheilige Allianz.

Die ultimative Elke Heidenreich Selbstdemütigung

Elke Heidenreich gibt dem iPhone Hausverbot. Ein Sendeverbot für "WeiterLesen" auf dem SternApp will sie aber wohl lieber nicht.

Ich habe die TV-Show "Lesen" von Elke Heidenreich nie gesehen. Auch das legendäre "Literarische Quartett" hat mich nie interessiert. Warum ich mich ausgerechnet im Fernsehen über Bücher informieren sollte. konnte ich nie nachvollziehen. Die Buchbesprechungen in Zeitungen, Magazinen und dem Internet reichten mir immer vollkommen aus.

Das TV-Bashing von Reich-Ranitzki fand ich ganz witzig, aber mehr auch nicht. Als Elke Heidenreich nachlegte war das dann nur noch peinlich. Ihre Sendung "Lesen" wurde abgesetzt, was mir nichts ausmachte und lief kurz darauf als "WeiterLesen" nur noch im Internet. Auch da wollte keine die launige Elke sehen. Es wurde ruhig um Sie. Aber Heidenreich ist ja ein ausgefuchster Medienprofi und brachte sich mit Meckerei gegen das iPhone wieder ins Gespräch – in ihrem Haus hätten die Dinger Hausverbot und wer ein IPhone hat würde ohnehin nicht mehr lesen. Blödes Gerede eines ex-TV-Stars der mal wieder etwas Publicity braucht. Und so habe ich gestern WeiterLesen in einer Kurzversion gesehen – die Show war als Video im SternApp für das iPhone eingebunden – in dem Artikel, in dem über Heidenreichs Tech-Nörgelei berichtet wurde. Schon ein wenig peinich wenn man nun von den Medien abhängig ist, die an eigentlich tief verachtet. WeiterLesen haben ich mir zwei Minuten lang angeschaut. Ich fand es unerträglich blöd. Dann legte ich das iPhone weg und Griff zum Buch: Peter Watson: Ideen – Eine Kulturgeschichte von der Entdeckung des Feuers bis zur Moderne".  Tolles Buch – wenn man es liest kommt man gar nicht mehr auf die Idee, einen Fernseher einzuschalten.

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Bernotat: Öko-Pläne für das Ruhrgebiet…Der Westen

Karstadt-Aus: Bottrop  sagt "Weiter so"…Bottblog

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Live: Baender Baender im Domicil…unruhr

PollerWiesen: Party in Mülheim…Virtual Nights

 

3 FÜR 7 – Neoliberale Monokultur und anderes

Routinen, Gewöhnungseffekte. Der Autor hat gerade einen Artikel über den Film „Dorfpunks“ bei einseitig.info abgeliefert, hört eine alte Live-Aufnahme von einem F.S.K.-Konzert in Essen und fragt sich, ob er das Bohren und der Club of Gore Konzert auf Zollverein empfehlen soll. Er entscheidet sich für einen Zwischenweg. Aber vor allem für: Ein Festival. Eine Diskussion. Und ein Treffen. 

Eine Freundin aus Studientagen fragte einmal, warum Frauen Frauenpolitik machen sollten. Naja, vielleicht weil es ja bemerkenswert wäre, wenn nur (biologische) Männer Genderpolitik machten. Es ist aber z.B. schon erstaunlich, wie wenige Frauen in der (Medien-)Kunst in einer klar gebrochenen Männerrolle reüssieren, und wie viele Männer versuchen, sogenannte weibliche Seiten zu okkupieren. Was immer das bedeuten mag. Und was ist eigentlich in diesem Zusammenhang ein Internationales Frauenfilmfestival? Diesjähriges Motto „Fokus: Freiheit“ (Foto mit freundlicher Genehmigung von IFFF Dortmund|Köln). Gefördert von Stadt, Land, Kommunen, Toyota, RWE und Sparkasse. In Dortmund und Köln. Sechs Tage lang, ab heute. Mehr hier.

Am Mittwoch geht es hingegen mal um Wissensökonomie als Breitensport. Claus Leggewie und andere diskutieren unter dem Titel „Alter Traum in neuer Gestalt? Von der gedruckten zur digitalen Enzyklopädie“. Und das aus Anlass der Publikation des achten Bandes der „Enzyklopädie der Neuzeit“. Genau. Alle nutzen Wikipedia, alle nutzen Google, aber hier geht es um Print! Geschrieben von Deutschen in Paris, nämlich dem Deutschen Historischen Institut. Verlegt in Essen, haha. Spannende Definitionen aus – global betrachtet – interessanter Perspektive, diskutiert angesichts der üblichen Kulturkämpfe um Technikdistribution, Diskurshoheiten, Wissenstransfer und Ungleichzeitigkeiten. Kulturwissenschaftliches Institut eben. 

Und damit zum Bild fremder Kulturen, die gar nicht fremd sind. Es scheint ja eher dass mit dem Ende von letzten eigenständigen Kulturen in Afrika, Asien, Australien und Südamerika nur die Unterschiede zwischen asiatischen, arabischen und europäisch-amerikanischen Hochkulturen deutlicher zutage treten, während auf Ausreißer aus diesem Kanon noch härter eingeprügelt wird. „Bosporus – Tor der Kulturen“ trägt diese eingeschränkte Sichtweise schon im Titel, ist aber inner-europäisch und mit Blick in Richtung Naher Osten natürlich auch NRW-gefördert und dient sozusagen einfach nur der Verständigung unter leicht verschiedenen Nachbarn. Mehr hierzu hier, knackige Fakten und Daten zu allen drei Veranstaltungen in HiTech-kompatibler Hegemonialkultur-Kürze im …

Überblick:

Das Internationale Frauenfilmfestival vom Dienstag, 21. April, bis zum 26. April in Köln und Dortmund (domicil, Schauburg, CineStar).

„Alter Traum in neuer Gestalt?…“ am Mittwoch, 22. April ab 18.15 Uhr im Essener Kulturwissenschaftlichen Institut.

Das Theatertreffen „Bosporus – …“ im Rahmen der 32. Duisburger Akzente vom Sonntag, 25. April bis zum 13. Mai im Theater Duisburg.

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Bloggertreffen: Plogbar in Bochum…Pottblog

Zukunftskommission: Johannes Rau lässt grüßen…FAZ

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Teuer Wasser

Foto: flickr.com/jörgenshaus

In den vergangenen Monaten ist die deutsche Wasserindustrie unter Druck geraten. Im Gespräche ist eine harte Regulierung, wie sie schon in Hessen praktiziert wurde. Die Kartellbehörde dort verlangt Preissenkungen von bis zu 37 Prozent. Nun wollte auch die NRW-Regierung die Zähne zeigen.

Allerdings blieb es nun beim zeigen, denn reagieren will die schwarz-gelbe Koalition nicht. Aber ich fange mal lieber vorne an. Der Markt für Trinkwasser steht anders als Strom und Gas nicht im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Die monatliche Pauschale wird halt abgebucht, den Verbraucher kümmert es nicht weiter. Grund ist nicht nur die im Vergleich zur Strom- und Gasrechnung geringe Summe, sondern auch der simple Grund: Wasser ist gut, also sind die Unternehmen auch gut.

Da die Wasserbetriebe oftmals recht klein sind – es gibt rund 6500 in Deutschland – werden sie von den Landeskartellbehörden beaufsichtigt. Aktiv werden die Kartellwächter erst wenn sie überhöhte Preise vorfinden. Und da hakt es. Die Preise sind zwar leicht zu ermitteln, aber schwer zu vergleichen. In manchen Regionen muss das Wasser teuer aufbereitet werden, in anderen schießt es für kleines Geld quasi aus dem Boden oder fließt kostengünstig vom Berg herab.

Der Vergleich ist also schwer. Da braucht man viele Daten, muss sich auch noch mit den Kommunalpolitikern rumschlagen, die ihre Wasserbrunnen schützen wollen. Das macht keinen Spaß, die Beamten lassen also die Finger davon.

Einer springt allerdings aus der Reihe, die Hessen. Die haben sich ihren Markt genau angeschaut und kräftige Preissenkung verlangt. Die Frankfurter Mainova etwa soll ihre Wasserpreise um ein Drittel kürzen. Das ist happig und fand auch seinen Widerhall in den Medien.

Andere Bundesländer mussten also reagieren. Auch die Landesregierung in Düsseldorf nahm den Wassermarkt unter die Lupe. Statt aber die Landeskartellbehörde damit zu beauftragen, machte eine Unternehmensberatung eine Umfrage unter den Wasserfirmen. Ganze 13 Prozent nahmen teil. Eine Schlappe, heißt es unter der Hand bei Vertretern der Landeskartellbehörden. Ein Erfolg, meint das zuständige NRW-Wirtschaftsministerium.

Der Handlungsbedarf erstreckt sich nun darauf, die nächste freiwillig Befragung anzuleiern. Dabei zeigt ein Blick in die Studie der Unternehmensberatung, die Firmen kassiert massiv ab. Die befragten Wasseranbieter kommen bei einem normalen Haushaltskunden auf eine Nettorendite von 20 Prozent. Von jedem umgesetzten Euro bleiben 20 Cent Gewinn bei den Firmen hängen. Von einer solchen Rendite träumen selbst Softwarekonzerne.

Schön, das wir darüber gesprochen haben…

OK, wäre  Ossi Urchs, in den 90er Jahren Minister for Tomorrow unser Ministerpräsident und nicht sein damaliger Amtskollege, der ehemalige Zukunftsminister Jürgen Rüttgers Ministerpräsident von NRW, der Bericht der Zukunftskommission wäre unterhaltsamer und futuristischer ausgefallen. Viel weniger Inhalt hätte er wohl nicht gehabt.

Ralf Dahrendorf, Bodo Hombach, Alice Schwarzer, Jürgen Großmann, Hubert Kleinert, Jürgen Flimm und viele andere: Die Zukunftskommission des Landes war wahrhaft prominent besetzt. Und politisch facettenreich zugleich: Aus jeder Partei, aus jeder gesellschaftlichen Schicht, aus allen Bereichen waren sie heute gekommen um Jürgen Rüttgers ein Papier vorzulegen mit Überlegungen, wie es denn 2025 in NRW so zugehen könnte. Sie gaben Rüttgers weniger klare Antworten als Fragen, die sie  mit gut  abgewogenen Maßnahmen  gleich mit beantworteten: Warum nicht nachgelagerte Studiengebühren? Warum nicht ein allgemeiner Sozialdienst für alle jungen Frauen und Männer? Warum nicht ein garantiertes Mindesteinkommen für alle? Warum nicht ein staufreies Ruhrgebiet durch intelligente Autobahnen? Warum nicht Kernkraft fortentwickeln und als Energiequelle weiter nutzen? Warum nicht die Möglichkeiten der Forschung mit humanenembryonalen Stammzellen erweitern? Warum nicht ein kostenloser Zutritt zu den Dauerausstellungen der Museen? Warum nicht Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in Bund und Land einführen? Warum nicht stärker die Erfahrung von älteren Menschennutzen? Warum nicht ein Kopftuchverbot auch für Schülerinnen?

Das meiste was die Kommission vorgeschlagen hat ist vernünftig, entspricht dem was viele denken wenn sie sich einmal außerhalb der ideologischen Debatten bewegen und nicht mit der verbalen Keule aufeinander losgehen. Über Forderungen nach einer weiteren Prüfung der Nutzung der Kernenergie wird es trotzdem ebenso eifrige Debatten geben wie über das Kopftuchverbot und so hat Der Westen auch schon fröhlich ausgerufen, dass nun die öffentliche Debatte beginnen kann. Schade, sie wäre schärfer ausgefallen wenn die Kommission sich nicht bei der Beantwortung jeder Frage um Konsens bemüht hätte. Und das klingt dann so:

Warum nicht ein garantiertes Mindesteinkommen für alle?
Worum geht es?
Jedem Menschen soll ein Mindesteinkommen zustehen, nicht weil er arm ist oder arbeitslos, sondern in seiner Eigenschaft als Bürger dieses Landes (Bürgergeld). Das Einkommen wird bedarfsunabhängig gezahlt, das heißt ohne eine Prüfung seiner wirtschaftlichen Lage oder die seiner Eltern, Kinder oder Partner. Zugleich sind mit dem Bürgergeld alle sozialen Ansprüche abgegolten. Es gibt keine weiteren Zahlungen.

Was spricht dagegen?
 
Wenn alle das Gleiche erhalten, dann sprengt das
Mindesteinkommen alle Vorstellungen von Gerech-
tigkeit und jede Bereitschaft zur Solidarität.
 
Leistung ohne Gegenleistung unterhöhlt die Fun-
damente unserer Marktwirtschaft.
 
Trotz Bürgergeld kann es zu sozialer Not kommen,
insbesondere dann, wenn Einzelne nicht haushalten
können. Dann muss der Staat wie bisher einspringen.

Das garantierte Mindesteinkommen ist entweder zu
niedrig, aber bezahlbar, oder zu hoch und sprengt
dann alle Haushalte.

Was spricht dafür?
Soweit es sich um ein bedingungsloses Grundein-
kommen handelt, das alle Bürger in gleicher Höhe
und ohne Bedarfsprüfung erhalten, ist es nicht
diskriminierend.

Es ist unkompliziert, transparent und verhindert
Leistungsmissbrauch.

Das Bürgergeld versetzt Bürger in die Lage, sozial
sinnvolle Aktivitäten zu entfalten u.a. im sozialen,
wirtschaftlichen oder auch künstlerischen Bereich.

Was kann das Land tun?
Das Bürgergeld kann nur bundesweit eingeführt werden. Deshalb könnte Nordrhein-Westfalen eine Bundesratsinitiative starten mit dem Ziel, das gesamte System der Sozialleistungen durch ein garantiertes Mindesteinkommen zu ersetzen. Allerdings wäre es sinnvoll, vorab wichtige offene Fragen zu klären: Welche von den Vorschlägen taugen? Welche auf dem Markt befindlichen Varianten können in unserer Sozialen Marktwirtschaft tatsächlich durchgesetzt werden, ohne den Haushalt zu sprengen?

Viele der Vorschläge klingen zudem wie schon hundert mal gehört:  Der Versuch imt High-Tech die Autobahnen im Revier staufrei zu machen nennt sich Ruhrpilot und hat gute Aussichten aus der Erprobungsphase gleich ins Technikmuseum umziehen zu können.  Ich hätte mir gewünscht die Kommission hätte sich auf harte Vorschläge geeinigt und wäre dann in die Debatte eingestiegen. Was jetzt herausgekommen ist, macht jeden ein wenig glücklich, jeden aber auch ärgerlich. Kurzum: Missglückte Konsenspolitik.  

Anstatt Vorschläge zu machen, was man tun könnte hätte eine Beschreibung dessen was in den nächsten Jahren kommen könnte viel genutzt. Die Fakten finden sich alle im Bericht: Das Ruhrgebiet hinkt hinterher, die Akademikerquote im Land ist lausig, unsere Hochschulen bilden Akademiker für den Export aus, wir überaltern rasant. Als erstes einmal hätte man die Frage stellen müssen: Was ist falsch gelaufen? Denn wir sind da wo wir sind obwohl wir seit Jahrzehnten versuchen genau dort nicht hinzukommen. Ohne eine Fehleranalyse kann es keine vernünftigen Vorschläge für die  Zukunft geben.

Als nächsten Schritt hätte man erklären müssen, was alles nicht mehr gehen wird: Rente in den 50ern, die Subventionierung alter Industrien und des ländlichen Raums. Der globale Wettbewerb wird zunehmen und dafür sorgen, dass unsere Auswahlmöglichkeiten begrenzt sein werden. Und über diese begrenzten Auswahlmöglichkeiten müssen wir dann reden: Dabei geht es vor allem um eine Frage: Woher bekommen wir Jobs? Ohne Jobs kein Geld, keine Kultur, keine Integration. Die Frage nach der wirtschaftlichen Zukunft des Landes ist zentral. Wofür wollen wir noch Geld ausgeben und wo müssen wir es sparen? Beispiel Grundeinkommen als Ersatz für andere Sozialleistungen: Wer sagt den Leuten im Sozialamt dass sie überflüssig geworden sind, wenn es kommen sollte? Nur über einen massiven Stellenabbau in diesem Bereich wird sich so eine Idee finanzieren lassen. Ich höre die Schreie der Beamten schon heute.

Der Bericht der Kommission ist zu nett. Er hätte klarer und härter ausfallen müssen. So ist nur ein schönes Papier für die Schublade entstanden und ein netter Pressetermin für Rüttgers.