Es geht in dieser Geschichte um einen Biokostproduzenten, Aktien und eine Firma mit Ruf. Rapunzel. Unser Gastbaron Erwin Franke berichtet:
Foto: Jubelrapunzels pro Chefmillionär contra Aktionäre / www.boersenalltag.de
Seit vielen Jahren kaufe ich Naturkost im Ökoladen, schön groß und hell sind sie geworden. Aber, die Lebensmittel sind die gleichen geblieben, mit Biosiegel. Seit vielen Jahren kaufe ich Rapunzel Naturkost Produkte. Und als es die Gelegenheit gab, auch mein Geld ökologisch korrekt und sinnvoll zu investieren, da habe ich auch gleich noch Aktien der tollen Ökomarke Rapunzel gekauft. Rapunzel und im besonderen sein Vorstand Joseph Wilhelm steht für die echte authentische Ökobewegung, fairer Umgang mit einander und ethisch-moralische Werthaltigkeit. Da zahle ich auch gerne noch was mehr, damit die Kaffeebauern in Ecuador gerechte Preise bekommen.
Aber, dass mit der Gerechtigkeit, dem fairen Umgang und dem Gewissen, daß habe ich auf der Hauptversammlung der Rapunzel Naturkost AG in Legau am Montag dann auch mal kennen gelernt: Das Rapunzel eine Aktiengesellschaft geworden ist, hat damit zu tun, daß das Management sich beim Spekulieren vor Jahren an der Warenterminbörse verzockt hatte. Über Jahren hinweg war sowohl dem Management als auch dem Wirtschaftsprüfer nicht aufgefallen das Millionen in der Kasse fehlten. Eine die Ökobewegung umfassende Hilfsaktion hatte Anfang der 90er Jahre den Naturkostpionier gerade noch gerettet. Dies zum Preis von Miteigentümern in Form von Aktionären. Diese über die Jahre hinweg willig alles von Joseph Wilhelm abnickten, Hauptversammlungen waren ein fester Bestandteil der alternativen Szene um sich auszutauschen und zur Stärkung des „wir-sind-die-richtigen-Gefühl“ da.
Die nun einberufene außerordentliche Hauptversammlung offenbarte aber ein ganz anderes Bild eines Vorstandes und seines Unternehmens, dem wohl die Werte verloren gegangen sind. Der frühere Helfer als bedingungsloser Eigenkapitalgeber war nun unerwünscht. So wurden wir schon vor dem Eingang von organisierten Protestlern mit Schildern wie „Spekulanten raus aus der AG“ begrüßt. Joseph Wilhelm saß entrückt auf dem Podium und lies sich von seinen 180.000 Euro teuren Berater des Rechtsanwaltsbüros Taylor&Wessing soufflieren, was er sagen durfte und was nicht. Ja, die ganze Kantine war von Wirtschaftsprüfern der BDO und KPMG besetzt, die insgesamt über 800.000,00 Euro verschlungen. Sie hatten das Ziel, die unliebsamen Helfer von einst loszuwerden. Denn die Rapunzel Naturkost AG war mittlerweile eine sehr profitable Gesellschaft geworden und da will der Joseph nicht mehr teilen.
Bei einem Umsatz von über 100 Mio. Euro Umsatz fallen um die 4 Mio. Euro netto Gewinn an. Das Gehalt von Joseph W. in Höhe von 45.000 Euro (monatlich) plus Dividende addiert sich auf ein Jahresgehalt von 760.000 Euro reichte ihm nicht mehr. Er will nun alles. So richtig schwer mußte Herr Wilhelm dafür nicht mehr arbeiten, letztes Jahre ging er medienwirksam in seiner Beschäftigungszeit dem liebsten Hobby nach, er ging für 51 Tage Wandern, während der Arbeit versteht sich. Nun saß er ganz entrückt auf der Bühne und verhaspelte sich dabei, ob er nun die Jubelperser vor der Tür organisiert hatte oder doch nur davon gewußt hatte, das seine Mitarbeiter solch einen Protest für Ihren Millionären organisierten. Aber es wurde noch besser: Ein unfaßbares Theater wurde geboten, da konnte der Aufsichtsratsvorsitzende plötzlich nicht mehr sehen, „mir ist da vor ein paar Wochen was passiert“, dann tauchte der Opa der Prokuristin im Saal auf und führte die Versammlung einige Minuten, um diese dann an Herrn Leo Kirch RA Franz Endele (Klagt sonst auf HV gegen die Vorstände) zu übergeben.
Herr Endele, war rein zufällig die 180 km aus München gekommen um auf der Hauptversammlung sein Stimmrecht in Höhe von 1 Stimme wahrzunehmen. Schön war zu erfahren, daß Ihm der Preis von € 7.000 für die Führung der Hauptversammlung „auf dem Parkplatz zugerufen wurde“. Die anwesenden Ökoaktionären hatten aber eher den Eindruck, hier wurde ein Plattmacher gebucht um die unliebsamen Idealisten auszuschalten. Aber nicht nur auf der Bühne saßen die raffgierigen Kapitalisten. Unter den Aktionären waren die neben den vielen Idealisten auch vier Berufskläger und ein Richter gemischt, die gegen die Gesellschaft polterten. Und so saßen nun auf der Bühne neben Joseph Wilhelms die neu erworbenen Freunde neben Berufsklägern und im Saal die Idealisten zwischen weiteren Berufsklägern. Oh je Rapunzel, was ist aus deinen Idealen geworden, verkauft und verraten!