Neuer Geldärger bei der AGR

 

Mich hat soeben ein Urteil erreicht. Vom Landgericht Trier. Zivilkammer. Aktenzeichen 5 O 270/07. Darin stellt die Kammer fest, dass die AGR-Tochter AVK rund 700.000 Euro zahlen muss. An einen Trierer Geschäftsmann. Ein entsprechender Pfändungsbeschluss, der der AGR zugestellt wurde, ist damit weiter vollstreckbar. Damit es jeder versteht: Die AGR ist die Abfallgesellschaft des Ruhrgebiets. Sie gehört dem Regionalverband Ruhr und hat eine bilanzielle Überschuldung in Millionenhöhe.

Und damit beginnen die Probleme. Ich hatte schon früher geschrieben, dass die AGR-Tochter in der Falle steckt. Daraufhin hatte die AGR rundherum, gegenüber den Fraktionen im Regionalverband Ruhr, dem Kreis Wesel gegenüber und sonst jedem, der es hören wollte, erzählt, dass die Pfändung Quatsch sei und Mumpitz und dass man sich dagegen rechtlich wehren würde.

Nun, das ist geschehen. Mit dem Ergebnis, dass die Zivilkammer Trier ein richtig peinliches Ding bescheinigt hat. Und zwar hat der Liquidator der AGR-Tochter behauptet, er habe keine Post mehr bekommen. Deswegen habe er den Pfändungsbeschluss und ein so genanntes Säumnisurteil nicht bekommen. Es habe zwar einen Briefkasten in Trier gegeben, aber den habe niemand geöffnet. Nur durch Zufall, habe der Liquidator (so nennt man einen Geschäftsführer, der eine Firma auslösen soll) das Urteil im Briefkasten gefunden. Zwar habe er keinen Schlüssel für den Briefkasten gehabt, sagte der Liquidator, aber er habe die Post halt so aus dem Briefkasten gefummelt.

Was ein behämmerter Spruch. Wer soll sowas glauben. Das Landgericht Trier tat es jedenfalls nicht. Und die AGR-Tochter muss zahlen.

Damit kommen wir zum zweiten Problem. Die AGR hat ihre Tochter erst vor wenigen Tagen/Wochen in die Insolvenz geschickt. Da die AGR-Tochter aber offensichtlich schon lange Pleite war und dies verschleiern wollte, steht jetzt ein Verfahren wegen Insolvenzverschleppung ins Haus.

Bei einer Schadenssumme von gut 700.000 Euro droht da Knast für den Liquidator.

Der Mann heißt übrigens Honorarprof. Dr. jur. Frank Z. und unterrichtet an der Uni Duisburg-Essen Wirtschaftswissenschaften. Spezialgebiet Insolvenzrecht.  Nebenbei ist Frank Z. so eine Art Prediger bei den Neuapostolen in Gelsenkirchen und Bochum. Ein negatives Urteil wegen Insolvenzverschleppung könnte in dem Umfeld kontraproduktiv für die Karriere sein.

Das waren aber wohl auch nicht die wichtigsten Qualifikationen um Chef der AGR-Tochter zu werden. Der Bruder von Honorarprof. Dr. jur. Frank Z. schafft bei der AGR. Kann sein, dass das wichtiger war.

Nachtrag: Mittlerweile hat die AGR eine Stellungnahme zu dem Urteil geschickt. Eine Sprecherin schreibt darin. "Es trifft zu, dass gegen die AVK GmbH ein Urteil des Landgerichtes Trier ergangen ist. Gegen dieses Urteil, das ausschließlich die AVK betrifft, wird die AVK Rechtsmittel einlegen. Die von Ihnen angesprochene Zahlungsverpflichtung der AGR mbH besteht nicht."

Nun ja, ich bin sehr gespannt, wie Honorarprof. Dr. jur. Frank Z.in der nächsten Instanz die Nummer mit dem Briefkasten erklären will. So recht fehlt mir der Glaube, dass die Argumentation zieht, keinen Zugang zum Briefkasten zu haben. Da liest sich der Gerichtsbeschluss schon sehr eindeutig.

Und zur Zahlungsverpflichtung der AGR: Ich habe geschrieben, die AGR-Tochter muss zahlen. Der Pfändungsbeschluss, der an die AGR gegangen ist, bedeutet, dass die AGR ihrer Tochter kein Geld mehr geben darf, sondern dieses, bis zur Summe von gut 700.000 Euro, an den Trierer Geschäftsmann ausschütten muss. Insofern besteht durchaus eine "Zahlungsverpflichtung der AGR mb".

Nachtrag II: Ich habe mir gedacht, es wäre vielleicht klug, das Urteil in seinen wesentlichen Punkten hier einzustellen, damit sich jeder selbst eine Meinung zu der Stichhaltigkeit der Argumentation des Honorarprofessors machen kann.

 

 

Für die weitere Lektüre ist es wichtig zu wissen, dass die AGR-Tochter AVK über den Honorarprofessor Frank Z. Widerspruch gegen das vorangegangene Säumnisurteil eingelegt hatte. Deswegen ist die Beklagte die AGR-Tochter AVK ist. Und der Kläger der Trierer Geschäftsmann. Es geht um ausstehende Mieten. Hier der Beschluss. Ich habe das insgesamt ein wenig gerafft. Das ganz unwesentliche hab ich weggelassen. Die Qualität der Scans tut mir leid. Das habe ich nicht besser hingekriegt.

Lustig ist die Beschreibung des Sachverhaltes durch den Liquidator Honorarprofessor Frank Z.

 

 

Naja, wer die Argumentation von Frank Z. glaubt. Ich formuliere mal frei um: "Zufällig habe ich, ohne Schlüssel vom Briefkasten zu haben, das war ja auch nicht mein Briefkasten, den hat da irgendeiner so hingehängt, jedenfalls habe ich nach einem Jahr , ein paar Briefe – zufällig zufällig – aus dem Briefkasten, der irgendwem gehört, rausgefummelt und dabei – zufällig – vom Versäumnisurteil gegen mich gehört."

Mann sind die Beine kurz.

Es folgen die Entscheidungsgründe des Urteils. Ich habe das insgesamt ein wenig gerafft. Das ganz unwesentliche hab ich weggelassen.

 

„Scherben bringen Glück“

Unter dem Motto "Scherben bringen Glück" und Rufen wie "Juden raus" demonstrieten gut 30 Nationale Autonome am 9. November in Recklinghausen. Die Polizei ermittelt – bislang ohne Ergebnis.

Am 9. November, dem Tag der Reichsprogromnacht, war André* bei Freunden zu Besuch, die über dem Alternativen Kulturzentrum Recklinghausen (AKZ) in der König-Ludwig-Strasse wohnen: "Um 18.00 Uhr hörte ich auf einmal Naziparolen. Wir gingen ans Fenster und sahen gut 30 Nazis in Dreierreihen mit Fackeln vor dem AKZ marschieren. Sie riefen "Juden raus" und drohten damit, das AKZ anzuzünden." Die von Anwohnern gerufene Polizei war zwar nach eigenen Angaben nach wenigen Minuten vor Ort, doch da war der Spuk schon zu Ende. Polizeisprecher Weber: "Wir ermitteln wegen Volksverhetzung, haben aber noch keine Täter dingfest machen können." Man suche weiter nach Zeugen, vor allem um mehr über den Text eines Transparentes zu wissen, dass die Nazis mit sich trugen. "Wir gehen davon aus, dass dieser Text ebenfalls starwürdig ist."

Das AKZ ist in der eher drögen Recklinghäuser Kulturszene nicht nur einer der wenigen Lichtblicke, sondern seit seiner Gründung 2001 auch der wohl wichtigste Treffpunkt der Antifa im nördlichen Ruhrgebiet. Die beschäftigte sich lange Zeit nur mit der NPD, die ab und an einen Stand in der Recklinghäuser Innenstadt aufbaute. Eine besondere Hochburg der Neonazis war das nördliche Ruhrgebiet nicht. "Das änderte sich", so Michael* vom AKZ, "vor gut zwei Jahren. Seitdem hat ein ehemaliger Kader der FAP angefangen, Gruppen von Nationalen Autonomen aufzubauen, die sich unter dem Namen AG-Ruhr-Mitte zusammengeschlossen haben. Ich halte sie für gefährlicher als die NPD." Die 1995 verbotene FAP war ein Sammelbecken für den extremsten Zweig der deutschen Neonazis. Mitglieder waren unter anderem der Mitte des Jahres verstorbene Friedhelm Busse sowie der bekennende Schwule Neonaziführer Michael Kühnen, der 1991 an AIDS starb. André: "Autonome Nationalisten haben mit den deutschtümelnden klassischen Nazis kaum mehr etwas zu tun. Sie verbünden sich mit Gleichgesinnten in ganz Europa, sympathisieren mit dem militanten Islamismus und sind auch äusserlich kaum mehr von anderen Jugendlichen zu unterscheiden." Mit Kapuzenpulis, Basecpas und anderen Insignien der internationalen Jugenkultur bekleidet passen sie optisch nicht mehr in das klassische Nazischema – sind allerdings überzeugte Antisemiten und Nationalsozialisten reinster Prägung, die auf jeden legalen Anstrich, im Gegensatz zur  NPD, verzichten. (Über Rechtsradikalismus und Jugenstile sei an dieser Stelle das Essay von Diedrich Diederichsen "The Kids are not allright empfohlen, dass 1992 nach den Rostocker Krawallen ind der Spex erschien, empfohlen.)

Die Polizei schätzt die Zahl der Autonomen Nationalisten in Recklinghausen auf gut 12. Im gesamten Kreis Recklinghausen können es gut doppelt so viele sein. Für Aufmerksamkeit sorgten die Nationalen Autonomen im Sommer mit einer Demo in Gladbeck, die von über 100 Nazis besucht wurde. Längst beschränken sie sich nicht mehr nur auf das rufen von Parolen und das beschmieren von Hauswänden. Michael: "Immer wieder werden vor allem Nachts in Recklinghausen von ihnen Menschen gejagt, die in ihr Feindschema passen und irgendwie links aussehen." Besonders militant ist die Szene in Marl. Dort griffen im Sommer mit Stahlknüppeln bewaffnete Nazis die Besucher eines Konzertes im Jugendzentrum HOT Delta an.

*Namen geändert

Wussten Sie eigentlich schon… das Ding mit den Freimaurern

Freimaurer, das sind Bünde von Männern – manchmal auch Frauen-, die sich in Logen treffen, im Verschwiegenen Strippen ziehen und auch der Politik nicht abgeneigt sind. Auch die Illuminaten rechnet man zu den Freimaurern. Sie sind sicher nichts böses. Aber eben doch sehr leisetreterisch. Manchmal bekleiden führende Mitglieder der Logen hohe Posten in der Gesellschaft. Auch im Ruhrgebiet. Wussten Sie eigentlich, dass Rüdiger Oppers, Chefredakteur der NRZ, Ex-Sprecher des WDR, Stellvertretender Großmeister der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland ist?

Bild: Copyright WAZ-Gruppe – Screenshot zu Dokuzwecken

In einer Erklärung zu einem Vortrag Hoya beschreiben die Freimaurer die "Alten Pflichten" von 1723, auf die sich die Freimaurer bis heute berufen, so: "Sie sollen also gute und redliche Männer sein, von Ehre und Anstand, ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis oder darauf, welche Überzeugungen sie sonst vertreten müssen. So wird die Freimaurerei zu einer Stätte der Einigung und zu einem Mittel, wahre Freundschaft unter Menschen zu stiften, die einander sonst ständig fremd geblieben wären."

Wer ist eigentlich noch in einer Geheim-Gruppe in der WAZ-Truppe? Und schützt die Mitgliedschaft in irgendwelchen Seilschaften vor der Kündigung? Das sind so Fragen, die sich sicher der eine oder andere im Zuge der Umgestaltung stellt.

Nix für ungut.

Update 1: Nach Auskunft eines aktiven Freimauerers ist Oppers vor ein paar Wochen als Vize-Großmeister der Großlage vor drei Wochen zurückgetreten. Mail mit der Bitte um Bestätigung ist an Oppers raus. Der letzte Satz des ersten Absatzes muss also richtig heißen: Wussten Sie eigentlich, dass Rüdiger Oppers, Chefredakteur der NRZ, Ex-Sprecher des WDR, Stellvertretender Großmeister der Großloge der Alten Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland war? DANKE für den Hinweis an Bernd

Update 2: So, jetzt habe ich die Antwort von Oppers bekommen. Sie ist richtig interessant und deswegen stelle ich sie ganz hier ein. Ich selbst habe daraus etwas gelernt. Das Internet verführt zu Schnellschüssen. Mich hat es hier zumindest zu einem Schnellschuss verführt, aus dem  ich lernen will, beim nächsten Mal zuerst anzumailen und dann zu schreiben. Dafür entschuldige ich mich bei Ihnen, Herr Oppers. Darüber hat sich aber nicht meine Position geändert, dass es OK ist, grundsätzlich über die führende (nach dem Amtsantritt als NRZ-Chef ruhende und später aufgegebene) Position bei den Freimaurern zu berichten. Das ist immer noch bemerkenswert. Genauso, wie ich die Geheimtagungen der Logen bemerkenswert finde. Aber: Die Antwort von Oppers nimmt dem ganzen die Schärfe und hätte es von Anfang an nehmen sollen. Also nochmal sorry und hier die Antwort:

Tatsächlich ist ihr Bericht etwas unvollständig recherchiert. Mit der Übernahme der Funktion des Chefredakteurs der NRZ am 1.12. 2007 habe ich zunächst mein Amt als Zugeordneter Großmeister der Großloge AF&AM ruhen lassen und bin dann von allen Ämtern in der Freimaurerei zurückgetreten. Die Gründe sind persönlicher, vorrangig zeitlicher Natur. Ich übe heute dort weder Funktionen aus noch halte ich Vorträge und werde das auch in Zukunft nicht tun. Der von ihnen zitierte Vortrag aus Hoya ist zwei Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nicht bei der NRZ, sondern beim WDR angestellt.

Wenn sie ihn lesen -er ist ja offensichtlich im Netz zu finden – werden Sie feststellen, daß er aufklären, aber nicht werben soll. Aufklärung über Freimaurerei ist bitter notwendig, was auch einige Beiträge in ihrem Forum belegen. Logen sind keine Strippenzieher-Clubs, sondern versuchen einen Beitrag zu einer toleranten und humanitären Lebensführung zu leisten. Freimaurer, zu denen u.a.Tucholsky, Ossietzky und Stresemann zählten, wurden schon von den Nationalsozialisten verleumdet und bitter verfolgt. Wohl aus dieser Zeit hält sich das Vorurteil, die Freimaurer würden eine Weltverschwörung (u.a. mit Juden und Kommunisten) bilden. Also: Mißverständnisse sind mir nicht unvertraut.

Werbung


So geht das mit PR-Werbung – so gesehen im Spiegel

Viral soll ja immer Werbung sein. In diesem Fall hat es ein Unterhosen-Fabrikant aus München bei Spiegel -Online in die Top-Klick-Zone gepackt. Aber nicht nur da. Der Wettbewerb: "Schönste Kiste von Welt" lief rund um den Globus prächtig. Hätte der bayrische Schlüpfer-Schneider die Sendezeit bezahlen müssen, wäre er arm geworden. So gab es das wichtigste gratis. Aufmerksamkeit. Dafür mussten die PR-Macher ein paar Uschis und Horste aus Brasilien und sonstwo nach Paris rankarren. Der Rest lief von alleine. Viral eben.  

Das PR-Spektakel wird übrigens seit 2007 jedes  Jahr wiederholt. Ich persönlich glaub, an dem Wettbewerb ist nix echt, bis auf das Interesse der Fabrikanten ihre Slips zu vermarkten.

Da können sogar die Grünen PR-Profis noch was von lernen.

Eine Frage nur: Hat der Spiegel eigentlich Geld für die Werbung bekommen?

Landschaftsverband bittet zur Kasse

Der Landschaftsverband Westfalen Lippe will mehr Geld von den Städten und Kreis. Der Kreis Recklinghausen wehrt sich gegen den Griff in seine Kassen.

Jochen Welt. Foto: Ruhrbarone

Viele werden sich Fragen: Was machen Landschaftsverbände überhaupt. Eine gute Frage, denn eigentlich sind Landschaftsverbände überflüssig. Sie sind fast 200 Jahre alt, werden von den Städten getragen und teilen das Ruhrgebiet: Es gibt einen für Westfalen und das Rheinland. Geht es nach dem Willen der Landesregierung ,werden sie zusammen mit den fünf Regierungsbezirken des Landes in ein paar Jahren aufgelöst und ihre Aufgaben auf drei Regionalbezirke, je einen für das Ruhrgebiet, das Rheinland und Westfalen, die Städte und das Land verteilt. Günstig für die Bürger, schlecht für zahlreiche Polithinterbänkler, die in den Parlamenten der beiden Verbände ein zusätzliches Auskommen finden. Und was machen die Landschaftsverbände? Sie unterhalten Krankenhäuser, Museen und Schulen – alles Aufgaben, die andere auch erledigen können, mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar günstiger – denn im Gegensatz zu den Städten die sie tragen sind die Landschaftsverbände reich und  personell üppig ausgestattet. Ein Luxus, den die zumeist armen Städte finanzieren, die längst jeden Euro zwei Mal umdrehen müssen.
Für das kommende Jahr wird alleine der Landschafsverband Westfalen Lippe nach Angaben des Kreises ein Plus von 35 Millionen Euro machen. Um das zu finanzieren  will der LWL die Abgaben der Städte und Kreise von 14,6 auf 15,8 Prozent anheben. Für den klammen Kreis Recklinghausen würde das eine Erhöhung der Umlage um 15,5 Millionen Euro im Jahr auf dann 120,8 Millionen bedeuten. Mit einem Brief an die Landesversammlung, das Parlament des Landschaftsverbandes, versucht der Recklinghäuser Landrat Jochen Welt (SPD) nun die Erhöhung abzuwenden: Er fordert vom LWL die freiwilligen Ausgaben und die Bildung üppiger Rücklagen nicht auf Kosten der Kreise und Städte zu erhöhen, die wirtschaftlich kaum  noch in der Lage sind, ihren Pflichtaufgaben nachzukommen. Welt: „Eine Erhöhung der Landschaftsumlage in der vorgeschlagenen Höhe würde eine neuerliche Verschlechterung der Haushaltslage des Kreises in dramatischer Dimension bewirken. Unabhängig von den sonstigen Entwicklungen der Haushaltswirtschaft würde dies praktisch das Ende der Handlungsfähigkeit des Kreises bedeuten.“
Der Landschaftsverband sieht die Sitauation naturgemäß anders: „Finanzieller Mehrbedarf entsteht dem LWL vor allem aus höheren Ausgaben bei der gesetzlich festgelegten Eingliederungshilfe für behinderte Menschen“, so LWL-Kämmerer Dr. Fritz Bau. Zudem schlügen Tariferhöhungen und höhere Energiekosten mit 65 Mio. Euro Mehrausgaben bei den Pflegesätzen im Sozialbereich zu Buche.

Familienzoff bei Contergan-Firma

Einer der größten deutschen Pharmakonzerne in Familienhand, die Aachener Grünenthal GmbH, (bekannt durch den Contergan-Skandal) erhält eine neue Führung. Nach Informationen der RUHRBARONE zieht sich das einzig verbliebene Familienmitglied, Sebastian Wirtz, wegen heftiger interner Streitigkeiten aus der Geschäftsführung zurück und macht damit den Weg frei für den Umbau der Konzernspitze. Hintergrund der Personalie sollen interne Streitigkeiten zwischen Wirtz, dem Management und Arbeitnehmervertretern gewesen sein, berichten mehrere Quellen.

 

Foto: flickr / e-magic

Künftig wird die Firma nicht mehr durch ein Geschäftsführungsgremium, sondern durch einen Vorsitzenden geführt. Bisher gab es diesen Posten nicht. Der neue Konzernchef steht offenbar auch schon fest und soll dem Vernehmen nach vom US-Konkurrenten Johnson & Johnson kommen. Spekulationen, dass dieser Chefwechsel nur der erste Schritt zum Verkauf von Grünenthal sei, wurden klar dementiert. „Grünenthal bleibt in Familienhand. Ein Verkauf steht überhaupt nicht zur Debatte“, heißt es aus dem Firmenumfeld. Grünenthal selbst bestätigte den Umbau, wollte sich aber zu internen Streitigkeiten oder Machtkämpfen nicht äußern. „Der Beirat hat beschlossen, die Geschäftsführung um einen Vorsitzenden (CEO) zu erweitern. Grünenthal hat sich zu diesem Schritt entschlossen, weil sich "die Pharmabranche mit wachsender Dynamik verändert und die Komplexität des internationalen Pharmaumfelds drastisch zunimmt“, teilte das Unternehmen mit. Wirtz werde in diesem Rahmen „auf eigenem Wunsch“ aus dem Unternehmen scheiden. „Im gegenseitigen Einvernehmen wurde der Vertrag aufgehoben. Sebastian Wirtz steht dem Unternehmen auch weiterhin als Gesellschafter unterstützend zur Verfügung“, heißt es in der Pressemitteilung. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Offenbar gab es in den Monaten zuvor heftige Auseinandersetzungen zwischen Wirtz auf der einen Seite und Management sowie Arbeitnehmervertretern auf der anderen Seite. In einer Telefonnotiz vom 28. August 2008 notierte der Betriebsratsvorsitzende Karl-Josef Matthias, wie Wirtz ihn in einem Telefont wüst beschimpfte. „Er betitelte mich als Aufhetzer, als Spinner und als Bekloppten“, heißt es in der Notiz, die RUHRBARONE vorliegt. Hintergrund war die Rede, die Matthias vor der Betriebsversammlung halten wollte. Darin wollte er die Probleme von Grünenthal benennen, unter anderem eine hohe Mitarbeiterfluktuation. Wirtz hatte den Arbeitnehmervertreter aufgefordert, seine Rede entsprechend zu ändern. Matthias spricht in der Telefonnotiz von einem „unverschämten Umgangston von Seiten Herrn Sebastian Wirtz“. Offenbar war dies aber kein Einzelfall. „Wäre Wirtz weiterhin in der operativen Führung tätig, würde er das Unternehmen massiv durch seine Art gefährden“, sagt eine involvierte Person.

Mit Sebastian Wirtz wird sich nun das letzte Mitglied der Eigentümerfamilie aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Grünenthal folgt damit dem Weg, den zuvor schon andere Familienkonzerne eingeschlagen hatten. Bei Voith und Haniel etwa gehören die Vorstandsvorsitzenden traditionell nicht der Familie an. Die Familie führt hier nur noch Kontrollaufgaben durch. Gleiches wird nun auch bei der Familie Wirtz erwartet. Möglich erscheint, das Sebastian Wirtz in den Beirat oder den Aufsichtsrat wechselt. Der Pharmakonzern Grünenthal gehört zur umfangreichen Beteiligungsgruppe der Familie Wirtz. Ihr gehören auch die Dalli-Werke sowie deren Parfümerietochter Mäurer & Wirtz, die zuletzt die Traditionsmarken 4711, Tosca, SIR Irish Moos und Extase von Procter & Gamble aufkauften. Über die Bilanzen der verschiedenen Firmen ist wenig bekannt. Schätzungen zufolge soll sich der Umsatz der gesamten Firmengruppe auf fast zwei Mrd. Euro belaufen, allein Grünenthal setzte im vorigen Jahr 846 Mio. Euro um.

Das 1946 gegründete Familienunternehmen aus Aachen war nach dem zweiten Weltkrieg der erste Pharmakonzern, der das dringend benötigte Penicillin auf den deutschen Markt brachte. Weltweit bekannt wurde es jedoch durch den Contergan-Skandal. Das Medikament, mit dem von Grünenthal entwickelten Wirkstoff Thalidomid, das 1957 auf den Markt gebracht wurde, hatte zu schwerwiegenden Missbildungen (Dysmelien) bei Neugeborenen geführt. Als Entschädigung zahlte Grünenthal seinerzeit rund 110 Mio. DM in die Contergan-Stiftung ein. Die „Welt am Sonntag“ deckte 1961 die Risiken auf. Daraufhin wurde das Medikament vom Markt genommen.

Derzeit steht die Firma erneut wegen des Contergan-Skandals in der Kritik. Contergan-Opfer wollen mehr Geld.

Letzter Babcock-Vorstand sahnt ab

Der Oberhausener Mischkonzern Babcock ist zwar sei fast sieben Jahren pleite. Doch einzelne Manager verdienen weiterhin prächtig an der Insolvenz und der Abwicklung des Traditionskonzerns, der 1987 auch zu den Gründerfirmen des Dax gehörte.

Foto: Babcock Nuts // Copyright: Flickr / laptoppingpong

Nach Informationen der RUHRBARONE hat der einzig verbliebene Vorstand, Georg-Peter Kränzlin, im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/2007 Gesamtbezüge von 850.221,32 Euro erhalten, davon erfolgsbezogene Vergütungen von gut 580.532 Euro. Das geht aus dem internen Jahresabschluss hervor, der RUHRBARONE vorliegt. Kränzlin war bis zur Pleite im Sommer 2002 Chefjustiziar des Konzerns und damit enger Mitarbeiter von Babcock-Chef Klaus Lederer. Lederer wurde im September vom Landgericht Duisburg der Insolvenzverschleppung für schuldig befunden und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Seine Sozialstunden leistet Lederer derzeit in Florida ab. Ein Durschnitts-Dax-Vorstand bekommt kaum weniger.

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Kurz RWE: Großmann-kritische Betriebsrätin weg

Nach meinen Infos hat die Betriebsratschefin von RWE Systems, Simone Haupt, einen Aufhebungssvertrag unterschrieben. Das heißt, sie verläßt in absehbarere Zeit das Unternehmen. Ihren Job als Betriebsratschefin hat sie bereits vorgestern abgegeben. Nachfolger sind gewählt. Das Besondere an der Personalie: Haupt galt als Großmann-kritisch. Zudem sitzt sie im Aufsichtsrat der RWE Holding.

Offensichtlich ist Haupt ein Brief an die Belegschaft zum Verhängnis geworden. In dem Schreiben warf sie vor wenigen Monaten dem RWE-Chef vor, die Zerschlagung der RWE Sytems AG zu betreiben. Dagegen hatte sich Haupt gewandt. Offenbar war besonders ein Umstand in den Augen der RWE-Leitung verwerflich. So soll Haupt den Brief gemeinsam mit dem Personalvorstand der RWE Systems, Horst Günther, verfasst haben.

Auch Günther musste mittlerweile einen Aufhebungsvertrag mit dem RWE unterschreiben.

Auf Nachfrage wollten sich weder Haupt noch Günther zu dem Fall äußern.

Der neue Betriebsratschef der RWE Systems heißt Wilhelm Peter Plocieniczak.

Für weitere Infos bin ich immer unter david.schraven@ruhrbarone.de ansprechbar