Seine Hoden blieben unauffindbar

 

Helmut Daube am 22. März 1928

Der 22. März war kein guter Tag für  Helmut Daube – es war der Tag, an dem er Opfer eines grauenhaften Verbrechens wurde, das ganz Deutschland erschütterte und Gladbeck, Jahrzehnte vor dem Geiseldrama um Rösner und Degowski, in die Schlagzeilen brachte. Das alles ist nun 80 Jahre her.

Dabei hatte der Tag für Daube eigentlich angenehm begonnen – im Hotel zur Post in Buer hatte der Abiturient bei einem Anwerbungstreffen von Burschenschaftlern ein paar Biere getrunken, um anschließend mit seinen Freunden den Heimweg nach Gladbeck anzutreten. Den letzten Rest der Strecke gingen dann nur noch sein Freund Karl Hußmann und er gemeinsam. Um halb vier passierte es dann: Kurz vor seinem Elternhaus in der Schultenstrasse in Gladbeck-Ellinghorst wurde Helmut Daube ermordet: Jemand schnitt ihm die Kehle durch und trennte Glied und Hoden vom Körper – die Geschlechtsteile wurden nie gefunden.

Nachbarn, auch die Eltern von Daube, hatten zur Tatzeit einen Schrei gehört, ein Schatten wurde gesehen, doch niemand rechnete mit einem Verbrechen – häufig war es in der Gegend nachts etwas lauter, lag doch eine beliebte Kneipe gleich nebenan. Es sollte noch eine Stunde dauern, bis ein Bergmann die Leiche auf dem Heimweg finden sollte.

Was man nie fand, war der Täter – immer wieder gab es in den folgenden Jahrzehnten Verdächtige, darunter Hußmann, immer wieder Festnahmen. Die Kriminalpolizei aus Berlin hatte die Ermittlungen übernommen und mit modernsten Methoden gearbeitet: Fingerabdrücke wurden genommen, Blutspuren ausgewertet, doch es nutzte nichts – zu viele Spuren waren vernichtet worden. Die Staatsanwaltschaft Essen schloss die Akte erst Mitte der 90er Jahre.

70 Jahre nach der Tat hat der Gladbecker Historiker Franz Wegener nach intensiven Recherchen ein Buch zum Daube-Mord veröffentlicht und alle Spuren ausgewertet – und mehrere Mordtheorien entwickelt. Aus diesem Buch ging ein Hörbuch hervor mit über drei Stunden Länge – und das kann man sich nun kostenlos herunterladen. Die Hörer erwartet nicht nur einer der spektakulärsten Kriminalfälle der 20er Jahre, sondern auch ein spannendes Stück deutscher Geschichte – mit erstaunlichen Verwicklungen.

Coolibri-Online kurz vor dem Start

Spannung: Coolibri wirbt auf der eigenen
Internetseite für das neue Onlineangebot.

Das Veranstaltungsmagazin Coolibri steht nach langer Vorbereitung offenbar kurz vor dem Start seines Internetauftritts. Bislang hat Cooliri eher eine "Visitenkarte" online, auf der sich vor allem Informationen für Anzeigenkunden sowie Inhaltsangaben zu den verschiedenen Coolibriausgaben befinden. Neben dem Kalender soll es auch einen großen Bereich für Kontaktanzeigen geben – hört man so. Coolibri sucht als einer der letzten Titel seines Genres den Weg ins Netz.

Die Häschenschule ? Einer flog über das Kuckucksnest II

Foto: Flickr/Lexnger

Löffelalarm! Hasen sind hip, keine Frage. Ostern steht vor der Tür und Til Schweiger hat uns vorgemacht, dass Ohren nicht unbedingt notwendig sind, Keinohrhasen tun es auch. Jorinde Dröses Bochumer Psychiatrie-Patienten fühlen sich wie Hasen und setzten sich große Plüschhasenköpfe auf. Mit sehr großen Ohren, welche traurig nach unten hängen, wenn die Patienten gemeinsam bei der Gruppensitzung auf ihren durchsichtigen Hüpf- – pardon – Sitzbällen hocken.

Eine Woche nach der Premiere am Theater Oberhausen hat jetzt auch das Schauspielhaus Bochum seine Version von Dale Wassermanns Drama auf die große Bühne gebracht. Zweimal hintereinander das gleiche Stück zu sehen verheißt Langeweile, indes gelingt Jorinde Dröse in Bochum eine zauberhafte Inszenierung, die unbedingt sehenswert ist.

Während das Oberhausener Regieteam die Geschichte um eine Flüchtlingsthematik erweitert, bleibt die Bochumer Regisseurin näher am Text, was diesem gut tut, das Stück ist klarer und besser verständlich, da weniger Text gestrichen wurde. Von Anfang an ist hier klar, dass Häuptling Bromden nicht wirklich taubstumm ist. Mittels Videotechnik erzählt er seine Geschichte. In graubraun gestreiften Pyjamas putzen seine Kollegen von der Station die Bühne mithilfe von aus Pappe und Papier gefertigten Wischmopps, Bohnermaschinen und Sprühflaschen. Zusammen mit den Bällen und den Hasenköpfen ergibt sich eine Ästhetik der Unwirklichkeit, die perfekt die Situation der Patienten verdeutlicht: der großen Schwester Ratched unterlegen, kindlich verspielt und eben ein bisschen verrückt. In diese Spielwelt platzt McMurphy. Alexander Maria Schmidt spielt ihn laut und großmäulig, ist aber weniger cool als Martin Müller in Oberhausen.

Jorinde Dröse schickt ihr Ensemble auf einen Angelausflug, welcher den Höhepunkt der Inszenierung darstellt. Mittels Video sieht der Zuschauer die Patienten der Station mit ihrem Arzt Spivey in kindergartenbuntem Ölzeug in ein Pappauto steigen, um auf einem Pappschiff nach Pappfischen zu angeln. Über den Umweg Video wird hier virtuos mit dem Medium Theater gespielt: alles ist aus Pappe, also sehr artifiziell und im Hintergrund sieht man noch die Bühnentechniker das Schiff bewegen. Ganz entspannt besinnt sich das Theater auf seine Qualitäten und liefert eine wundervolle Szene, die das Premierenpublikum mit Szenenapplaus belohnte.

Die Bochumer Inszenierung ist nicht perfekt aber überaus charmant, weswegen Einer flog über das Kuckucksnest zur Kultinszenierung avancieren könnte.

OB-Papier: Unterschrieben, ohne zu lesen?

Gerhard Langemeyer, Hannelore Kraft und Martina Schmück-Glock. Foto: SPD-Ruhr

Gestern trafen sich die Granden der Ruhrgebiets-SPD, also Oberbürgermeister, Bundes- und Landtagsabgeordnete und hohe Parteifunktionäre, mit SPD-Landeschefin Hannelore Kraft. Am Rande des Treffens kam das Thema auch auf die aktuelle RVR-Diskussion. Wohl alle Oberbürgermeister beteuerten, dass sie nicht planen würden, den RVR zu zerstören. Dortmunds Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer erklärte, es sei alles ohnehin nur ein dummes Mißverständis gewesen. "Viele in der Runde", so ein Teilnehmer, "hatten das Gefühl, dass die Oberbürgermeister bei ihrem Treffen in Dortmund Ende Januar das von Langemeyer vorgelegte Papier unterzeichnet hätten, ohne es vollständig  gelesen zu haben." Von den Reaktionen nach der Veröffentlichung Mitte der Woche sei man dann überrascht gewesen. In dem von zahlreichen Oberbürgermeistern und Landräten, nur Essen, Bottrop und der Kreis Unna fehlten, der Region unterzeichneten Papier wurde erklärt, dass die Oberbürgermeister künftig gemeinsam weite Teile der Aufgaben des Regionalverbandes Ruhr übernehmen wollen. 

Erst einmal ist jetzt wohl wieder Ruhe, zumal Kraft keinen Ärger innerhalb der Rot-Grünen Koalition im RVR haben möchte. Die Grünen drohen der SPD mit dem Ende der Zusammenarbeit, falls die Angriffe gegen den Regionalverband  aus der SPD nicht aufhören. Aber die Ruhe wird nur von kurzer Dauer sein, denn spätestens im April droht neuer Ärger: Dann wird die Dortmunder SPD ihre Pläne zu einer neuen Struktur des Ruhrgebiets vorlegen, und man kann davon ausgehen, dass sie sich nicht sonderlich von dem Papier der Oberbürgermeister unterscheiden werden. Das wird für kontroverse Diskussionen auch in der SPD sorgen, denn Martina Schmück-Glock, die Fraktionsvorsitzende der SPD im RVR und  Frank Baranowski, Gelsenkirchens OB und Sprecher der SPD im Revier, sollen von den Dortmunder Störmanövern nicht angetan sein.          

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schurians runde welten: Der perfekte Keeper

 

„Wir wollen die Kirche mal im Dorf lassen“ (Marc Ziegler, BVB)

Torwartdiskussion ist nicht nur das vorgezogene Unwort des Jahres, es ist überhaupt eine Unart. Eine typisch deutsche. Früher, da stand ein Torwart im Tor, hielt mal einen, den anderen nicht. Und am Ende des Spieles wurde er von seinen Mitspielern gelobt. Die Tore waren natürlich unhaltbar. Das Publikum beschimpfte nur die gegnerischen Keeper, die eigenen wurden in Watte gepackt und nie, nie, nie kritisiert. Bis sie einem anderen Platz machten, konnte einiges geschehen, 33 Gegentore in 13 Spielen… klick

Heute ist das anders. Heute werden Torwartleistungen mit Vorliebe bekrittelt. Werden Torleute wie der Bochumer Durchschnitts-Halter Jan Lastuvka allein verantwortlich gemacht für Spielausgänge und verlorene Punkte. Und vermtlich geschieht das, weil es einfacher ist, einem Tormann einen unterlaufene Flanke vorzuwerfen, als zeitnah über das Zusammenspiel einer Mittelfeldraute zu motzen.

Also werden die Lehmänner, Kahns, Neuers, Hildebrandts ständig hinterfragt, was einfach nur niederträchtig ist, weil in Frage gestellte Torleute gemeinhin nicht besser werden, sondern ängstlicher. Statt instinktiv das Richtige zu tun, beginnen sie zu Zweifeln, was die Zweifler stärkt, und so weiter so fort. Wer kein Mitleid mit Torleuten nach einem Fehler hat, der hat kein Herz. Ich habe mal mit Christian Vander geheult, eine Halbzeit lang, es war fürchterlich.

Mich erinnert die herrschende Torwartdiskussion an eine andere deutsche Unart: das perfekte Dinner. Die Koch- und Mäkelshow läuft auf VOX seit Jahren und begleitet fünf Hobbyköche durch die Woche, die sich gegenseitig nicht das Schwarze unter den Nägeln gönnen, die die Wohnungen genauso respektlos beäugen wie die Speisenfolge oder die "Tisch-Deko, die ging ja gar nicht".

Wer wissen will, warum wir sind wie wir sind, warum wir an Missgunst leiden, an Selbsthass, der sollte mal Sportschau gucken oder auch das Perfekte Dinner – das ursprünglich englische TV-Format heißt dort übrigens "Come dine with me". Klingt das nicht viel freundlicher? Eben.

 

Liebe Oberbürgermeisterinnen, Oberbürgermeister und Landräte,

Foto: Flickr/k-robat

mit Verwunderung habe ich Ihr Thesenpapier zu einem Städtebund im Ruhrgebiet gelesen. Es kommt beeindruckend daher und sprüht vor Eifer, nunmehr die Chancen der Region gemeinsam zu nutzen und an den Problemen gemeinsam zu arbeiten. Das kann jeder Bürger nur begrüßen. Aber wer Sie und Ihre Vorgänger, auch die Vorgängerinnen möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen, bei Ihrem Tun in der Vergangenheit beobachten konnte, wird diesen Eifer nicht ganz glauben, und so ist auch Ihr aktuelles Papier, wenn auch mit Verve formuliert, keines des Aufbruchs sondern ein Verhinderungspapier.

Der Anlass ist die Auflösung des RVR-Vorstandes. Diese Auflösung hielt ich immer für einen Fehler – weil ich mir schon dachte, dass so ein Papier kommen würde. In diesem Vorstand waren einige von Ihnen übrigens nicht allzu eifrig – zum Teil fehlten Sie die Hälfte der Zeit. Jetzt tun Sie bitte nicht so, als ob Sie diesen Vorstand vermissen würden – ich habe dem Mathematikunterricht auch nicht hinter her geweint, bei dem ich oft durch Abwesenheit glänzte.

Die Bilanz der freiwilligen Zusammenarbeit der Städte ist schlecht: An keinem relevanten Punkt haben Sie bislang freiwillig und aus gemeinsamen Antrieb zusammen gearbeitet. Die gemeinsame Wirtschaftsförderung, die Ihnen jetzt so wichtig ist, hätten Sie schon vor Jahrzehnten gründen können. Geschehen ist es erst, als das Land die Wirtschaftsförderung zur Pflichtaufgabe des Regionalverbandes Ruhr (RVR) gemacht hat. Als noch die Rot-Grüne Landesregierung im Düsseldorfer Signal eine gemeinsame Planung für das Ruhrgebiet geplant hat, drängten Sie auf eine Ausstiegsklausel und legten mit dem Masterplan ein Papier vor, das so inhaltsarm war, dass es bedauerlich ist, dass für den Druck unschuldige Bäume ihr Leben lassen mussten. Nun wollen Sie verhindern, dass der RVR die Planung für das Revier übernimmt.

Die Idee zu einem Emscher-Landschaftspark ist seinerzeit beim KVR für die IBA entwickelt worden – und die war eine Idee des Landes. Die von Ihnen genannten erfolgreichen Netzwerke verdanken ihre Existenz alle dem KVR: Ob gemeinsames Werben um Touristen oder die Kulturhauptstadt – die Ideen kamen immer von dort. Nie haben Sie zusammen die Initiative ergriffen, immer mussten Sie zur Zusammenarbeit gedrängt werden. Das Zückerchen, mit dem man Sie lockte, war Geld. Mit Fördermitteln konnte man Sie immer ködern, denn all Ihre herrlichen Städte sind im Kern pleite. Ihr gemeinsamer Antrag um Fördermittel unter dem Namen Konzept-Ruhr  ist hierfür ein schönes Beispiel: Nicht Erkenntnis führte zur Zusammenarbeit, sondern Wirtschaftsministerin Christa Thobens Erklärung, dass künftig nur noch Projekte gefördert werden, die in der Region gemeinsam beschlossen wurden.

Noch nicht einmal eine gemeinsame, ruhrgebietsweite Nahverkehrsgesellschaft, die Sie immer hätten aufbauen können, haben Sie gegründet – fast jeder von Ihnen hat seine eigene – sogar das kleine Herne. Nicht, dass ich häufig Bus fahren würde, aber für mich ist die Frage der gemeinsamen Nahverkehrsgesellschaft so etwas wie ein Glaubwürdigkeitstest: Sie würde allen Bürgern nutzen, den politischen Einfluss schmälern und Geld einsparen. Sie haben sie bislang nicht gegründet, Ihre Parteifreunde sitzen glücklich in all den Vorständen und Aufsichtsräten, und deswegen glaube ich Ihnen Ihr Engagement nicht. Sie reden davon, dass neue Bürokratien überflüssig sind. Wie wahr. Wenn es gegen Bürokratie geht, haben Sie mich immer auf Ihrer Seite, ich muss das nämlich alles mit meinen Steuergeldern bezahlen – zum Glück nicht alleine.

Warum nutzen Sie dann nicht die Chance, Verwaltungen zusammen zu legen und so Personalkosten einzusparen? Ein paar Synergieeffekte werden schon drin sein.

Sie sagen, dass Sie und die Räte Ihrer Städte Demokratie genug sind und wollen kein Ruhrparlament, sondern ein Treffen der Oberbürgermeister. In der Sprecherrolle wollen Sie sich abwechseln. Ich möchte die Idee mal aufgreifen: Reichen in den Städten nicht auch die Bezirksvertretungen? Und die Bezirksvorsteher? Wenn die sich koordinieren, braucht man doch wahrscheinlich keine Stadträte und Oberbürgermeister mehr. Sie können dieser Argumentation nicht folgen? Ich der Ihren auch nicht.

Ich möchte nicht, dass Kommunalpolitiker über das Ruhrgebiet entscheiden. Es fehlt Ihnen der Blick für die Region. Ich will ein eigenes Parlament, und ich will es wählen. Ich will wissen, was die Parteien für das Ruhrgebiet wollen, und ich möchte diese Frage nicht vermischt haben mit dem Bau von Fahrradwegen in meiner Nachbarschaft. Und ich will einen Sprecher für diese Region. Gerne auch eine Sprecherin. Und das für, sagen wir mal, vier bis fünf Jahre. Nicht alle paar Wochen einen anderen. Und ich möchte wählen können. Es ist mein Recht, und ich werde nicht Ihnen zu Liebe darauf verzichten, es einzufordern.

Irgendwie glaube ich Ihnen nicht, dass es Ihnen ums Ruhrgebiet geht. Es geht Ihnen um Ihre Position und Ihren Einfluss. Das ist menschlich. Mehr als das: Sie handeln vernünftig – aus Ihrer Sicht.

Aus Sicht des Ruhrgebiets, das sagen Dutzende von Studien, ist Ihr Modell natürlich Unsinn. Würde man Ihrem Papier folgen – nichts würde mehr im Ruhrgebiet passieren, außer dann und wann einmal der gemeinsame Ruf nach Fördermitteln. Sie haben es in der Vergangenheit nicht geschafft, zusammen zu arbeiten. Alle wichtigen Anstöße kamen von außen oder aus dem KVR/RVR, den Sie in den vergangenen Jahren geschwächt haben. Es gibt keinen Grund, Ihnen zu glauben, dass dies in Zukunft anders sein wird. Die Zusammenarbeit im Ruhrgebiet muss verbindlich und demokratisch sein. Kümmern Sie sich um Ihre Städte, und helfen Sie dabei mit, den RVR zu stärken und zu verbessern. Helfen Sie dem RVR, die Planung für das Ruhrgebiet gut machen zu können. Bei aller Kritik – er ist und bleibt die einzige Klammer des Ruhrgebiets. Sie werden ihn nicht ersetzen können.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Laurin

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Bürgermeister legen Städtebundpapier vor

OBs planen einen Städtebund. Foto: RVR

Fast alle Oberbürgermeister und Landräte des Ruhrgebiets, Essen, Bottrop und der Kreis Unna sind bislang nicht dabei, haben in einem gemeinsamen Papier sowohl den RVR als auch ihre bisherige Zusammenarbeit kritisiert. Künftig wollen sie verstärkt im Ruhrgebiet zusammen arbeiten. Vor allem in den Bereichen Planung und Wirtschaftsförderung soll künftig verstärkt kooperiert werden – aber alles ohne ein regionales Parlament und ohne eine gemeinsame Verwaltung – die ja Stellen im eigenen Sprengel kosten könnten. An der Spitze der Oberbürgermeisterrunde will man sich abwechseln – das Revier soll also nicht ein Gesicht bekommen, sondern gleich 15. Und natürlich kein von allen Bürgern gewähltes Parlament. Das Papier sieht die Notwendigkeit der Zusammenarbeit – sie steht außer Frage. Aber es ist auch geprägt vom Unwillen, dieser Zusammenarbeit eine feste Struktur zu geben, die unabhängig ist von den Schwankungen der Mehrheitsverhältnisse in den lokalen Räten und dem Verhältnis der Bürgermeister und Landräte untereinander. Die Aufgaben, die die Oberbürgermeister erkennen, sind zum größten Teil die richtigen. Der Weg, den sie beschreiten wollen, ist es nicht. Ein starkes Ruhrgebiet ist etwas anderes als ein Städtebund. Übertragen auf die staatliche Ebene würden die Pläne der OBs und Landräte bedeuten: Staatenbund statt Bundesstaat. Was das Ruhrgebiet aber braucht, ist eine regionale Sichtweise und nicht die Addition kommunaler Blickwinkel. Das Ganze ist nun auch mal im Revier mehr als die Summe seiner Teile.

Das scheint auch RVR-Chef Heinz-Dieter Klink zu sehen, der endlich auf die Pläne der Oberbürgermeister reagierte:  „Wir begrüßen das klare Bekenntnis der Oberbürgermeister und Landräte, dass sie ein unverzichtbarer Bestandteil beim Aufbau der Metropole Ruhr sind. Die Beteiligung der Städte ist durch nichts zu ersetzen. Allerdings hat das Papier eine Schwachstelle: Erfolgreiche Kooperationen brauchen eine rechtlich verbindliche und demokratisch legitimierte Grundlage. Nur solch ein Rahmen garantiert eine dauerhafte und verlässliche Zusammenarbeit. Daher ist der RVR bereits fester Bestandteil der neuen Kultur der Kooperation in der Metropole Ruhr.
Der Verband ist bei den meisten genannten Initiativen, Projekten und Kooperationen Impulsgeber und zentraler Partner, wie zum Beispiel der Kulturhauptstadt, der Kultur Ruhr GmbH, der regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft mit den Immobilien-Messeauftritten, der AG Neues Emschertal und der Ruhrtal-Initiative. Und erst am vergangenen Montag hat das Ruhrparlament einstimmig bestätigt: Der RVR gestaltet, plant und baut die Metropole Ruhr.“

Hier das Papier… Mehr

E.ons Befreiungsschlag setzt RWE unter Druck

E.on bietet den Verkauf des Stromnetzes an. Foto: Ruhrbarone

Um ein Kartellverfahren der EU zu beenden, hat der Düsseldorfer Stromkonzern E.on angeboten, Kraftwerke mit einer Leistung von 4800 MW, das sind zwei Kernkraftwerke, sowie die deutschen Übertragungsnetze zu verkaufen.

Das ist ein Befreiungsschlag des größten deutschen Versorgers, der vor allem RWE unter Druck setzt.

Sollte E.on mit dem freiwilligen Verkauf der Kraftwerke und Netze Milliardenschwere Strafen abwenden, muss auch RWE eine eigene Lösung anzubieten, um ebenfalls EU-Kartellermittlungen zu beenden. Sollte sich RWE ebenfalls dem Druck aus Brüssel beugen, würde der E.on-Vorschlag die gesamte Versorgungslandschaft in Deutschland bahnbrechend verändern. Mit großen Auswirkungen auf das Ruhrgebiet.

Hier die E.on-Erklärung im Wortlaut:

"E.ON hat der Europäischen Kommission strukturelle Maßnahmen vorgeschlagen, um alle laufenden Auseinandersetzungen mit der EUKommission im Strombereich konstruktiv zu beenden und um dem Wettbewerb im deutschen Strommarkt im Interesse der Haushaltsund Industriekunden noch stärkere Impulse zu geben. E.ON bietet an, die eigenen Übertragungsnetze an einen Betreiber zu veräußern, der nicht im Bereich der Stromerzeugung oder Stromversorgung tätig ist.

Zudem will E.ON 4.800 MW Kraftwerksleistung an Wettbewerber veräußern.

Die Kommission hatte in der Folge ihrer Sektorenuntersuchung im Energiebereich (Energy Sector Inquiry) eine Reihe von Wettbewerbsverfahren gegen Energieunternehmen durchgeführt, unter anderem in zwei Fällen gegen E.ON.

Die EU-Kommission hat die Vorschläge ausdrücklich begrüßt, da sie die gegen E.ON erhobenen Vorwürfe und Bedenken ausräumen. Die EU-Kommission wird einen Markttest durchführen, um eine Entscheidung nach Artikel 9 der Verordnung 1/2003 herbeizuführen. Nach diesem Verfahren wären die von E.ON gemachten Vorschläge durch Entscheidung der Kommission rechtlich unmittelbar bindend, und die EU-Kommission würde in diesem Fall die derzeit laufenden Kartellverfahren gegen E.ON einstellen."