Denk ich an die Emscher…

Der geplante Emschergrünzug. Foto: Bezirksregierung

Zu der Emscher mach ich mir gerade Gedanken. Und zwar geht es um folgendes: Vor ein paar Monaten hab ich erfahren, dass die Emschergenossenschaft nicht genügend Geld hat, den Umbau der Emscher wie ursprünglich geplant fertig zu stellen. Das ganze Bare, das eingeplant war, alles schon verbraten. Es habe nur knapp gereicht, um die Emscher bis Dortmund aufzuhübschen. Das ist natürlich Mist, denke ich mir, weil das Projekt mit Abstand das wichtigste Vorhaben ist im nördlichen Ruhrgebiet ist. Dann hieß es, die Genossenschaft wolle die Abwassergebühren von den Städten anheben, um den nötigen Schotter zusammenzukratzen. Dann wieder meldete die Genossenschaft, alles liefe nach Plan, man habe sich nur entschlossen, anders vorzugehen. Also erstmal bis Dortmund fertig machen und dann zu nach und nach bis Duisburg den großen Emscherkanal graben, langsam, zu langsam. Das würde dann natürlich rund 12 oder 14 Jahre je nachdem länger dauern, die Kloake wieder in einen Fluss zu verwandeln. Das bedeutet: Die Emscherzone mit Emscherlandschaftspark und Emscherinsel bleibt erstmal bis 2025 Träumerei. Das ganze Planungsgeld, alles rausgeschmissen Penunzen. Wer sich schon ein Grundstück mit Blick auf den Fluss gekauft hat, ist gekniffen. Es sei denn, er wohnt in Dortmund, da wird alles pünktlich toll.
Aber zurück zum Thema: Nun will die Emschergenossenschaft die Landesregierung erpressen. Das Land müsse einspringen und mehr für den Wandel lockermachen. Ansonsten würde die Party Kulturhauptstadt 2010 in Geiselhaft genommen. Kohle für Kloaken oder nix mit Schubischubi.
Mir kommt dieses Argumentationsmuster nicht besonders schlau vor. Zuerst heißt es, man habe keine Probleme, dann wird gesagt, die Städte müssten mehr ranschaffen, jetzt soll das Land einspringen. Sonst wird die Sause zersägt. Übersetzt heißt das doch wohl, da brennt der Baum. Die Emschergenossenschaft steckt bis zum Hals im Abwasser.
Wenn das aber richtig ist, dann soll die Genossenschaft nicht versuchen, die Party in den Schwitzkasten zu nehmen, und sich damit lächerlich machen. Sondern richtig bei den Richtigen auf den Putz hauen.
Zunächst muss festgestellt werden, wer für die Fehlplanungen verantwortlich ist. Und wie die Fehler genau aussahen. Es muss geklärt werden, wie so ein Milliardenprojekt an den Rand des Scheiterns gebracht werden konnte.
Dann müssen die Bürger, die Städte und das Land zusammen einspringen und die Mehrkosten tragen. Das Generationenprojekt renaturiertes Emschertal ist zu wichtig, als dass man daraus den Spielball eines Festausschusses machen kann.
Wenn man diesen Weg gehen will, muss man aber auch den Konflikt suchen. Denn die Wahrheit tut weh. Kein Kämmerer wird froh sein, wenn er die Abwassergebühren anheben muss. Kein Bürgermeister wird stolz darauf sein, Mehrkosten vertreten zu müssen. Aber das ist nun mal die Aufgabe der Politik im Ruhrgebiet. Die Bühne für diesen Konflikt bietet eigentlich der Regionalverband Ruhr.
Aber ich bin sicher, dass man dort keine Abrechnung über das vergangene und eine Entscheidung für die Zukunft hören wird. Stattdessen wird es peinliche, kleinliche Angriffe auf die Landesregierung geben. Nach dem Muster: Die böse CDU und die böse FDP, die wollen uns armen Ruhris (vulgo SPD-Oberbürgermeistern) nur kein Geld gönnen. Die wollen, dass die Emscherzone weiter abkackt.
Es ist unverantwortlich, dass die Zukunft für alle so zum Spielball einer auf den kurzfristigen Vorteil bedachten Politik wird. Zum billigen Argument im kommenden Landtagswahlkampf.
Welcher mutige Mann im Regionalverband tritt dagegen auf? Hachchchchchch…….

ich bin um den Schlaf gebracht.

Mein Gott, Dein Gott…

Foto: EugeniusD80

Im Gop-Varieté in Essen hat kürzlich die Buddha-Lounge eröffnet. Und jetzt ist schon wieder Schluß. Was ist geschehen? War das Bier schal? Die Gäste öde? Die Musik dröge? Nein, es ist Schluß mit der Buddha-Lounge, weil die Betreiber nicht die Namensrechte haben. Die liegen allerdings nicht bei irgendwelchen halbverhungerten indischen Yogis, sondern bei einem Herrn in Paris, und der betreibt eine Kneipe namens Buddha-Bar. Nun müssen bis Februar Alternativen her… .

„Ich bin wichtig…“

Hat zu tun: Philipp Mißfelder. Foto: PR

Hat zu tun: Philipp Mißfelder. Foto: Mißfelder/PR

Eine ganze Menge Menschen haben im Augenblick viel zu tun: Verkäuferinnen, Kellner, Köche, Steuerberater sind bis zum Jahresende im Stress und für den Weihnachtsmann hat die härteste Zeit des Jahres sowieso gerade erst begonnen. Nur Wenige machen indes über diese Tatsache so ein Bohei wie die junge Hoffnung der CDU Philipp Mißfelder aus dem Ruhrgebiet. In einer Pressemitteilung weist er auf die besonderen Belastungen seines Berufes in der Weihnachtszeit hin: „In der letzten Sitzungswoche im Jahr gibt es immer besonders viele Termine. Viele Vorhaben müssen noch im alten Kalenderjahr zum Abschluss gebracht und viele Beschlüsse gefasst werden. Bei einer dieser zahlreichen wichtigen Sitzungen nicht anwesend zu sein, kann sich ein Abgeordneter in dieser Abschlusswoche des parlamentarischen Jahres kaum leisten."OK, im Rest des Jahres kann man also gepflegt im Café Einstein rumhängen und darauf hoffen, von Hauptstadtjournalisten angeqautscht zu werden. Die Erfahrung, viele Termine zu haben, scheint für Mißfelder so besonders zu sein, dass er in der Mitteilung gleich drei Mal darauf hinweist. Und reden wird er im Ausschuß auch: Neben zahlreichen weiteren Terminen wird Philipp Mißfelder im Ausschuss für Kultur und Medien zu einem Gesetzentwurf zur Stärkung des gesellschaftlichen und bürgerlichen Engagements von Jugendlichen Stellung nehmen. Das ist ungefähr so beeindruckend, als ob die freundliche Dame an der Wursttheke meines Supermarktes darauf hinweist, dass sie vor Weihnachten einen Kringel Fleischwurst verkauft hat. Ihr Job ist es, Wurst zu verkaufen und Mißfelder hat nun einmal auf Sitzungen rum zu hängen und dann und wann einmal etwas zu sagen. Besonderen Dank und Bewunderung verdienen beide dafür nicht: Es ist ihr Job, und dafür werden sie bezahlt. Im Falle von Mißfelder gar nicht mal so schlecht – kaum ein Dauerstudent der Geschichte dürfte an sein Salär herankommen.

Flimm II

Unter einer Decker flimmern

Das schönste soll man sich bekanntlich aufheben…

Wie es wohl weitergeht mit der Ruhr-Triennale, nach drei Jahren mit Jürgen Flimm, nach kölscher Vereinahmung, Rheinlandisierung, nach Niedecken, Mike Herting, …?

Na wie wohl!

Flimms Nachfolgerin Marie Zimmermann – immerhin Aachen – nahm sich das Leben.

Die Saison 2008 wird deshalb von dem Team 2005-2007, einem Dreigestirn (sic) verantwortet und Flimm fungiert als "Papa" (O-Ton Flimm).

Und ab 2009 übernimmt Willy Decker, Opernheld und – Sie ahnen es –

natürlich aus K Ö L N.

Werbung


Lauf, Schüler, lauf…

Schützenbruder Foto: Florian Seiffert

Schützenbruder. Foto: Florian Seiffert

Der Rat der Stadt Marl ist etwas für Kenner… und er ist immer wieder für eine Überraschung gut. Jetzt können sich die Politiker nicht entscheiden, ob sie in einer Realschule einen Schießstand für einen Schützenverein erlauben sollen, oder nicht. Die Entscheidung darüber wurde erst einmal vertagt. Eine Mehrheit gegen die Schützenbrüder war wohl nicht zu finden. Wir erinnern uns: Es gibt zwei Arten von Schützen: Die einen sind froh, wenn sie bei Trinkgelagen mit dem Bierglas den eigenen Mund treffen und nicht den Ausschnitt der Gattin des Metzgermeisters. Die anderen machen sich mit schweren Waffen wichtig und erzählen was von meditativer Wirkung durch das Eins werden von Mann und Waffe, was wieder einmal belegt, dass Woody Allen Recht hatte, als er die Gegenthese zu Freud aufstellte, dass nicht nur Frauen vom Penisneid betroffen seien. Wer Marl kennt, ahnt, dass hier eher die trinkfreudigen Gesellen gemeint sind – aber auch die können nicht einfach in die Kneipe gehen und sich friedlich betrinken, sondern benötigen dafür einen geselligen Hintergrund. "Schatz, ich begebe mich heute mit meinen Freunden auf die Jagd nach meiner letzten Gehirnzelle" klingt nun einmal nicht so gut wie "Schatz, ich geh zum Vereinsvorstand, da sind Satzungsfragen zu diskutieren."

Aber auf die Idee, einem Haufen von Menschen – drücken wir uns vorsichtig aus, "mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit ein Alkoholproblem bekommen zu können" – mit ihren Waffen Zugang zu einer Schule zu verschaffen, muß man erst einmal kommen. Dann gibt es neben dem Jägerlatein vielleicht bald das Schützenlatein: "Ich hatte da letztes Jahr einen kapitalen Zehntklässler vor dem Rohr". Humor haben Sie jedenfalls, die Marler.

Aachen vor…

Während im Ruhrgebiet noch der unbedeutendste Lokalpolitiker darüber wacht, dass niemand seinen Kirchturm anrührt, gibt es Regionen, die ein wenig pfiffiger sind. Die Aachener zum Beispiel. Die haben sich zu einer Städteregion zusammengeschlossen und werden bei der kommenden Kommunalwahl sogar einen gemeinsamen Repräsentanten wählen. Das Landkreis Aachen wird aufgelöst – es fallen also Stellen weg und sogar Geld wird gespart. Und warum macht das Aachener Umland das alles? weil sie wissen, dass sie mit Kleinstädterei nicht wahrgenommen werden – als Städteregion schon. Und auch der Repräsentant dieser Region wird künftig wahrgenommen werden – wird er doch von allen Bürgern gewählt. Eine ganz andere Liga als der Regionalverband Ruhr und sein Direktor Herr Klink. Es geht also, wenn man will. Blöd nur, dass andere schon wieder schneller sind.

schurians runde welten (reloaded)

Totschlag im Internet "Deine Mudda zieht Autos auf Eurosport." (ustreamer 4357) "Deine Mudda wird am Strand von Greenpeace gerettet!" (ustreamer 3385) "Schalke, alle Uschis!" (ustreamer 1005) Es ist viel passiert, seit diese Kolumne das letzte Mal erschien. Ich habe mir einige technische Geräte angeschafft, die ich um meinen Heimarbeitsplatz gestellt habe und abwechselnd an- und ausschalte. Danach schaue ich wieder in den Laptop, ob zwischendurch etwas geschehen ist, dann schalte ich wieder ein Gerät an, und so weiter. Wenn ich arbeite und Geräte ausprobiere, denke ich daran zurück, wie es war ohne Internet, ohne Computer, Mobiltelefone und andere Geräte: So saß ich Anfang dieses Jahrtausends mal in einem Büro am Westrand des Ruhrgebiets fest und hatte kein Telefon und einen PC ohne Verbindung zum Internet. Irgendwann begann ich damit, mich mit dem Rechner zu unterhalten. Wirklich: Das Teil hatte eine Sprachsoftware, ich konnte mir Sätze ausdenken, die ich mir dann in fünf unterschiedlich verzehrten Stimmfarben vorlesen ließ. Kleine Dialoge, nur unterbrochen, durch das Eintippen des neuen Satzes: Guten Morgen, Christoph, alles klar? Hm. Was haben wir beiden Hübschen denn heute vor? Nichts. Wann gehst Du Mittagessen? Weiß nicht. Du mieser Lutscher, Du kotzt mich an! Häh? Trotz der Gespräche wollte die Zeit einfach nicht vergehen. Weil das nicht nur mir so geht, ist die gewaltigste Industrie unserer Zeit entstanden, sie fußt auf einem Auftragsmord. Medien- und Informationsindustrie helfen uns dabei, die Zeit totzuschlagen. Und das Internet ist ein Brennpunkt dieses Massenmordes. Man kann dort abertausend sinnfreie Dinge suchen, anschauen, anklicken, am sinnlosesten ist es aber, zu versuchen, Fußballspiele zu sehen, die nur im Bezahlfernsehen laufen. Zum Beispiel Champions League, Olimpiakos gegen Werder, zu sehen war das auf einer Seite aus Talinn. Im Selbstversuch wird klar: Wer Fußball gerne in der Totalen sieht, ist im Internet verratzt. Zu sehen sind rote bzw. weiße Pixel auf grünem Grund, wie ein Computerspiel auf dem Sinclair. In Nahaufnahme geht es einigermaßen, aber der Datenrhythmus macht das Spiel kaputt, es fließt nicht, es hackt. Weil das die anderen 5.000 Zuschauer auch so sahen, haben sie auf der Seite gechattet, sich ungefähr so angeregt unterhalten wie ich mit meinem Bürorechner – die geistreichesten Kommentare habe ich an den Anfang dieser Kolumne gestellt, die es ab jetzt wieder regelmäßig geben wird. Mit irgend etwas muss man die Zeit ja totschlagen!

Im falschen Flimm

Wir wollen hier wütend sein, gar nicht schwer. Etwa über die Ruhrtriennale, beziehungsweise die Ära Jürgen Flimm. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger kommt Flimm aus Nordrhein-Westfalen. Falsch, er kommt aus Köln. Und das merkte man. Zum Beispiel beim letzten Abend des Kulturfestivals 2007, 14. Oktober in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Dabei habe ich gar nichts gegen Köln, aber auch wenig für die Domstadt übrig. Schon gar nicht kulturell. Weil ich damit zum Glück nicht allein bin, musste die Bewerbung der größten Stadt im Bundesland als Kulturhauptstadt Europas grandios scheitern. Wir wissen, wer das Rennen machte. Am Rhein würden sie noch heute ihre Wunden lecken, erzählte mir im Frühjahr ein in Köln lebender, aber eigentlich in Herne beheimateter Schauspieler. Stimmt fast: Die einen lecken seit drei Jahren den "halwen hahn" – die anderen verdienen das Geld dann halt woanders. Zum Beispiel: Im Ruhrgebiet.

Kulturindustriemeister Jürgen Flimm ist eine Art Anführer dieser kölschen Kulturmontage, der rheinischen Bühnen-Kampagne. Von Anfang an. Als der Theatermann vor vier Jahren zum Intendanten der Ruhr-Triennale wurde, dem noblen Aushängeschild der Ruhr-Kultur, wollte er trotzdem nicht von der Kölner Bewerbung als Kulturhauptstadt lassen, er gab das widerwillig erst nach einigem Pressedruck auf. Und seine Rache am Ruhrgebiet war schrecklich.

Hatte der Triennale-Gründungsintendant und Kosmopolit Gerard Mortier noch viel hingeschaut, nachgedacht und gesagt über das Revier und seine Bewohner, geriet Flimms Abschiedsabend zum Liederabend der rheinischen Wanderarbeiter. Der musikalische Leiter, ein Kölner, der Stargast, ein Kölner, der Gastbläser, ein Kölner, die Band, aus Köln. Selbst der niedliche Amateurchor entstammte irgendeiner Sankt-Blasius-Basilika in irgendeinem Viertel dieser von ihren Einwohnern gerne als "schönste Stadt der Welt" bejubelten Sammlung von Bausünden. Der ganze Abend in der Jahrhunderthalle wurde zu solch einem Heimspiel der Rheinländerei, dass das Bühnenpersonal selbstverständlich von "hier" sprach, obwohl sie Köln meinten.

Zum Abschied an das Ruhrgebiet, ohne dessen ausgebeutete Landschaft, Geschichte und Einwohner es niemals Arbeit für Jürgen Flimm und Co. Kg. zwischen Emscher und Ruhr gegeben hätte, las der scheidende Intendant eine Geschichte von Heinrich Böll. Ein Straßenporträt, katholisch, kitschig, kölsch, sprich: an dieser flachen, feuchten Stadt besoffen. Zuvor gab er etwas Apokalypse, dann war Schluss, kein Wort übers Revier, zu drei Jahren Festivalleitung, zum Publikum. Ein Profi, Geld wird jetzt woanders verdient.

Ach ja, fehlt noch das Feuerwerk zum Abschluss. Funkensprühende Drachen zogen auf und ab, es glühte, funkelte, blitzte etwas zwischen dem dürrem Pappelbewuchs vor der Halle, Jürgen Flimms barocken "Hain". Es würde mich nicht wundern, wenn die Postleitzahlen von Feuerwerkern und Baumschule mit 5 und 0 beginnen.

Werbung


Sieg der Provinz

Die Landesregierung hat sich von der Schaffung eines Ruhrbezirkes verabschiedet. In der Mitte der nächsten Legislaturperiode soll jetzt entschieden werden. Das heißt übersetzt: Niemals. Den eigenen Ruhrbezirk wird es nicht geben. Es ist der Sieg der Provinz über die Vernunft. Es ist ein Triumph weitgehend überflüssiger Bürokraten, profilloser Vorortpolitiker und Besitzstandswahrer.
Aus Sicht des Landes ist es nur folgerichtig, die Reform der Landesstrukturen, dessen großer Gewinner das Ruhrgebiet gewesen wäre, zu stoppen: Die Widerstände in der Provinz waren zu groß und aus dem Ruhrgebiet gab es keine nennenswerte Unterstützung für die Reformen. Nicht nur die Sozialdemokraten haben sich gegen die Strukturreform aufgestellt – parteitaktisch vernünftig, aber natürlich unverantwortlich, auch aus der CDU gab es nur Kritik.
Viele CDU Orts- und Kreisverbände haben sich gegen ihre eigene Landesregierung aufgestellt. Es waren die gleichen Vorortpolitiker, die das Wahlprogramm der Union, in der die Forderung nach einem einigen Ruhrgebiet stand, immer unterstützt haben. Soll man ihre Namen nennen? Überflüssig: Haben Sie schon mal den Namen Hovenjürgen gehört? Eben. Bei einer Partei, die so uneinig ist, die so schnell bereit ist, ihre eigene Programmatik zu verraten, stellt sich die Frage der Regierungsfähigkeit. Durchsetzungsstark ist anders.
Aber es fehlten auch die Stimmen, die von der Landesregierung laut forderten, sich an ihre Versprechen zu halten und das Ruhrgebiet zu stärken. Der Regionalverband Ruhr, die einzige Klammer des Ruhrgebiets, ist, seitdem Rot-Grün Heinz-Dieter Klink an die Spitze gewählt hat, in der Unbedeutung verschwunden. Seinen Auftrag, das Ruhrgebiet zu schwächen, hat Klink bestens erfüllt. Er konnte dabei das tun, was er am besten kann: Nichts.
Was werden die Konsequenzen sein? Das Ruhrgebiet hat sich endgültig davon verabschiedet, eine Metropole zu werden – und vor allem die kleinen Städte werden die Verlierer sein. Formal unabhängig, werden sie zu Vororten degenerieren. Essen wird seine Rolle als das natürliche Zentrum der Region in Zukunft konsequent ausspielen – gemeinsame Strukturen, die für das Erreichen gemeinsamer Ziele sorgen könnten, gibt es nicht. Auch die Regionalplanung würde einen starken Regionalverband benötigen – den es nicht gibt.
Vielleicht ist ja das freie Spiel der Kräfte tatsächlich die beste Lösung: Sie nimmt den Provinzpolitikern die Möglichkeiten zum Handeln. Essen wird künftig eine Leitfunktion für die Region einnehmen. Wer erfolgreich sein will, wird sich dieser Tatsache anpassen, wer sich nicht anpassen will, wird an Bedeutung noch mehr verlieren. Die Sieger von heute haben die Grundlage für ihre eigene grandiose Niederlage geschaffen. Sie sollen gefälligst nicht jammern, wenn sie es in ein paar Jahren bemerken.

Startschuss

Die Idee einen Ruhrgebietsblog zu machen hatten wir, David Schraven, Christoph Schurian, Ulrike Traub, Thomas Nückel, Thomas Meiser und ich, Stefan Laurin, schon vor längerer Zeit.

Den Namen haben wir im Freibeuter gefunden und Irene Kemler dann so lange genervt, bis sie uns diese Seite gestaltet und programmiert hat.

Was wir wollen? Über das Ruhrgebiet schreiben. Anders als in den Medien, für die wir sonst arbeiten, journalistisch, klar, wir sind ja fast alle Journalisten, aber doch meinungsfreudiger als im Berufsalltag .

Ich persönlich bevorzuge das Wort härter, aber das wird jeder von uns für sich selbst entscheiden. Wir wollen über Kultur schreiben, den Alltag im Ruhrgebiet aber vor allem über die Politik:

Über Oberbürgermeister im Westfalenwahn, einen Regionalverband Ruhr, der in einer so miserablen Verfassung ist, dass das Ruhrgebiet auseinander zu fliegen droht und auch darüber, was man dagegen tun kann, wenn ein paar Politiker und Lobbyisten es sich zum Ziel gesetzt haben, eine fünf Millionen Region unten zu halten.

Denn wir mögen das Ruhrgebiet und sind gerade deshalb seit Jahren vor allem eines: Wütend.