Kindheit im Ruhrgebiet: Die Luft roch nach Teer und Bluna

 

Spielplatz Hanomag-Pritschenfläche

Mein Vater machte eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei einer Straßenbaufirma im Dortmunder Hafen. Ende der 1960er Jahre wechselte er die Seiten und übernahm eine Baugeräte- und Baumaschinen Firma in Dortmund Mitte, wo wir im selben Gebäude in der dritten Etage wohnten. In einzelnen Garagen, die abwechselnd rostrot und jägergrün angestrichen waren, lagerte das ganze Inventar, das mein Vater im Angebot hatte: von Speiskellen, über Nägel und Teereimern bis hin zu allem vorstellbaren Handwerks- und Maschinenzeug, das im Hoch- und Tiefbau gebraucht wurde. Gegen Jahresende, wenn mein Vater seine Inventur für den Steuerberater anfertigen musste, halfen meine Schwester und ich mit und hatten alles mögliche durchzuzählen und aufzuschreiben: Batterien, Moniereisen, Spitzhacken, Gasflaschen – das ganze Programm von A bis Z.

Wenn uns in den Ferien langweilig war, spielten wir auf dem Hof. Ich belauschte die Aushilfsfahrer meines Vaters, wie sie über Truck Stop und Gunter Gabriel fachsimpelten. Oder erbettelte mir eine Mark Extra-Taschengeld für ein Eis am Kiosk. Die Luft bei der Bude roch nach Teer und Bluna. Oder nach einem kalten Waschlappen, den ich brauchte, wenn ich mir im Hof beim Fangenspiel wieder einmal eine Schürfwunde zugezogen hatte. Am liebsten spielten meine Schwester und ich auf der Pritschenfläche des Hanomag Henschel-LKW, den wir liebevoll in ›Matadonna‹ umgetauft hatten. Was das bedeuten sollte, weiß ich heute nicht mehr. Dieses Foto stammt aus dem Jahr 1975. Meine Schwester ist heute Professorin für Chemie in Köln, damals erprobten wir unsere ersten ››Lachgas-Experimente‹‹ auf dem „Matadonna“.

 

Stephan ›Rosi‹ Rosenmüller im youtube-Roulette

Ohne Konzerte fehlt was. Hier die Band ›Ghost‹ im Bochumer Ruhrcongress im Januar 2019 | Foto: Peter Hesse

In Dortmund läuft gerade die Initiative #ohneunsistsstill. Mit vielen Aktionen wollen Konzertveranstalter, Roadies und weitere Mitarbeiter der Veranstaltungsbranche auf ihre Lage aufmerksam machen. Dadurch, dass viele Bands seit dem Frühjahr nicht live spielen können, gibt es zu viele Dienstleister und Mitarbeiter, die beruflich und finanziell unter der COVID19-Krise und dem Veranstaltungsverbot leiden.

Einer von Ihnen ist Stephan ›Rosi‹ Rosenmüller, der seit vielen Jahren als Rigger arbeitet und im Vorfeld von Konzerten am Bühnenaufbau mitarbeitet. Er sagt: „Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Menschen da draußen glauben, das wird alles schon. Dabei gehören so viele Kolleginnen und Kollegen zu einer Veranstaltung, sei sie auch noch so klein. Reinigungskräfte, Caterer, Techniker, Ticketverkäuferinnen, Ordnungsdienste und dann noch die Künstler selbst, mit ihrem mitreisenden Personal.“

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Kindheit im Ruhrgebiet: Eine gute Zeit

Kulturelle Aneignung war in meiner Kindheit in den 70er Jahren noch kein großes Thema und zum Glück lebten damals auch wenige Skandinavier, die älter als 800 Jahre waren, in Gladbeck, so dass ich mich ohne Hemmungen als Wikinger verkleiden konnte.

Das Foto, ich weiß es noch, als ob es gestern gewesen wäre, wurde an einem strahlenden Augusttag im Garten des Hauses von Tante Käthe aufgenommen, der besten Freundin meiner Großeltern. Dass die Büsche im Hintergrund trotz der Jahreszeit keine Blätter haben, liegt am allgegenwärtigen sauren Regen der aus den dunklen Staubwolken fiel, durch welche die Sonne niemals durchdrang. Doch wir einfachen Menschen im Ruhrgebiet waren trotzdem glücklich, aßen heiße Fleischwurst mit Senf bis uns übel wurde und bewarfen Autos mit fremden Kennzeichen mit Kohlebrocken. Es war eine gute Zeit.

Kindheit im Ruhrgebiet: Erzählungen fehlen

 

Rudorf Holtappel, Rollerfahren auf der Henkelmann-Brücke in Oberhausen (um 1960)

Im Ruhrmuseum läuft derzeit die Ausstellung „Kindheit im Ruhrgebiet“. Meine Erwartung anregender Geschichten von unten (oral history) wurde leider enttäuscht. Zu sehen ist Spielzeug, das Menschen aus dem Ruhrgebiet zur Verfügung stellten, deren Erinnerungen an ihren Teddybär oder Spielwürfel uns vorenthalten werden. Tonmurmeln und bunte Heftchen waren nun mal für alle Kinder das gleiche Glück, egal ob in Wanne oder in Garmisch. Leider fehlen die individuellen Geschichten der Leihgeber mit ihrem Spielzeug. Auch die Kinder, deren Lichtbilder, fotografiert von Berufsfotografen, die Wände zieren, kommen selbst nicht zu Wort. Was würden sie uns erzählen von ihren Spielen? Von ihren Abenteuern in verbotenen Zonen jenseits der Bahngeleise oder auf Brachen zwischen Zechensiedlung und Bergwerk, von Hechtsprüngen in den Kanal und von den Kohledeputaten und Brieftauben des Großvaters. Und die Jüngeren? Blieb die Trinkhalle Treffpunkt und Umschlagplatz für getauschte Kostbarkeiten aus der Hosentasche? Aus ihren Erzählungen hätte sich ein Zeitpanorama entfalten können aus der Perspektive der „kleinen Leute“ im Schatten der Halden und in wachsenden Naturarealen.

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Corona und Katastrophenschutz: „Die Pandemie wird in den Großstädten entschieden.“

Magnus Memmeler mit Maske Foto: Privat

Seit dem 15. März 2020 unterhalten sich die Ruhrbarone mit Magnus Memmeler.  Bis heute sind 26 Interviews entstanden, die den Katastrophenschutz ins Visier nehmen und auch die Corona-Krise nachzeichnen. Im 27. Interview geht es u.a. um die Kanzlerin, die hohe Zahl an Neuinfektionen, Christstollen im sächsischen Innenministerium und wiedermal um den Katastrophenschutz.

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Tiergeschichten aus dem Ruhrgebiet

Pelzige Mitbewohner: Das Bild passte halt; Foto: Peter Ansmann
Pelzige Mitbewohner: Das Bild passte halt; Foto: Peter Ansmann

Zoo- und Zirkusbesuche waren noch nie so mein Ding. Letztere habe ich sogar, wegen der Clowns, schon als Kind wirklich gehasst. Ich habe auch nur einen Zirkusbesuch in meiner Kindheit in Erinnerung. Ebensowenig mag ich Tierdokumentationen – außer es geht um Katzen oder Raubkatzen. Die schaue ich gemeinsam mit meinen Mitbewohnern (Bild oben). Tierfilme und -geschichten waren, mit Ausnahme des Dschungelbuches und Aristocats – auch nie so meine Welt. Ist halt so.

Ein Video, in dem das Buch Tiergeschichten aus dem Ruhrgebiet – Wo Schweine pfeifen, Ziegen moppern und Tauben an das Gute glauben angepriesen wurde, hat mich trotzdem neugierig genug gemacht um in meiner Stammbuchhandlung dieses Werk zu bestellen.

Trotz des für mich eher ungewohnten Themas: Bereut habe ich den Kauf nicht.

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Sagen und Legenden aus dem Ruhrgebiet

Grubengespenster, Hexen und Werwölfe: Sagen und Legenden aus dem Ruhrgebiet
Grubengespenster, Hexen und Werwölfe: Sagen und Legenden aus dem Ruhrgebiet

Im Februar 2020 habe ich hier im Blog das Buch Dunkle Geschichten aus Duisburg von Dieter Ebels vorgestellt. Jetzt, ganz frisch, in der zweiten überarbeiteten Auflage ist ein Buch mit ähnlicher Thematik erschienen: In Sagen und Legenden aus dem Ruhrgebiet geht es um Grubengespenster, verborgene Schätze, Hexen, hartherzige Damen und Werwölfe.

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Rückkehr aus Corona-Risikogebiet: Bananen-Republik Deutschland

Heiko Poerz (Foto: Photodesign Volker Schäffner)
Heiko Poerz (Foto: Photodesign Volker Schäffner)
Rückkehrer aus Corona-Risikogebiet: Heiko Poerz (Foto: Photodesign Volker Schäffner)

Wer aus einem Corona-Risikogebiet nach Deutschland einreist, muss sich einem festgelegten Prozedere unterwerfen. Man denkt, dass Ankömmlinge gründlich untersucht und registriert werden. Schließlich soll ja die Allgemeinheit vor eingeschleppten Sars-CoV-2-Viren geschützt werden. Aber wie sieht es tatsächlich an unseren Flughäfen aus? Nicht gut, sagt ein Reiserückkehrer aus Nordmazedonien, einem der ärmsten und am stärksten betroffenen Länder Europas. Er hätte auch unbeobachtet einreisen können. Ohne Test, ohne Nachverfolgung. Ruhrbarone hat ihn interviewt.

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Waltrops neuer Bürgermeister Marcel Mittelbach: Was kann ein König ohne Reich schon bewirken?

Marcel Mittelbach (SPD) wird neuer Bürgermeister von Waltrop. Foto: Robin Patzwaldt

Am Sonntag nahm einer der kuriosesten Wahlkämpfe, die ich mit meinen inzwischen fast 50 Jahren jemals bewusst miterlebt habe, endlich sein Ende. Großer Sieger des Ringens um das Bürgermeisteramt in Waltrop (Kreis Recklinghausen) war SPD-Herausforderer Marcel Mittelbach, der mir 64 Prozent in der Stichwahl gegenüber seiner Vorgängerin Nicole Moenikes von der CDU (36 Prozent) klar die Oberhand behielt.

Damit endete die sechsjährige Amtszeit der CDU-Frau ähnlich spektakulär, wie der Wahlkampf, der sie 2014 einst ins Amt gespült hatte, mit einer derben Abfuhr für die Amtsinhaberin.

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