Schwarz-Grün geplatzt: Armer Norbert Röttgen

Norbert Röttgen

Eine Koalition ist zerbrochen. So etwas kommt vor. In Hamburg haben die Grünen den Schwarzen gekündigt. Nun gut, es war ja auch die erste schwarz-grüne Koalition. Denkt man an die ersten rot-grünen Koalitionen zurück und vor allem daran, mit welchem Getöse diese zu platzen pflegten, kommt einem hier das schöne Wort von der „harmonischen Scheidung“ in den Sinn. Kein Wunder, dass Hamburgs Regierungschef – Ahlhaus heißt er –, wie er sagt, „enttäuscht“ ist. Damit ist er absolut glaubwürdig, allerdings auch sehr einsam.

Alle Anderen sind nämlich über das Ende der Hamburger Koalition hocherfreut – über alle Parteigrenzen hinweg. Und auch über alle Landesgrenzen hinweg, sprich: auch Nicht-Hamburger, denen sich das „Ende der schwarz-grünen Gemeinsamkeiten“ eigentlich genauso wenig erschließen dürfte wie unsereinem. Sie melden sich mit Kommentaren zu Wort wie, dass sie es irgendwie gleich gewusst hätten, dass das ja auch gar nicht hätte klappen können mit den beiden – wohl wissend, dass nur die Allerwenigsten sich die Mühe machen werden zu recherchieren, was die gleichen Leute beim Zustandekommen dieser Koalition zum Besten gegeben hatten.

„Das Bündnis passt halt einfach nicht mehr in die Landschaft“, weiß die „taz“, und Jürgen Trittin erinnert sich daran, was man eben so sagt, wenn ein Freund oder eine Freundin eine Partnerschaft beendet, die man ohnehin nur naserümpfend hingenommen hatte: „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.“ Dass Rote beider Schattierungen irgendetwas Abfälliges zum Thema beisteuern, kann ebenso wenig überraschen wie die Bemerkung des begnadeten FDP-Wirtschaftsministers – allenfalls ihr historisierendes Pathos. O-Ton Brüderle: „Es trennt sich, was nicht zusammengehört.“ Ja, der Brüderle!

Und klar, dass die Schwarzen jetzt mächtig sauer sind. Für CSU-Generalsekretär Dobrindt war ohnehin schon immer klar, dass mit den Grünen „keine verantwortungsvolle Politik“ zu machen sei. Doch jetzt wird auch seitens der CDU ergänzt, dass „Hamburg zeigt, dass es kein hinreichendes Maß an politischen Gemeinsamkeiten zwischen der CDU und den Grünen gibt“. So sagt es der CDU-Innenpolitiker Bosbach, und die Stimmen in seiner Partei werden mehr, die sich gegen eine Zusammenarbeit mit der „Dagegen-Partei“ in Stellung bringen.

Damit ist das Problem da – für Norbert Röttgen. Denn bekanntlich steht der frisch zum CDU-Vorsitzenden von NRW gewählte Bundesumweltminister für die grüne Option der Schwarzen. Auch als stellvertretender CDU-Parteivorsitzender – und jetzt das! Noch vorgestern warnte Röttgen seine Partei vor einer einseitigen Festlegung auf die FDP, da weigerten sich schon die Atomkraftgegner der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, sich mit Röttgen auch nur zu treffen. Und heute der Super-GAU: Alle gegen Schwarz-Grün. Armer Norbert Röttgen.

Wieso eigentlich muss ein Nordrhein-Westfale ausbaden, wenn irgendwelche Grünen aus Hamburg etwas anstellen, wofür es auch eigenen Angaben zufolge „keinen richtigen Grund“ gibt? Was kann Röttgen jetzt noch tun, will er sich nicht mit seiner Rolle als unschuldigem Opfer zufrieden geben? Einfach nur CDU-Landesvorsitzender und Bundesumweltminister zu sein, wird die Frage nach seinem Lebenssinn nicht hinreichend beantworten können.

Doch in jeder Krise steckt auch eine Chance. Röttgen muss den Kopf nicht hängen lassen. Erstens kann er, sollte er nicht mit ihnen können, den Grünen immer noch reichlich Stimmen wegnehmen. Und zweitens fließt bis zur nächsten Bundestags- und NRW-Landtagswahl noch viel Wasser den Rhein runter. Und die Spree. Und was die Elbe betrifft: die Tieferlegung ist sozusagen in trockenen Tüchern. Also: locker bleiben!

Warum Cromme kein Ruhrbaron ist

Berthold Beitz ist der letzte echte Ruhrbaron. Sollte er einmal nicht sein, dann soll ihm zwar Mulit-Aufsichtsrat Gerhard Comme auf dem Führungsposten bei der Krupp-Stiftung folgen. Aber Cromme hat nicht das Format für einen Baron der Ruhr.

Beitz ist ein Mann, der sicherlich seine Fehler im Leben gemacht hat. Aber er ist über jeden Zweifel erhaben. Er hat das, was ich das „Moral-Gen“ nennen will. In der Epoche, in der sich in der deutschen Geschichte gezeigt hat, wer einen Arsch in der Hose hat, hat Beitz das richtige getan. Während der dunklen Nazi-Zeit hat er in Osteuropa Juden vor dem Tode bewahrt. Die Geschichte ist ausgiebig beschrieben und darf nie vergessen werden.

Das sympathische an dem Mann ist, dass er danach den Mund gehalten hat. In der Nachkriegszeit hätte er prahlen können, er wäre damit sicherlich noch berühmter geworden. Aber was tut der heute 97-Jährige? Er geht als Führungskraft zu Krupp. Er hilft dabei, dass die Kanonenschmiede der beiden Weltkriege im neuen Deutschland auf die Beine kommt.

Er schafft sogar noch mehr, er sammelte die Fragmente der deutschen Stahlindustrie zusammen. Heute heißt das Konglomerat ThyssenKrupp und gehört zu den größten Arbeitgebern der Republik. In dem Konzern geht nichts ohne die Krupp-Stiftung, die eine Viertel der Aktien hält. Wichtigster Vertreter in dem Unternehmen ist Gerhard Cromme, vielen bekannt als einer der Väter des Corporate-Governance-Kodex. Mit dem Kodex sollte die Mauschelei in und unter deutschen Führungsgremien transparent gemacht werden.

Ein schöner Gedanken, aber Cromme war dafür so geeignet wie ein Fuchs zur Hühnerstall-Überwachung. Einstimmig hat der Aufsichtsrat am Freitag einem Wechsel von ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz in den Aufsichtsrat zugestimmt. Ein klarer Bruch mit den Zielen des Kodex. Denn nach diesem darf ein sofortiger Wechsel nur die Ausnahme sein, in der Regel ist eine zweijährige Pause vor einem Wechsel vorgesehen.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Schulz einen angenehmen und kompetenten Manager. Aber in Ordnung ist der Wechsel nicht – gerade weil Cromme Aufsichtsratschef und Vater des Corporate-Governance-Kodex ist. Von dem Beitzschen Moral-Gen trägt er nicht mal eine Spur im Leibe. Cromme ist für den Posten eines Ruhrbarons disqualifiziert.

Datteln: Gutachten gegen Zielabweichungsverfahren

Kraftwerk Datteln Foto: Eon

Der Regionalverband Ruhr (RVR) sieht in einem Zielabweichungsverfahren eine Chance, dass das E.on-Kraftwerk in Datteln doch noch gebaut werden kann. Ein Gutachten, dass den Ruhrbaronen vorliegt, kommt zu einem anderen Schluss.

Neuer Zündstoff im Streit um das E.on-Kraftwerk Datteln. Ein Gutachten des Berliner Anwalts Philip Heinz bezweifelt, dass das vom RVR vorgeschlagene Zielabweichungsverfahren zur Genehmigung des Kraftwerks Datteln rechtlich möglich ist. Auftraggeber des Gutachtens Interessengemeinschaft (IG) Meistersiedlung-Datteln. Die Siedlung liegt in unmittelbarer Nähe zum Kraftwerk. Mit diesem Verfahren soll die Kraftwerksplanung im Nachhinein rechtlich legitimiert werden. Heinz kommt in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass ein solches Zielabweichungsverfahren im Fall Datteln nicht möglich ist und rechtlich keinen Bestand haben wird:

Dem Unterzeichner ist kein Beispiel in Deutschland bekannt, bei dem für ein Vorhaben mit einer vergleichbar großen – zumindest landesweiten – Bedeutung einerseits und – mittels bestandkräftigem Urteil festgestellten – mehrfachen, eklatanten Verstößen gegen zentrale Ziele der Landesplanung andererseits, der Weg für einen neuen Planungsversuch durch eine Zielabweichungsentscheidung eröffnet wurde. Die Prüfung ergibt, dass der Umfang der Abweichung deutlich über das Maß hinausgehen würde, wofür ein Zielabweichungsverfahren vorgesehen ist. Dies dürfte einer der Gründe sein, weshalb die ehemalige Landesregierung nicht vordringlich ein Zielabweichungsverfahren vorangetrieben hat, sondern die Änderung des Energiekapitels des Landesentwicklungsplans.

Die Position von Heinz deckt sich weitgehend mit der der Grünen im RVR, die ebenfalls starke rechtliche Zweifel an dem Zielabweichungsverfahren haben. Hier das Gutachten als PDF zum runterladen: Gutachten Heinz.

Weitere Texte zum Thema Datteln:

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Stolpersteine in der Lindenstraße

My Generation. Für meine besten Freundinnen und Freunde ist die Lindenstraße die einzige Konstante im Leben.

Lindenstraße: Keine Seife - ein echtes Szenenbild
Lindenstraße: Keine Seife - ein echtes Szenenbild

Wir sind damit aufgewachsen, wir werden damit sterben.

Zwar haben wir Trouble wie jedwedes Wesen. Was uns aber selten bis nie davon abhält, jedweden Sonntag Frühabends ab 18.50 Uhr auf der Eins die Lindenstraße zu sehen.

Die Lindenstraße ist die Sendung der Kinder, deren Eltern Willy gewählt haben. Und dieser Fluch währt ewig.

Gelegentlich veranstalten wir danach sogar Telefonkonferenzen und gehen dann die neueste Folge durch. Echt gezz, kein Scheiß.

So auch neulich.

Da ist uns aufgefallen, daß Frau Beimer sich in die Nummer mit den Stolpersteinen verbissen hat. Sie will einen Stolperstein vor ihrem Haus, in der Lindenstraße.

Die Stolpersteine sind ein Konzept eines Künstlers, der damit darauf aufmerksam machte, daß von den Nazis überall verfolgte Juden vormals inmitten Aller lebten. Und deswegen werden an deren ehemaligen Heimstätten messingsche Steine auf dem Gehweg verpflastert.

Kennt man ja, allein auf meinem Weg zur Tramhalte sind acht Stolpersteine. Ortsbürgermeister weihten die ein, Reden wurden gehalten, das ganze Brimborium. Immerhin Gedenken.

In München, also da wo die Lindenstraße spielt, ist das offensichtlich anders. Dort muß wohl der Hausbesitzer der gedenkenden Bepflasterung auf dem Bürgersteig zustimmen. Der auch durchaus eine Ratte sein kann.

Das prangert jetzt die Serie Lindenstraße an.

Im Einzelnen:

Stolpersteine in der Lindenstraße.

Lindenstraßens Erfinder, der Herr Geissendörfer, der ja mit Anarchoherzblut filmhistorisch ewiglich besselt ist, hat halt wohl seine Drehbuchautoren die schofele Nummer von der Sonderrolle Münchens aufschreiben lassen.

Seit drei Folgen schimmert das auf.

Nun sind wir mal gespannt, ob die Stadt München da noch die Kurve kriegt und den gebotenen Kotau macht.

Wir kennen halt das Drama in den üblichen Büchern – aber wir wissens nie wie’s ausgeht. Lindenstraße, halt.

Das seriale Leben als Realität.

//Mit Material von Lindenstraßenexeget und Kumpel Matthes Richter, D’Dorf.

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Koreakrise: hundertfach, tausendfach, alles und noch viel mehr

Image by Wikipedia

Sonntag, 28. November 2010. Heute beginnt das gemeinsame Seemanöver Südkoreas und der USA. Die Welt fragt sich, ob es nach dem tagelangen Säbelrasseln zwischen den verfeindeten koreanischen Staaten nunmehr bitterer Ernst werden könnte. Bereits am Dienstag ist es nicht mehr bei Wortgefechten geblieben. Nordkorea hatte die auch von südkoreanischen Zivilisten bewohnte Insel Yeonpyeong völlig überraschend mit Granaten beschossen und dabei nicht nur zwei südkoreanische Soldaten, sondern auch zwei Zivilisten getötet. 

„Massive Vergeltung“ für diesen Artillerieangriff hatte gestern Südkoreas Marinechef angekündigt; „hundert- und tausendfach“ werde man Nordkorea diese Aggression heimzahlen, verkündete er vor einer Menge auf Rache sinnender Demonstranten, die die Wiederherstellung der südkoreanischen Ehre einforderten. Aber auch „Armee und Volk der Volksrepublik sind äußerst aufgebracht über die Provokation des Marionettenregimes“, wie mittlerweile aus Nordkorea zu vernehmen war. „Sie bereiten sich darauf vor, furchtbare Feuergarben loszuschicken und das Bollwerk der Feinde in die Luft zu jagen, sollten diese es erneut wagen, die Würde und Souveränität der Volksrepublik auch nur auf das Geringste zu verletzen.“ 

Der atomgetriebene US-Flugzeugträger „George Washington“ beteiligt sich an der amerikanisch-südkoreanischen Militärübung, und der ist unbestreitbar ein wenig mehr als „das Geringste“. Und was die Souveränitätsrechte der nordkoreanischen Volksrepublik betrifft, so sind sie im Gelben Meer und insbesondere in der Bohai-Bucht keineswegs unumstritten. Die vielen Inseln, wechselseitig nicht anerkannte Ansprüche und das internationale Seerecht lassen einen großen Interpretationsspielraum, wer sich nun gerade wo aufhalten darf oder eben nicht. Der Umstand, dass sich unter dem Meeresboden auch einige Ölfelder befinden, macht die Sache auch nicht gerade einfacher. 

An Land, also auf der koreanischen Halbinsel selbst, stehen sich einige Hunderttausend Soldaten gegenüber, die am 38. Breitengrad die Ehre, die Würde und die Souveränität ihrer jeweiligen koreanischen Republik schützen – gegebenenfalls aufopferungsvoll. Ein nach 60 Jahren neuerlicher Koreakrieg wäre eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes. Damals sind in drei Jahren etwa eine Million Soldaten und rund drei Millionen Zivilisten ums Leben gekommen. Damals. Im Kern handelte es sich um einen sog. „Stellvertreterkrieg“ zwischen den USA und der VR China. Der Krieg endete mit einem Waffenstillstandsabkommen, nicht mit einem Friedensvertrag. 

Die Situation heute ist brenzlig, und sollte ein Krieg „ausbrechen“, ist das Stellen der Schuldfrage müßig. Denn die Antwort steht auf beiden Seiten schon vorher fest. Selbstverständlich hat immer der Andere angefangen, sind die eigenen Kriegshandlungen rein reaktiv, in der Regel Reaktionen auf völkerrechtswidrige Grenzverletzungen. So stellt bspw. auch Pjöngjang den Angriff auf Yeonpyeong als Vergeltung für einen Beschuss aus Südkorea dar. Das heute beginnende Seemanöver wird vom nordkoreanischen Militärregime verständlicherweise als Bedrohung aufgefasst. Südkorea und der Westen legitimieren diese Drohkulisse wiederum damit, die aggressiven Steinzeitkommunisten eindämmen zu müssen. 

Dabei wäre letztlich einzig und allein China in der Lage, Kim Jong-il und seine Nomenklatura zu zügeln. Aus einer ganzen Reihe von ökonomischen Gründen kann Peking nicht das geringste Interesse daran haben, dass der Korea-Konflikt außer Kontrolle gerät. In Hinblick auf die weltweiten Ambitionen Chinas ist es allerdings auch keine Option, den langjährigen Verbündeten einfach fallen zu lassen. Zumal auch China selbst nicht gerade erfreut ist über die militärischen Aktivitäten vor der eigenen Küste, an der sich immerhin eine Sonderwirtschaftszone befindet. Als aufstrebende Macht wird sich Peking folglich nicht mit der Rolle eines Postboten von Washington nach Pjöngjang zufrieden geben, sondern versuchen, sich als Weltmacht zu inszenieren, die ihren Einfluss gemäß der Verantwortung einer Weltmacht angemessen einzusetzen weiß. 

Die Ereignisse heute und in den nächsten Tagen werden nicht allein Aufschluss darüber geben, wie es auf der koreanischen Halbinsel weitergeht. Weil die Fähigkeit oder Unfähigkeit der USA und Chinas, regionale Konfliktherde zu befrieden, allgemein die Geschichte des 21. Jahrhunderts bestimmen werden, kann die jetzige Koreakrise als Indikator betrachtet werden. Die nächste Krise, die nicht ohne ein Einvernehmen zwischen Washington und Peking zu lösen sein wird, ist bereits fest vorgemerkt. Es geht um die Zukunft des Sudan.

Bastelbergwerk? Die Idee ist alt und der Ansatz doof

Den Irrglauben, man müsse in Deutschland ein sauteures Erdloch mit Steuerngeld päppeln, um damit der deutschen Industrie einen Wettbewerbsvorteil im internationalen Geschäft zu verschaffen, ist so blödsinnig, wie die Mär alt ist. Hier nur kurz die Gründe – nochmal – im Steno-Stil, damit sie auch der größte Anhänger von Unfug irgendwann einmal versteht:

I. Die Chinesen haben selber Bergwerke, die ganz anders sind als ein mögliches Bastelbergwerk in Borkener Tiefland. Nicht so tief, nicht so heiß, nicht so unergiebig. Deswegen müssen die Maschinen sowieso in China getestet werden. Weil die Bedingungen gar nicht vergleichbar sind mit hier. Töricht, wer das außer acht lässt.

II. Deutsche Ingenieure bauen weltweit alles, was hochwertig ist. Sie brauchen keine Tsunamis an der deutschen Küste, um in Indonesien Wellenwarnsysteme aufzubauen. Diese Verknüpfung von Technologie mit Orten ist Banane. Technik funktioniert weltweit. Oder sollen wir jetzt ein Tsunami-Kraftwerk ins Watt setzen?

III. Das Wissen um Technik schreitet weltweit voran. Das hat nicht mit einem Loch im heimischen Boden zu tun. Wenn ein deutsches Unternehmen irgendeine Bergbautechnik im Jemen einsetzen will, dann fliegt es seine Technik da hin und buddelt da, um dort alles unter den Echtzeitbedingungen zu testen. Es gibt mittlerweile Flugzeuge und Schiffe. Als ob man für Test im Ausland einen Vorführschacht im Pott bräuchte – wie naiv.

IV. Wenn Bergbauunternehmen meinen, sie bräuchten einen Pütt hier, um ihre Technik verkaufen zu können, sollen sie doch das Feld Donar kaufen und dort ohne Subventionen nach Kohle kratzen. Sobald aber die Lobbyisten der Bergbauindustrie auf einen Eigenanteil an so einem Loch im Boden angesprochen werden, verschwinden sie wie die Verkäufer im Supermarkt, wenn der Kunde kommt. Es geht den Typen doch nur darum, Subventionen abzukochen. Sprich: sich einen Steuergeldmarkt zu erhalten, auf den Konkurrenten keinen Zugriff haben. Die wollen einfach die Aufträge, um Gemeingeld zu Gewinnen zu machen.

V. Warum soll ich ausgerechnet die bestsubventionierteste Industrie der Weltgeschichte auch noch nach dem Ende des deutschen Bergbaus mit meinen Steuern weiter bezahlen? Kaum zu fassen, dass sich noch Leute finden, die diesen Subventionsgreifern auf den Leim gehen. Ich würde lieber was anders mit meinen Steuern bezahlen. Meinetwegen einen Weltraumbahnhof in der Lüneburger Heide. Ist ähnlich sinnig.

VI. Wo ist der Allgemeinnutzen dieses Bastelbergwerkes, der über die Privatisierung der Gewinne aus der Vermarktung der Bergbautechnik hinausgeht? Mit anderen Worten: Wieso sollen wir mit Steuern die Besitzer der Bergbautechnikbuden reich machen? Wenn die ihren Kram verkaufen wollen, sollen sie ihn auch selber testen. Wir bezahlen doch auch nicht Legoland mit Steuergeld, damit Lego seine Steine nach China exportieren kann.

VII. Die Energie der Zukunft ist erneuerbar. Statt Geld für Folklore-Basteleien zu verplämpern, sollten wir genau dieses Geld in die Bildung der Jugend und die Erforschung der kommenden Herausforderungen stecken. Wenn wir das Leben unserer Kinder und Enkelkinder sichern wollen, müssen wir alles tun, um Neues zu erforschen. Nicht Relikte aus der Vergangenheit sichern.

VIII. Das reicht mir.

Lasst uns die Zechen endlich schließen – in Bildung investieren und nicht weiter Geld für Unsinn ausgeben.

Hochschulbergwerk? Die Idee ist alt und der Ansatz gut

NRW-Wirtschaftsminister Harry K. Voigtsberger Foto: mbv

Bei der Nachricht über den Vorschlag von Wirtschaftsminister Harry Voigtsberger, im Ruhrgebiet zukünftig ein Schulungsbergwerk zu betreiben (hier in der WAZ), viel mir ein, diesen Vorschlag vor Jahren schon in einem Text des langjährigen Dortmunder Raumplanungsprofessors Klaus R. Kunzmann gelesen zu haben. Er beschrieb diese Vision recht detailliert, und wenn man sie sich noch einmal vergegenwärtigt, entfaltet sie meiner Meinung nach einigen Reiz. Die Frage war, wie die Region mit ihrer jahrhundertealten Kompetenz im Steinkohlenbergbau zukünftig umgehen will, wie sie sie in eine Zukunft überführen kann, die den Niedergang der Förderung hier überdauert. Skizziert wurde ein umfassender Ansatz, der Technologie, Ökologie und Gesellschaft einschließt.

Die deutsche Bergwerkstechnologie ist ja heute noch weltweit gefragt, aber das wurde nur als ein Baustein angesehen. Schließlich wurde und wird auch die IBA weltweit mit großem Interesse betrachtet. Die jetzt beendete IBA Fürst-Pückler-Land in der Lausitz bezog sich explizit auf das Ruhrgebiet, vom Oberschlesischen Industrierevier schaute man interessiert zu uns, und auch die Chinesen kaufen nicht nur Kokereien und Stahlwerke, sondern machen sich Gedanken, ob man das Konzept der Industriekultur etwa auf Bergbaustädte wie Fushun übertragen kann.

2007 wurde Kunzmann von pro ruhrgebiet für seine Verdienste um die Region mit dem Ehrentitel „Bürger des Ruhrgebiets“ ausgezeichnet. In seiner – im Tenor übrigens recht kritischen – Dankesrede hat er das Thema noch einmal aufgegriffen:

Vor über 15 Jahren habe ich den schon ein mal den Vorschlag gemacht, die letzte Zeche im Ruhrgebiet zu einer internationalen Bergwerksuniversität ganz neuer Art zu machen, zu einer Ausbildungsstädte in der Bergbauspezialisten aus aller Welt lernen, wie Bergwerke gemanagt, wie Sicherheitsingenieure ausgebildet, Gewerkschaftsfunktionäre geschult, Wohnungswirtschaftler, Bodenspezialisten und Landschaftsplaner mit den neuesten Erkenntnissen ihrer Arbeitsfelder vertraut gemacht werden. Ich habe dabei eine Einrichtung vor Augen, in der all die Kompetenz [einfließt], die das Ruhrgebiet im Verlauf von über hundert Jahren angesammelt hat, in der geforscht wird, wie die Ausbeutung und Weiterverarbeitung von Kohle und anderen Mineralien umweltfreundlich und ressourcenschonend erfolgen kann, in der aber auch die standortbezogenen Probleme von Bergwerken aus ganzheitlicher Perspektive mit behandelt werden. Dass dies in einer anderen Sprache als Deutsch erfolgen muss, ist vielleicht das größte Hindernis, damit eine solche Einrichtung, die ihre Außenstellen in China und Brasilien, in Südafrika, Sibirien und Australien hat, – also überall dort wo auch in den nächsten 50 Jahren Bergbau betrieben wird –, auch wirklich eingerichtet wird. Dies könnte beispielsweise in Form einer Stiftungsuniversität der RAG erfolgen. Das letzte Bergwerk wäre also kein Auslaufmodell, sondern das modernste Bergwerk seiner Art, das wie ein physikalisches Forschungszentrum betrieben wird, in dem das Geld mit dem Verkauf von Kompetenz, nicht dem Verkauf von Kohle gemacht wird.“

Einen ähnlichen Vorschlag hatte er übrigens auch für das Brauereiwesen gemacht, als Dortmund sich noch stolz als Bierstand verstand – ein das Oktoberfest ausstechendes Bierfest mit eingeschlossen, Spaß muss sein (und wäre ja auch starke Stadtwerbung). Das stieß auf einhelliges Unverständnis bei Politikern und sonstigen Verantwortlichen; heute ist es dafür zu spät.

Weshalb ich diese Erinnerung hier berichte: Nicht unbedingt, um den Bergbau zu erhalten. Auch nicht, um den jüngsten Vorschlag als alten Hut zu diskreditieren. Sondern weil ich diese Art, über die ureigensten Stärken der Region und ihr Zukunftspotenzial nachzudenken, sympathisch und wichtig finde. Sympathischer jedenfalls als den Versuch, auf den Schultern der Kreativen Klasse zur Metropole aufzusteigen (was nicht gegen deren Unterstützung spricht). Ich bin sicher, es gäbe einiges, worüber Nachzudenken sich lohnte.

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Theater! Julie!

Wenn in Bochum etwas gut ist und klappt, kann man sich fast immer sicher sein, dass Stadt und Politik damit nichts zu tun haben. So ist das auch mit dem kleinen und feinen Theater Rottstr. 5.

Unter einem Bahndamm gibt es dort Theater, Lesungen und Konzerte. Alles sehr schön. Und heute läuft dort um 19.30 Uhr  Julie von August Srtindberg. In der Vorankündigung heißt es:

In der Regie von Arne Nobel spielen Dagny Dewath und Andreas Bittl. Damit inszeniert Theaterleiter Arne Nobel erstmals einen Klassiker der dramatischen Literatur in seinem Haus.
Und die Dramaturgie hat Marc Carsten Pfeffer gemacht, der vor zwei Wochen hier einen wunderbaren Text über Boris Gott veröffentlicht hat. Hingehen!

UZDO bekommt das Museum am Ostwall

Die Stadt Dortmund hat beigedreht. Die Initiative für ein unabhängiges Zentrum in Dortmund (UZDO) bekommt das Museum am Ostwall für eine Veranstaltung.

Noch vor wenigen Tagen hatte die Stadt gegenüber den Ruhrbaronen erklärt, eine Nutzung des Museums durch UZDO käme nicht in Frage. Nun hat sie ihre Ansicht revidiert. UZDO schreibt heute:

Gestern hat sich das UZDO mit Kurt Eichler, Chef der Kulturberiebe der Stadt Dortmund, getroffen und die Nutzung des Museums am Ostwall für den 04./ 05. Dezember ausgehandelt! Wir freuen uns über die späte, städtische Kooperationsbereitschaft und werden am Montag eine erste Besichtigung des Gebäudes mit Frau Carstensen, Kuratorin des Museums, machen.

Schön zu sehen, dass sich Dortmund bewegt.