Forderung: Weltkulturerbe „Holländische Küche“

Frikandel: Unterschätzte Köstklichkeit

Die Französische Küche ist jetzt als einzige Küche amtliches Weltkulturerbe. Zeit, an unser Nachbarland zu denken:Holland. Auch ihre Küche verdient es, in das kulturelle Erbe der Menschheit aufgenommen zu werden.

Klar, kaum reisst einer einem Frosch die Beine aus und steckt sie sich in den Mund, ist er Weltkulturerbe.  Die Aufnahme der französischen Kochkünste in den Kreis des Weltkulturerbe der Menschheit erklärt uns mehr über guten Lobbyismus als über leckerers Essen- Leckeres Essen – damit sind wir beim Thema. Für mich ist nicht die französische, sondern die holländische die beste Küche eines unserer Nachbarländer. Ebenso facettenreich wie innovativ, schmackhaft, sättigend und offensichtlich gesund. Dicke Holländer sieht man selten. Liegt es an den Fritteusen? Ich weiß es nicht. Das zu klären ist die  eine Aufgabe der Ernährungswissenschaftler unter unseren Lesern.

Die holländische Küche ist eine Küche der Reduktion. Ein Gericht aus den unterschiedlichsten Zutaten wird komprimiert  in eine Krokette: Gulasch zum Beispiel. Oder ein  Tier wird zur Fleischkrokette. Der Holländer verwendet für die Fleischkrotte wahrscheinlich ganze  Tiere. Samt Klauen, Fell und was sonst so dran ist. Das ist ökologisch. Der Franzose nimmt nur einen Teil – die Froschschenkel – und wirft den Rest weg. Tja, so plündert man einen Planeten.

Die holländische Küche ist multikulturell – in Frankreich regiert Sarazzin. Der Niederländer mag den Bami-Ballen, labt sich an Fleischspießen mit Sate-Sauce und  kippt Preiselbeeren über sein Kaas-Souflé. Hauptsache es schmeckt. Dem Franzosen ist eine solche Offenheit eher fremd.

Ich könnte immer so weiter machen: Vla, holländische Weißbrot,  Tubenketchup, Fanta-Cassis, Grolsch, Heineken, Genever – nein, wir sollten uns dafür einsetzen, dass möglichst schnell auch die holländische Küche  geehrt wird – als Weltkulturerbe der Menschheit.

Bild: riginal uploader was Guusbosman at en.wikipedia. Licensed under the GFDL by the author; Released under the GNU Free Documentation License.

e la luna: Was ist Deine „Schwarze Katze“?

Die Berliner Band „…e la luna?“ hat ihr neues Album „La Rosina bella“ herausgebracht: „Ein Muss“ für alle, die Kinder haben, und Italienisch sprechen. Ein reines Vergnügen für alle anderen, die nur gute Musik hören wollen. Von Andreas Lichte.

 

Beim ersten Hören gefiel mir ein Stück gleich besonders gut: „Volevo un gatto nero“. Klasse, was man aus 3 Akkorden machen kann! Aus 2:50 Minuten. Und dann der Gesang von Eva Spagna, der sich so gar nicht nach Kinder-Kram anhört: Eher melancholisch und … böse, böse!

Da bin ich dann doch richtig neugierig geworden, und habe auch den Text gelesen. Ein Kinder-Lied, ganz klar. Ein kluges Spiel mit der kindlichen Phantasie, wo plötzlich alles lebendig wird, wenn man es nur will. Aber nur ein Kinder-Lied?

Was liest ein „Erwachsener“? Eine Frage, die sich jeder früher oder später stellt:

Was ist Deine „Schwarze Katze“?

Wofür würdest Du alles geben, was Du hast, den „ganzen Zoo“?

Helft mir doch bitte, eine Antwort zu finden. Und sagt mir, was eure „Schwarze Katze“ ist.

 

 

Ich wollte eine schwarze Katze

 

Ein echtes Krokodil,

ein echter Alligator:

Ich sagte dir, dass ich ihn habe

und dir gegeben hätte.

 

Die Abmachung war klar:

Das Krokodil für dich,

und du gibst mir

’ne schwarze Katze.

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze

und du gibst mir ’ne weisse

und das mach ich nicht mit

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze:

Weil du ein Lügner bist,

spiel ich nicht mehr mit dir.

 

Es war keine Giraffe

aus Plastik oder Stoff,

ne, echt, aus Fleisch und Blut

und die hätt’ ich dir gegeben.

 

Die Abmachung war klar:

Die Giraffe für dich,

und du gibst mir

’ne schwarze Katze.

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze

und du gibst mir ’ne weisse

und das mach ich nicht mit

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze:

Weil du ein Lügner bist,

spiel ich nicht mehr mit dir.

 

Einen indischen Elefant

mit ganzem Baldachin

hatt’ ich im Garten

und den hätt’ ich dir gegeben.

 

Aber die Abmachung war klar:

Der Elefant für dich,

und du gibst mir

’ne schwarze Katze.

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze

und du gibst mir ’ne weisse

und das mach ich nicht mit

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze:

Weil du ein Lügner bist,

spiel ich nicht mehr mit dir.

 

Die Abmachung war klar:

Der ganze Zoo für dich,

und du gibst mir

’ne schwarze Katze.

 

Ich wollte eine schwarze, schwarze, schwarze Katze

und du gibst mir ’ne weisse

und das mach ich nicht mit

 

Ich wollte eine schwarze Katze

na ja, schwarz oder weiss,

die Katze behalte ich

und du kriegst von mir nichts.

 

 

e la luna: cos’è il tuo „gatto nero“?

 

Il trio berlinese „…e la luna?“ ha pubblicato un nuovo CD-libro „La Rosina bella“: „un must“ per tutti quelli che hanno bambini e parlano l’italiano.

Un vero piacere per tutti gli altri che vogliono ascoltare buona musica.

di Andreas Lichte.

 

Al primo ascolto mi è piaciuto in particolar modo il brano: „Volevo un gatto nero“. Forte cosa si può fare con tre accordi! In 2.50 minuti. E poi la voce di Eva Spagna che non suona come roba per bambini, ma piuttosto malinconica e … cattiva, cattiva!

Quindi mi sono veramente incuriosito ed ho letto il testo. Una canzone per bambini, chiaro. Un gioco intelligente con la fantasia infantile, in cui improvvisamente tutto prende vita, se solo lo si vuole. Ma … solo una canzone per bambini?

Che cosa ci legge un “adulto”? Una domanda che prima o poi uno si pone:

Cos’è il tuo „gatto nero“?

Per che cosa daresti tutto quello che possiedi, il tuo “intero zoo”?

Aiutatemi per favore a trovare una risposta. E ditemi cosa è il vostro “gatto nero” …

 

 

Volevo un gatto nero

 

Un coccodrillo vero,

un vero alligatore

ti ho detto che l’avevo

e l’avrei dato a te.

 

Ma i patti erano chiari:

il coccodrillo a te

e tu dovevi dare

un gatto nero a me.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

mi hai dato un gatto bianco

ed io non ci sto più.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

siccome sei un bugiardo

con te non gioco più.

 

Non era una giraffa

di plastica o di stoffa:

ma una in carne ed ossa

e l’avrei data a te.

 

Ma i patti erano chiari:

una giraffa a te

e tu dovevi dare

un gatto nero a me.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

mi hai dato un gatto bianco

ed io non ci sto più.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

siccome sei un bugiardo

con te non gioco più.

 

Un elefante indiano

con tutto il baldacchino:

l’avevo nel giardino

e l’avrei dato e te.

 

Ma i patti erano chiari:

un elefante a te

e tu dovevi dare

un gatto nero a me.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

mi hai dato un gatto bianco

ed io non ci sto più.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

siccome sei un bugiardo

con te non gioco più.

 

I patti erano chiari:

L’intero zoo per te

e tu dovevi dare

un gatto nero a me.

 

Volevo un gatto nero, nero, nero,

invece è un gatto bianco

quello che hai dato a me.

 

Volevo un gatto nero,

ma insomma nero o bianco

il gatto me lo tengo

e non do niente a te.

 

 

homepage von … e la luna?

 

Releasekonzert von „La Rosina bella“:

Sonntag, 21. November 2010, 15 Uhr, in der Werkstatt der Kulturen

 

Der Ruhrpilot

Kultur: Das Regiment des Rotstifts…Welt

NRW: Neue Frequenzen…Radioszene

Hagen: Warum kriegt hier keiner was gebacken?…Bild

Duisburg: Wenig Feindlichkeit gegen deutsche Schüler…Der Westen

Duisburg: Stadt soll Miete für Hundertmeister zahlen…Der Westen

Bochum: Was die Kulturhauptstadt Bochum gebracht hat…Der Westen

Umland: Konferenz zur Schulentwicklung…Zoom

Blogs: Zeitrafferin’s not a Blog…Zeitrafferin

Intervention: Scotland Yard lässt Website wegen Tips für Demo-Teilnehmer löschen…Netzpolitik

Blogkino: Emma Goldmann…Trueten

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RVR will Kraftwerk-Datteln ermöglichen

Der Regionalverband will den Bau des umstrittenen Eon-Kraftwerks in Datteln ermöglichen.

Der Regionalverband Ruhr (RVR) schlägt dem Ruhrparlament die Genehmigung des Kraftwerkstandortes Datteln vor. Damit könnte, am Ende längeren Verfahrens, das Eon-Kraftwerk doch noch gebaut werden. In der Beschlussvorlage heisst es:

Die Regionalplanungsbehörde wird beauftragt, das Erarbeitungsverfahren zur 7. Änderung des Regionalplanes für den Regierungsbezirk Münster (Teilabschnitt Emscher-Lippe) auf dem Gebiet des Regionalverbandes Ruhr zur Festlegung eines Kraftwerksstandortes in der Stadt Datteln auf Grundlage des vorgelegten Entwurfes (Anlage 1), des Umweltberichts (Anlage 3) und der FFH- Verträglichkeitsuntersuchung (Anlage 4) auf der Grundlage der förmlichen Anregung der Vorhabensträgerin (Eon) gem. § 19 Abs. 2 Landesplanungsgesetz NRW durchzuführen.

Damit haben Rot-Grün im RVR und Rot-Grün im Land NRW ein Problem. Bei Eon dürften sie sich gerade freuen.

Saalkarneval in Duisburg-Walsum: Helau! Schalom! Platz!

 

Schalom

In Duisburg-Walsum sollte eigentlich am 27. Januar, dem internationalen Auschwitz-Gedenktag, „zum Gedenken an die Walsumer Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ ein Teil des Kometenplatzes in „Schalom-Platz“ umbenannt werden.

Dies berichtete die Stadtteilredaktion der WAZ im Duisburger Norden Mitte vergangener Woche. Darauf hatten sich alle Parteien in der Bezirksvertretung Walsum geeinigt. Doch daraus wird jetzt möglicherweise nichts.

Die Idee zur Platzbenennung hatte der Walsumer Grünen-Politiker Franz Tews, der auch Sprecher der Initiative „Erinnern gegen Rechts“ ist. Es habe nämlich „bemerkenswerte Recherchen und Aktionen seitens der Kirchen, Bürgerinitiativen und Schulen gegeben“, um „Licht in ein dunkles Kapitel der Walsumer Lokalgeschichte“ zu bringen. Nachdem nunmehr „die lange verdrängten Schicksals- und Leidensgeschichten der jüdischen Walsumer Familien eindrucksvoll der Öffentlichkeit“ bekannt gemacht worden seien, solle mit der Platzbenennung dauerhaft die Erinnerung an die Opfer wachgehalten werden.

Ein „Schalom-Platz“ in Walsum. Genauer gesagt: in Aldenrade, einem Ortsteil der bis in die 1970er Jahre selbstständigen Stadt am Rhein nördlich der Emscher. Ein Stück deutscher Erinnerungskultur. Nichts sonderlich Spektakuläres; nicht der ganze Platz, nur ein Stückchen. Nicht direkt überstürzt, sondern immerhin gut 65 Jahre nach dem Morden in dem idyllischen Bergarbeiterstädtchen. Und doch: eine anrührende Idee, ein schönes Wort: „Schalom Walsum!“

Ein „Schalom-Platz“ in Walsum. Schalom ist hebräisch und bedeutet etwa Unversehrtheit, Heil, Frieden. Eng wortverwandt mit dem arabischen Salam, moderner übersetzt: Gesundheit, Wohlfahrt, Sicherheit und Ruhe. Schalom ist das zentrale Wort im Judentum und ist der gängigste Gruß unter Juden – sowohl zur Begrüßung als auch zum Abschied: Frieden!

Eine kleine, fast unauffällige Geste des Andenkens an diejenigen, die als Deutsche voll in die Gesellschaft integriert waren, die sich meistens völlig assimiliert hatten, und deren Ruhrpott-Deutsch tausendmal besser war als ihr Hebräisch, das sie – eher schon folkloristisch – allenfalls bei religiösen Festen bemüht hatten, was sie jedoch dennoch nicht davor bewahrt hatte, „einfach so“ in die Gaskammern verfrachtet zu werden.

Nach 65 Jahren wollte der Stadtbezirk nun hingehen und in die Sprache der Ermordeten, mehr: in die ihnen zugeschriebenen Sprache, sagen wir: in ihr Wort für Frieden, Freundschaft und Wohlergehen ein kleines Stückchen Grün umtaufen. Schalom-Platz – warum eigentlich nicht?!

Warum nicht?! Auch dies war in der WAZ Duisburg-Nord zu erfahren: „CDU und SPD machen Rückzieher bei Schalom-Platz … CDU und SPD (zogen) den von ihnen mitformulierten Antrag in der Sitzung der Bezirksvertretung zurück.“ Ob es einen „Schalom-Platz“ in Walsum geben wird, steht deshalb in den Sternen.

Die Demokratie vor Ort kuscht vor dem Heimatverein Walsum e.V., über den im Internet nicht mehr zu erfahren ist, als dass ein gewisser Helmut Schorsch dessen Sprecher ist. Und jetzt kommt´s: „Man habe vergessen, den Heimat- sowie den Knappenverein einzuschalten, so die Fraktionsvorsitzenden Peter Hoppe (CDU) und Jürgen Feuchtner (SPD).“

Feuchtner entschuldigte sich inzwischen beim Heimatverein, der den Namen „Schalom-Platz“ ablehnt. Und der Vorsitzende Schorsch hat auch ein gewichtiges Argument dafür, warum. Denn: „Naziopfer-Gedenkstätten gibt es genug.“ CDU-Bezirkspolitiker Hoppe wollte es jetzt aber genau wissen. Im Geiste der direkten Demokratie bot sich ihm bei der Prinzenproklamation der Karnevalsgesellschaft (KG) Grün-Weiß Walsum in der Walsumer Stadthalle die Gelegenheit, das Volk direkt zu befragen.

600 Narren seien anwesend gewesen, steht in der WAZ. Und da hat der CDU-Fraktionschef einfach einmal „in die lustige Runde (gefragt), wer dafür sei, dass der Aldenrader Rathausvorplatz in „Schalomplatz“ umbenannt werden soll.“ „Keiner hat die Hand gehoben“, wusste Schorsch vom Walsumer Heimatverein zu erzählen, um daraus zu schlussfolgern: „Das Meinungsbild ist so, dass das keiner will.“ Als er das gehört hatte, war allerdings SPD-Feuchtner – nach eigenen Angaben – „umgefallen“. Er bleibe bei Schalomplatz; denn: „Das ist eine Sauerei ohne Ende, wie da Stimmung gemacht wird.“

Nur nicht in die Luft gehen! Und auch nicht Umfallen. Karneval ist doch dafür da, dass Stimmung gemacht wird.  Und Heimatvereine gibt es genug. Karnevalsvereine auch. Schalom, Peace und Helau!

November Sun – Gregor McEwan mit neuer CD in der Heimat

Musikjournalismus ist ein verkommenes Gewerbe, etwa so seriös wie Reiseblätter und Autobeilagen der Tageszeitungen. In den gängigen Musik- und Szeneblättern ist es üblich, bei Anzeigenschaltungen auch nette Beiträge zu liefern und für die Aufnahme einer Band auf die CD-Beilage abzukassieren.

Bei dem in diesem Blog völlig überlobten Boris Gott liegt der Fall anders. Die Kollegen mögen ihn einfach, ich auch. Dabei kommt ein wenig zu kurz, dass es noch andere Musik in der Gegend gibt, von anderen Musikern gemacht. Gregor McEwan ist so einer, der kommt aus Haltern, lebt derzeit in Berlin und macht wunderbare Folkmusik. Gerade stellte er sein Debütalbum „Houses and Homes“ vor. Heute Abend spielt er im Bam Boomerang in Dortmund. Den Termin zu verpassen, wäre dumm.

Um auch die eigene Verkommenheit gleich zu enthüllen: Ich habe Gregor McEwan nicht entdeckt – er hat mich adoptiert, vor einigen Jahren. Da war er das Hirn der erquicklichen Britpopband Helter Skelter. Ich hatte ein Konzert besucht, was auffiel, weil ich der einzige zahlende Gast war. Er kriegte raus, dass ich „irgendwas mit Medien“ machte, und schon war ich Pressewart, Berater, Manager oder so etwas bei den Jungs.  Was genau, habe ich bis heute nicht rausbekommen. Was uns nicht davon abhielt, manch schönes Ding zu drehen. So lieferte Helter Skelter den offiziellen Song der Ruhrolympiade 2004. Das brachte zwei laue Konzerte unter Abwesenheit der Sportjugend, dafür in Anwesenheit mäßig interessierter Funktionäre, und die Kohle für eine wunderschöne EP. Gregor McEwan, damals noch Hagen Siems, bekam ein Jahr lang Geld aus dem Sozialfonds der EU, das er als Künstlerstipendium nutzte. Wie üblich, waren die Eltern irritiert. Doch schnell war klar, dass aus dem Typen nix Ordentliches mehr werden könnte. Die Band spielte noch eine Zeit, war gern gesehener Gast etwa im legendären Dortmunder Cosmotopia.  Vor zwei Jahren war Schluss. Maik wurde Polizist, Tim Lehrer, Patrick Sozialarbeiter, Peter ging wieder arbeiten und Hagen nach Neukölln.

Seither kenne ich den Mann nicht mehr wieder. Zwischen jugendlicher Frisch- und Forschheit  und folkigem Songwriterleben liegen gerade mal 24 Monate und 500 Kilometer. Sorgte man sich früher darum, den Kumpel vom Stadtspiegel zu einem netten Artikel zu überreden, rauschen jetzt Besprechungen rein, die aufhorchen lassen. Gregor McEwan wird gelobt, durchweg, und bejubelt, stellenweise. Die NDR-Jugendwelle ist ebenso dabei wie das Schweizer Fernsehen SF2. Dessen Magazin „Music night“ kürt den Erstling des Exil-Ruhris gleich zur CD der Woche, neben dem neuen Ding von Rihanna. Da muss was dran sein.

Da ist was dran. McEwan hat eine  ziemlich perfekt gebaute CD hingelegt, bei der auch das Beiwerk stimmt.  Man kann sich nicht sattsehen an dem zurückhaltend mysteriösen Artwork von OlgaUwaga, einer Designerin, die gerade auf Island lebt. Tiere, Typen und Fabelwesen bevölkern das Booklet von „Houses and Homes“, das sie im Übrigen mit handgeschriebenen Lyrics füllt.

Die zwölf Tracks, keiner davon auf Hit gedrängt, jeder eigenständig, hören sich flüssig durch. Im Pressetext steht was vom Herbst, ich höre Melancholie, lausche kleinen Geschichten, auch über die Heimat am Rande des Ruhrgebiets. Das ist alles nicht die gute alte „Junge mit Gitarre“-Tour, das ist viel feiner komponiert, arrangiert und zusammen gefügt. Richtig war die Entscheidung, im Studio Gesang und Gitarre zusammen aufzunehmen. Das bringt Dynamik, hält die Songs im Fluss und sorgt fast für die Liveatmosphäre eines kleinen Clubs. Gregor McEwans schwarzer Silberling  klingt deshalb anders als Max Mutzke, bei dessen „Can´t Wait Until Tonight“ allein an der Hook bis zu 22 Musikprofis rumgeschraubt haben, um den Künstler anschließend als authentisch zu verkaufen. Rezensenten von „Houses and  Homes“ stürzen sich unisono in Vergleiche mit Damien Rice und Ryan Adams, nicht den schlechtesten Verbündeten im Geiste. Pubertärere Geister oder bekennende Romantiker unter den Kritikern kommen dann noch auf Rilke, man ahnt es, dieses Gedicht mit dem Haus, das sich keiner mehr baut.

McEwan hat ein kleines Album herausgebracht, aber die Songs entfalten immer mehr Größe und Zauber,  je öfter man hinein hört. Dann entdeckt man sinnvoll sparsam eingesetzt Mandoline, Flügelhorn, ein zurückhaltendes Cello, den zärtlich starken Gesang von Tess Wiley. Klänge aus dem Ruhrgebiet,  der großen Sammlung von Richard Ortmann entstammend, zurückhaltend, fast ambienthaft eingesetzt, runden die Stücke ab. Offensichtlich haben sich Künstler und Produzent bestens verstanden. Verantwortlich für die Produktion zeichnet der Hamburger Dinesh Ketelsen, den man ansonsten mit Niels Frevert, Nationalgalerie und Birgit Minichmayr in Verbindung bringt.

So wie die Lieder aufgenommen werden, entstehen sie auch, möglichst am Stück. Kaum hat der Songwriter eine Phrase im Kopf, ein paar Lyrics, setzt er sich an die Gitarre, schläft zur Not noch mal drüber und entscheidet dann am Morgen: Muss er die Arbeit des Abends mühselig rekonstruieren, hat die Idee verloren, wochenlanges Grübeln über Strophe, Bridge, Refrain is seine Sache nicht. Da macht er sich vorab zum Verbündeten der Hörer. Er möchte ihnen keine Sachen zumuten, denen man die Geburtsmühen anhört. Leise funkeln sollen seine Herbstbabys. November Sun. Neukölln, dort vermutet man eher Kirmes-Gangsta-Rap oder arabeske Hochzeitslieder mit Migrationshintergrund. Die zwölf Songs des Debüts sind dann auch eher unterwegs entstanden, am Strand, beim Rumhängen nach Gigs oder noch in der alten Heimat am Ruhrpottrand. Das passt zur Folkmusik. Wovon singt der Typ? Vom Abschied nehmen, vom Reisen und dem Versuch anzukommen. Es ist ein doppelter Abschied, der von Jugend und Kleinstadt gleichzeitig, ein Coming-Of-Age-Album im Rückblick quasi.

Wenn Gregor McEwan über den Alltag singt, in „Pigeon Breeders Club“ etwa, dann ist das kein Bashing, sondern noch immer verstörte Wehmut, die aus den Zeilen spricht. Das Album ist fast symmetrisch. In der Mitte, Titel sieben, „Change is Happening When I´m almost gone“ findet es sein Thema, kommt fast zum Stillstand, als solle der Moment nie vergehen, nimmt anschließend in „A Part of You“ Fahrt auf, um im wüsten Geschrammel der  Stromgitarre zu enden. Die darf ausklingen, sekundenlang, wird nur ganz langsam ausgefadet. Der Reisende Gregor McEwans ist soweit gekommen, im folgenden „Drinking Burgundy“ an einen schwedischen See, dass er ironisch zurückschauen kann. Diese Generation ist mit Oasis groß geworden, da zitiert man schon mal mit dem Glas Burgunder in der Hand am Lagerfeuer „Wonderwall“. Auch Gregor McEwan steht halt auf den Schultern der Riesen, zumindest hockt er dort mit seiner Gitarre.

Gregor McEwan „Houses and Homes“ Ludwig/Indigo, VÖ: 12.11.2010

Live in Dortmund: heute, 16.11.2010, 20 Uhr, Bam Boomerang, Kuckelke 20.

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UZDO-Initiative hat Interesse am Museum am Ostwall

 

Nachdem das Dortmunder U zum zentralen Museums- und Ausstellungsgebäude Dortmunds geworden ist, steht das Museum am Ostwall leer. Schade eigentlich…

Denn das leerstehende Museum am Ostwall wäre eigentlich ein ideales, gar nicht so kleines Kulturzentrum. Es liegt zentral. hat unterschiedlichste und sehr variantenreich nutzbare Räume, einen große Garten und es ist von innen wirklich schön. OK, aussen sieht es aus wie eine runtergekommene 60er-Jahre Schule. Aber es hat einne Kern aus dem 19. Jahrhundert und entsprechenden Charme.

Das Haus interessiert auch die Initiative für ein unabhängiges Zentrum in Dortmund (UZDO). Genau. Das sind die, die die Kronenbrauerei besetzt haben. Sie wollen in das Haus rein. Erst einmal für einen Tag:

Nach dem Umzug des MaO in das Dortmunder U steht das Gebäude am Ostwall ab Dezember leer. Das wollen wir zum Anlass nehmen und am Samstag, den 04.12.2010, eine UZDO Veranstaltung ÜBER das Museum am Ostwall IM Museum am Ostwall machen. Hierbei wollen wir uns über „Progressive Formen der kollektiven Selbstverwaltung“ informieren und über die Stadt ohne Geld sowie die Zukunft des Hauses diskutieren. Stadt ohne Geldist eine Veranstaltungsreihe des Schauspiels Dortmund und das richtige Thema zur richtigen Zeit. Wie können wir Leerstand nutzen und Stillstand bewegen? Die Ressourcen sind am Start. Wir auch. Darüber wollen wir reden.

Ob Dortmund das macht? Schön wäre es, aber ich bin skeptisch. Das Kreativ-Thema ist durch. Ab jetzt ist alles Klimawandel: Da gibt es die Fördermittel, von denen die Revier-Politiker so abhängig sind, wie die Junkies vom Heroin. Und da werden in Zukunft die großen Projekte gefahren.  Mal schauen, wann der ersten Pott-Politiker auf die Idee kommen, ein Klima-Museum zu eröffnen, ein Klima-Haus oder ein Klima-Gründungszentrum. Lange kann es nicht mehr dauern.

Wir verkaufen in Berlin

Wir haben nun dank der taz eine Verkaufsstelle in Berlin für unser neues Print-Dingen. Und zwar verkaufen wir im taz-shop.

Wer also in der Hauptstadt ist und lange Geschichten lesen will, kann sich Montag bis Freitag, 8 – 20 Uhr, im taz shop, Rudi-Dutschke-Str. 23, U-Bahn-Halt Kochstraße, mit der neuen Ausgabe der Ruhrbarone eindecken.

Es gibt Geschichten von Großstadtcowboys, von Kuhhirten und anderen Wilden im Westen.

Wir haben Berichte aus Nazistan am Rand des Pamir, Wir haben einen Indianer-Report aus Amerika und einen Bericht aus dem politisch mumifizierten Ägypten.

Natürlich waren wir auch vor Ort im Pott – bei Hausbesetzern, bei Platzbesitzern und auf der Loveparade. Wir waren auch in Süddeutschland und haben uns der Gründe gewidmet, warum ein der CDU-unliebsamer Reporter seinen Job verlor.

Als Dessert gibt es gleich zwei großartige Geschichten der Wattenscheider Schule: über Jesus-Freaks und ungenießbare Würstchen.

Wer nicht in die Dutschke-Straße zum taz shop will, kann das neue Heft auch online bestellen. Und zwar hier: KLACK