Der Ruhrpilot

Trauerzug zum Loveparade-Desaster
21 schwarze Ballons symbolisieren die 21 Toten: Trauerzug zum Duisburger Loveparade-Desaster. Bild: Rodenbücher

Loveparade: „Die Menschen fühlen sich allein gelassen“…Spiegel

Loveparade II: An die „Unverantwortlichen“ der Stadt Duisburg…Xtranews

Loveparade III: Nachbarn mögen Loveparade-Kubus nicht…Der Westen

NRW: Kabinett beschließt Atomklage…RP Online

Verkehr: Wenn man Bahn fährt wie im „Viehtransport“…Welt

NRW II: Aktionsplan gegen Homophobie starten…RP Online

Kultur: 150 Teilnehmer bei Poetry Slam im Ruhrgebiet…RP Online

Essen: Protest gegen Nazis…Der Westen

Essen II: Als die Straße zum „Feindesland“ wurde…Der Westen

Umland: Offenlegung von Agrar-Subventionen…Zoom

Pottblog: Zeitweise offline…Pottblog

Wir Wiederholungstäter


Das neue Heft bestellen? Einfach hier klicken: KLACK

Nach der ersten Ausgabe unseres Print-Dings haben wir uns gefragt, was wir alles falsch gemacht haben. Die Leser fanden: Die Rechtschreibung. Gut, das wollen wir mal so glauben. Also haben wir für die zweite Ausgabe eine ganze Armee von Lektoren beschäftigt, unsere Texte zu checken.

Unter den Lektoren gab es Selbstmordversuche. Einige sind jetzt in der Psychiatrie. Das Ergebnis kann sich zwar sehen lassen, in Gedanken sind wir trotzdem bei den Familien der Betroffenen. Sorry. Wir können das einfach nicht, das mit dem richtig schreiben – wir bemühen uns aber, besser zu werden. Ehrlich.

Nun zum neuen Heft.

Gestern ist es aus dem Druck gekommen und wandert nun in die Läden. Ab Montag wird es erhältlich sein. Hier kann man es online bestellen: KLICK

Bei der Zusammenstellung sind wir in bewährter Weise vorgegangen. Welche Geschichten müssen richtig lang sein? Was ist absurd oder neu? Was regt uns auf, was macht uns an? Einen lockeren Faden haben wir nicht. Wir haben einfach gesammelt, was sich interessant anhört. Wir Großstadtcowboys schreiben halt von Kuhhirten und anderen Wilden im Westen.

Natürlich sind wir nicht im Ruhrgebiet geblieben. Wir haben Geschichten aus Amerika, aus Zentralasien, aus Ägypten und aus Frankreich.

Natürlich waren wir auch vor Ort, bei Hausbesetzern, bei Platzbesitzern und auf der Loveparade. Wir haben uns dann noch einmal der Kulturhaupstadt gewidmet und die Wattenscheider Schule hat gleich zwei großartige Geschichte abgeliefert: über Jesus-Freaks und ungenießbare Würstchen. Toll.

Auch nach diesem Heft soll es irgendwie weitergehen, wenn es weitergeht. Wie? Wissen wir selbst nicht. Woher auch, das Leben ist zu bunt und zu schrill, als dass man es planen könnte. Es gibt Menschen, die wissen genau wie  die Zukunft wird. Wir nicht. Und am Ende ist noch jeder gestorben.

In diesem Sinne:

Lasst uns die Zechen endlich schließen.

Annika Joeres, Stefan Laurin, Christoph Schurian, David Schraven für die Ruhrbarone

Auch hier kann man das Heft online bestellen: KLICK

Nazi Horror Picture Show am Düsseldorfer Schauspielhaus

Wenn den Zuschauer nichts mehr zu erregen, nichts mehr zu verstören und nach all den von Kunstblut, Kotze und Koitus geprägten Inszenierungen des modernen Regietheaters nichts mehr zu schockieren vermag, hilft nur noch eins: Nazis und Juden müssen her!

So oder so ähnlich scheinen deutsche Regisseure zu denken, wenn sie darüber nachsinnen, wie sie mit einer Inszenierung am ehesten auf sich aufmerksam machen können. Denn eines haben die Theatermacher mit der Zeit gelernt: Eine Woyzeck– oder Faust-Aufführung ruft für gewöhnlich nur wenig Resonanz bei Publikum und Medien hervor. Aber die Aufführung eines Stückes, in dem »Heil Hitler« gerufen wird und Juden erschossen werden, kann sich von vornherein großer Aufmerksamkeit gewiss sein. Als etwa der Regisseur Roberto Ciulli vor rund einem Jahr am Mülheimer Theater an der Ruhr Fassbinders antisemitisches Drama Der Müll, die Stadt und der Tod inszenierte, berichtete sogar die Tagesschau über die Premiere. Auf Anhieb waren alle Vorstellungen des finanziell angeschlagenen Hauses ausverkauft.

Diesem Prinzip der kalkulierten Provokation seines Mülheimer Nachbarn folgend, zeigt nun das Düsseldorfer Schauspielhaus Elfriede Jelineks Stück Rechnitz (Der Würgeengel) – und löst prompt einen handfesten Theaterskandal aus. Offenkundig scheint man nicht nur an der Ruhr, sondern auch am Rhein genau zu wissen, welche Knöpfe man drücken muss, um einen Eklat zu produzieren.

Elfriede Jelinek, österreichische Literaturnobelpreisträgerin von 2004, reflektiert in ihrem Stück den Umgang mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. Der Titel steht für ein Massaker, bei dem im März 1945 in Rechnitz an der österreichisch-ungarischen Grenze am Rande eines rauschenden Festes 180 jüdische Zwangsarbeiter ermordet wurden. Zum Zeitpunkt des von Margit Gräfin Batthyány, einer Enkelin des Stahlmagnaten August Thyssen, veranstalteten alkoholseligen Kameradschaftsabends, zu dem auch HJ-Führer, örtliche NSDAP- und SS-Größen geladen waren, stand die vorrückende Rote Armee bereits 15 Kilometer vor dem Dorf. Gegen Mitternacht bat Franz Podezin, Ortsgruppenleiter der NSDAP, einen Teil der Gäste nach draußen, verteilte Waffen und lud dazu ein, die Zwangsarbeiter zu erschießen. Ob die Gräfin Batthyány mitgeschossen oder »nur« zugeschaut hat, ist bis heute ungeklärt. Die Adelige floh Ende März 1945 in die Schweiz, wo sie 1989 hochbetagt starb, ohne je zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.

Doch Jelinek scheint das an Grausamkeit nicht zu reichen. Sie spannt am Schluss des Stückes einen Bogen von Rechnitz zu dem »Kannibalen von Rotenburg« und zitiert dessen authentischen Dialog mit seinem Opfer. Der damals 39 Jahre alte Armin Meiwes hatte im Jahr 2001 einen Ingenieur aus Berlin mit dessen Einverständnis entmannt, getötet und Teile der Leiche gegessen.

Holocaust plus Kannibalismus: Damit schockt man schlagzeilenträchtig Publikum und Kritik. Wobei die Düsseldorfer Theatermacher ihre Inszenierung als eine Art Erweiterung der historischen Perspektive verstehen. »Wir Nachgeborenen haben uns einen Blick auf die NS-Zeit zurechtgelegt, der mehr oder weniger sagt, der Holocaust ist ein bürokratischer und verwaltungstechnischer Akt gewesen«, sagt Hermann Schmidt-Rahmer, Regisseur der Düsseldorfer Inszenierung. »Und die Jelinek sagt, es ist ein dionysischer Rausch gewesen, in dessen Verlauf Menschen gegessen worden sind.«

Die Premiere vor rund drei Wochen rief jedenfalls tumultartige Publikumsreaktionen hervor (und entsprechend breite Medienberichterstattung). Zahlreiche Zuschauer verließen den Saal noch während des Stücks, andere riefen wütend »Aufhören!«. Bei der zweiten Aufführung einen Tag später bespuckte ein empörter Besucher die Spielleiterin.

Ganz anders bei der Aufführung vergangene Woche. Nichts mehr war von Empörung und Eklat zu spüren. Gebuht, geschimpft und gespuckt hat dieses Mal niemand. In kaum drei Wochen scheint alle Wut verpufft und einer zurückhaltenden Zustimmung gewichen zu sein. Ganz sicher lag das daran, dass die Aufführung diesmal quasi pädagogisch eingebettet wurde. Vor der Inszenierung führte der Dramaturg in die Thematik des Stückes ein. Nach der Vorstellung stellten sich die Schauspieler und die künstlerische Leitung in einem Publikumsgespräch den Zuschauern.

Ungeklärt blieb dabei jedoch die zentrale Frage: Warum stellt das deutsche Theater die Jahre 1933 bis 1945 immer wieder geradezu obsessiv aus der Perspektive der Täter dar? Auch in Jelineks Stück treten die Opfer nicht ein einziges Mal in Erscheinung – und bleiben so das, was sie sind: anonym, stumm, tot.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“.

Auf zum Griechenriechen – Tourismusknaller im nördlichen Revier

Das Schicksal spielt der Stadt Herten übel mit. Erst wird man nicht „InnovationCity Ruhr“, verliert gegen Bottrop. Das ist schlimmer als im Wettbewerb „Welche Stadt ist fast so scheiße wie Gladbeck?“ wieder nur den zweiten Platz gewonnen zu haben, weil seit Jahren Gladbeck selbst unter falschem Namen siegt.

Jetzt der nächste Schlag: die 90 Sozialwissenschaftler kommen im Herbst 2011 auch nicht. Sie werden nicht mit dem Segway die Halde runter brettern, keine Radtour im Schlosspark unternehmen und das Dorf Westerholt wäre ihnen auch egal. Wäre, wenn es sie gäbe. Allein, sie sind ebenso wie ihre Tagung in der Recklinghäuser Justizakademie reine Erfindung von mir. Irgendwas musste ich doch erzählen am Samstag im örtlichen Tourismusbüro, um die Qualität der Einrichtung zu testen. Die ist gut. Nur leider merkt es niemand. Wahrscheinlich, weil trotz vergeblicher Innovation und ausplätschernder Hauptkultur.2010 kein Mensch freiwillig nach Herten kommt.

Die Stadt hat es nicht leicht. Früher war sie mal angeblich die „größte Bergbaustadt Europas“, ein Titel, der in den letzten 20 Jahren mit jeder Zechenschließung im Ruhrgebiet weiter gereicht wurde. Den hätte man sich noch auf die Ortschilder pinseln können. Jetzt ist Herten „die größte Stadt Festlandeuropas ohne eigenen Bahnhof“. Zum Kontinentalsieg hat es nicht gereicht, Reykjavik ist größer und ebenfalls bahnhofslos. Sowas pinselt sich niemand freiwillig auf die Ortsschilder. Auch wenn ein paar Kilometer weiter nördlich aus Haltern offiziell ein Haltern am See wurde, nur damit man sich anschließend mit grausamen Wortspielen blamieren kann. Milde Sympathie für dieses Städtchen schlägt in blanken Hass um, wenn man am Ortseingang begrüßt wird von einem Schild mit dem Spruch: „Schön Sie zu Seen“ und folglich, nach Vollbremsung und Kehrtwendung diesem Vergehen gegen das Sprachgesetzbuch entfliehend, auf der Rückseite eben dieses Schildes konsequent weiter verhöhnt wird mit der Wendung: „Auf WiederSeen“.

So fies ist Herten nicht. Herten ist freundlich, leistet sich ein Tourismusbüro auf Zeche Ewald –  kurz vor Wanne-Eickel, dicht bei der Müllverbrennung, dem schön getauften Rohstoffrückgewinnungszentrum der AGR, unweit der Zentraldeponie Emscherbruch, aber die ist schon Gelsenkirchen – an einer Stelle also, an der selbst Herten längst den Versuch aufgegeben hat Urbanität vorzutäuschen. Das Tourismusbüro ist eigentlich schnuckelig, vielleicht etwas kühl jetzt im Herbst. Jedenfalls hat die kurz nach Öffnung aufgeschreckte Mitarbeiterin einen kalten Händedruck und eine verschnupfte Nase. Sie beruhigt, im Backoffice laufe die Heizung. Immerhin. Sie sucht mir den einen Stadtprospekt heraus, 16-seitig, fein gestrichenes Papier, die drei Miniatur-Leporellos zu Spezialthemen und die schöne Schrift zum Schlosspark. Die Clubzeitung des Hertener Tennis  Clubs e.V. greife ich auch noch ab, 76 Seiten, vierfarbig.

Die Dame bemüht sich um meine 90 Sozialwissenschaftler, auch noch als ich fantasiere, dass man sich am Freitagnachmittag in Gruppen aufteilen, verschiedene Orte besuchen wolle. Sie empfiehlt die Mitbewerber, Zeche Zollverein und den Gasometer, da gäbe es 2011 auch wieder eine schöne Ausstellung. Sie bedauert, dass das Hertener Horizontobservatorium auf der Halde nebenan wohl noch länger gesperrt bleibe, gefährliche Risse in der Metallkonstruktion. Und die Wasserstoffräder führen auch nicht mehr, Probleme mit den Kartuschen. Aber mit Citybikes sei man dabei, ich solle doch unbedingt die Fahrradstation im Keller besuchen. Auf dem Weg dahin betrete ich den Lichthof der Lohnhalle und erblicke Schemen einer wahrscheinlich wunderbaren Ausstellung. Mehr ist nicht zu erkennen, der Lichthof liegt Anfang November im Dunklen. Bei 438 000 Euro an europäischen Fördergeldern in drei Jahren muss an der Beleuchtung gespart werden.

Der Fahrradkeller sieht aus wie ein Projekt der Diakonie, bei dem die Wiedereingliederung arbeitsloser Aussiedler gescheitert ist. Dafür kann der nette Mitarbeiter nichts. Ganze zwei Citybikes stehen dort und einige andere mehr oder minder fahrtüchtige Räder. Ich stelle mir die enttäuschten Gesichter meiner Sozialwissenschaftlerhorde vor und verlasse die Tourismuszentrale. Ich entschließe mich zur unbeteiligten Beobachtung vom Parkplatz aus.

11:15 Uhr. Fünf Menschen in Outdoor-Kleidung von links nach rechts, am Tourismusbüro vorbei.

11:22 Uhr. Vier Mountainbiker auf dem Weg zur Halde, ohne Beachtung der Einrichtung.

11:33 Uhr. Schwarzer Kastenwagen des Wachschutzes dreht seine Runde. Fahrer beobachtet mich.

11:40 Uhr. Mann in mehrfarbiger Sportkleidung, begleitet von drei Hunden (Mischlinge?) von rechts nach links.

12:00 Uhr. In der gegenüber liegenden Kochschule tut sich was. Köchin holt etwas aus dem Auto, verschwindet wieder in der Schule.

12:05 Uhr. Die Sonne kommt hervor.

12.27 Uhr. Ein schwarzer Golf rast heran, stoppt vor dem Büro. Mann mit Schnäuzer, Bürstenfrisur, in Tarnklamotten springt heraus. Reißt der Beifahrerin die Tür auf, küsst sie. Frau verschwindet mit Staubsauger und Eimer im Büro.

12:28 Uhr. Der Golf verschwindet. Das Geschehen beruhigt sich. Lektüre der „Hertener Allgemeinen“.  Erste Lokalseite: „Leiche wird mitten auf der Kreuzung umgeladen“. Unfall mit einem Leichenwagen. „Die Unfallfahrzeuge standen ungesichert auf der viel befahrenen Kreuzung, während es draußen dunkler wurde.“

12:37 Uhr. Radfahrer von rechts nach links.

12:38 Uhr. WDR2 berichtet von der Soester Kirmes. Besuchermassen trotz Dauerregens.

12:41 Uhr. Außenrecherche. Im Straßenbegleitgrün ein vermoderndes Werbeschild. „Eiskiste Glück auf. Ab sofort auf Zeche Ewald. 16 leckere Milchspeiseeis Sorten!!!“ Eiskiste trotz intensiver Suche unauffindbar. „Milchspeiseeis“ ergibt ein schönes Schriftbild.

12:51 Uhr. Frau aus dem Golf verlässt das Zechengebäude, geht in die Fahrradstation im Souterrain.

12:55 Uhr. Golf-Frau zurück aus dem Souterrain, mit Wischmopp.

12:59 Uhr. „Hertener Allgemeine“, Umfrage zu den örtlichen Männertagen. „Maurice W. (24) ist Choreographie-Tänzer und dem Programm gegenüber schon deshalb nicht abgeneigt.“ Ein Problem hat er mit den Männertagen: „Da gibt es dann ja gar keine Frauen.“

13:00 Uhr. Tourismusexpertin holt Besen aus der Fahrradstation. Beginnt mit Fegen des Eingangsbereichs. Schaut aufmerksam in meine Richtung. Verstecke mich hinter spannender Lektüre, „The Emscher Landscape Park“.

13:06 Uhr. Fegen beendet. Tourismusexpertin bringt Besen zurück.

13:09 Uhr. Ältere Dame, begleitet von noch älterer Dame (ihre Mutter?) von rechts nach links. „Hertener Allgemeine“, Tagestipp: „50 Jahre Griechen in Herten, 16 Uhr: Schnupperkurs“. Wollte schon immer wissen, wie Griechen riechen.

13:17 Uhr. Ereignisse überschlagen sich. Schwarzer Smart hält vor dem Gebäude. Bekannte ältere und noch ältere Dame von links nach rechts. Die weniger Ältere hat zwei Wanderkarten in der Hand. Wegen Ablenkung durch Zeitungslektüre verpasster Besucher-Peak! Ich lande nie beim Spiegel. Hans Leyendecker würde mich verachten.

13:19 Uhr. Smart-Fahrerin verschwindet mit Pappkarton in der Kochschule.

13:30 Uhr. Abbruch der Beobachtung. Beschämt von meiner Sozialwissenschaftlerlüge und frustriert vom Recherche-GAU.

Bilanz eines Milchmädchen-Sohnes: Das Projekt Tourismusbüro Herten kostet in drei Jahren 438 000 Euro, das sind pro Öffnungstag etwa 480 Euro. Das sind in dreieinhalb Recherchestunden am letzten Samstag 336 Euro.

Wenn in Herten Besucher annähernd so abgerechnet werden wie in vergleichbaren öffentlichen Einrichtungen, habe ich erlebt: Intensives Beratungsgespräch mit Einzelgast, Vermittlung diverser Broschüren, Konzipieren eines Gesamtpaketes für eine Großgruppe, Zusammenstellen eines Rundumpaketes für verschiedene Gruppen, Beratung eines Tourismus-Managers, Ausarbeiten je einer geführten Radtour rund um Herten, auf die Halde, durch den Schlosspark, in die City und nach Westerholt. Aktive Kooperation mit Anbietern in Oberhausen, Essen und anderen Städten, Bildung eines sozialwissenschaftlichen Netzwerkes.

Implementierung eines Mehrgenerationenprojektes unter Berücksichtigung des Gender Mainstreamings, Ausarbeiten verschiedener Wanderrouten, Beratung von Familientouristen, Kooperation mit der Fahrradstation, Konzipierung und Ausführung einer praktischen Einheit zur Erstellung eines Facility-Management-Master-Plans. Hintergrundgespräch mit Journalisten.

Das Tourismusbüro Herten ist also ein Erfolg. Der Besuch der bahnhoflosen Stadt kann nur dringend empfohlen werden, nicht nur zum Griechenriechen.

Tourismusbüro Herten. http://www.tourismusbuero-herten.de/

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Oppa erzählt vom Krieg oder: Damals unter Präsident Ottokar Wüst war beim VfL Bochum doch wirklich alles besser!

Sportlich dümpelt der VfL Bochum momentan in der 2. Bundesliga und der Wiederaufstieg der „Unabsteigbaren“ ist momentan nicht wirklich gesichert.

Zusätzlich zur sportlichen Misere kommt das Vakuum im Aufsichtsrat, welches durch den überstürzten Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden Werner Altegoer und weiterer Mitglieder des Aufsichtsrates verursacht wurde. Zwar besteht der VfL Bochum darauf, dass man handlungsfähig sei, doch die Frage in welche Richtung sich der VfL Bochum zukünftig entwickeln wird, ist weiterhin offen. Wenn es irgendwo zu Umbrüchen kommt, werden die verschiedensten Vorschläge gemacht und in die Diskussion eingebracht. So auch beim VfL.

Es fing alles mit einem unscheinbaren DIN A4-Zettel an, der vom Layout her irgendwo zwischen „Kindergartenkinder versuchen sich an Erpresserbriefen“ und den ersten Layoutversuchen mit Hilfe von Schreibmaschine und Pritt-Stift anzusiedeln ist:

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Der Ruhrpilot

Dortmund: Sierau will mut U punkten…Der Westen

NRW: Der alte Mann und die Parteikasse…Süddeutsche

Energie: Stadtwerke im Rennen um Steag in Endrunde…Der Westen

Hochtief: Kaum noch Abwehrchancen…Ruhr Nachrichten

NRW II: Merkel und Röttgen…Frontmotor

Essen: AWO unter Druck…Der Westen

Dortmund II: Klopp im Interview…Pottblog

Duisburg: Ein Monat Marxloh…RP Online

Bochum: Freispruch für Nazi…Ruhr Nachrichten

Bochum II: Knappschafts-Briefmarke…Pottblog

Parallelwelt: Mehrheit der Piraten rechnet wohl mit baldiger Regierungsbeteiligung…Netzpolitik

Umland: Neuer Bahnfahrplan…Zoom

CollaborationCamp: 10 x 2 Übernachtungen kostenlos…Hirnrinde

Eon macht seinen Energiewechsel

Während sich in Gorleben die Bürger quer legen, bereitet in Düsseldorf eine Firma ihre ganz eigene Vorstellung eines Energiewechsels vor. Marktführer Eon will weniger Deutschland, auch wegen des Ausstiegs aus dem Atom-Ausstieg.

Der Düsseldorfer Energiekonzern will sich unter dem neuen Vorstandschef Johannes Teyssen künftig stärker in Wachstumsmärkte in Asien und Südamerika investieren. Der Strategieschwenk soll zu Lasten Deutschlands gehen, also dem Land, in dem Eon etliche Atomkraftwerke betreibt. Auf seinem Heimatmarkt hat Eon aber zuletzt ordentlich Gegenwind bekommen. So droht das im Bau befindliche Kohlekraftwerk in Datteln zur Investitionsruine zu werden, Grund sind Klagen von Bürgern.

Die neue Strategie von Teyssen ist ein deutliches Votum Richtung schwarz-gelbe Koalition: Denn dass der seit rund einem halben Jahr amtierende Eon-Chef das Deutschlandgeschäft zurückfahren will, ist eine deftige Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung. Mit der Revision des Atom-Ausstiegs wollte sie auch die Versorgerbranche pampern. Das ging daneben. Denn Investitionen ins Ausland zu verlagern, ist in der Industrie die deutlichste Form der Abstimmung mit den Füssen.

Doch was schmeckt dem Energiekonzern nicht? Es ist vor allem die der Revision des Atomausstiegs verordnete Brennelementesteuer. Mit dieser will Berlin einen Teil der Gewinne abschöpfen, die beim längeren Betrieb der Atommeiler anfallen werden. Doch bis die Zusatzgewinne in die Kassen der Versorger rollen, wird es noch einige Jahre dauern. Erst müssen sie drauf zahlen. Offenbar kein gutes Geschäft, will sich an Teyssens Strategie zeigt.

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TV-Serie Alpha 07: Stranger than Fiction…

Alpha 07 Der Feind in Dir Foto: SWR

Am 14. November startet auf dem SWR und wenig später u.a. auf 3SAT und ARTE die SciFi-Thriller-Serie “Alpha 0.7 – Der Feind in dir”. Die erste transmedial erzählte Serie Deutschlands, zeichnet ein düsteres Zukunftsszenario: Deutschland und die gesamte Europäische Union haben sich 2017 in einen gleichgeschalteten Überwachungsstaat verwandelt, der sogar die Köpfe seiner Bürger kontrolliert.

Die Idee und die Drehbücher zu der Serie stammen von Sebastian Büttner und Oliver Hohengarten, die für Alpha 0.7 als Transmedia-Producer auch die gesamte Internet-Welt entwickelt haben. In einem Gastbeitrag schreibt Sebastian Büttner über sein ungutes Gefühl, dass ihr dunkles Nahe-Zukunft-Szenario weitaus weniger Science Fiction ist, als er zu Beginn der Serienentwicklung angenommen hat…

Ist der Freie Wille des Menschen nur eine Illusion? Lassen sich unsere Entscheidungen mithilfe elektrischer Impulse steuern – wie bei einem Computer? Vor zwei Jahren hätte ich diese Frage noch eindeutig mit „Nein“ beantwortet und sie als verschwörungstheoretischen Unfug abgetan. Mittlerweile, nach über zwei Jahren Arbeit an unserem neuen SciFi-Thriller „Alpha 0.7“, tendiere ich eher zum „Jein“. Denn es gibt einige neurowissenschaftliche Versuche, die das  Modell des „Freien Willens“ auf den ersten Blick ziemlich alt aussehen lassen. So ist es dem deutsch-britischen Kognitionspsychologen John-Dylan Haynes 2008 beispielsweise gelungen, anhand der Aktivität zweier Hirnregionen exakt vorauszusagen, ob Versuchspersonen einen Knopf mit der rechten oder linken Hand drücken werden. Und dies 10 Sekunden bevor den Probanden ihre Entscheidung selbst bewusst wurde.

Natürlich gibt es auch Wissenschaftler, die die Stichhaltigkeit solcher Versuche (zu Recht) anzweifeln. Doch eine Sache lässt sich trotzdem nicht leugnen: die Neurowissenschaften haben begonnen die Funktionweise unserer Gehirne auszulesen, sie zu verstehen. Sie können anhand unserer Gehirnaktivitäten sehen, welche Handlungen wir ausführen – und einige von ihnen glauben sogar noch weitaus mehr in unseren Köpfen erkennen zu können…

Sind Straftäter in Wirklichkeit nur gehirnkrank?

In der Psychiatrischen Universitätsklinik Rostock wurde 2008 begonnen, die Gehirne von verurteilten Gewalttätern zu untersuchen. Gefängnisinsassen, die zu langjährigen Freiheitsstrafen wegen Mordes oder Totschlag verurteilt worden, sowie Patienten aus forensischen Kliniken wurden unter großem Sicherheitsaufwand an die Ostsee gebracht. Das Ziel des Experiments: Die Neurowissenschaftler wollten herausfinden, ob die Täter für ihr verbrecherisches Handeln wirklich selbst verantwortlich sind – oder ob sie in Wirklichkeit selbst Opfer sind, Opfer falscher Strukturen in ihrem Gehirn. Und tatsächlich kamen die Wissenschaftler zu einem überraschenden Ergebnis: Bestimmte Areals in den Gehirnen von Psychopathen sind schlechter durchblutet, als die der „gesunden“ Kontrollgruppe. Darunter auch jene Bereiche, die uns die Konsequenzen unseres Handelns vermitteln.

Demnach würden Mörder gar nicht amoralisch handeln. Sie wären einfach nur „gehirnkrank“. Das Schuldprinzip, eine der wichtigsten Säulen unseres Rechtssystems, würde demzufolge auf einem Irrtum basieren, dem Irrtum, dass der Mensch in seinem Handeln immer und jederzeit frei ist. Wäre es demnach nicht auch nur konsequent unser Rechtssystem sprichwörtlich auf den „Kopf“ zu stellen? Wäre es dann nicht klüger die Gehirne der Straftäter zu „reparieren“, anstatt sie in ein Gefängnis zu sperren und darauf zu hoffen, dass sie hinter Gittern lernen, wie falsch ihre Taten waren?

Der Brainscanner als natürlicher Nachfolger des Nacktscanners?

Wir fragten uns: Was würde geschehen, wenn ein großer Konzern im Jahr 2017 eine Scan-Technologie entwickeln würde, die in der Lage ist, rechtzeitig vor Fehlentwicklungen im menschlichen Gehirn zu warnen? Eine Technik (wir haben sie „Brainscanner“ getauft), die erkennt, ob ein Mensch die Anlage zum Straftäter hat. Könnte diese Technologie nicht Verbrechen verhindern bevor sie geschehen? Und wie würde die Bevölkerung Europas wohl auf diesen technischen Durchbruch reagieren würde? Würden wir uns freiwillig vom Staat in unsere Köpfe schauen lassen? Auch hier, war meine Antwort erst „Nein“ – doch dann wurden während unserer Arbeit an der Serie die Nacktscanner in Deutschland eingeführt…

Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde uns endgültig klar, dass wir gar nicht ausschließlich an einer SciFi-Story über die wachsenden Möglichkeiten der Neurowissenschaften arbeiteten, sondern dass es in unserem Stoff um weitaus mehr ging. Der „Freie Wille“ war nur der Ausgangspunkt, der Motor für unsere Geschichte. In Wirklichkeit jedoch waren die „Brainscanner“ – genau wie die Nacktscanner 2010 – doch bloß Platzhalter einer viel größeren Frage. Der Frage danach, in welcher Art von Gesellschaft wir heute und in Zukunft miteinander leben wollen. In einer Gesellschaft, in der der Einzelne, analog zum technischen Fortschritt, immer weiter überwacht, vermessen und kontrolliert wird? In einem Staat der in „dubio contra reo“ in jedem Bürger einen potenziellen Straftäter sieht?

Ist Sicherheit die bessere Freiheit?

Keiner von uns hatte sich zuvor näher mit dem Thema „Überwachungsstaat“ beschäftigt. Klar: wir verfolgten den Ausbau der Maßnahmen zur Inneren Sicherheit seit dem 11. September 2001 genauso kritisch wie die meisten anderen in unseren eher linksliberalen Freundeskreisen. Aber lebten wir nicht trotzdem immer noch in einer Demokratie? Waren die zunehmenden Überwachungsmaßnahmen nicht bloß ein vorübergehender Trend, den man nach ein paar Jahren wieder abwählen konnte?

Inzwischen wissen wir, wie naiv wir damals waren: Ob  Raumortung, Gesichterkennung, Überwachung von Zahlungsvorgängen… Das Maß an Überwachung, das es 2010 schon im Alltag gibt, ließ uns wirklich frösteln. Vor allem der Blick nach Großbritannien erschrak uns immer wieder. Die Art und Weise, wie auf der Insel in den vergangenen Jahren die Bürgerrechte abgebaut wurden, fanden wir ungeheuerlich. Ungeheuerlich finden wir allerdings auch, das sich zunehmend Politiker in Deutschland das Vereinigte Königreich, das Land der Überwachungskameras, zum Vorbild nehmen – immer unter dem Gesichtspunkt mehr Sicherheit erreichen zu wollen. In Großbritannien wird die sicherheitspolitische Debatte von der angeblichen Sorge vor terroristischen Anschlägen dominiert. In Deutschland ist das anders. Hier ist die Angst vor Kinderpornografie das große Thema, mit dem man die Bürgerrechte aushebeln will. Die Spielräume des Einzelnen, die sich gerade in den vergangenen Jahren durch das Internet vergrößert hatten, sollen wieder massiv eingeschränkt werden.

Doch wäre dies wirklich der richtige Weg? Ist die Angst vor dem „Schlimmstmöglichen“ tatsächlich der beste Ratgeber für unsere politischen Entscheidungen? Opfern wir mit unserem Bestreben nach immer mehr vermeintlicher Sicherheit nicht vor allem eine der wichtigsten Errungenschaften unserer westlichen Zivilisation: die Freiheit?

Die Arbeit an „Alpha 0.7 – Der Feind in dir“, unsere Recherchen und Gespräche mit unschuldigen Opfern staatlicher Überwachungsmaßnahmen, haben unseren Blick auf unsere Gesellschaft nachhaltig verändert – ihn geschärft. Mittlerweile sind wir uns nicht mehr sicher, ob wir nicht wirklich eines Tages in einem Land aufwachen, in dem tatsächlich Brainscanner installiert werden. Zur Sicherheit. Um Verbrechen zu verhindern, bevor sie geschehen. Aber: Wollen wir das wirklich?  Es liegt an uns allen, zu entscheiden, ob wir es so weit kommen lassen wollen.

Disclosure: Stefan Laurin betreut die Blogs der Serie und hat einen Großteil der Online-Texte verfasst.