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Nicola Thomas und Nadja Robiné (Mephisto), Andreas Grothgar (Faust) - Foto: Thomas Aurin

Teufel gibt es viele. Nach der Premiere von Goethes Faust am Schauspielhaus Bochum gab es Standing Ovations, aber auch Buh-Rufe. Nach knapp drei Stunden hatte sich der Regisseur Mahir Günsiray ausgetobt und gleichsam sonderbar erschöpft. Was blieb, das war der andauernde Konflikt zwischen Sehnsucht und Verstand.

Zur Vorgeschichte: „BOROPA“, heißt das Spielplanmotto – die neugestartete Intendanz von Anselm Weber gibt sich weltoffen und experimentierfreudig. Fadhel Jaibi inszenierte „Medea“, Malou Airaudo das Tanztheaterstück „Irgendwo“ und jetzt eben Mahir Günsiray mit dem liebsten Kulturgut der zölibatären Linguisten, Lehrkörper und Theisten: Faust (ersterteilundzwei).

Textversion versus Spielversion

Mahir Günsirays Inszenierung verwandelt den goetheschen Stoff in eine spielfreudige Version, ein bisschen Büchner, Brecht und Kafka reingesampelt und fertig ist die Kiste. Im Subtext kann nun gelesen werden, was sonst im göttlichen Brimbamborium untergeht: Es gibt keine Erlösung, aber eine Menge zu erleben. Denn Gott fehlt, aber Mephisto kommt gleich in achtfacher Ausführung daher. Die multiplen Teile Mephistopheles kopulieren, drohen einander, lachen. Ein bisschen so, wie man sich die alte Fassbinder-Gang vorstellt: Ein Schlachtfeld herrlich polymorph-perverser Teufel, die sich promiskuitiv aneinander berauschen. Alle sind in irgendeiner Weise beschädigt, sie gehen gebückt, sind bandagiert oder hinken. Ihre prunkvollen Kostüme waren einst glitzernd und glänzend, heute sind sie abgefuckt, doch bestechen sie in ihrer Gänze durch schmachtende Phantasie und reizvolle Details. Die verantwortliche Meentje Nielsen hat hier Zierstücke hingeworfen, die sich verschwenden wollen. Dazu die Bühne eines kosmischen Welttheaters als schäbig rotierende Waschkaue der Dead-End-Devotionalien. Claude Leon gönnt den Zuschauern mit ihrem Bühnenbild eine optische Eskalation massiver Details. So ist der Boden bereitet – für ein großes Spiel-mich-schwindelig.

Am Anfang war das Spiel

Bühnenbild von Claude Leon - Foto: Thomas Aurin

In der Hölle ist wirklich alles OK, man rülpst und furzt und manchmal haut man sich auch eine rein (best boys: Florian Lange und Roland Riebeling), doch dann kommt er. Faust, gespielt von Andreas Grothgar, betritt sinnkriselnd mit einem gequälten und ausgedehnten „Ach!!!“ die Bühne. Grothgar hat seinen großen Abend, auch wenn er sich natürlich ein bisschen bei Paul Herwig (Die Labdakiden) abgeguckt hat, besonders wenn er späterhin so staatstragend wird, aber anyway – er ist schon Faust. Für die multiplen Teufel ist er es sowieso. Noch glaubt der Gelehrte, er sei von ihresgleichen. Doch nehmen sie ihn nicht ernst – weder seine Qual, noch seine Sehnsucht. Faust forscht nach dem Anfang. Glaubt ihn zunächst im Wort, im Sinn, in der Kraft zu finden und kommt dann zu dem Schluss: Am Anfang war die Tat. Denn immerhin sei alles Teil dieser Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft. Und diese Kraft treibt viele Späße mit Faust, der sich auf einen verhängnisvollen Pakt mit den Mephistos einlässt. Einziger Unterschied: In Günsirays Inszenierung schließt Faust den teuflischen Pakt gleich achtfach. Günsirays Faust sieht sich mit der Komplexität einer Welt konfrontiert, in der er sich zurechtfinden muss. Nur gut, dass er nach dem Zaubertrank bald Helenen in jedem Weib erkennt.

One-Night-Stand mit Folgen

Therese Dörr (Mephisto), Andreas Grothgar (Faust), im Hintergrund: Ensemble - Foto: Thomas Aurin

Aus einem der Teufel wird durch eine an Lacan gemahnende Spiegelszene das Gretchen, dem Faust sogleich an die Wäsche will. Drei der Mephistofiguren beenden die erotische Zusammenkunft, diesen Schnellfick auf dem Ölfass. Auf Geheiß des Teufels sticht Faust einen der drei, Gretchens Bruder, nieder. Gretchen fragt nur: „Spinnst du?“ Tja, und mehr ist da eben auch nicht. Schon bei Goethe nicht. Der Rest ist nunmehr seit zweihundert Jahren Onanistenphantasie. Doch weiter im Text. Therese Dörr gibt das Gretchen – von ephemerer Leidenschaft, die nur allzu leicht in Leidensbereitschaft kippt. Gretchen wird schwanger, bringt das Neugeborene um und wird zuerst gefoltert und dann hingerichtet. Die Teufel kehren in Hochzeitskleidern wieder auf die Bühne zurück und tanzen um die Szenerie einen makabren Todesreigen. Gretchen wird ins Hochzeitskleid gezwungen. Das Kind wird gekocht und Faust auf einem Teller serviert. Titus Andronicus lässt grüßen. Während Gretchen im Kochtopf steht, wird ihr weißes Kleid mit Blut bestrichen, man hört das Brechen ihrer Knochen: knack, knack – hundert Prozent echte Gefühle. „Meine Mutter, die Hur, die mich umgebracht hat. Mein Vater, der Schelm, der mich gegessen hat.“

Ordnung muss sein

Andreas Grothgar (Faust), Nicola Thomas, Werner Strenger, Therese Dörr, Nadja Robiné, Florian Lange (Mephistos) - Foto: Thomas Aurin

Da beginnt auch schon der zweite Teil: Von der kleinen Welt wird nun zur großen Welt geschritten. Der Homunculus, eine Art künstlicher Mensch beobachtet mit kindlicher Unschuld, was sich hier zwischen den Figuren zuträgt. Er jedoch hat noch immer nur den Wunsch, im besten Sinne zu entstehen. Als er auftritt, verkündet er „Sobald ich bin, muss ich auch tätig sein“. So bald auch Faust. Nachdem der Schnellficker über sein Gretchen-Trauma ein längeres Nickerchen gehalten hat, erwacht er und will sogleich gestalten. Statt Teufelspakt bedient sich Faust nun zivilisatorischer Errungenschaften. Indem er sich an den Ordnungsvorstellungen eines bürgerlichen Zusammenlebens orientiert, erreicht er genau das Gegenteil. Mit der schönen Helena als archetypischer und völlig langweiliger Frau gelingt es Faust nicht einmal, seinen Sohn Euphorion vor (den selbst begangenen) Fehlern zu bewahren. Als trotzköpfiger Euphorion beweist Marco Massafra an diesem Abend, dass er völlig zu Recht als einer der besten Nachwuchsschauspieler gehandelt wird.

Spul mal vor

Xenia Snagowski (Homunculus), Andreas Grothgar (Faust) - Foto: Thomas Aurin

Das abermalige Scheitern Fausts deutet Günsiray als Vorgriff Goethes auf das Progressive und Zerstörerische der kapitalistischen und postkapitalistischen Welt. Für Günsiray fällt ein nach Höherem strebender Faust – glaubt er sich auch gebildet oder zivilisiert – dennoch seinen Trieben und Sehnsüchten zum Opfer. Im Kleinen und im Großen gilt: „Bist du erst ein Mensch geworden, so ist es völlig aus mit dir.“ Indem Günsiray bei seiner Inszenierung auf den christlichen Gott verzichtet, fällt auch die vermeintliche Annahme eines kosmischen Plans weg, der letztlich sinnstiftend sein könnte. Es obliegt dem Menschen innerhalb des Gegebenen, schaffend tätig zu sein. Doch gibt es keine universellen Konzepte, an denen er sein Tun ausrichten könnte. Vielleicht ist aller Anfang tatsächlich die Tat, aber das menschliche Dasein birgt in jeder Handlung auch immer die Möglichkeit des Scheiterns. Es irrt der Mensch, solang er strebt. Er verliert sich nicht in Spekulationen über Erlösungswege und Lebensführungen. Es gibt nicht das Böse an sich, das sich ausmachen ließe. Es sind immer nur Aspekte, die changieren und einer ständigen Dynamik unterliegen – multidimensionale Phänomene, die von uns als Welt erlebt werden. So war ein diesem Abend eine wunderbar verspielte zeitgenössische Darstellung des goetheschen Stoffes zu erleben.

Feuilleton im Totalausfall

Nadja Robiné (Mephisto), Andreas Grothgar (Faust) - Foto: Thomas Aurin

Wer in den Tagen nach der Premiere einen Blick in die Feuilletons warf, kam nicht um den Eindruck eines Totalausfalls herum. Kaum ein Artikel verzichtete auf die pointierte Bezugnahme auf Günsirays türkische Herkunft. In Ermanglung weiterreichender Ideen musste die nationale Karte ständig ausgespielt werden. Ein Türke inszeniert Goethe! Da wurde gegen Zeilenhonorar von „einen Satz, der uns heilig war“ schwadroniert oder von einem „deutschen Blick“ gesprochen, der dem aus Istanbul stammenden Günsiray „kulturhistorisch gar nicht geläufig“ sein könne. Was soll eigentlich dieser ganze kultur-nationale Scheiß? Peinlicher geht es doch nun wirklich nicht. Man möchte meinen, die Damen und Herren in den Kulturredaktionen hätten vielleicht schon einmal etwas von dem Begriff Ethnozentrismus gehört. Oder gar Deutschtümelei? Wir können uns wirklich glücklich schätzen, dass Britinnen und Briten nicht jedes Mal derart aufschreien, sobald ein Deutscher Regisseur es wagt, Shakespeares Rosenkriegszyklus zu inszenieren. Und eines ist ganz gewiss, meine Damen und Herren: Goethe – nicht zuletzt Verfasser des West-östlichen Divans – hätte angesichts ihrer Zeilen ganz bestimmt gekotzt.

Gründerinnenzentrum in der Nordstadt eröffnet

Es ist breit und hoch, manche finden es Furcht erregend, nicht wenige scheußlich. Das Terrassenhochhaus „Hannibal“ in der Dortmunder Nordstadt ragt zwischen den vielen Jugendstilbauten drall und schnörkellos heraus. Anfang der 1970er Jahre hat man hier an der Bornstraße kahlschlagsaniert und damals modernen Wohnungsbau angerichtet. Oben wird gewohnt, im Erdgeschoss ist Gewerbe, nach wie vor. Nun ist ein neuer Mieter eingezogen: das Gründerinnenzentrum.

Es will Frauen aus der Nordstadt und speziell auch Frauen mit Migrationshintergrund auf dem Weg in die Selbstständigkeit unterstützen. Das Gründerinnenzentrum hat zwei Mitarbeiterinnen, die die Frauen beraten und ihnen helfen, den unternehmerischen Dschungel von der Gründungsidee über den Businessplan bis zur Verwirklichung zu durchdringen. Bereits in den Monaten vor der offiziellen Eröffnung in dieser Woche haben die Beraterinnen ihre Arbeit aufgenommen. Ursula Wendler ist eine von ihnen und erzählt von zahlreichen Beratungsgesprächen: „Zwei Drittel der Frauen suchen eine Alternative aus der Arbeitslosigkeit.“ Häufig müsse man jedoch vom Schritt in die Selbstständigkeit abraten, damit eine Frau nicht vom Regen in die Traufe komme, nicht jede Idee sei tragfähig.

Das Gründerinnenzentrum gehört zum Nordstadt-Büro, einer Außenstelle der Dortmunder Wirtschaftsförderung, die Vieles rund um die lokale Ökonomie in der Nordstadt anschiebt. Wie nötig das ist, zeigen ein paar einfache Zahlen: Die Arbeitslosenquote beträgt 25, der MigrantInnenanteil mehr als sechzig Prozent, 37 Prozent der 52.000 Nordstadtbewohner beziehen Hartz IV.

Ursula Wendler und ihre Kollegin Anja Henkel sind in engem Kontakt mit den Migrantenselbstorganisationen vor Ort und sprechen dort Frauen, für die eine Selbstständigkeit in Frage kommen könnte, aktiv an. Migrantische Frauen, die selbstständig arbeiten, haben nicht zuletzt eine Vorbildfunktion für ihr gesamtes Umfeld. Und sie haben manchmal andere Ideen als deutsche Frauen. Die türkischen Männer treffen sich in ihren Cafés, Frauen haben dort keinen Zutritt. Warum also zum Beispiel nicht ein Frauencafé eröffnen, in dem sich die Frauen ungestört entspannen und austauschen können? Der Leiter des Nordstadt-Büros, Hubert Nagusch, berichtet, dass vor allem Frauen aus Osteuropa ganz häufig höchste Bildungsabschlüsse hätten und hier trotzdem kein Bein an den Boden bekämen. Auch für sie soll das Gründerinnenzentrum eine Anlaufstelle sein.

Das neue Zentrum bietet auch Räume für Existenzgründerinnen an. Auf 750 Quadratmetern ist Platz für etwa zwölf Gründerinnen. Drei ziehen im Januar ein, im Laufe des kommenden Jahres soll sich das Zentrum komplett füllen. Eine der drei Gründerinnen ist Familientherapeutin, eine bietet einen deutsch-russischen Büroservice und eine ist Fotodesignerin. Die Frauen zahlen hier im ersten Halbjahr gar keine Miete, ab dem siebten Monat vier Euro pro Quadratmeter, im zweiten und dritten Jahr fünf und sechs Euro. Wenn die Gründerinnen sich, so der Plan, nach drei Jahren etabliert haben, suchen sie sich neue Räume und machen Platz für neue Existenzgründerinnen. Bleiben sie über die drei Jahre hinaus, zahlen sie die Kostenmiete.

Iris Wolf kam für das Fotodesignstudium von Köln nach Dortmund, lebt in der Nordstadt und portraitiert sie auch. Dem dortigen Straßenstrich hat sie unter dem Titel „Wunschbox“ eine hoch gelobte Ausstellung gewidmet, die im Museum für Kunst und Kulturgeschichte gezeigt wurde. Bevor sie den endgültigen Schritt in die Selbstständigkeit wagte, hat sie parallel noch als Köchin gearbeitet. Dank eines Stipendiums der Kunststiftung NRW ist das vorbei und ab Januar hat sie ihr eigenes Atelier. Unten im „Hannibal“ in der Bornstraße.

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Das Ruhrstadt-Schnorrernetzwerk

Unter der Ruhrstadtfahne organisiert der ehemalige Spinrad-Chef Peter Krämer ein Schnorrernetzwerk.

Manchmal bekommt man Nachrichten, die zum kotzen sind. Häufig haben die mit dem sogenannten Ruhrstadt-Netzwerk zu tun. Das Ruhrstadt-Netzwerk ist der plumpe Versuch, aus dem Engagement für das Ruhrgebiet Kohle rauszuschlagen. Koste es was es wolle – auch mit falschen Versprechungen.  Hier die Nachricht, die mich via Xing erreichte, und mit der das Netzwerk versucht, neue Leute zu Mitarbeit zu bewegen:

Wir möchten Sie gerne herzlichst zu unserem letzten Event für dieses Jahr einladen, das am 14.12.2010 um 18.45 Uhr bei uns im Wissenschaftspark stattfindet.

Hier die Agenda:
18h45 Begrüßung durch Peter Krämer
18h55 Bernd Fesel (Direktor e.c.c.e.) Kultur in der RuhrStadt – Wie geht es weiter ab 2011?
19h15 Reinhard Kreckel – Kurs 2 Onlineredakteur Text und Bild – Start noch 2010 – wie Sie noch teilnehmen können
19h20 Dunja Jannuzzo + Michael Reichenbach – wie wird man Angel? Wie können Sie sofort starten und noch vor Weihnachten den Presseausweis bekommen?
19h35 Anmeldungen und Diskussion
Ende der Veranstaltung ca. 20h45

Bernd Fesel wird Ihnen erzählen, wie es in der Kulturhauptstadt weitergeht –
und wir erzählen Ihnen, wie es bei RuhrStadt-Netzwerk weitergeht.
Wir stellen Ihnen den neuen Presseausweis vor (inklusive Parken).
Wir möchten Sie als neuen Angel, Reporter oder Fotografen gewinnen und würden uns sehr freuen wenn Sie diesen Abend dazu nützen würden um weiteres zu erfahren.

Als Angel haben Sie folgende Vorteile:

-Sie bekommen einen Presseausweis von RuhrStadt Netzwerk
-Sie können Wunschveranstaltungen und Wunschorte kostenlos aufsuchen
-Wir ermöglichen Ihnen die Teilnahme am Kurs „Onlineredakteur“ inklusive Zertifikat eines staatlich anerkannten Instituts
-Sie haben Anspruch auf Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaft Wort http://www.vgwort.de/auszahlungen.html
-Sie können Mitglied der Künstler-Sozialkasse werden mit gewaltigen Kostenvorteilen gegenüber herkömmlichen Kranken- und Rentenversicherungen. http://www.kuenstlersozialkasse.de
-Sie können Bücher für Rezensionen kostenlos bestellen, die Verlage machen das gern für eine Redaktion wie RuhrStadt Netzwerk
-Sie sind RuhrStadt Angel oder RuhrStadt Reporter oder Mitglieder der Ruhrstadt-Portal-Redaktion

Besuchen Sie hier die Gruppe: http://www.xing.com/net/ruhrstadt/

Wir freuen uns auf zahlreiche Zusagen!

Und jetzt mal kurz in die Wirklichkeit: Der Presseausweis des Netzwerks hat keinen Wert. Man kann ihn sich auch als Kartoffeldruck selbst machen. Es ist was für Spinner, die in Vorortkneipen angeben wollen.

Man kann mit keinem Presseausweis frei parken. Man kommt mit dem Presseausweis durch Polizeisperren – die Straßenverkehrsordnung gilt natürlich weiter.

Man spart auch nicht ganz viel Geld bei der Künstlersozialkasse. In die kommt man nur, wenn man nachweisen kann, dass man in einem der über sie versicherten Berufe so viel verdient, das man davon leben kann.

Verlage schicken auch nicht gerne Bücher an irgendwelche Spacken – weil sie genau wissen, dass da viele sind, die sich nur durchschnorren wollen.

Worum geht es? Leute sollen dazu gebracht werden, umsonst für die Internetseite des Ruhrstadt-Netzwerks zu arbeiten. Die Seite ist kaum mehr als eine Ansammlung von Pressemitteilungen. Das ganze ist eine Verarschung – der künftigen Mitarbeiter des Netzwerks, der KSK und aller, die versuchen ihren Job im Bereich des Journalismus halbwegs ordentlich zu machen.

Was macht eigentlich die Duisburger Polizei?

Was macht eigentlich die Duisburger Polizei?
Richtig: sie macht alles richtig. Eigentlich immer, und ganz besonders dann, wenn es drauf ankommt. Also auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr. Wird es wirklich wichtig, macht die Polizei es richtig. Dazu drei Beispiele aus der jüngeren und jüngsten Duisburger Vergangenheit.

10. Januar 2009: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Ein voller Erfolg für die Duisburger Polizei. Mehr als zehntausend Menschen beteiligen sich an einer Demonstration gegen die israelische Militäroperation im Gazastreifen, zu der die islamistische Milli Görüs aufgerufen hatte. Als die Menge zwei israelische Fahnen gesehen hatte, die in die Fenster einer Privatwohnung am Rande der Demoroute gehängt waren, heizte sich die Stimmung enorm auf. Geistesgegenwärtig erkannte die Duisburger Polizei sogleich, dass hier Gefahr im Verzuge ist, und riss die Flaggen runter. Absolut gelungene Gefahrenabwehr: keinem Menschen ist irgendetwas zugestoßen, selbst die beiden weißen Stoffe mit dem blauen Davidstern kamen nur geringfügig zu Schaden. Bedenkt man, wie leicht sie hätten zu Brennmaterial an diesem kalten Wintertag werden können, muss man resümieren, dass die beiden Fahnen eigentlich die Hauptnutznießer dieser besonnenen Polizeiaktion waren. Dass dabei die Tür der Wohnung, die die Beamten aufbrechen mussten, ein wenig zu Schaden kam, war vor diesem Hintergrund zu verschmerzen, wie auch ein Universitätsprofessor der Juristerei in einem Gutachten feststellen konnte.

24. Juli 2010: Dass anderthalb Jahre später auf der Loveparade die Bilanz der Duisburger Polizei nicht in einem ganz so strahlenden Licht erscheinen konnte, ist weithin bekannt. Doch sie trifft, wie inzwischen längst von höherrangigen Behörden bestätigt, keinerlei Schuld an dieser Tragödie. Im Gegenteil: der damals amtierende kommissarische Polizeichef machte in seinem Einsatzbefehl sachkundig und detailliert deutlich, was bei dieser miserabel vorbereiteten Massenveranstaltung so alles passieren könne. Und wer weiß, was sonst nicht noch alles hätte passieren können, hätte die Duisburger Polizei nicht den Point of no Return ausgelöst, indem sie einen Rettungswagen in die Unterführung hatte passieren lassen – und mit ihm die an der Kulturveranstaltung interessierte Menschenmasse gleich mit. Niemand kann im Nachhinein sagen, dass ein Eintreten der Katastrophe zu einem späteren Zeitpunkt weniger Todesopfer gefordert hätte. Auch dass sich die Duisburger Polizei sogleich an die Aufklärung der Ereignisse gemacht hatte, obwohl sie nicht einmal dafür zuständig war, findet heutzutage auch kaum noch Beachtung. Fazit: irgendwie wusste man Bescheid; leider konnte dieses Wissen bei der Gefahrenabwehr nicht vollständig verwertet werden. Dennoch: die Polizei hatte alles richtig gemacht.

Ganz genau so liegt der Fall vom 28. November 2010: die Duisburger Polizei wusste genau, dass große Gefahr droht, konnte oder wollte dieses Wissen jedoch nicht verwerten, um nach dem deshalb eintretenden Schaden gegenüber der Presse zu erklären, dass „wir uns korrekt verhalten haben“. Der Reihe nach: am 18. November wurde der Sexualstraftäter Ricardo K. aus der JVA Werl entlassen, wo er in Sicherungsverwahrung einsaß. Daraufhin ließ er sich im Duisburger Stadtteil Homberg nieder – pikanterweise in direkter Nähe einer Grundschule und einer Kita. Der Duisburger Polizei war dieser Umstand lange im Voraus bekannt. Einige Tage nach K.´s Entlassung erklärte Duisburgs neue Polizeipräsidentin gegenüber der NRZ: „Wir haben uns auf diese Situation vorbereitet und arbeiten eng mit allen beteiligten Stellen zusammen, wie mit der Führungsaufsicht und dem Bewährungshelfer. Der Entlassene hat Auflagen bekommen und muss sich regelmäßig bei der Polizei melden. Diesen Auflagen kommt er bisher nach“.

Und weil sich K. so „kooperativ“ zeigte, stellte die Polizei seine Überwachung am 24.11. ein. Am 28.11. überfiel K. dann ein zehnjähriges Mädchen, das sich Gott sei Dank, obwohl er es am Hals gewürgt hatte, befreien und weglaufen konnte. Vorgestern, also am 06.12., zitierte „Spiegel Online“ aus polizeiinternen Unterlagen, die belegen, dass die Duisburger Polizei den 47-Jährigen für sehr gefährlich hielt. Sie erstellte ein „Personagramm“, das K. „eine starke antisoziale Störung“ sowie die Unfähigkeit bescheinigt, sich an die rechtlichen Normen der Gesellschaft zu halten. Wörtlich heißt es: „Er wird infolge seines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit als gefährlich eingestuft.“ Auch, dass nach Ansicht des Anstaltspsychologen eine Aussetzung der Sicherungsverwahrung nicht verantwortet werden konnte, lag der Duisburger Behörde vor. Mehrere Therapieversuche seien an der „Verweigerungshaltung“ des Häftlings gescheitert, gab der Psychologe zu Protokoll.

Auf diese Veröffentlichung angesprochen, erklärte der Pressesprecher der Duisburger Polizei gegenüber der Lokalpresse, dass „wir uns korrekt verhalten haben“. Die 24-stündige Observation sei personalaufwändig und könne mit den Persönlichkeitsrechten des Entlassenen in Konflikt geraten. Doch genau dies zu meistern, hatte die Polizeipräsidentin öffentlich zugesagt – nämlich „einerseits für die Sicherheit der Bevölkerung zu sorgen und andererseits die Rückkehr des Mannes in ein straffreies Leben zu ermöglichen“.

Nachdem die Duisburger Polizei an dieser selbst definierten „Aufgabe“ gescheitert ist, lässt sich ihr Pressesprecher stets mit dem Hinweis vernehmen, dass „man eine Sicherungsverwahrung nicht auf der Straße nachstellen“ könne. Sehr geistreich. Drinnen ist etwas Anderes als draußen. Das dachten wir uns schon. Eine Frage muss aber zulässig sein: ist diese, sagen wir mal: unglückliche Bemerkung so zu verstehen, dass sich die Polizei außerstande sieht, die Bevölkerung vor einem potenziell gefährlichen Straftäter zu schützen. Die Frage muss deshalb gestellt werden, weil ein weiterer in Sicherungsverwahrung einsitzender Mehrfachtäter angekündigt hatte, sich nach seiner in Kürze anstehenden Entlassung ebenfalls in Duisburg niederzulassen.

Nachtrag: selbstverständlich ist es ein unhaltbarer Zustand, dass hochgefährliche Triebtäter entlassen werden und die Polizei zusehen muss, dass nichts passiert. Innenminister Jäger hat Recht, wenn er sagt, dass dieses Problem entstanden ist, weil der Bundesgesetzgeber zu lange untätig war. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte freilich auch richtig entschieden, dass es nicht angehen kann, Inhaftierten nachträglich eine Sicherungsverwahrung aufzubrummen. Wenn ein Gericht für Menschenrechte solch eine Praxis nicht für widerrechtlich erklärt, kann es sich auch gleich auflösen. Man denke daran, dass es auch in Europa Regime gibt, denen man für dieses rechtsstaatswidrige Instrument keinen Persilschein ausstellen möchte.

Der Deutsche Bundestag hat diese Angelegenheit letzte Woche in Ordnung gebracht und eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung mit großer Mehrheit beschlossen. Die Möglichkeit einer Sicherungsverwahrung muss jetzt mit dem Strafurteil verkündet werden. Wichtig ist auch, dass Delikte ohne Gewaltanwendung wie Vermögensstraftaten jetzt nicht mehr Anlasstat für eine Sicherungsverwahrung sein können. Doch das neue Gesetz muss erst noch von den Ländern umgesetzt werden. Es kann also sein, dass der oben erwähnte, aus der Sicherungsverwahrung zu entlassende Mann nicht der einzige bleiben wird, den die Duisburger Polizei im Auge zu behalten haben wird. Ein Grund mehr, sich nicht mit den Einlassungen vom vermeintlich korrekten Verhalten zufrieden zu geben.

Muss Assange befreit werden?

Heute Morgen hat der Dortmunder Ralf Grönke die Facebook-Gruppe „Free Julian Assange“ gegründet. Sie ist überflüssig.

Die Gruppe rockt: Innerhalb weniger Stunden hat sie fast 500 Mitglieder. Sie setzen sich für die Befreiung des Wikileaks-Boss Julian Assange ein. Wir sollten auf die Gruppe aufmerksam machen, was hiermit geschehen ist.

Assange muss allerdings nicht befreit werden. Assange wurde wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung festgenommen und wird wahrscheinlich nach Schweden ausgeliefert. Sowohl Groß Britannien als auch Schweden sind Staaten, in denen man von einem fairen und rechtsstaatlich korrektem Verfahren ausgehen kann. Und mehr auf mehr als einen fairen Prozess hat kein Angeklagter ein Anrecht.

Ist Assange unschuldig, wird er freigesprochen. Ist er es nicht, wird er verurteilt. Die Wahrheit wird hoffentlich am Ende des Prozesses stehen. Befreien muss ihn niemand.

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Der Ruhrpilot

Adolf Sauerland

Landesarchiv: Kein Fangschuss für Sauerland…FAZ

Loveparade:…wird für Duisburg richtig teuer…Der Westen

Biografie: Beitz riskierte immer wieder sein Leben…Der Westen

Steag: Koalition ändert Stadtwerke-Gesetz…RP Online

Steag II: Kraftwerke links liegen lassen!…Bo Alternativ

Verkehr: Heftiger Krach beim VRR…Ruhr Nachrichten

Architektur: Warum sieht es im Ruhrgebiet so aus?…FAZ

Verkehr: Land wollte den Mauschel-Deal zwischen Bahn und „Abellio“…Bild

JMStV: Rot-Grün streitet um Jugendschutz…RP Online

NRW II: Regierung unterstützt sechsspurige A 40…Der Westen

Wikileaks: Die Ehre der Piraten…Isis

Wikileaks II: Willkommen im Informationskrieg…Spiegelfechter

Umland: Schiefergas – Sauerland im Visier der Großkonzerne?…Zoom

Gefühle: Verliebt, verlobt, verheiratet…Denkfabrik

Fußball: Schalke bejubelt Gruppensieg…Spiegel

Letters from Ireland IV

Irland steckt in einer tiefen Krise. Nicht nur wirtschaftlich geht es bergab, auch politisch steht das Land an der Abbruchkante. Der seit vielen Jahren in Nordrhein-Westfalen lebende Ire Hugh Murphy reist in seine Heimat zurück und schreibt über das, was er sieht. Hier ist der vierte Brief unseres Gastautors.

“Hello there,

The weather has now joined in the rush to distract the Irish from brooding about the EU-IMF bailout deal. The coldest November/December for 25 years hit Dublin city (appropriately) and the eastern coast areas with a temperature drop to near minus ten. Snow accumulated everywhere. Passes in the Dublin mountains and schools were closed and questions were asked in parliament. In the senate actually.

A senator called to a house in darkness and when she was let in she found a family who had been without food or electricity for two days because they had had to pay their mortgage instalment. “The IMF and the ECB protect the elite of Europe and this family was the reality facing us as a consequence,” she announced to the almost empty chamber. “The bail out deal must be renegotiated,” she demanded.

The theme was taken up in the Dail (the other House). Again it was a woman TD (member of parliament) who made the point, “now that an election is in the offing Ministers and other Members are retiring in droves. They will get huge pensions and golden handshakes. But a man who has worked 47 years on a building site will be lucky to get 30 euro a month from the Construction Industry Federation.”

It is such crass contrasts in Irish society that turn people away from politics and why their despair of a change is so profound. There is no ‘Moses’ in sight. The bad weather and the on-rushing Christmas ruckus are lousy Golden Calves, but they’ll do for now. There is always a seeming-Moses lurking in Dublin 4 or 6, which are the areas of south Dublin city where the well-off and ‘intellectuals’ live. The likes of Vincent Brown and Finton O’Toole know nothing but they can explain everything. Finton O’Toole is a columnist and the author of “Stern critic of Irish politics”; Vincent Browne is a political pundit with his own TV show.

Suppose there was a real movement, let’s just call it that and not a revolution, in Ireland, what might it look like? Suppose the Irish government took a page from the Icelanders book and refused to take responsibility for the bankers debts? Yes! Renege on the September 08 promise to guarantee them! Immoral? Yes! Justifiable? Every country tears up treaties when national interests are at stake and surely the bail out is and will be a threat to Irish national interests for a generation!

Or is it all shadow boxing? In the not too distant future will a clown jump out of a box, maybe still with Cowan’s face, and announce an end to the crisis? Dreams? Of course! But that’s the state of mind in Ireland today! Some wish the clown will be Michael O’Leary, the highly successful boss of Ryanair!

If an Irish government choose to go down that road, even if it means pulling the plug on the Euro, they would and should pay the debts that occurred through their own excesses. Then the Irish debt becomes manageable. Pensions do not have to be double that of the UK. Rates get paid; water is paid for; many pensioners get by without free travel.

Impose a reasonable wage cap for civil servants, especially at the top, and politicians; lock up as many developers as you can lay hands on and you’d be making a good start. The biggest task of course, would be to attract enough intelligent, honest and capable people into politics to see off the present lot of cement heads and their self-serving culture.

What was it again what Garret Fitzgerald Fine Gael politician and one time Taoiseach (prime minister) said about Oliver Flannigan (flamboyant politician who used his position to get ‘jobs for the boys’.)?

Politics is not about jobbery, said Garret. Garret knows nothing about politics, said Oliver. Seemingly Oliver is alive and well in Irish politics.

Hugh Murphy”

Nachtrag: Die irische Regierung hat heute das umfassende Sparprogramm beschlossen. Viele Ökonomen sehen die Zukunft Irlands durch die immensen Einsparungen gefährdet, wie Spiegel Online trefflich zusammenfasst.

Vorherige Briefe:

Letters from Ireland I

Letters from Ireland II

Letters from Ireland III