Der Ruhrpilot

Loveparade: Das Planungs-Desaster…Der Westen

Loveparade II: Bildausfall während der Katastrophe…Welt

NRW: CDU fragt Mitglieder Ende Oktober…RP-Online

Dortmund: 14. Schwul-lesbisches Straßenfest…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Schlechtes Wetter setzte Micro!Festival zu…Ruhr Nachrichten

Witten: Nazi-Plage…Bo-Alternativ

Essen: Friedensangebot am Hauptbahnhof…Der Westen

Fußball: Fans planen Demo für ihre Rechte…Der Westen

Wirtschaft: Borletti hält sich für den besseren Karstadt-Retter…Welt

Freizeit: Mein erster geloggter Cache…Zoom

Pop: Eine Egotronic-Geschichte…Zeitrafferin

Technik: Warum ich kein HD+ empfangen will…Pottblog

Im Verborgenen


Szene aus dem Film Samir betet. Samir betet fünf Mal am Tag. Nach dem Pokern breitet er den Gebetsteppich aus. Samir ist Iraker aus Essen, mitten im Ruhrgebiet. Auf seinem Schreibtisch steht ein Koran. Daneben liegen eine leere Bierflasche und ein voller Aschenbescher. Bei Samir stimmt etwas nicht.

Der U-Bahn-Übergang „Berliner Straße“ in Essen. Zugbremse, Handymusik, Babygeschrei. Es riecht nach Döner. Eine Oma geht an mir vorbei. Ihr Gesicht sehe ich nicht. Mein Blickt verharrt auf einem Mann mit kurzen dunklen Haaren mitten im Menschenstrom. Seine Haut ist dunkel. Das ist Samir: breite Jacke mit Kapuze, Jeans, Sportschuhe. Er zieht die Kopfhörer aus seinen Ohren heraus, reicht mir die Hand. Er wird mir von der verborgenen Seite seines Lebens erzählen. Er will nicht, dass sein richtiger Name genannt wird. Denn es geht nicht nur um ihn, sondern um die Ehre seiner Familie. Und das ist seinen Eltern am allerwichtigsten.

Samirs Geschichte begann an dem Tag, als ein unbekannter Mann zu ihm nach Hause kam. „Ich war damals zwölf“, sagt der heute 22-Jährige. Er schüttelt vorsichtig eine Prise Tabak auf ein schneeweißes Papierstück, dreht mit seinen Fingern eine Zigarette. Der Mann wurde seiner Schwester vorgestellt. Nach einigen Wochen heirateten sie. Die Schwester zog aus. „Wenn unsere Verwandten nach ihr fragten, sagten die Eltern immer, bei ihr ist alles in Ordnung“.

Samir ging in die Schule. Er hatte viele Freunde. Aber er besuchte sie nicht. Samir durfte nur unter dem Balkon spielen – damit ihn die Mutter im Blick behalten konnte. Klassenfahrten waren verboten. Die Eltern wollten, dass sich möglichst wenige Leute in die Erziehung ihrer Kinder einmischen. Samir beschwerte sich nicht. Als er Liebeskummer und Stress bei seinen Abi-Vorbereitungen hatte, schwieg er. Verliebt sein und Probleme haben – diese Themen waren in der Familie tabu. Er redete nicht mit seinen Eltern. Und seit einiger Zeit nicht mehr mit Gott.

Vor drei Jahren wollte Samir nichts mehr mit seiner verstellten Realität zu tun haben: „Ich habe angefangen Drogen zu nehmen. Es fing an mit Kiffen, dann ging es mit Koks und Ecstasy weiter. Ich wollte einfach wieder mal glücklich sein.“ Doch das half nicht. Es war nur „Glück auf Zeit“. Danach ging es ihm noch schlechter. Einmal packte Samir seinen Koffer und haute von Zuhause ab. Einen Monat lang pendelte er zwischen den Wohnorten seiner Freunde. Immerhin erlangte er dadurch seine Freiheit: die Erlaubnis alleine zu wohnen. Kneipen, Pokern, Bier, Tabak. Diese Bestandteile seines unabhängigen Lebens muss er vor seinen Eltern verheimlichen. Der Kontakt mit berauschenden Mitteln jeglicher Art ist in der muslimischen Familie verboten. Vor einem Jahr erlaubten Samirs Eltern seiner Schwester sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. „Ich werde ihnen nie verzeihen, dass sie es nicht früher gemacht haben“, sagt Samir.

Er schaut die Zigarette an, die in seiner Hand verglimmt. Sie wird immer kürzer, ihr Feuer berührt seine dunklen Finger. Einige Monate nach der Heirat erzählte die Schwester Samir, dass der Mann sie schlägt und demütigt. Einmal rief sie ihn an und erzählte heulend, dass er sie mit dem Messer bedrohte. Als der Mann bemerkte, dass sein kleiner Sohn sich hinter ihrem Rücken versteckte und zitterte, senkte er das Messer in der Hand mit den Worten: „Du wirst schon sehen, was ich heute Abend mit dir mache.“ Samirs Hand zittert, die Asche fällt auf den Boden: „An jenem Abend vergewaltigte er sie.“

Als Samir seinen Eltern von diesem Vorfall erzählte, erwiderte die Mutter nur: „Wie kann sie denn von ihm vergewaltigt werden? Sie sind doch verheiratet.“ Samir sagt mit leiser Stimme: „Das war der Punkt, an dem ich mit meinen Eltern gebrochen habe. Sie wollten nach Außen immer als eine Vorzeigefamilie gelten. Die Gesellschaft war ihnen wichtiger als eigene Tochter.“ Wenn Samir vom Inhalt des Spielfilms „Die Fremde“ hört, sagt er, die Story sei wie über seine Familie geschrieben. Zum Glück hat seine Geschichte im Unterschied zum Film kein tragisches Ende.

Samir besucht ab und zu seine Eltern. Seiner Schwester geht es gut. Samir nimmt keine Drogen mehr. Er glaubt wieder an Gott. „Es sind so viele gute Sachen in der letzten Zeit passiert. Ich kann nicht anders, als an Gott zu denken“, sagt Samir. Er schaut auf die Uhr. Er muss sich beeilen. Gleich besuchen ihn Freunde zum Pokern. Samir steckt seinen Tabak in die Hosentasche, setzt seine Kopfhörer auf und verschwindet im Menschenstrom der Essener U-Bahn.

Bild: Szene aus dem Film „Die Fremde“.

Dortmund: Polizei untersagt Protest gegen Nazis

Im vergangenen Jahr scheiterte die Dortmunder Polizei mit dem Versuch, die Anti-Kriegs-Demo der Nazis zu verbieten. In diesem Jahr untersagt sie den Protest gegen die Rechtsradikalen.

Am kommenden Samstag werden die Nazis in Dortmund demonstrieren. Bereist zum sechsten Mal zelebrieren sie dort einen nationalen Antikriegstag. In diesem Jahr hat ihnen die Polizei dabei im Vorfeld keine Schwierigkeiten gemacht: Sowohl  die Demo am Samstag in der Nordstadt als auch ein Konzert am Hauptbahnhof am Vorabend der Demonstration können ohne Probleme über die Bühne gehen. Mehr Probleme haben in Dortmund in diesem Jahr diejenigen, die gegen die Nazi-Veranstaltungen protestieren wollen: Die Dortmunder Polizei hat dem S4-Bündnis in einem Kooperationsgespräch am Freitag verboten, in der Innenstadt zu demonstrieren.

Die Pressesprecherin des S4-Bündnisses, Sonja Brünzel, sagt dazu: “Die Polizei verweigert Antifaschisten den Protest an Gedenkorten rechter Gewalt, während sie zeitgleich Neonazikonzerte in der Dortmunder Innenstadt ermöglichen will. Für uns stellt sich die Frage, ob unter solchen Bedingungen Demonstrationen überhaupt die geeignete Protestform darstellen.“

Am Samstag, dem Tag der Nazi-Demo soll das S4-Bündnis am Landgericht protestieren – weit weg vom Nazimarsch in der Nordstadt.

Sarrazin: Biologie und Migrationsgeschichte auf Deppenniveau

In seinem Welt am Sonntag Interview zeigt Thilo Sarrazin dass er von zwei Dingen keine Ahnung hat: Migrationsgeschichte und Biologie.

Morgen werde ich mir das Buch von Thilo Sarrazin kaufen und später wahrscheinlich darüber schreiben. Das Marketing von Sarrazins Verlag wird  dann auch bei mir funktioniert haben. Aber bei der heutigen Lektüre von Sarrazins Interview in der Welt am Sonntag sind mir zwei Punkte aufgefallen, die so absoluter Unsinn  sind, dass ein wenig Allgemeinbildung sowie der  Biologie-Leistungskurs bei Herrn Kirchner ausreichen, um sie zu widerlegen.

„In meinem Buch rede ich zudem nicht von Türken oder Arabern, sondern von muslimischen Migranten. Diese integrieren sich überall in Europa deutlich schlechter als andere Gruppen von Migranten. Die Ursachen dafür sind nicht ethnisch, sondern liegen offenbar in der Kultur des Islam. Vergleichen Sie die Integrationserfolge von Pakistani und Indern in Großbritannien.“

Die Tatsache ist unbestritten, dass muslimische Migranten sich mit der Integration und dem beruflichen Erfolg schwerer tun als nichtmuslimische Migranten. Aber  den Grund dafür kann man nicht auf die  muslimische Kultur reduzieren. Ein Blick in die USA zeigt, dass es nicht am Islam allein liegen kann: Dort sind Muslime gut integriert und wirtschaftlich erfolgreich. Ein Grund, warum Muslime  in Europa einen beträchtlichen Anteil an der Unterschicht halten, liegt an der anhaltenden wirtschaftlichen Schwäche der Herkunftsländer. Es ist nicht so, dass alle Griechen, Italiener oder Spanier, die in den vergangenen Jahrzehnten ihr Glück in der Auswanderung suchten, in Nord- und Mitteleuropa erfolgreich waren. Viele scheiterten, kamen mit den  Sprachen oder den Mentalitäten nicht zurecht, genügten mit ihren Qualifikationen nicht den Anforderungen. Sie kehrten oftmals in ihrer Heimatländer zurück: Die hatten sich, auch Dank des EU-Beitritts, wirtschaftlich erholt und boten auch nicht gut Qualifizierten eine gewisse berufliche Perspektive. Zudem waren sie politisch stabil geworden: Spanien, Portugal  und Griechenland wurden in den 70er Jahren demokratisch.

Die Türkei war hingegen lange Zeit ein politisch instabiles Land. In Teilen herrschten und herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Trotz ihres Wirtschaftswachstums ist die Türkei noch immer ein relativ armes Land. Vor allem für die, die hier gescheitert sind, gibt es keine Perspektive in der Türkei. Von der Muslim-These von Sarrazin bleibt also nicht viel übrig.

Kommen wir zu seiner nächsten Aussage:

„Bis vor wenigen Jahrzehnten spielte Einwanderung für den Genpool der europäischen Bevölkerung nur eine geringe Rolle und vollzog sich überdies sehr langsam. Drei Viertel der Ahnen der heutigen Iren und Briten waren bereits vor 7500 Jahren auf den Britischen Inseln. Es ist nämlich falsch, dass es Einwanderungsbewegungen des Ausmaßes, wie wir sie heute haben, schon immer in Europa gegeben hätte. Seit der Völkerwanderung gab es solche Verschiebungen nicht mehr.“

Erst einmal schimmert bei Sarrazin etwas durch, das wissenschaftlich nicht zu halten ist: Das ein stabiler und homogener Genpool etwas positives ist. Dem ist nicht so. Ein gesunder Genpool ist variantenreich und gemischt. Je mehr Mischung um so besser. Umso homogener ein Genpool ist, umso mehr steigt die Gefahr von Erbkrankheiten. Der Fachbegriff ist Inzuchtdepression.

Wenn Nicht-Biologen anfangen von Genen zu reden ist die Gefahr groß, dass biologische Erkenntnisse auf soziale Phänomen übertragen werden. Gemeinsames oder angeblich gemeinsames Erbgut wird zu einem konstituierenden Element erklärt.

Das ist, was den Menschen betrifft, Unfug:

In der Biologie wird die Art Homo sapiens heute weder in Rassen noch in Unterarten unterteilt. Molekularbiologische und genetische Forschungen haben seit den 1970er Jahren gezeigt, dass eine systematische Unterteilung der Menschen in Unterarten ihrer enormen Vielfalt und den fließenden Übergängen zwischen geographischen Populationen nicht gerecht wird. Zudem wurde herausgefunden, dass der Großteil genetischer Unterschiede beim Menschen innerhalb einer geographischen Population zu finden ist.

Der zitierte Wikipedia Artikel verweist auf einen Text des Harvard Zoologen R.C. Lewontin:

The every-day socially defined geographical races do identify groups of populations that are somewhat more closely similar to each other genetically. Most important from the standpoint of the biological meaning of these racial categories, however, most human genetic variation does not show such „race“ clustering. For the vast majority of human genetic variations, classical racial categories as defined by a combination of geography, skin color, nose and hair shape, an occasional blood type or selected microsatellites make no useful prediction of genetic differences. This failure of the clustering of local populations into biologically meaningful „races“ based on a few clear genetic differences is not confined to the human species. Zoologists long ago gave up the category of „race“ for dividing up groups of animal populations within a species, because so many of these races turned out to be based on only one or two genes so that two animals born in the same litter could belong to different „races.“

Juden, Bottroper, Iren, Katholiken, Autofahrer , Basken oder Speiseeisliebhaber lassen sich also nicht über gemeinsame oder unterschiedliche Gene definieren. Ein beliebiger Afrikaner kann mit einem weißen Europäer genetisch enger verwandt sein, als sein ebenfalls weißer Nachbar. Sarrazin, ausgestattet mit dem überholten Wissen eines Mittelstufenschülers der 60er Jahre, hat das nicht gelernt. Das er sich allerdings nicht die Mühe macht zumindest ein wenig zu recherchieren, ist angesichts der Brisanz des Themas nicht zu entschuldigen. Da hilft auch der Verweis auf sein Buch nicht, in dem alles genauer stehen soll- Die wenigsten, die sich seine Thesen zu eigen machen, werden es jemals lesen. Er hinterlässt trotzdem fahrlässig seine Spuren im gesamtgesellschaftlichen Diskurs. Ich glaube bei seiner Herangehensweise und der Art, wie er sich in Interviews äussert, nicht daran, dass es ihm um  Themen wie Integration und die Auswirkungen des demographischen Wandels geht. Die werden seit längerem ernsthaft und kontrovers diskutiert. Es geht Sarrazin zum einen darum in den Medien präsent zu sein. Und da hilft eine steile These  – wie Wolfgang Clement immer wieder belegt.    Zum anderen geht es im schlicht um Marketing für sein Buch. Koste es was es wolle.

Werbung

»Jeder hat sein Bündel zu tragen« Dani Levy im Interview

Seit Donnerstag läuft im Kino Dani Levys neuer Film »Das Leben ist zu lang«. Das Staraufgebot liest sich wie das Who is Who des deutschen Kinos: Veronica Ferres, Udo Kier, Meret Becker, Heino Ferch, Elke Sommer, Gottfried John und Yvonne Catterfeld, um nur die Prominentesten zu nennen. Wenngleich Levy sich mit seiner Tragikomödie ganz und gar verhoben hat (meine Rezension des Films für die „Jüdische Allgemeine“ kann man hier nachlesen), ist ein Interview mit dem in Berlin lebenden Schweizer Regisseur immer wieder ein Highlight.

Herr Levy, warum ist das Leben, wie es in Ihrem neuen Film heißt zu lang?

Das Leben ist zu lang, weil man zu viel Zeit vergeudet und seine Möglichkeiten nicht nutzt. Man könnte jedoch auch sagen: Das Leben ist nicht zu lang, aber die Tage sind zu kurz. In beiden Fällen ist das Leben Tag für Tag komplex und anspruchsvoll.

So wie für Alfi Seliger, die Hauptfigur Ihres Films. Der ist ein Nebbich, wie er im Buche steht. Was reizt Sie an diesen sympathischen, aber ganz und gar lebensuntüchtigen Charakteren, wie sie in Ihren Werken immer wieder zu sehen sind?

Nun, die wirklich legendären und starken Komödienfiguren sind immer Verlierer. Wir identifizieren uns mit ihrem vergeblichen Tun, weil auch wir tagtäglich kämpfen müssen. Jeder hat sein eigenes Bündel zu tragen, jeder von uns hat das, was ich Verliererschatten nenne. Genau dieser Blick auf die Schattenseite interessiert mich, auf bestimmte Art und Weise tragen doch viele von uns einen Nebbich in sich.

Inwiefern steckt auch in Dani Levy ein Nebbich?

Es gibt in meinem Leben immer wieder Phasen existenzieller Verunsicherungen. Ich lebe in einem Spannungsverhältnis zwischen dem, was ich mir wünsche, und dem, was ich tatsächlich erreiche. Ich fühle mich gelegentlich ungemein bedeutungslos, manchmal habe ich das Gefühl, ich bin am falschen Ort zur falschen Zeit. Oder im falschen Film. Ich ziehe aber aus diesen Zweifeln und inneren Kämpfen mein künstlerisches oder kreatives Potenzial.

Ist diese Sicht auf das Leben nicht geradezu kennzeichnend für viele jüdische Künstler?

Es ist kein exklusiv jüdischer Blick, aber der jüdische Film oder die jüdische Literatur ist durchdrungen von der Verliererperspektive. Zudem haben Juden einen natürlichen Zweifel an der Realität. Wir misstrauen dem, was wir vorgegaukelt bekommen. Bin ich wirklich da, wo ich denke, dass ich bin, oder bin ich bloß eine kleine Ameise auf einem riesigen Blatt, über das hinaus noch eine ganz andere Realität existiert?

Die gleichen Fragen stellt sich auch Alfi, als er ahnt, dass er eine Figur in einem Film, also nicht mehr als die Marionette seines Regisseurs ist.

Alfi erkennt, dass sein Schicksal vorbestimmt ist und legt sich mit seinem Schöpfer an. Er nimmt sein Leben in die eigenen Hände. Ich befürchte, das ist das Einzige, was uns übrig bleibt, wenn es uns nicht gut geht. Die Vorstellung, dass wir unsere eigenen Fäden in der Hand haben, finde ich tröstend. Trotzdem glaube ich an eine höhere Ordnung. Wir wissen nicht alles. Mein Ziel war es, einen Film zu drehen, der das Publikum kitzelt und aus seiner passiven Konsumhaltung rausholt.

Film als Axt für das gefrorene Meer in uns?

Sehr poetisch. Schön, wenn Film etwas in uns auslöst.

Das Interview erschien zuerst in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine

Zwischenraum: Ateliergebäude in Bochum sucht Nutzer

Künstler im ganzen Ruhrgebiet suchen Ateliers. Wir haben da einen Tipp.

Helle große Räume, ein wilder Garten, der zu einem Skulpturenpark werden kann oder sich einfach nur sehr gut zum Wurst grillen und Bier trinken eignet und das alles am Rand der Bochumer Innenstadt. Was das Gebäude neben der Feuerwache an der Bessemerstaße einmal war, konnten wir auf die Schnelle nicht herausbekommen. Es sieht aus wie eine ehemalige Schule – war aber doch eher ein Verwaltungsgebäude. Im verwilderten Garten befindet sich ein Anbau.

Das Gebäude liegt nur einen Steinwurf vom Viktoriaquartier entfernt. Wenn in Bochum erst einmal das Konzerthaus gebaut wird, soll das Viktoriaquartier das swingende Herz Bochums werden. Es kann allerdings auch sein, dass sich der Bau des Konzerthauses verzögert und die Erde vorher von Ausserirdischen mit grünen  Tentakeln erobert wird. Was nicht schlecht sein muss. Das Bermudadreieck ist fußläufig zu erreichen. Die Jahrhunderthalle und der Westpark liegen gleich nebenan.

Da das nahegelegene Viktoriaquartier berüchtigt für seine Spaßbremsen ist, empfehlen sich leise Nutzungen: Ateliers, Büroräume, Galerien oder Funkstationen, um mit Ausserirdischen, die grüne Tentakel haben, Kontakt aufzunehmen.

Das Gebäude gehört der Stadt die nicht weiß, was sie damit machen soll. Und wenn Sie es wüsste, Jahrzehnte brauchen würde, ihre Pläne umzusetzen. Gute Voraussetzungen für eine Zwischen- oder Umnutzung. Ansprechpartner sind Bochums Kulturdezernent Michael Townsend und Stadtbaurat Ernst Kratzsch.

Mehr zum Thema Zwischennutzung:

Zwischenraum: Speicher in Dortmund…Klick

Zwischenraum: Ausstellungsfläche in Bochum…Klick

Zwischenraum: Traumimmobilie im Dortmunder Kreuzviertel…Klick

Vom Sinn und Unsinn der Zwischennutzung…Klick

Aufruf: Wir suchen leerstehende Häuser…Klick

Werbung

Loveparade: Xtranews geht Vergleich mit Duisburg ein

Einigung im Streit zwischen Duisburg und dem Blog Xtranews: Das Blog geht auf ein Vergleichsangebot der Stadt ein.

In der vergangenen Woche sorgte eine einstweilige Verfügung der Stadt Duisburg gegen das Blog Xtranews für Schlagzeilen: Die Stadt hatte versucht mit diversen Begründungen, unter anderem Urheberrecht, die Veröffentlichung von Anhängen zu einem Bericht der Anwaltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek zur Loveparade zu untersagen. Daraufhin hatten zahlreiche Blogs die Akten veröffentlicht.

Xtranews wird die personenbezogenen Daten in den Loveparade-Anhängen zum Heuking-Bericht der Stadt Duisburg löschen und die Stadt in der Folge die einstweilige Verfügung zurückziehen.

Stefan Meiners von Xtranews bestätigte den Ruhrbaronen die Einigung. Beide Seiten werden die Kosten ihrer Anwälte tragen. Die Gerichtskosten werden geteilt.

Nach Ansicht des für Xtranews presserechtlich verantwortlichen Redakteurs Thomas Rodenbücher habe die Stadt Duisburg durch ihr Vergleichsangebot zugestanden, daß  „deren Argumentation der angeblichen Urhherberrechtsverletzung auf sehr wackligen Füßen steht“.

Die Stadt Duisburg hat ihr Vergleichsangebot schon mit einer Presseerklärung kommuniziert. Darin läßt der Stadtdirektor Peter Greulich (Grüne) Einsichtsfähigkeit erkennen.

„Nie ist es uns darum gegangen, einen Blog mundtot zu machen“, sagte Greulich.

Update, 16.52 Uhr. Mittlerweile hat sich die Xtranews-Redaktion auch auf Ihrer eigenen Website geäußert.

Dort heißt es:

„Aus unserer Sicht ist es ein Unding: Während wir mit unseren Anwälten noch beraten, dass eine gemeinsame Erklärung die beste Art wäre, eine ggf. zu treffende Einigung zu verkünden, schießt die Stadt Duisburg medial aus allen Rohren und bringt sowohl auf ihrer Website, als auch über die Presseagenturen die Nachricht, man würde den Rechtsstreit beenden wollen. Es braucht nicht viel zu begreifen, dass das Unklug war.“

Und für den Düsseldorfer Rechtsanwalt Udo Vetter, den Rechtsvertreter von Xtranews, geht das „Angebot in die richtige Richtung“.

Von Stefan Laurin und Thomas Meiser

Pleitgen zum Sprachpanscher des Jahres gekürt

Fritz Pleitgen Foto: WDR

„Sprachpanscher 2010“ – diese  Auszeichnung erhielt Ruhr.2010-Chef Fritz Pleitgen heute vom Verein Deutsche Sprache (VDS) in Dortmund. Der Grund: Der öffentliche Auftritt der Kulturhauptstadt-Macher strotze vor Anglizismen, genauer gesagt „denglischen Imponiervokabeln“. Von unserem Gastautor Uwe Herzog.

Besonders stieß den Juroren der Begriff „Volunteers“ anstelle von „Praktikanten“ auf: „Hier hätte Pleitgen seine Autorität mehr in den Dienst der deutschen Sprache stellen können,“ so der VDS in einem Zeitungsbericht.

Nun, Fritz Pleitgen hätte seine „Autorität“ natürlich auch noch dazu nutzen können, sich um die Sicherheit seiner „Volunteers“ bei der Loveparade in Duisburg ein wenig Sorgen zu machen.

Laut einem internen Dokument der Lopavent (Vermerk: „Ausschließlich für den Dienstgebrauch“) waren die Volunteers nämlich damit beauftragt, in dem Gedränge – neben Kondomen und Tattoos – auch 50 000 Kärtchen zu verteilen, auf denen der Lageplan und die Zugangswege zu der Veranstaltung aufgezeichnet waren.

Pleitgen hätte sich ruhig mal eines dieser im Auftrag der Ruhr.2010 entworfenen Kärtchen zeigen lassen sollen – dann hätte er mühelos darauf den Tunnel erkannt, der später zur Todesfalle wurde. Und von dessen Existenz er zuvor absolut nichts gewusst haben will.

Aber vielleicht stand da ja gar nicht „Eingang“ und „Ausgang“ sondern „entrance“ und „exit“ oder beides … jedenfalls nicht „Tunnel“, nicht wahr, Herr Pleitgen?